Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/4201 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4043 - Worauf begründet sich ein „Altrecht“ in der Fischerei? Anfrage des Abgeordneten Björn Thümler (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 06.08.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 11.08.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung vom 03.09.2015, gezeichnet Christian Meyer Vorbemerkung des Abgeordneten Mit der Drucksache 17/3874 wurde die Landesregierung gefragt, ob der Erlass des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 18.08.2014 (Az. 102-65220-5 [2]) dem Grundsatz des § 16 Abs. 1 des Niedersächsischen Fischereigesetzes (Nds. FischG) widerspricht. In ihrer Antwort hatte die Landesregierung dies mit dem Hinweis auf bestehende Altrechte verneint. Am 01.04.1921 trat der Staatsvertrag betreffend den Übergang der Wasserstraßen von den Ländern auf das Reich in Kraft. Damit gingen die in der Anlage A des Vertrages aufgeführten Binnenwasserstraßen sowie die Seewasserstraßen der Länder auf das Reich über. In dieser Anlage A zum Staatsvertrag ist das Verzeichnis der auf das Reich übergehenden Wasserstraßen enthalten. Für Preußen sind u. a. aufgeführt: – lfd. Nr. 10 Elbe von der Landesgrenze bis zur Nordsee, Verbindungslinie zwischen Kugelbake bei Döse und der westlichen Kante des Deichs des Friedrichkoogs (Dieksand), – lfd. Nr. 12 Ems vom Schönefliether Wehr bis zur Nordsee, Verbindungslinie der westlichen Spitze der Westermarsch (Utlands Hörn) und Ostpolder Siel, – lfd. Nr. 31 Leda von der Landesgrenze bis zum Emsfluß, – lfd. Nr. 48 Oste südliche Dorfgrenze von Mintenburg bis zur Elbe und – lfd. Nr. 84 Weser Zusammenfluss von Werra und Fulda bis zur Nordsee, Verbindungslinie zwischen dem Kirchturm von Langwarden und der Mündung des Opstedter Baches (Hamburgische Grenze). Für Oldenburg werden u. a. – lfd Nr. 137 Weser (Außenweser und Unterweser mit Nebenarmen) längs der Landesgrenze und – lfd. Nr. 138 Hunte von Oldenburg bis zur Weser genannt. Aufgrund von § 2 Buchst. b) des o. g. Staatsvertrages „verbleiben die staatlichen Fischereien an den natürlichen Wasserstraßen bei den Ländern, das Gleiche gilt auch für die kanalisierten Strecken natürlicher Wasserstraßen“. Mit § 16 Abs. 1 Nds. FischG wurde auf die Ausübung dieser „staatlichen Fischereien“ und damit eine Geltendmachung des Fischereirechts durch das Land Niedersachsen verzichtet. Dies wird schon dadurch deutlich, dass für keines der anderen genannten Gewässer außer der Weser ab der Landesgrenze Bremen eine vergleichbare Entgeltordnung für die im Nds. FischG definierten Küs- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4201 2 tengewässer erlassen worden ist. Ein solche Regelung wiederspräche nach Expertenmeinung dem Gesetz. 1. In der Drucksache 17/3591 wird auf ein bestehendes „Altrecht“ verwiesen. Auf welcher rechtlichen Grundlage besteht dieses „Altrecht“ (bitte nachvollziehbar begründen)? In den Vorbemerkungen des Abgeordneten wird zutreffend auf den Staatsvertrag von 1921 verwiesen , der mit dem Gesetz über den Staatsvertrag betreffend den Übergang von Wasserstraßen von den Ländern auf das Reich vom 29.07.1921 (RBBl. S. 101) vollzogen wurde. Das „Altrecht“ für die gesamte Weser wird in den Vorbemerkungen des Abgeordneten zutreffend aus Teil I, Buchstabe a., lfd. Nr. 84, der Anlage A des o. g. Staatsvertrages beschrieben. Bereits zuvor bestätigte das Urteil des Reichsgerichtshofs vom 11.10.1918 das Bestehen eines Fischereirechts an der Weser für die Freistaaten Preußen und Oldenburg. Die Rechtsgrundlagen für das Bestehen der beiden Eigentumsfischereirechte auf der Weser waren seinerzeit – § 7 des Preußischen Wassergesetzes vom 07.04.1913, – §§ 1, 6 und 7 des Preußische Fischereigesetzes vom 11.05.1916; hier bestätigte § 7, ähnlich wie § 16 Abs. 3 Satz 2 Nds. FischG, das Fortbestehen von Eigentumsfischereirechten in den Küstengewässern; dem ging § 6 des Preußischen Fischereigesetzes vom 30.05.1874 voraus, der sämtliche Einwohnerrechte auf die Gemeinden übertrug, – Artikel 64 § 2 des Revidierten Staatsgrundgesetzes für Oldenburg vom 22.11.1852 sowie – § 7 des Fischereigesetzes für den Landesteil Oldenburg vom 26.02.1929. 2. Gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 Nds. FischG bleibt der Berechtigte im bisherigen Umfang zur Fischerei befugt, soweit an den in Anlage 1 des Gesetzes aufgeführten Gewässern nach dem bisherigen Recht ein Fischereirecht besteht. Warum wird hierdurch das Recht zum freien Fisch- und Krebsfang für den Teil des Gewässers, für den das Altrecht besteht, ausgeschlossen? An der Rechtslage für Preußen und Oldenburg, deren Rechtsnachfolge Niedersachsen antrat, hatte sich bis 1978 nichts geändert. Auch bei Verabschiedung des Nds. FischG 1978 wurden weder die bestehenden Rechte noch die fischereilichen Zugangsmöglichkeiten verändert. Aus den Beratungsprotokollen zu § 16 Nds. FischG geht hervor, dass es nicht gewollt war, die bestehenden Fischereirechte zu enteignen und zu entschädigen. Deshalb wurde dem allgemeinen Grundsatz des freien Fisch- und Krebsfangs die Formulierung des Absatzes 3 Satz 2 beigefügt. Damit wurden auch die Fischereirechte des Landes Niedersachsen auf den Gewässerflächen nicht aufgegeben, die als ehemalige Binnenwasserstraßen auf das Reich übergegangen waren. 3. Beabsichtigt die Landesregierung, auch für weitere Gewässer eine Entgeltordnung einzuführen ? Wenn ja, für welche? Nein, dies ist nicht beabsichtigt. (Ausgegeben am 10.09.2015) Drucksache 17/4201 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4043 Worauf begründet sich ein „Altrecht“ in der Fischerei? Anfrage des Abgeordneten Björn Thümler (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-cherschutz