Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/4078 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3743 - Stehen der Schutz und die Sicherheit der Menschen vor dem Wolf an erster Stelle? Anfrage der Abgeordneten Ernst-Ingolf Angermann und Volker Meyer (CDU) an die Landesregierung , eingegangen am 10.06.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 03.07.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 07.08.2015, gezeichnet Stefan Wenzel Vorbemerkung der Abgeordneten Immer wieder kam es in den letzten Monaten zu Begegnungen zwischen Menschen und wildlebenden Wölfen in vielen Regionen Niedersachsens. Die Aussage „der Wolf ist scheu“ können viele Bewohner, besonders in ausgewiesenen Wolfsregionen, nicht bestätigen. Dies wird besonders deutlich durch eine vorliegende Unterschriftenliste aus dem Bereich Bassum/Diepholz, in der annähernd 200 Unterzeichner klare Antworten durch das Umweltministerium fordern. Aus dem Begleitschreiben zu der Unterschriftenliste geht hervor, dass die Betroffenen Beschwichtigungen und Hinhaltetaktiken bei diesem Thema nicht weiter hinnehmen und klare Antworten fordern. Die Verfasser beziehen sich auch auf einen Bericht der Nordseezeitung vom 10.04.2015 mit dem Titel „Umweltministerium : Junger Wolf ist wenig scheu“. Darin geht es um eine Wolfssichtung innerhalb von Kührstedt bei Bremerhaven und die zugehörigen Ausführungen des zuständigen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz. Dort heißt es: „Sollte es erforderlich sein, werden durch das Ministerium umgehend geeignete Maßnahmen zur Markierung oder Vertreibung eingeleitet. Dabei stehen der Schutz und die Sicherheit der Menschen an erster Stelle.“ Vorbemerkung der Landesregierung Bei dieser Anfrage handelt es sich um eine inhaltliche 1:1-Wiedergabe des in den Vorbemerkungen der Abgeordneten erwähnten Schreibens zweier Bürgerinnen mit Unterschriftenliste. Diese Antwort der Landesregierung deckt sich daher inhaltlich mit den vom MU gegenüber den Einsenderinnen gemachten Aussagen. Bei allen Maßnahmen im Umgang mit dem unter Artenschutz stehenden Wolf steht für die Landesregierung die Sicherheit der Menschen immer an erster Stelle. Die Landesregierung und Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel persönlich nehmen die Sorgen der Bevölkerung sehr ernst. Anders als der Luchs wurde und wird der Wolf bei uns nicht wieder angesiedelt. Von den drei großen Beutegreifern Bär, Luchs und Wolf, die in Deutschland heimisch waren, im 19. Jahrhundert jedoch ausgerottet wurden, ist nur der Wolf eigenständig zurückgekehrt. Er wanderte nach dem Fall des Eisernen Vorhangs aus Polen kommend in sein ehemaliges Verbreitungsgebiet zurück. 1996 wurde in der Lausitz die erste dauerhafte Wolfsansiedlung dokumentiert. In Niedersachsen gab es zehn Jahre später erste Hinweise, seit 2007 auch definitive Nachweise einzelner Wolfsvorkommen. Seit seiner natürlichen Rückkehr nach Niedersachsen sind hierzulande inzwischen fünf Wolfsrudel, zwei Wolfspaare sowie ein residenter Einzelwolf nachgewiesen. Deren Territorien befinden sich in der Heide, im Wendland, im Landkreis Cuxhaven und in der Grafschaft Bentheim. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4078 2 Der Wolf ist sowohl nach europäischem als auch nach nationalem Artenschutzrecht streng geschützt . Seine Rückkehr nach Niedersachsen ist ein großer Gewinn für die hiesige Artenvielfalt. Ein Wildtier, das nach langer Abwesenheit wieder heimisch wird, trifft bei den Menschen allerdings nicht nur auf Interesse, Freude und Zustimmung, sondern auch auf Verunsicherung, Ängste und zum Teil sogar klare Ablehnung. Mit der Rückkehr eines großen Beutegreifers können Probleme und mögliche Gefährdungen verbunden sein. Dies erfordert unter Umständen ein steuerndes Eingreifen der zuständigen Behörden. Grundlegende Aspekte des sogenannten Wolfsmanagements - niedergelegt im niedersächsischen Wolfskonzept - werden vom MU mit den über den 2014 neu konstituierten Arbeitskreis Wolf einbezogenen Verbänden und Experten (Nutztierhalter, Naturschutzverbände und Wissenschaft) abgestimmt. Das niedersächsische Konzept des Wolfsmanagements versteht sich als ein dynamisches System, in dem die nationalen und internationalen Erfahrungen im Umgang mit dem Wolf ausgewertet und angewendet werden. Das heißt, dass das Konzept ausgehend von den jeweils neuen Erfahrungen und Herausforderungen im Umgang mit dem Wolf ständig an die neuen Aufgabenstellungen angepasst wird. Als wichtigste Leitmotive müssen dabei - solange kein günstiger Erhaltungszustand erreicht ist - sowohl der strenge Schutz des Wolfes als auch die Sicherheit des Menschen gelten. Das niedersächsische Wolfsmanagement strebt ein möglichst konfliktarmes Miteinander von Mensch und Wolf an. Das Wolfsmanagement ist kein Programm zur Regulierung der Wolfspopulation. Vielmehr betrifft es den Umgang mit Wölfen, die sich anders verhalten, als das mit den Erwartungen und Ansprüchen der heutigen Gesellschaft zu vereinbaren ist. Dazu gehört auch die Umsetzung der Handlungskaskade , die ausgelöst wird, wenn Wölfe sich zu stark an Menschen annähern oder sich auf Nutztiere spezialisieren, die bereits durch entsprechende Präventionsmaßnahmen gegen Wolfsangriffe geschützt sind. In diesen Fällen, erst recht, wenn die Annäherung mit aggressivem Verhalten verbunden sein sollte , werden alle sachdienlichen Hinweise genau dokumentiert und ausgewertet. Dann wird versucht, den betreffenden Wolf mit einem Senderhalsband auszustatten, um einzelne Beobachtungen und Ereignisse einem bestimmten Tier zuordnen zu können. Die Sender erlauben auch, dieses Tier jederzeit gezielt aufzusuchen, um Vergrämungsmaßnahmen, sozusagen zur Umerziehung, applizieren zu können. Damit soll dem Tier verdeutlicht werden, dass ein Aufenthalt in unmittelbarer Nähe des Menschen unangenehme Folgen hat. Haben wiederholte Vergrämungsmaßnahmen nicht den gewünschten Effekt, nämlich die Einhaltung einer Mindestdistanz zu Personen (nicht zu Gebäuden oder Fahrzeugen), wird das betreffende Tier der Natur entnommen. 1. Wann tritt nach Ansicht der Landesregierung der Zustand der Erforderlichkeit ein? Die Erforderlichkeit zu behördlichem Handeln im Sinne eines Managements der Wölfe tritt ein, wenn bestimmte Wölfe sich besonders auffällig verhalten, vor allem, wenn sie zu wenig Distanz zu Menschen halten. Diese Situation ist im Falle des Rudels Munster bereits erreicht, weshalb Maßnahmen eingeleitet wurden und umgesetzt werden. 2. Wie ist in Bezug auf die vorstehende Aussage der Begriff „umgehend“ definiert (bitte exakte Definition des Zeitrahmens)? Sobald im Bereich eines Wolfsrudels besondere Auffälligkeiten auftreten. Der Zeitrahmen ist umgangssprachlich so definiert, dass ohne Zeitverzug Entscheidungen über notwendige Maßnahmen erfolgen. 3. Welche Maßnahmen hält die Landesregierung für geeignet, also für praktikabel und Erfolg versprechend, um den Schutz und die Sicherheit der Menschen zu gewährleisten? Das Vorgehen ist mehrstufig. Es beginnt mit einer umfassenden Dokumentation und Analyse aller Beobachtungen, Spuren und Vorfälle und setzt sich fort mit dem Bemühen zur Gewinnung weiterer Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4078 3 Einzelinformationen. Im Falle des Urteils „auffälliges Verhalten“ wird versucht, den oder die betreffenden Wölfe mit Sendern auszustatten und einen Abgleich der Senderdaten mit Vorkommnissen vorzunehmen. Anschließend werden Vergrämungsmaßnahmen durchgeführt, damit der Wolf lernt, Nahbegegnungen mit dem Menschen zu vermeiden. Gegebenenfalls werden solche Vergrämungsmaßnahmen wiederholt. Haben die Maßnahmen keinen Erfolg, wird das Tier der Natur entnommen . 4. Welche/r Entscheider sind/ist rund um die Uhr erreichbar (bitte konkrete Angabe von Kontaktdaten)? Grundsätzlich rund um die Uhr erreichbar - insbesondere bei Unfällen oder besonderen Gefahrenlagen - ist die Polizei. Über die Notrufnummer kann man sich jederzeit an diese wenden, nötige weitere Schritte werden von dort eingeleitet. Das Wolfsbüro und das MU sind an Werktagen zu den üblichen Arbeitszeiten besetzt, die Wolfsbeauftragte der Landesjägerschaft Niedersachsen (LJN) sowie die Wolfsberaterinnen und Wolfsberater sind tagsüber erreichbar. Alle Kontaktdaten sind auf den Internetseiten des MU, der LJN und des Wolfsbüros veröffentlicht oder verlinkt. Die Kontaktdaten lauten wie folgt: Wolfsbüro des NLWKN, wolfsbuero@nlwkn-h.niedersachsen.de Tel: +49 (0)511/3034-3034 (Mo, Mi - Fr: 9.00 - 12:00 Uhr; Mo - Fr: 14:00 - 15:30 Uhr), Fax: +49 (0)511/3034-3504, Wolfsbeauftragte der LJN: Dr. Britta Habbe; bhabbe@ljn.de; Tel. 0511/5304318, mobil 0179/9075166, Liste der Wolfsberaterinnen und Wolfsberater: www.nlwkn.niedersachsen.de/download/90798. 5. Sind konkrete Beschlüsse und Erläuterungen zu diesem Thema für jeden Bürger einsehbar dokumentiert, gegebenenfalls wo? Im Niedersächsischen Wolfsportal unter http://www.der-wolf-in-niedersachsen.de sind alle Daten zugänglich; dort finden sich auch Links zu relevanten anderen Websites. (Ausgegeben am 13.08.2015) Drucksache 17/4078 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3743 Stehen der Schutz und die Sicherheit der Menschen vor dem Wolf an erster Stelle? Anfrage der Abgeordneten Ernst-Ingolf Angermann und Volker Meyer (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 10.06.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz