Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3957 neu*) 1 _________________ *) Die Drucksache 17/3957 - ausgegeben am 27.07.2015 - ist durch diese Fassung zu ersetzen. In der Antwort zu Frage 1 wurde eine Zahl korrigiert. Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3641 - Muss der Hochwasserschutz an der Elbe den Bäumen weichen? Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker, Jörg Bode und Dr. Stefan Birkner (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 04.06.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 10.06.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 17.07.2015, gezeichnet Stefan Wenzel Vorbemerkung der Abgeordneten Presseberichten zufolge verlangt eine EU-Richtlinie die Schaffung von Ausgleichsflächen für zuvor für den Hochwasserschutz zurückgeschnittene Bäume im Bereich der Elbe in unmittelbarer Nähe des Flusses. Dies geschieht durch Neupflanzung zweier neuer Bäume für jeden zurückgeschnittenen Baum. Nach Aussage des Ortsvorstehers von Walmsburg habe die EU vor einem Jahr dem Rückschnitt noch zugestimmt. Im Landkreis Lüneburg war man zudem davon ausgegangen, dass Ausgleichsflächen an Nebenflüssen geschaffen werden könnten. Vorbemerkung der Landesregierung Der Landesregierung ist es an der Mittelelbe ein besonderes Anliegen, dass der Hochwasserschutz und der Naturschutz gemeinsam nach Lösungen suchen, um sowohl den Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten als auch die typischen Lebensräume der Auenlandschaft zu erhalten. Das Elbvorland im Biosphärenreservat „Niedersächsische Elbtalaue“ gehört als FFH-Gebiet und als EU-Vogelschutzgebiet zum Europäischen Schutzgebietsnetz Natura 2000 und ist somit auch aufgrund europäischen Rechts zu schützen. Deshalb sollen für die Elbtalaue dauerhafte Lösungen entwickelt werden, die sowohl die Belange des Hochwasserabflusses berücksichtigen als auch den hohen Stellenwert, der dem Naturschutz in diesem rechtlich besonders geschützten Gebiet zukommt. Das Land hat sich mit anderen Ländern der Flussgebietsgemeinschaft für ein nationales Hochwasserschutzprogramm eingesetzt, das den Flüssen wieder mehr Raum geben soll. Dabei sind Rückdeichungen , aber auch Polder und die Prüfung von Schwachstellen vorgesehen. Vorzugsweise sollen Maßnahmen am Oberlauf erfolgen. Diesem Ziel dient auch die Aufstellung eines länderübergreifenden Rahmenplans für abflussverbessernde Maßnahmen an der Unteren Mittelelbe der Länder Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Dieser wird auf Basis eines zweidimensionalen Strömungsmodells der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) auf niedersächsischem Gebiet vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz unter Einbindung einer Projektgruppe mit den örtlichen Akteuren und Verbänden erarbeitet. In der Projektgruppe sind die Biosphärenreservatsverwaltung, die Landkreise Lüneburg und Lüchow-Dannenberg , die Kommunen, die Deichverbände, die Naturschutzverbände, der Verein zum Schutz der Kulturlandschaft und des Eigentums im Elbtal e. V. und das Wasser- und Schifffahrtsamt Lauenburg vertreten. Dieses Vorgehen wurde am 28. April 2014 der EU-Kommission in Brüssel vorgestellt und ist bei den Vertretern der Kommission auf Anerkennung gestoßen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3957 2 1. Wie viele Bäume wurden entlang der Elbe für den Hochwasserschutz zurückgeschnitten ? In 2014/2015 erfolgte der Gehölzrückschnitt für sechs vorgezogene Maßnahmen aus dem vorgenannten Rahmenplan. Sie wurden auf der Grundlage des Strömungsmodells unter Beteiligung der genannten regionalen Akteure erarbeitet. Im Rahmen der vorgezogenen Maßnahmen wurden 10,8 ha des Lebensraumtyps Weiden-Auwald zurückgeschnitten, die voll kompensiert werden müssen. Dabei kommt der Faktor 1:2,17 zur Anwendung . Die Rückschnitte sind zwischen dem 1. Oktober 2014 und dem 28. Februar 2015 durchgeführt worden. Die Anzahl der einzelnen Bäume, die in den jeweiligen Bereichen zurückgeschnitten wurden, ist dabei nicht ermittelt worden. 2. Entspricht es der Wahrheit, dass die EU dem Rückschnitt dieser Bäume vor einem Jahr zugestimmt hat? In einem FFH-Gebiet dürfen Projekte, die zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen können und prioritäre Lebensraumtypen betreffen, aus bestimmten zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, u. a. im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit, zugelassen werden, wenn keine zumutbaren Alternativen gegeben sind (Artikel 6 FFH-Richtlinie, in nationales Recht umgesetzt durch § 34 Bundesnaturschutzgesetz). Bei dem oben genannten Gespräch in Brüssel bestätigten die Vertreter der EU-Kommission, dass die geplanten Maßnahmen grundsätzlich diese Voraussetzung erfüllen. Die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen seien dabei entsprechend den Vorgaben der FFH-Richtlinie vorzusehen (Ausgleichs- bzw. Kohärenzmaßnahmen). Dem Vorziehen von sechs Maßnahmen in ausgewählten Bereichen vor Durchführung der Kohärenzmaßnahmen hat die Kommission als Ausnahme zugestimmt. Gefordert wurde allerdings, die gesetzlich vorgeschriebene Unterrichtung der EU-Kommission durch das Umweltministerium mit einer klaren Verpflichtung des Landes zur Durchführung der Kohärenzmaßnahmen und einem verbindlichen Zeitplan zu versehen. 3. Wenn ja, was hat sich sachlich und fachlich geändert, sodass diese Zustimmung nun zurückgenommen wurde? Die EU-Kommission hat im Zusammenhang mit den am 28. April 2014 in Brüssel vorgestellten Maßnahmen keine Zustimmung zurückgenommen. 4. Welche Folgen hätten die geforderten Ausgleichsflächen in unmittelbarer Nähe zur Elbe für den Hochwasserschutz? Für drei strömungstechnisch optimierte potenzielle Kohärenzflächen in breiten und wenig durchströmten Bereichen des Deichvorlands der Elbe (insgesamt rund 29 ha) wurde mit dem zweidimensionalen hydraulischen Modell von der BfG berechnet, dass bei Bewaldung weniger als 0,5 cm Wasserspiegelerhöhung eintritt und bei sorgfältiger Planung somit eine praktisch hochwasserneutrale Wirkung erzielt werden kann. 5. Gibt es nach Auffassung der Landesregierung ausreichend Ausgleichsflächen an der Elbe? Ja. Es gibt sowohl gut geeignete Flächen an der Elbe als auch bedingt geeignete Flächen an den Nebengewässern. Die Flächen an den Nebengewässern stehen allerdings aufgrund anderweitiger Verpflichtungen nicht kurzfristig zur Verfügung. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3957 3 6. Wie lange ist Zeit, um die Ausgleichsflächen zu schaffen? Dem ausnahmsweisen Vorziehen von Maßnahmen in ausgewählten Bereichen vor Durchführung der Kohärenzmaßnahmen hat die EU-Kommission unter der Bedingung zugestimmt, dass das Land sich ganz klar zur Durchführung der Kohärenzmaßnahmen mit einem verbindlichen Zeitplan verpflichtet. Das Land Niedersachsen beabsichtigt und hat am 6. März 2015 auch auf dem für diese Meldung vorgesehenen Weg an das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit zur Weiterleitung an die EU-Kommission erklärt, dass die Kohärenzmaßnahmen bis zum 31. Mai 2016 umgesetzt werden. Gleichzeitig hat das Land erklärt, die Kommission über den Fortgang zu unterrichten. Insofern wäre der Termin gegebenenfalls zu aktualisieren. (Ausgegeben am 27.07.2015) Drucksache 17/3957 neu Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3641 Muss der Hochwasserschutz an der Elbe den Bäumen weichen? Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker, Jörg Bode und Dr. Stefan Birkner (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 04.06.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz