Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/4028 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3771 - Studentenwerke in Niedersachsen Anfrage der Abgeordneten Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling, Sylvia Bruns, Christian Dürr (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 25.06.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 07.07.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur namens der Landesregierung vom 31.07.2015, gezeichnet In Vertretung Andrea Hoops Vorbemerkung der Abgeordneten Aus einem Onlinebericht der NOZ vom 21.05.2015 geht hervor, dass der Landesrechnungshof moniert , dass die Studentenwerke in Niedersachsen zu viel Geld zur Verfügung hätten und zu hohe Rücklagen bildeten. Der Landesrechnungshof hält die Finanzhilfen des Landes und insbesondere die Aufstockung im Jahr 2014 angesichts der Vermögenslage der Studentenwerke für nicht mehr gerechtfertigt. Er bezeichnet es als „nicht vertretbar, dass Studentenwerke über liquide Mittel in erheblicher Höhe verfügen und damit Zinserträge erzielen, während das Land als Mittelgeber zur Deckung des Gesamthaushalts auf eine Kreditaufnahme angewiesen ist“. Vorbemerkung der Landesregierung Die niedersächsischen Studentenwerke leisten mit ihren Angeboten einen wesentlichen Beitrag zum Studienerfolg der Studierenden an niedersächsischen Hochschulen. Sie ermöglichen mit ihrer sozialen Ausrichtung mehr Chancengleichheit in der Hochschulbildung, tragen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für das Studium und damit zur Effizienz des Studiums bei. Sie erbringen größtenteils gleichwertige Angebote für Studierende, unabhängig von der Größe der Hochschule und des Hochschulstandorts. Die Studentenwerke arbeiten dabei einerseits nach modernen kaufmännischen Prinzipien und richten ihre Angebote markt- und kundenorientiert aus. Andererseits befolgen sie den gesetzlich festgelegten staatlichen Auftrag der sozialen Daseinsvorsorge für die Studierenden . Die Übernahme dieser wichtigen Aufgabe im Hochschulsystem, die das Land den Studentenwerken übertragen hat, bedingt eine verlässliche und auskömmliche Grundfinanzierung aus Landesmitteln, die sozialverträgliche Beiträge und Entgelte der Studierenden ermöglicht. Diesem Zweck dient die vom Gesetzgeber festgelegte und mit der „Finanzhilfevereinbarung 2014 bis 2018 zur Förderung guter Studienbedingungen“ zugesicherte Finanzhilfe in Höhe von 16,3 Millionen Euro jährlich. 1. Wie bewertet die Landesregierung die Aussagen des Landesrechnungshofs? 2. Wie bewertet die Landesregierung den oben genannten Sachstand im Hinblick darauf, dass es in vielen niedersächsischen Hochschulstandorten Wohnungsnot bei den Studierenden gibt? Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4028 2 Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet. Der Gesetzgeber hat in § 68 Abs. 5 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG) und in § 70 Abs. 3 NHG ausdrücklich eine wirtschaftliche Selbstständigkeit der vom Land errichteten Anstalten in Kombination mit einem transparenten Berechnungsmaßstab zur Ermittlung der Finanzhilfe als die ideale Regelung für die Finanzierung der von den Studentenwerken übernommenen staatlichen Aufgaben anerkannt und gesetzlich festgelegt. Aus diesen Gründen und auch angesichts der zum Wintersemester 2014/2015 wiederum angestiegenen Gesamtstudierendenzahlen hält die Landesregierung die Finanzhilfe für die Studentenwerke für gerechtfertigt und angemessen. Nur mit einer angemessenen finanziellen Unterstützung des Landes für die Studentenwerke ist es möglich, den heutigen Studierenden Studienbedingungen zu bieten, die mit denen in vorhergehenden Jahren vergleichbar sind. Die vom Niedersächsischen Landesrechnungshof vorgenommene Bewertung der Studentenwerke als überfinanziert lässt die erheblichen Belastungen durch die Sanierungserfordernisse in älteren Wohnheimen, die als einmalig qualifiziert werden, außer Betracht. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist dieser methodische Ansatz nicht haltbar. Zu diesen keineswegs einmaligen Belastungen kommen noch weitere Risiken und Verpflichtungen der Studentenwerke hinzu, wie z. B. Beschaffungen von Großgeräten in den Mensen der Studentenwerke. Auch verschärfte Anforderungen in den Bereichen Brandschutz und Trinkwasserschutz gehören exemplarisch hierher. Die Studentenwerke sind aufgrund des Alters ihrer Immobilien und der unterschiedlichen Strukturen (siehe auch Antwort zu Frage 3) unterschiedlich belastet. Den Studentenwerken und ihren Gremien ist durch den Wegfall des Haushaltstitels für Sanierungsmittel für ältere Wohnheime im Jahr 2003 und den Beschluss des Landtages vom 20.02.2009 (Drs. 16/968) seit mehr als zehn Jahren bekannt , dass sie ihre Wohnanlagen kostendeckend bewirtschaften müssen. Dies beinhaltet die Notwendigkeit der Bildung entsprechender Rücklagen für Sanierungen. Mit o. g. Landtagsbeschluss wurde die Landesregierung ausdrücklich gebeten, darauf hinzuwirken, dass die Studentenwerke für Bauunterhaltung und Sanierung ihrer Studentenwohnheime entsprechende Rücklagen bilden. Es ist zu erwarten, dass insoweit gebildete Rücklagen von Fall zu Fall, auch in höheren Beträgen, für größere Sanierungsmaßnahmen (aktuell z. B. das Wohnheim Am Rebenring in Braunschweig mit Sanierungskosten von insgesamt rund 35 Millionen Euro) eingesetzt und daher nicht weiterhin ansteigen werden. Dies gilt ebenfalls vor dem Hintergrund, dass zum Teil auch der Neubau von Wohnheimen zur Ausweitung des Platzangebots von den Studentenwerken geplant wird. Unbeschadet einer Landesförderung im Jahr 2015 mit insgesamt 5 Millionen Euro für die Zweckbestimmung „Zuweisungen für Investitionen im Wohnungsbau für Wohnheimplätze für Studierende an Hochschulstandorten in Niedersachsen zugunsten des Sondervermögens“, müssen die Studentenwerke neben einer Kreditaufnahme auch Entnahmen aus Rücklagen für diese Projekte vorsehen . Dies wird deutlich, wenn - wie z. B. beim Studentenwerk Osnabrück - die Baukosten für ein neues Wohnheim mit rund 170 Plätzen auf 12,5 Millionen Euro geschätzt werden. Gemäß § 70 Abs. 4 NHG richten sich die Wirtschaftsführung und das Rechnungswesen nach kaufmännischen Grundsätzen. Für die Bildung von Rücklagen gelten somit die handelsrechtlichen Vorschriften. Die Studentenwerke sind als kaufmännisch wirtschaftende Unternehmen auf Überschüsse und Rücklagen angewiesen, um Vorsorge für die Substanzerhaltung und den Ausbau ihrer Einrichtungen treffen zu können. Die Bildung ausreichender Rücklagen ist ungeachtet der Arten der Rücklagen notwendig, um die Fortführung des Geschäftsbetriebs der Studentenwerke sicherzustellen . Rücklagen decken nicht nur Investitionen ab, sondern auch unternehmerische Risiken. Dabei ist zu beachten, dass Rücklagen zum Teil im Anlagevermögen gebunden sind, sodass ihnen keine entsprechende Liquidität gegenübersteht (siehe auch Antwort zu Frage 4.). Dass die Studentenwerke liquide Mittel, die nicht für kurzfristige Verbindlichkeiten benötigt werden, zinsbringend anlegen, ist dabei grundsätzlich nicht zu beanstanden. Nach den Satzungen der Studentenwerke sind sie selbstlos tätig und verfolgen nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. Die Zinsgewinne, die hierdurch erzielt werden, sind wie eigene Einnahmen zu betrachten und kommen somit der Finanzierung der Aufgaben der Studentenwerke nach dem NHG und damit auch den Studierenden als Beitragszahlern zugute. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4028 3 3. Welche Leistungen übernehmen die einzelnen Studentenwerke in Niedersachsen für die Studierenden, und welche Kosten entstehen ihnen dabei? Die Frage nach der Übernahme von Leistungen wird in dem Sinne verstanden, dass ein Überblick über die von den Studentenwerken für Studierende angebotenen Dienstleistungen gegeben werden soll. Die Aufgaben der Studentenwerke sind gesetzlich festgelegt. Nach § 68 Abs. 2 NHG fördern und beraten die Studentenwerke die Studierenden wirtschaftlich, gesundheitlich, sozial und kulturell. Zu ihren Aufgaben gehört insbesondere der Betrieb von Wohnheimen, Mensen, Cafeterien und Betreuungseinrichtungen für Kinder von Studierenden. Diese Aufgaben werden von den niedersächsischen Studentenwerken angepasst an die Bedürfnisse der jeweiligen Hochschulstandorte , für die ihre Zuständigkeit besteht, wahrgenommen. Die Studentenwerke in Niedersachsen bieten insgesamt 15 151 Wohnplätze für Studierende (Stand 01.01.2015) an. In ihren Mensen und Cafeterien, Bistros, Cafébars und weiteren hochschulnahen Gastronomieeinrichtungen bieten sie vielfältige Verpflegungsangebote für Studierende an. In den Mensen werden für Studierende preiswerte, abwechslungsreiche Speisen und Getränke unter Berücksichtigung moderner ernährungsphysiologischer Empfehlungen und des Zeitbudgets im Studienalltag angeboten. So wurden im Jahr 2013 in den insgesamt 71 Mensen und Cafeterien in Niedersachsen mit 18 530 Tischplätzen 7 233 750 Essenportionen an Studierende ausgegeben. Dabei sind die gastronomischen Einrichtungen der Studentenwerke oft Orte, die über den reinen Versorgungscharakter hinaus auch eine soziale Bedeutung im Alltag der Studierenden haben, indem sie Aufenthalts-, Kommunikations-, Kultur- und Regenerationsbereiche darstellen. Sie unterhalten zudem alle (bis auf Studentenwerk Hannover) eigene Kindertagesstätten. In den Sozialberatungs- und psychosozialen Beratungsstellen bieten die Studentenwerke Studierenden umfassende und breit gefächerte Beratungen an, u. a. zu den Themen Studienfinanzierungsmöglichkeiten, Kranken- und Sozialversicherung, Jobben, Konfliktsituationen und Lernschwierigkeiten im Studium. Studierende Eltern erhalten sowohl in den Sozialberatungsstellen der Studentenwerke Unterstützung zu Fragen von Vereinbarkeit von Familie und Studium als auch von der Wohnheimvermittlung Informationen über Angebote von Wohnungen in den Wohnanlagen der Studentenwerke, die geeignete Plätze für studierende Eltern anbieten. Außerdem bieten die Beratungsstellen kinderfreundliche Aufenthaltsbereiche und Wickelmöglichkeiten in Mensen und Cafeterien und einen kostenlosen Kinderteller für Kinder unter zehn Jahren an. Zudem sind die niedersächsischen Studentenwerke für den Vollzug des Bundesausbildungsförderungsgesetzes für Studierende zuständig. Die ihnen insoweit entstehenden Aufwendungen erhalten sie vom Land erstattet. Schließlich sind die Studentenwerke auch auf die Internationalisierung der Hochschulen eingestellt, indem die Beratung und Integration von ausländischen Studierenden in die unterschiedlichen Aufgabengebiete einbezogen werden, nicht zuletzt in die Unterstützung von kulturellen Aktivitäten von Studierenden. Die Kostenrechnungen der Studentenwerke werden nicht nach einem einheitlichen Muster erstellt. Hintergrund sind die unterschiedlichen Strukturen und Zuständigkeiten (z. B. viele zu betreuende Standorte mit vielen Einrichtungen, nur ein Standort aber mit vielen, im Stadtgebiet verteilten Einrichtungen , viele alte oder viele neue Einrichtungen, sehr viele oder sehr wenige zu betreuende Studierende an einem Standort). Einen Anhaltspunkt für die Kosten, die den Studentenwerken für diese Dienstleistungen entstehen, gibt der Wert des jährlichen Betriebsaufwands, der sich aus den Positionen Materialaufwand, Personalaufwand , Abschreibungen, gegebenenfalls Auflösung des Sonderpostens für Zuschüsse zum Anlagevermögen, sonstigen betrieblichen Aufwendungen und Steuern zusammensetzt. Er ist den bereits geprüften, aber noch nicht von den Gremien der Studentenwerke abgenommenen Jahresabschlüssen 2014 entnommen: Studentenwerk OstNiedersachsen 34 873 000 Euro, Studentenwerk Göttingen 29 257 600 Euro, Studentenwerk Hannover 23 813 720 Euro, Studentenwerk Oldenburg 17 957 000 Euro, Studentenwerk Osnabrück 17 644 250 Euro. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4028 4 4. Auf welche Summe belaufen sich gegenwärtig die Rücklagesummen der einzelnen Werke für Bau- und Sanierungsmaßnahmen? Die Summe beläuft sich auf insgesamt 51 237 960 Euro. Sie verteilt sich nach dem Stand aus den geprüften, aber noch nicht von den Gremien der Studentenwerke abgenommenen Jahresabschlüssen 2014 auf die einzelnen Studentenwerke wie folgt: Studentenwerk OstNiedersachsen 10 230 334 Euro, Studentenwerk Göttingen 21 349 626 Euro, Studentenwerk Hannover 5 750 000 Euro, Studentenwerk Oldenburg 3 000 000 Euro, Studentenwerk Osnabrück 10 908 000 Euro. Zur Bewertung der Rücklagen wird auch auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. (Ausgegeben am 06.08.2015) Drucksache 17/4028 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3771 Studentenwerke in Niedersachsen Anfrage der Abgeordneten Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling, Sylvia Bruns, Christian Dürr (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 25.06.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur