Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/4149 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3982 - „Soweit ich mich erinnere“ - Dienstpflichten von Generalstaatsanwälten Anfrage der Abgeordneten Helge Limburg (Grüne) und Grant-Hendrik Tonne (SPD) an die Landesregierung, eingegangen am 23.07.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 30.07.2015 Antwort des Niedersächsischen Justizministeriums namens der Landesregierung vom 31.08.2015, gezeichnet Antje Niewisch-Lennartz Vorbemerkung der Abgeordneten Seit einiger Zeit beschäftigt die „Edathy-Affäre“ nicht nur den Deutschen Bundestag, sondern auch den Niedersächsischen Landtag. Eine zentrale Frage war dabei, wer in welcher Behörde wann etwas von der Angelegenheit erfahren hat. Die Landesregierung beantwortete dazu zahlreiche Landtagsanfragen und berichtete dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) des Deutschen Bundestages dazu. Demnach hat das Niedersächsische Justizministerium erst Ende Januar 2014 von den Ermittlungen gegen Sebastian Edathy erfahren. In seiner Zeugenaussage vor dem PUA berichtete der Celler Generalstaatsanwalt Dr. Frank Lüttig, dass er, „soweit er sich erinnere“, bereits im Oktober 2013 das Niedersächsische Justizministerium über den Verdacht gegen Sebastian Edathy informierte. Demnach habe er einen von ihm namentlich genannten Abteilungsleiter im Justizministerium angerufen und ihn telefonisch informiert. Diese Aussage wurde von dem entsprechenden Abteilungsleiter in einer Sitzung des Rechtsausschusses zurückgewiesen. Es habe keinen solchen Anruf gegeben. Er verwies auch darauf, dass er selbst zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht Abteilungsleiter gewesen war. Aber auch der damalige Abteilungsleiter bestreite ein derartiges Telefonat. Vorbemerkung der Landesregierung Das Justizministerium hat erstmalig am 29. Januar 2014 Kenntnis darüber erlangt, dass die Staatsanwaltschaft Hannover ein Ermittlungsverfahren gegen Sebastian Edathy wegen Besitzes kinderpornografischer Schriften führt. Diese Information übermittelte der Generalstaatsanwalt in Celle dem damals zuständigen Referatsleiter im Justizministerium telefonisch, worauf dieser unverzüglich den seinerzeitigen Staatssekretär unterrichtete. Frühere Hinweise hat es nach Kenntnis der Landesregierung gegenüber dem Justizministerium nicht gegeben. 1. Gibt es irgendein Indiz (Gesprächsvermerk, E-Mailverkehr, Zeugenaussage), das die Version des Celler Generalstaatsanwalts über den Zeitpunkt der Information an das Niedersächsische Justizministerium stützt? Nein. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4149 2 2. War die Generalstaatsanwaltschaft Celle in die oben genannten Beantwortungen von Landtagsanfragen und von Berichten an den PUA des Deutschen Bundestages eingebunden ? Wenn ja: Hat der Celler Generalstaatsanwaltschaft zu irgendeinem Zeitpunkt auf das „nach seiner Erinnerung“ im Oktober 2013 stattgefundene Telefonat informiert? Die Generalstaatsanwaltschaft Celle war vielfach an der Vorbereitung von Antworten auf Anfragen aus dem Landtag beteiligt. Sie hat auch an Zusammenstellungen über Zeitpunkt und Inhalt der Kenntniserlangung mit dem Ermittlungsverfahren gegen Sebastian Edathy befasster Personen sowohl für den Landtag als auch den 2. Untersuchungsausschuss der 18. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages mitgewirkt. Dabei hat es zu keiner Zeit Hinweise seitens der Generalstaatsanwaltschaft Celle oder Dritter auf ein vermeintliches Telefonat oder anderweitige Unterrichtungen zu dem Verfahren vor dem 29. Januar 2014 gegeben. 3. Gehört es zu den Dienstpflichten eines Generalstaatsanwaltes, an der korrekten Beantwortung von Landtagsanfragen und Berichten an Parlamentarische Untersuchungsausschüsse mitzuwirken? Ja. Beamtinnen und Beamte des Landes Niedersachsen sind nach § 35 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz) verpflichtet, ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Dies beinhaltet die Verpflichtung, Vorgesetzten wahrheitsgemäß und umfassend zu berichten und diese dadurch bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen. 4. Gehört es zu den Dienstpflichten eines Generalstaatsanwaltes, seine Erinnerung vor einer Aussage in einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss gründlich zu prüfen und auf etwaige Widersprüche zwischen seiner Erinnerung und der Aktenlage bzw. öffentlichen Ausführungen des Justizministeriums hinzuweisen? Ja. Zeugen haben nach § 24 Abs. 3 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bundestags (Untersuchungsausschussgesetz) die Pflicht, wahrheitsgemäß und vollständig auszusagen. Hierzu gehört es auch, sich auf die Vernehmung vorzubereiten und das eigene Gedächtnis vor der Vernehmung durch zumutbare Maßnahmen aufzufrischen. 5. Hat der Celler Generalstaatsanwalt zu irgendeinem Zeitpunkt im Vorfeld seiner Aussage vor dem PUA des Deutschen Bundestages das Niedersächsische Justizministerium über seine Erinnerung informiert, die von den Stellungnahmen des Justizministeriums abwich? Nein. Die Landesregierung hat von der Darstellung des Generalstaatsanwalts in Celle erstmals durch dessen Aussage vor dem 2. Untersuchungsausschuss der 18. Legislaturperiode des Deutschen Bundestags erfahren. (Ausgegeben am 08.09.2015)