Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/4065 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3812 - Wie bewertet die Landesregierung die erste Sitzung des Runden Tisches Energiewende? Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker und Dr. Stefan Birkner (FDP) an die Landesregierung , eingegangen am 02.07.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 09.07.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 31.07.2015, gezeichnet Stefan Wenzel Vorbemerkung der Abgeordneten Am 7. Mai 2015 fand in Hannover die erste Sitzung des Runden Tisches Energiewende statt. Mitglieder des Runden Tisches waren Vertreter aus verschiedenen Gruppen aus Wirtschaft, Umweltverbänden , Wissenschaft, Kirchen etc. Im Rahmen dieser Sitzung stellte Prof. Martin Faulstich vom Clausthaler Umwelttechnik-Institut (CUTEC) eine Studie mit dem Titel „Szenarien zur Energieversorgung in Niedersachsen im Jahr 2050“ vor. Vorgabe für diese Studie war ein Szenario, dass Niedersachsen im Jahr 2050 zu 100 % mit erneuerbaren Energien versorgt werden soll. Vorbemerkung der Landesregierung Die Aufgaben des Runden Tisches sind – Erarbeitung eines Leitbildes für die Klimaschutz- und Energiepolitik des Landes; als Grundlage hierfür dienen die von den beauftragten Gutachtern erarbeiteten Energieszenarien, die derzeit vom Runden Tisch diskutiert werden, – Begleitung der Arbeiten an einem Klimaschutzgesetz des Landes, – Erarbeitung von Beiträgen für ein Integriertes Energie- und Klimaschutzprogramm des Landes, das Maßnahmen zur Umsetzung der Energiewende- und Klimaschutzziele des Landes konkretisiert . Der Runde Tisch ist bewusst so angelegt, dass seine Mitglieder den Prozess in allen Stufen und damit auch die Ergebnisse mitgestalten können und sollen. Dies gilt auch für die Energieszenarien des in der Vorbemerkung der Abgeordneten angesprochenen Gutachtens. Bei der ersten Sitzung wurde das erste von zwei Szenarien aus diesem Gutachten vorgestellt. Es kann und soll nun durch Stellungnahmen der Mitglieder weiterentwickelt werden. Diese Stellungnahmen sind zwischenzeitlich im Ministerium eingegangen und werden bei der zweiten Sitzung am 7. September 2015 behandelt . Das Szenario 1 befindet sich somit noch im Arbeitsstadium. Es wäre daher verfrüht, es schon abschließend zu bewerten. Dies gilt auch für das Gutachten in seiner Gesamtheit. 1. Wie bewertet die Landesregierung die erste Sitzung des Runden Tisches Energiewende ? Die erste Sitzung ist außerordentlich erfolgreich verlaufen. Das vorgestellte Energieszenario wurde von den Mitgliedern lebhaft diskutiert und es wurden dabei viele wesentliche Aspekte angesprochen . Darüber hinaus sind im Nachgang zu dieser Sitzung noch zahlreiche schriftliche Stellung- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4065 2 nahmen der Mitglieder zum Szenario eingegangen, die nun für dessen Weiterentwicklung genutzt werden. Nicht zuletzt war auch das Interesse der Medien an der Sitzung sehr hoch. 2. Inwieweit plant die Landesregierung, diese Form der Öffentlichkeitsbeteiligung in Zukunft wieder zu nutzen? Rückhalt und Unterstützung für die Energiewende können nur dann entstehen, wenn eine breite gesellschaftliche Diskussion darüber stattfindet und das Vorhaben der Öffentlichkeit gegenüber transparent gemacht wird. Dies gilt ebenso für andere große Vorhaben, weshalb die Landesregierung es für denkbar hält, auch anderweitig Runde Tische oder ähnliche Gremien ins Leben zu rufen . Unberührt davon bleiben selbstverständlich die ohnehin in den entsprechenden Verfahren vorgesehenen Verbandsbeteiligungen. 3. Nach welchen Kriterien wurden die Teilnehmer des Runden Tisches ausgewählt? Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten ein möglichst großes gesellschaftliches Spektrum abbilden . 4. Wie hoch sind die Kosten des Runden Tischs Energiewende? Die abschließenden Kosten können noch nicht exakt beziffert werden, da die Sitzungssäle für die Sitzungen vier und fünf (2016) noch nicht gebucht sind. Ausgehend von den bislang angefallenen Sitzungskosten kann jedoch abgeschätzt werden, dass die Schlusssumme 45 000 Euro nicht übersteigen wird. Zu den Kosten für die Sitzungen kommen noch die für die Erstellung des Gutachtens. Siehe dazu die Antwort unter 5. 5. Wie viel kostete die Studie „Szenarien zur Energieversorgung in Niedersachsen 2050“? Der Betrag beläuft sich auf 295 358 Euro einschließlich Umsatzsteuer. 6. Wie viele Institute haben sich für die Erstellung der Studie beworben? Gemäß § 3 der Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen wurde ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger öffentlicher Aufforderung zur Teilnahme (Teilnahmewettbewerb) durchgeführt. In diesem Rahmen haben vier Bieter ihre Teilnahmeanträge abgegeben. 7. Inwieweit werden aus der Studie Folgestudien abgeleitet werden? Derzeit sind keine Folgestudien vorgesehen. 8. Wie werden diese Folgestudien ausgeschrieben werden? Siehe Antwort zu Frage 7. 9. Welche inhaltlichen Vorgaben wurden CUTEC gemacht? Die inhaltlichen Anforderungen ergeben sich aus der Leistungsbeschreibung. Danach soll u. a. eine Analyse des Status quo der energiepolitischen Rahmenbedingungen und eine Analyse der in Niedersachsen vorhandenen Potenziale für erneuerbare Energien vorgenommen werden. Darüber hinaus wird erwartet, dass ein Modell (Simulationssystem) entwickelt wird, das in der Lage ist, die Entwicklung der Energieflüsse in Niedersachsen bis zum Jahr 2050 und die korrespondierenden Treibhausgas-Emissionen abzubilden. Schließlich sollen zwei Szenarien erstellt werden: eines, das Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4065 3 aufzeigt, wie ein auf 100 % erneuerbaren Energien basierendes Energieversorgungssystem in Niedersachsen im Jahr 2050 aussehen kann, und eines, das eine konservative Integration von erneuerbaren Energien vorsieht und darstellt, wie bis zum Jahr 2050 die Treibhausgas-Emissionen gegenüber 1990 um mindestens 80 % reduziert werden können. Daraus sollen Klimaschutzziele abgeleitet werden. 10. Wie bewertet die Landesregierung die in der ersten Sitzung des Runden Tisches vorgestellte Studie von CUTEC inhaltlich? Das Gutachten stellt einen technisch gangbaren Weg zu einer Energieversorgung dar, die zu nahezu 100 % auf regenerativen Energien basieren kann. Mit dem Runden Tisch werden nun die eingesetzten Parameter sowie die politische Umsetzung debattiert. 11. Wie hoch ist der momentane jährliche Energieverbrauch der Länder Niedersachsen, Hamburg und Bremen? Aufgrund der Komplexität der Energiebilanzen liegen verlässliche Daten zum Primärenergieverbrauch nur bis zum Jahr 2012 vor. Die Länderenergiebilanzen für das Jahr 2013 werden zurzeit berechnet und erstellt. Der Primärenergieverbrauch für das Jahr 2012 stellt sich wie folgt dar. Deutschland: 13 447 059 Terajoule, Niedersachsen: 1 330 622 Terajoule, Hamburg 240 814 Terajoule, Bremen 160 415 Terajoule. 12. Wie soll der um 48 % niedrigere jährliche Energieverbrauch der Länder Niedersachsen, Hamburg und Bremen im Jahr 2050 erreicht werden? Das Gutachten bezieht sich nur auf Niedersachsen. Insofern können für Hamburg und Bremen keine Aussagen getroffen werden. Das Gutachten basiert bezüglich des in der Frage genannten Effizienzziels auf weiteren wissenschaftliche Untersuchungen. Entsprechende Potenziale sind dort aufgeführt. Viele Effizienzmaßnahmen werden derzeit vom Runden Tisch diskutiert. Insofern liegt hier noch kein abschließendes Ergebnis vor. 13. Inwieweit ist eine Energieautarkie, wie sie Ministerpräsident Weil beim ersten Runden Tisch Energiewende als Ziel genannt hat, praktisch möglich? Die Landesregierung strebt an, bis zum Jahr 2050 den Energiebedarf Niedersachsens zu nahezu 100 % aus erneuerbaren Energien zu decken. Rechnerisch soll dabei im Land etwa so viel Energie erzeugt werden wie verbraucht wird. Unabhängig von der rechnerischen Bilanz wird es selbstverständlich weiterhin einen Energieaustausch im Rahmen der deutschen und europäischen Netze geben. 14. Wie will die Landesregierung den Konflikt zwischen dem selbst formulierten Ziel der Reduzierung des Flächenverbrauchs in der Landwirtschaft und einer in der Studie „Szenarien zur Energieversorgung in Niedersachsen 2050“ vorgegeben massiven Ausweitung der Fläche für Photovoltaikanlagen auf Freiflächen auflösen? Der Runde Tisch ist aufgrund seiner breiten gesellschaftlichen Zusammensetzung explizit dafür angelegt, Kompromisse bei widerstreitenden Interessen zu finden. Die Landesregierung strebt an, dies auch bei dem in der Frage genannten Thema zu erreichen. Es wird im Übrigen darauf hinge- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4065 4 wiesen, dass im Gutachten vorgeschlagen wird, die Landwirtschaftsfläche, die derzeit für den Anbau von Energiepflanzen genutzt wird, zu reduzieren. 15. Wie bewertet die Landesregierung den in der Studie vorgeschlagenen flächenbasierten Ertrag aus der Onshorewindenergie aus 2,1 % der Bodenfläche? In diese Zahl ist im Gutachten nicht nur die Eigenversorgung der Bevölkerung Niedersachsens eingeflossen , sondern auch ein potenzieller Exportanteil, der weitere rund 3 Millionen Menschen mit erneuerbaren Energien versorgen würde. Die Gutachter gehen davon aus, dass Niedersachsen langfristig Energieexportland sein wird, da es bessere Rahmenbedingungen für erneuerbare Energien aufweist als andere Bundesländer. Rechnet man die Eigenversorgung des Landes, reduziert sich der Flächenanteil, der von den Gutachtern zur Aufstellung der Onshorewindenergie kalkuliert wird, auf 1,5 % der Landesfläche. 16. Wie bewertet die Landesregierung den in der Studie vorgeschlagenen flächenbasierten Ertrag aus der Photovoltaik aus 4,6 % der Landwirtschaftsfläche? Auch hier handelt es sich um eine Zahl, in welche der in der Antwort zu Frage 15 benannte Exportanteil eingeflossen ist. Zur Selbstversorgung Niedersachsens würden nach Ansicht der Gutachter 3,3 % der Landwirtschaftsfläche benötigt. Es ist an dieser Stelle der Hinweis angebracht, dass diese Zahlen (siehe Vorbemerkung) sich noch in der Diskussion am Runden Tisch befinden und nicht endgültig sind. Es wird beispielsweise zu prüfen sein, ob der Anteil für Dachflächen tatsächlich ausgeschöpft ist. Zudem kommen auch weitere Verkehrsflächen infrage. In den Niederlanden erforscht man beispielsweise fahrwegintegrierte Solarzellen für Radwege. Auch die Möglichkeiten zur Nutzung von Fassaden schreiten voran. Bei einem Szenario für einen langen Zeitraum gilt es künftige Entwicklungen bei der Forschung zu antizipieren. (Ausgegeben am 12.08.2015) Drucksache 17/4065 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3812 - Wie bewertet die Landesregierung die erste Sitzung des Runden Tisches Energiewende? Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker und Dr. Stefan Birkner (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 02.07.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz