Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3937 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3670 - Anschnallpflicht in Schulbussen Anfrage des Abgeordneten Uwe Schünemann (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 09.06.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 18.06.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung vom 13.07.2015, gezeichnet Olaf Lies Vorbemerkung des Abgeordneten Immer wieder kommt es zu Unfällen von und mit Bussen, die vorzugsweise zur Schülerbeförderung eingesetzt werden. Beispielsweise ereignete sich am 27. Januar 2015 im Landkreis Holzminden ein Unfall mit einem zur Schülerbeförderung eingesetzten Bus, bei dem 14 Schülerinnern und Schüler verletzt wurden. Vorbemerkung der Landesregierung Die Kleine Anfrage ist inhaltlich nahezu deckungsgleich mit der in der 30. Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 27. Februar 2014 gestellten Kleinen Anfrage zur mündlichen Beantwortung, auf deren Antwort der Landesregierung (Drs. 17/1250, Nr. 41) hier Bezug genommen wird. Nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) bestehen folgende Möglichkeiten, Schülerinnen und Schüler in Bussen vom Wohnort zur Schule und zurück zu befördern: – im allgemeinen Linienverkehr gemäß § 42 PBefG (zwischen den jeweils nächstgelegenen Haltestellen ), – als Sonderform des Linienverkehrs zwischen Wohnort und Lehranstalt (sogenannte Schülerfahrten ) nach § 43 Nr. 2 PBefG, – im sogenannten - von den Vorschriften des PBefG - freigestellten Schülerverkehr gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 8 PBefG, § 1 Nr. 4d Freistellungsverordnung zum PBefG. In der Praxis findet Schülerverkehr heutzutage zum größten Teil mit Fahrzeugen des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) - also im Linienverkehr - statt, indem die o. g. Träger der Schülerbeförderung den Schülerinnen und Schülern Fahrkarten für den ÖPNV zur Verfügung stellen. Der „Schülerfreistellungsverkehr“, bei dem Schülerinnen und Schüler mit eigenen Fahrzeugen des Aufgabenträgers, zumeist aber mit angemieteten Fahrzeugen befördert werden, stellt in Niedersachsen mittlerweile eher die Ausnahme dar und ist im Wesentlichen auf besondere Schülergruppen beschränkt, z. B. auf Schülerinnen und Schüler mit Behinderung. Eine Ausweitung des Freistellungsverkehrs ist verkehrspolitisch unerwünscht, da der Schülerverkehr gerade im ländlichen Bereich das Rückgrat des ÖPNV darstellt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3937 2 1. Welche rechtlichen Vorgaben bezüglich einer etwaigen Anschnallpflicht bestehen in Bussen, die für Schülerverkehre genutzt werden? Rechtliche Vorgaben sind zum einen von dem verwendeten Fahrzeug, zum anderen von der Organisationsform der Schülerbeförderung abhängig. So besteht nach der Richtlinie 77/541/EWG - durch § 35 der Straßenverkehrszulassungs-Ordnung in nationales Recht umgesetzt - für neu zugelassene Kraftomnibusse (KOM) mit den Konstruktionsmerkmalen von Reisebussen über 3,5 t Gesamtgewicht seit dem 01.10.1999, unter 3,5 t ab dem 01.10.2001 eine Ausrüstungspflicht mit Sicherheitsgurten. KOM im Nahverkehr mit Stehplätzen (sogenannte Linienbusse) sind von dieser Ausrüstungspflicht für Sicherheitsgurte befreit. Eine Nachrüstungspflicht für ältere Busse besteht ebenfalls nicht. Auf den Vorgaben von EU-Richtlinien basieren auch die Regelungen der §§ 21 und 21 a der Straßenverkehrsordnung (StVO). Die Benutzung von Rückhalteeinrichtungen für Kinder ist danach nur auf solchen Sitzen verpflichtend, auf denen Sicherheitsgurte vorgeschrieben sind. Da nicht alle Fahrzeuge der Klasse KOM mit Sicherheitsgurten ausgestattet sein müssen, enthält § 21 StVO durchgängig nur für Pkw eine verbindliche Regelung und sieht für KOM Freistellungen, sowohl hinsichtlich der Benutzung von Sicherheitsgurten als auch von der Benutzung von Kindersitzen , vor. Die Gründe der Bundesregierung für diese Festlegungen, welche über den Bundesrat von den Ländern mitgetragen wurden, basieren auf der Häufigkeit und den Auswirkungen von Unfällen im Busverkehr. Bei kleineren Bussen (bis zu acht Plätzen) sowie der Verwendung von Taxen und Mietwagen im Schülerverkehr besteht hingegen Anschnallpflicht, auch im freigestellten Schülerverkehr. 2. Welche sonstigen rechtlichen Vorgaben bestehen bei der Beförderung von Schülerinnen und Schülern mit Omnibussen im Hinblick auf die Verhinderung oder Vermeidung von Verletzungen durch Verkehrsunfälle? Durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen wurde 2005 ein mit den Bundesländern erarbeiteter Anforderungskatalog für Kraftomnibusse und Kleinbusse, die zur Schülerbeförderung besonderes eingesetzt werden, veröffentlicht. Der Katalog beschreibt umfassend technische sowie betriebliche Anforderungen an eine sichere Schülerbeförderung und wird als Bestandteil der Verträge zwischen Verkehrsunternehmen und dem Träger für die Schülerbeförderung empfohlen. Der Katalog entfaltet im Linienverkehr keine Geltung. 3. Besteht ein Verbot von Stehplätzen in sogenannten freigestellten Schülerverkehren? 4. Wenn nein, warum nicht? Die Fragen 3 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet: In Kleinbussen mit bis zu acht Sitzplätzen, die für den freigestellten Schülerverkehr eingesetzt werden , sind Stehplätze nicht erlaubt. In KOM mit mehr als acht Sitzplätzen, die im Linienverkehr oder im freigestellten Schülerverkehr eingesetzt werden, sind Stehplätze nach § 22 der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BOKraft) zulässig. Dabei muss die Anzahl der Sitz- und Stehplätze im Fahrzeugschein angegeben und im Fahrzeug ausgewiesen sein. § 22 Abs. 2 BOKraft stellt es in das Ermessen der Linienverkehrsgenehmigungsbehörde, die Zulässigkeit von Stehplätzen bei einem Linienverkehr mit KOM, der nicht Orts- oder Nachbarortslinienverkehr ist, ganz oder teilweise auszuschließen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3937 3 Für die zugelassenen Stehplätze müssen - auch für Kinder und Schülerinnen und Schüler aller Altersklassen - geeignete Halteeinrichtungen in ausreichender Anzahl vorhanden sein, sodass für entsprechende sicherheitstechnische Einrichtungen gesorgt ist. 5. Wie viele Unfälle mit Schulbussen und Bussen, die für freigestellte Schülerverkehre eingesetzt werden, gab es in den Jahren 2013 und 2014 in Niedersachsen? Die vorliegenden Daten beruhen auf einer Analyse des polizeilichen Auswertsystems. Es handelt sich ausschließlich um Verkehrsunfälle mit Fahrzeugen, deren Verkehrsbeteiligungsart mit „Schulbus “ angegeben wurde. Eine Differenzierung hinsichtlich der Organisationsform des Schülerverkehrs in freigestellten Schülerverkehr , besonderen nur Schülerinnen und Schülern zugänglichen Linienverkehr und Beförderung im Rahmen von Schulfahrten gemäß § 43 S. 1 Ziff. 2 PBefG oder ähnliches ist nicht möglich. Hinweis: Aufgrund der Einführung eines neuen Auswertungssystems bei der Polizei Niedersachsen im Januar 2015 kann es gegenüber älteren Auswertungen und Veröffentlichungen zu leichten Abweichungen kommen. Niedersachsen 2013 2014 Anzahl Verkehrsunfälle unter Beteiligung von Schulbussen 207 235 Quelle: Polizeiliches Auswertungssystem, Datenbasis 23.06.2015 6. Ist in den letzten Jahren (gegebenenfalls auch im Zeitraum vor 2013) eine Steigerung der Unfallzahlen zu verzeichnen? Eine signifikante Steigerung der Unfallzahlen ist nicht zu verzeichnen. Der leichte Anstieg im Jahr 2014 gegenüber dem Vorjahr ist auf übliche jährliche Schwankungen zurückzuführen und entspricht insgesamt beispielsweise dem Wert des Jahres 2010. 7. Wie steht die Landesregierung zur Einführung einer Anschnallpflicht in Schulbussen und zu dem Verbot von Stehplätzen in freigestellten Schülerverkehren? Diese Frage war bereits Gegenstand einer Kleinen Anfrage zur mündlichen Beantwortung, die mit der Antwort Nr. 41 der Landesregierung in der 30. Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 27. Februar 2014 (Drs. 17/1250) beantwortet wurde. Mangels Änderung der Sachlage bleibt es bei der Auffassung der Landesregierung, dass die bisherigen Regelungen zur Schulbussicherheit ausreichen . (Ausgegeben am 22.07.2015) Drucksache 17/3937 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3670 - Anschnallpflicht in Schulbussen Anfrage des Abgeordneten Uwe Schünemann (CDU) an die Landesregierung,eingegangen am 09.06.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr