Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3912 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3639 - „Schildbürgerstreich“ beim Verkauf des Bad Gandersheimer Bahnhofs beendet? Anfrage des Abgeordneten Uwe Schwarz (SPD) an die Landesregierung, eingegangen am 26.05.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 09.06.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung vom 07.07.2015, gezeichnet Olaf Lies Vorbemerkung des Abgeordneten In meiner Kleinen Anfrage (Drucksache 17/2265) unter der Überschrift „,Schildbürgerstreich‘ beim Verkauf des Bad Gandersheimer Bahnhofs durch die Bahn AG?“ hatte ich darauf hingewiesen, dass es im Zuge des Verkaufs des ehemaligen Bahnhofsgeländes vermutlich versäumt wurde, ein Wegerecht für den Bahnhofsvorplatz zu sichern, da der dort vorhandene Buswendeplatz nicht mehr befahren werden darf. Der neue Eigentümer hat das Wenden der Busse auf seinem Grundstück untersagt, sodass die neue Bushaltestelle faktisch nicht mehr erreichbar ist und die Bahnreisenden seitdem vom Bahnhof fußläufig durch die ganze Innenstadt zum ZOB laufen müssen. In der Beantwortung der Kleinen Anfrage in der Drucksache 17/2598 wurde seinerzeit jedoch mitgeteilt, dass nach Angaben der DB AG beim Verkauf des Grundstücks ein Wegerecht zugunsten der DB AG im Grundbuch eingetragen worden sei. Im Übrigen besteht nach wie vor auch für den Bahnhofsvorplatz noch eine eisenbahnrechtliche Widmung. Ferner wurde aufgeführt, dass nach Angaben des ZVSN zu der Problematik zwischen der Stadt Bad Gandersheim und dem Bahnhofsmanagement Göttingen ein Gespräch stattgefunden hat. Aufgrund der noch bestehenden eisenbahnrechtlichen Widmung sowie des Wegerechts zugunsten der DB AG ließen sich eventuell Ansprüche herleiten, die jetzt von der DB AG geprüft würden. Seitens des Bahnhofsmanagements sei man bemüht, eine außergerichtliche Einigung mit dem Eigentümer zu erreichen, sodass die Haltestelle schnellstmöglich wieder bedient werden kann. Nachdem nunmehr weitere neun Monate vergangen sind, hat sich an der konkreten Situation nichts verändert. Nach Rücksprache mit der Stadt hat es zwar bisher Gespräche gegeben, ohne dass jedoch seitens der Bahn das eingeräumte Wegerecht mit dem notwendigen Nachdruck verfolgt worden sei. Vielmehr verweise die DB AG u. a. wohl auf mögliche Umbaumaßnahmen im Zusammenhang mit dem Bahnhofssanierungsprogramm „Niedersachsen ist am Zug II“, welches bis 2018 realisiert werden soll. Vorbemerkung der Landesregierung Die in der Anfrage aufgeführten Fragen thematisieren mit Ausnahme der Frage 6 die Positionen und Einschätzungen der Deutsche Bahn Station & Service AG (DB). Betroffen sind zudem auch die Stadt Bad Gandersheim, der Grundstückseigentümer (Privatperson) und der Zweckverband Verkehrsverbund Süd-Niedersachsen (ZVSN) als ÖPNV-Aufgabenträger. Das Land selbst ist an dem Verfahren nicht beteiligt. Eine Beteiligung des Landes wäre nur gegeben, wenn eine Landesförderung für ein kommunales Vorhaben, z. B. zur Verlagerung einer Haltestelle, beantragt werden wür- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3912 2 de. Die nachstehenden Antworten zu den Fragen 1 bis 5 sowie 7 bis 9 geben insofern die Positionen der DB ohne eine Bewertung seitens des Landes wieder. 1. Akzeptiert die DB AG als ehemalige Eigentümerin nunmehr ihre faktische und rechtliche Zuständigkeit bei diesem Vorgang? Die DB sieht sich als eine von mehreren Beteiligten bei der Lösung des Problems. 2. Warum hat die DB AG trotz des nach ihren Angaben bestehenden Wegerechts ihren damit verbundenen Rechtsanspruch immer noch nicht durchgesetzt bzw. durchsetzen können? Die DB ist der Auffassung, dass die Ansprüche nicht nur von ihr durchgesetzt werden können, sondern genauso von der betroffenen Stadt Bad Gandersheim oder dem betroffenen Busunternehmen Regionalverkehr Hildesheim. Dies habe sie der Kommune kürzlich schriftlich mitgeteilt. Nach Auffassung der DB habe es sich in vergleichbaren Fällen als günstig erwiesen, wenn die Gemeinde als Gefahrenabwehrbehörde eine ordnungsrechtliche Duldungs- und Unterlassungsverfügung gegen den Eigentümer erlässt. Darin könne der Eigentümer verpflichtet werden, künftig alle Maßnahmen zu unterlassen, die die Andienung der Bushaltestelle am Bahnhof durch Linienbusse des ÖPNV mit der erforderlichen Zufahrt über sein Grundstück beeinträchtigen oder unterbinden. Die DB habe der Kommune sogar Informationen zugeliefert, wie ein solches Vorgehen begründet werden könne. Gegebenenfalls könne diese Verfügung für sofort vollziehbar erklärt werden. Die DB hält es für angemessen, wenn die Stadt Bad Gandersheim zunächst ihre Möglichkeiten als Gefahrenabwehrbehörde ausschöpft. Sollte die Angelegenheit vom Eigentümer streitig gestellt werden, könnte sofort vor dem Verwaltungsgericht verhandelt werden kann. Eine zivilrechtliche Klage gegen den Eigentümer sieht die DB daher derzeit nicht als geboten an. 3. Besteht für die DB AG die Möglichkeit, sich aufgrund der nach wie vor bestehenden eisenbahnrechtlichen Widmung für das gesamte Gelände nachträglich ein gesichertes Wegerecht eintragen zu lassen? Eine solche Möglichkeit bestehe für die DB ohne Zustimmung des Eigentümers nicht. 4. Ist das Verhalten der DB AG als Verzögerungstaktik zu erklären, und, wenn ja, warum? Die DB habe zusammen mit dem ZVSN, der Stadt Bad Gandersheim und dem Eigentümer auch eine alternative Lösung gesucht (vgl. Antwort zu Frage 5), die nach Aussage der DB letztendlich an der Weigerung der Kommune gescheitert sei, sich an dieser Lösung finanziell zu beteiligen. Eine Verzögerungstaktik vermag die DB nicht zu erkennen. 5. Welche Lösungsmöglichkeiten sieht die DB AG zur nunmehr zügigen Wiederherstellung der straßengebundenen ÖPNV-Anbindung des Bahnhofes? Die in der Antwort zu Frage 4 erwähnte alternative Lösung sieht vor, dass die heute westlich des Empfangsgebäudes liegende Buswendeschleife mit Haltestelle auf die Ostseite verlagert wird. Zum Erlangen einer ausreichenden Fläche würde der Anbau am Empfangsgebäude abgerissen. Die Parkplätze östlich des Empfangsgebäudes würden an die Bahnhofstraße verlagert. Zur Umsetzung dieser Lösung hätte der Eigentümer den Güterschuppen auf seine Kosten abgerissen. Die DB hätte die Flächen kostenlos zur Verfügung gestellt und auf ihre Kosten das Umsetzen des Wetterschutzhauses sowie die erforderlichen Kabelverlegungen finanziert. Die Kommune hätte zusammen mit dem ZVSN die neue Buswendeschleife sowie die Verlagerung der Parkplätze finanzieren müssen. Sie hätten dafür Fördermittel in Höhe von 75 % beantragen Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3912 3 können. Zur Finanzierung der verbleibenden 25 % sind nach Aussage der DB letztendlich weder die Kommune noch der ZVSN bereit. 6. Wie sähe die Zeitschiene hinsichtlich einer Wiederherstellung der Busanbindung im Zusammenhang mit dem Sanierungsprogramm „Niedersachsen ist am Zug II“ realistisch aus? Der Bahnhof Bad Gandersheim ist Bestandteil des Bahnhofsmodernisierungsprogramms „Niedersachsen ist am Zug III“ (dem Nachfolgeprogramm von „Niedersachsen ist am Zug II“). Der Aus- und Umbau betrifft lediglich die Verkehrsstation, d. h. die direkten Zugangsbereiche zum Zug, Bahnsteige mit Ausstattungen und Zuwegungen zu den Bahnsteigen. Bahnhofsgebäude oder Bahnhofvorplätze gehören nicht dazu. 7. Welche Leistungen werden seitens der DB AG von der Stadt Bad Gandersheim erwartet , obwohl diese weder Vertragspartner des Verkaufsvorgangs ist noch im Rahmen des abgeschlossenen Zukunftsvertrages finanzielle Anteile einbringen könnte? Die DB erwartet von der Stadt den Erlass einer ordnungsrechtlichen Verfügung (s. Antwort zu Frage 2). 8. Hat die nicht vorhandene straßengebundene ÖPNV-Anbindung am Bahnhof zu Veränderungen der Fahrgastzahlen geführt, gegebenenfalls zu welchen? Aktuelle Informationen zu Reisendenzahlen liegen der DB nicht vor. 9. Inwieweit konterkariert die deutlich verschlechterte Busanbindung am Bahnhof vor allem die Zielrichtungen der UN-Behindertenrechtskonvention für Menschen mit Behinderungen , und wie gedenkt die DB AG diesem Rechtsanspruch gerecht zu werden? Zur Frage der Busanbindung des Bahnhofs verweist die DB auf die grundsätzliche Verantwortung des ÖPNV-Aufgabenträgers. Mit den Vorschlägen, die in den Antworten zu den Fragen 2 und 5 beschrieben werden, habe die DB ihre Bereitschaft zur Mitwirkung an der Lösung des Problems gezeigt . Die UN-Behindertenrechtskonvention zeige im Übrigen nur legislativen Handlungsbedarf für das deutsche bzw. europäische Recht auf und begründe keinen unmittelbaren Anspruch auf Herstellung von Barrierefreiheit im Einzelfall. Die für die DB maßgeblichen Regelungen der „Technische Spezifikation für die Interoperabilität - Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderung und Menschen mit eingeschränkter Mobilität“ (TSI-PRM) können für die Station Bad Gandersheim nicht als Maßstab herangezogen werden, da Bad Gandersheim nicht an einer sogenannten TEN-Strecke liegt, für die die Vorgaben der TSI-PRM gelten. Im nationalen Eisenbahnrecht habe der Verordnungsgeber in § 2 Abs. 3 Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung die Eisenbahnen dazu verpflichtet, Programme aufzustellen, um eine möglichst weitreichende Barrierefreiheit für die Nutzung der Bahnanlagen und Fahrzeuge zu erreichen. Die DB AG hat zwischenzeitig zwei Programme aufgestellt. Dabei sei für die DB die Tausender-Regelung (1 000 Reisende/Tag) maßgebend. Ziel dieser Regelung sei eine Priorisierung der Finanzmittel, um mittelfristig ein Netz von Stationen zu schaffen, das einen uneingeschränkt barrierefreien Zugang zur Bahn in zumutbarer Distanz ermöglicht. Darüber hinaus gebe es derzeit keine allgemeine rechtliche Verpflichtung der Eisenbahnen, Bahnsteige oder deren Zugänge barrierefrei nachzurüsten. (Ausgegeben am 16.07.2015) Drucksache 17/3912 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3639 - „Schildbürgerstreich“ beim Verkauf des Bad Gandersheimer Bahnhofs beendet? Anfrage des Abgeordneten Uwe Schwarz (SPD) an die Landesregierung,eingegangen am 26.05.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr