Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/3975 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3659 - Energiewende: Wärme im Abwasser nutzen - Was tut die Landesregierung? Anfrage der Abgeordneten Axel Miesner, Burkhard Jasper und Heinz Rolfes (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 10.06.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 17.06.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 21.07.2015, gezeichnet Stefan Wenzel Vorbemerkung der Abgeordneten In der Antwort vom 24.01.2014 auf die Anfrage „Welches Potenzial bietet die Wärme im Abwasser für die Energieversorgung?“ des Abg. Miesner führt die Landesregierung aus, dass sie keine Initiative zur Nutzung von Wärme im Abwasser zur Energieversorgung durchführt. Auch die Technologie könne aus Rentabilitätsgründen nicht flächendeckend eingesetzt werden. In der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage „Energie in Niedersachsen“ der FDP-Fraktion vom 30.04.2015 findet das Spektrum der Wärmenutzung aus Abwässern ebenso keine Erwähnung. Auf der anderen Seite jedoch gibt es mittelständische Unternehmen in Niedersachsen, die sich diesem Gebiet widmen und erfolgreich tätig sind. So hat beispielsweise die Firma Jaske & Wolf Verfahrenstechnik GmbH in Lingen zusammen mit der Hochschule Osnabrück, Kompetenzzentrum Energie, Prof. Dr. Reckzügel, und dem kommunalen Energieversorger Stadtwerke Osnabrück als Pilotanwender die Technologie der Abwärmenutzung auf ein bisher nicht erreichtes Leistungsniveau gebracht. CO2-Einsparungsquoten von bis zu 90 % und eine ebenso hohe Quote bei der Energierückgewinnung sind inzwischen Realität. Damit wird Wärme zu einem Preis für die noch benötigte Primärenergie zur Verfügung gestellt, der ungefähr ein Drittel des Erdgaspreises beträgt. Ein weiteres Beispiel ist das Kalte Nahwärmenetz in Aurich. Dort wird die Wärmeenergie aus dem Abwasser einer Molkerei genutzt, um über ein Verteilnetz innerstädtische öffentliche Einrichtungen mit Energie zu versorgen. Auch dort ist die Technik inzwischen ausgereift. Durch die Nutzung von Wärmeenergie aus Abwasser lassen sich große Mengen an Primärenergie, die hauptsächlich importiert wird, einsparen. Das dient nicht nur dem Umweltschutz vor Ort. Zusätzlich bleibt auch die Wertschöpfung in der Region. Insgesamt lässt sich festhalten, dass das für 2050 angestrebte CO2-Reduktionsziel von 80 % in diesem Bereich der Energieeffizienz mit dem inzwischen erreichten Stand der Technik heute schon wirtschaftlich sinnvoll realisierbar ist. Im FOCUS (Ausgabe 22/2015) ist zu lesen: „Das Potenzial der Technologie ist groß, wie eine für das Umweltministerium Nordrhein-Westfalen erstellte Studie zeigt. Darin wird die wirtschaftlich nutzbare Wärmemenge im Abwasser allein an Rhein und Ruhr auf 1 850 Megawatt beziffert. Hochgerechnet auf das Bundesgebiet, könnten bis zu 2 Millionen Wohnungen beheizt werden. Der Bundesverband Wärmepumpe geht sogar von bis zu 4 Millionen Haushalten aus. ‚Das sind realistische Zahlen‘“, meint Jens Haberkamp von der FH Münster, der als Spezialist auf diesem Gebiet gilt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3975 2 Vorbemerkung der Landesregierung In der Antwort der Landesregierung vom 24.01.2014 (Drs. 17/1160) auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Miesner (CDU) „Welches Potenzial bietet die Wärme im Abwasser für die Energieversorgung ?“ wurde in der Vorbemerkung und zu Frage 1 Folgendes ausgeführt: „Die im Abwasser vorhandene Wärme kann mittels Wärmetauscher zu Heizzwecken verwendet werden. Der Entzug von Wärme aus dem häuslichen und industriellen Abwasser wird als Abwasserwärmerückgewinnung bezeichnet. Die Anwendung dieser Technologie erfolgt sowohl im privaten , industriellen als auch im kommunalen Bereich. Zu Heizzwecken werden hier Systeme verwendet, die als Grundlastabdeckung gegebenenfalls bis zu 70 % des Heizbedarfs durch die Abwasserwärmerückgewinnung und den übrigen Anteil durch die konventionelle Heizung abdecken. Wirtschaftlich interessant wird der Betrieb solcher Anlagen erst ab bestimmten Größenordnungen, diese liegen auf der Wärmeabnehmerseite z. B. im privaten Wohnungsbau bei ca. 50 Wohneinheiten . Die Bereitstellung des Wärmebedarfes über Abwasserwärmerückgewinnung für Klein- und Mittelunternehmen als auch für den privaten Hausbau ist aufgrund des hohen technischen Aufwandes derzeit nicht wirtschaftlich darstellbar. Im kommunalen Bereich erfolgt der Einbau der Wärmetauscher im Kanalisationssystem. Die Temperatur des kommunalen Abwassers kann durch Wärmeentzug um maximal 10 Grad Celsius gesenkt werden. Ein höherer Temperaturentzug ist aufgrund der nachführenden Technologie der Abwasserreinigungsanlagen nicht möglich. Lohnend wird der Einsatz der entsprechenden Technologien hier erst bei hinreichend großer Abwassermenge und einer technisch - wirtschaftlich sinnvollen Reichweite des zu beheizenden Objektes. Sowohl im privaten als auch im kommunalen Bereich liegt der erzielte Effekt der Abwasserwärmerückgewinnung in der Energieeinsparung und nicht in der Energieerzeugung. Abwasserwärmerückgewinnung ist aufgrund der erforderlichen Randbedingungen nicht flächendeckend sondern nur für Insellösungen einsetzbar. Das Potenzial der Wärme im Abwasser für die Energieversorgung wird gering eingeschätzt. Aus den einleitenden Bemerkungen ist zu entnehmen, dass die derzeit verfügbare Technologie aus Rentabilitätsgründen sowohl im kommunalen als auch im privaten Bereich nicht flächendeckend eingesetzt wird. Der Wärmenutzungsgrad ist durch die nachführende Technologie der Abwasserreinigungsanlagen eingeschränkt. Belastbare Statistiken über erzielte Energieeinsparungen aus diesem Bereich liegen nicht vor.“ An dieser grundsätzlichen Einschätzung hält die Landesregierung weiterhin fest. 1. Wie bewertet die Landesregierung die durch mittelständische Unternehmen in Niedersachsen entwickelten Technologien und Verfahren auf dem Gebiet der Nutzung der Abwärme aus Abwässern? Der Landesregierung liegen hier keine Erkenntnisse vor. 2. Was unternimmt die Landesregierung, um das Potenzial der CO2-freien Wärmeerzeugung bzw. -umwandlung aus Abwässern zu nutzen? Siehe Antwort zu Frage 3. 3. Welche Möglichkeit bietet die aktuelle EU-Förderperiode, um die beschriebene Technologie weiter voranzutreiben? Für den aktuellen EU-Förderzeitraum 2014 bis 2020 wird über die neue, sich derzeit noch in der Abstimmung befindliche EFRE-Förderrichtlinie zur Energieeinsparung und Energieeffizienz bei öf- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3975 3 fentlichen Trägern sowie Kultureinrichtungen die Möglichkeit einer Förderung eröffnet. Hiernach sollen bauliche Aus- oder Umrüstungen von öffentlichen Abwasseranlagen zur Verbesserung der Energieeffizienz durch Abwärmenutzung möglich sein. Ausgeschlossen von der Förderung ist die Infrastruktur zur Versorgung externer Gebäude bzw. Einrichtungen mit Energie. 4. Wenn es keine Unterstützung seitens der EU geben wird, sieht die Landesregierung trotzdem Entwicklungschancen auf dem beschriebenen Gebiet, oder macht sie dieses allein von einer Unterstützung der EU abhängig? Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Eine EU-seitige Förderung ist möglich. 5. Ist die Landesregierung nach wie vor - wie in der Antwort vom 24.01.2014 beschrieben - der Meinung, „keine Initiative zur Nutzung von Wärme im Abwasser zur Energieerzeugung “ durchführen zu wollen? Die Zuständigkeit für die Abwasserbeseitigung liegt bei den Gemeinden als Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises. Diese entscheiden eigenverantwortlich darüber, ob eine Abwärmenutzung des kommunalen Abwassers erfolgen sollte, und können sich gegebenenfalls dazu um Fördermittel bei der NBank bewerben. Die Landesregierung prüft derzeit verschiedene Verfahren zur Behandlung von Klärschlämmen. Dabei soll sowohl die ökologische als auch die ökonomische Sichtweise betrachtet werden. Dazu gehört auch die Energiebilanz verschiedener Verfahren. (Ausgegeben am 28.07.2015) Drucksache 17/3975 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3659 Energiewende: Wärme im Abwasser nutzen - Was tut die Landesregierung? Anfrage der Abgeordneten Axel Miesner, Burkhard Jasper und Heinz Rolfes (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 10.06.2015, Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz