Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/4135 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3969 - Wie sehr ist die Feuerwehr auf brennende Windenergieanlagen vorbereitet? Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker und Christian Grascha (FDP) an die Landesregierung , eingegangen am 22.07.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 28.07.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 27.08.2015, gezeichnet In Vertretung Stephan Manke Vorbemerkung der Abgeordneten Immer wieder kommt es zu Bränden an Windenergieanlagen. Diese Anlagen gelten als elektrische Anlagen unter Hochspannung. Sie stehen oft auf relativ unwegsamem Gelände, was teilweise zu weiteren Problemen für Feuerwehr und Rettungskräfte führt. Vorbemerkung der Landesregierung Brände in Windenergieanlagen (WEA) werden in der Regel durch Presseberichterstattung bekannt. Gemessen an über 5 600 installierten Windenergieanlagen in Niedersachsen bzw. über 25 000 Windenergieanlagen bundesweit sind diese Brandereignisse als seltene Schadenfälle einzustufen, die in ihren Auswirkungen zudem beherrschbar sind. Ferner hat der Gesetzgeber darauf verzichtet bezüglich der Löschwasserversorgung in Windparkanlagen Vorgaben zu machen, da Brandbekämpfungsmaßnahmen nur bei herabgestürzten brennenden Teilen - die am Boden liegen - durchgeführt werden. Für diese Art der Brandbekämpfung sind einsatztaktisch Tanklöschfahrzeuge der Feuerwehr ausreichend. 1. Welche Gefahren können aus feuerwehrtechnischer Sicht beim Brand eines Windrads entstehen (z. B. durch herabstürzende Teile)? Herabstürzende brennende Teile können Folgebrände am Boden, die Gefahr einer Brandausbreitung in land- und forstwirtschaftlichen Flächen oder an benachbarten Einrichtungen (Gebäude) verursachen . 2. Inwieweit sind die Spezifika brennender Windenergieanlagen Teil der Feuerwehrausbildung in Niedersachsen? Eine spezielle Feuerwehrausbildung wird für brennende Windenergieanlagen nicht benötigt. Es finden Unterweisungen durch Windenergieanlagenhersteller bei den Ortsfeuerwehren statt Eine brennende Windenergieanlage wird wie jedes andere Brandereignis situationsbedingt bzw. gefahrenspezifisch abgearbeitet. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4135 2 3. Welche Stoffe können beim Brand von Windenergieanlagen austreten, und inwieweit sind diese gefährlich für Mensch und Umwelt? Beim Brand von Windenergieanlagen können insbesondere Schmiermittel, Getriebe- und Hydrauliköle , Kühlmittel austreten, die aufgrund ihrer stofflichen Eigenschaften umwelt- oder wassergefährdend wirken können. 4. Welche Möglichkeiten der Höhenrettung gibt es? Es gibt drei Möglichkeiten der Höhenrettung: 1. die spezielle Rettungsvariante mit dem Hubschrauber, 2. Rettung durch Höhenretter der Feuerwehr und 3. die Selbstrettung mit einem Notabseilgerät. Je nach Windenergieanlagentyp ist im Eingangsbereich ein Notabseilgerät vorhanden. Zusätzlich ist jeder Monteur verpflichtet - falls nicht bereits in einer Windenergieanlage vorhanden - solch ein Gerät beim Betreten der Windenergieanlage bei sich zu haben. Alle Monteure die im Bereich der Wartung von Windenergieanlagen tätig sind (Arbeiten in großen Höhen), haben eine entsprechende Unterweisung in der Selbstrettung erhalten, die jährlich zu wiederholen ist. 5. Sind Windkraftanlagen mit selbstlöschenden Einrichtungen ausgestattet und, wenn ja, welche? Es besteht die Möglichkeit, WEA mit selbstlöschenden Einrichtungen auszustatten. Je nach Anwendungsfall können dies CO2-Feuerlöschanlagen, Inertgaslöschanlagen, Feinsprühlöschanlagen oder Sprühwasserlöschanlagen (Transformator- bzw. Umspannstation) sein. 6. Welche Schutzanzüge/Helme/luftdichte Atemschutzausstattungen sind für die Feuerwehr vor Ort erforderlich, und inwieweit sind alle Feuerwehren Niedersachsens ausreichend damit ausgestattet? Für Brandbekämpfungsmaßnahmen bei brennenden Windenergieanlagen, ist die herkömmliche persönliche Schutzausrüstung (Feuerwehrstiefel, Überhose, Überjacke, Flammschutzhaube, Feuerwehrhelm mit Visier und Nackenschutz sowie Feuerwehrhandschuhe) erforderlich. Zur Atemschutzausstattung gehören die Feuerwehratemschutzmaske mit Atemanschluss und ein Umluft unabhängiges Atemschutzgerät - auch Pressluftatmer genannt. Die persönliche Schutzausrüstung und die Atemschutzausrüstung gehören in Niedersachsen zur Standardausrüstung bei Brandbekämpfungseinsätzen . 7. Wie viele Windenergieanlagen sind in den vergangenen fünf Jahren in Niedersachsen abgebrannt (bitte, wenn möglich, nach Brandursache aufschlüsseln)? Es liegen keine Erkenntnisse vor, da im Zuge der Verwaltungsreform mit Auflösung der Bezirksregierungen (Ende 2004) die Erstellung von Brandstatistiken aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung abgeschafft wurde (siehe auch Vorbemerkung). 8. Inwieweit gibt es Besonderheiten bei Bränden von Windenergieanlagen? Bei einem Brand in der Übergabestation ist mit einer Gefährdung durch Hochspannung zu rechnen. Unter Einhaltung der DIN VDE 0132 „Brandbekämpfung in der Nähe elektrischer Anlagen“ kann hier ein Löschangriff unternommen werden. Bei einer Gefährdung durch herabfallende Gegenstände , insbesondere auch bei einem Brand im Maschinenhaus, besteht die Unterstützung der Feuer- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4135 3 wehr in einer weiträumigen Absperrung, die mindestens ein Vierfaches des Rotordurchmessers beträgt . Hierbei ist auch die Windrichtung zu berücksichtigen. Es besteht keine Möglichkeit der Brandbekämpfung durch die Feuerwehren aufgrund des Höhenmaßes der Windenergieanlagen. Die Standardarbeitshöhe der Drehleiter mit Korb (DLK 23/12) beträgt nur 23 Meter. Auch ein Innenangriff der Feuerwehren zur Brandbekämpfung in Richtung Gondel über Leiter oder Aufzug (in der Windenergieanlage vorhanden) einer brennenden Anlage ist für Einsatzkräfte der Feuerwehren lebensgefährlich und daher nicht möglich. Siehe auch Antwort zu Frage 1. 9. Welche Brandlasten sind bei Windenergieanlagen zu berücksichtigen? - Innere Schaumstoff-Schalldämmung der Gondel, teilweise mit ölhaltigen Niederschlägen kontaminiert , - Kunststoffgehäuse der Gondel (z. B. GFK), - Öle in den Hydrauliksystemen, z. B. für Bremssysteme, - Getriebeöl und weitere Schmierstoffe, z. B. für das Generatorlager, - Transformator-Öl, - Elektroinstallation, Kabel Siehe auch Antwort zu Frage 3. 10. Sind bei Bränden von Windenergieanlagen besondere Anforderungen bei den Löscharbeiten zu beachten und, wenn ja, welche? Nein. 11. Welche Vorschriften existieren über die Erreichbarkeit von Löschwasser im Zusammenhang mit dem Bau von Windrädern? Es existieren keine Vorschriften für die Vorhaltung von Löschwasser in Windparkanlagen (siehe Vorbemerkung). 12. Welche Vorschriften gibt es bezüglich der Erreichbarkeit von Windenergieanlagen für Feuerwehr und Rettungswagen? Besondere Vorschriften sind nicht erforderlich. Bevor Windenergieanlagen an ihren vorgesehenen Standorten aufgestellt werden, erfolgt durch die Baufirmen ein entsprechender tragfähiger Ausbau der Zuwegung für schwere Baufahrzeuge. Somit ist die Tragfähigkeit der Wege für Löschfahrzeuge der Feuerwehr und Fahrzeuge des Rettungsdienstes - die ein wesentlich geringeres zulässiges Gesamtgewicht aufweisen - mehr als sichergestellt. 13. Gab es in Niedersachsen Fälle, in denen die Brände von Windenergieanlagen auf die Umgebung überschlagen haben? Es sind derzeit keine Fälle bekannt (siehe auch Antwort zu Frage 7). Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4135 4 14. Besitzen alle Feuerwehren Niedersachsens ausreichend Material für Höhenrettungen, und, wenn nicht, wo ist dies nicht der Fall? Nein, eine Höhenrettungsgruppe mit entsprechender Ausrüstung unterhalten nur die Berufsfeuerwehren Braunschweig, Cuxhaven, Göttingen, Hannover, Hildesheim, Oldenburg und Osnabrück sowie einige Werkfeuerwehren. Alle anderen Niedersächsischen Feuerwehren die keine ausgebildeten Höhenretter in ihren eigenen Reihen vorhalten, alarmieren im Ereignisfall über die zuständige Feuerwehr-Einsatz-Leitstelle die nächstgelegene Nachbarfeuerwehr mit entsprechendem Höhenrettungspersonal nach. Im Übrigen haben alle Monteure die im Bereich der Wartung von Windenergieanlagen tätig sind (Arbeiten in großen Höhen), eine entsprechende Unterweisung in der Selbstrettung mit einem Notabseilgerät erhalten (siehe Antwort zu Frage 4). (Ausgegeben am ) Drucksache 17/4135 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3969 - Wie sehr ist die Feuerwehr auf brennende Windenergieanlagen vorbereitet? Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker und Christian Grascha (FDP) an die Landesregie-rung, eingegangen am 22.07.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport