Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/4217 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4004 - Schulobstprogramm Niedersachsen - Auch für die Obstbauern eine Erfolgsstory? Anfrage der Abgeordneten Helmut Dammann-Tamke und Heiner Schönecke (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 20.07.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 31.07.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung vom 07.09.2015, gezeichnet Christian Meyer Vorbemerkung der Abgeordneten In der Pressemitteilung des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 26.06.2015 mit dem Titel „Verbraucherschutzminister Meyer: Hohe Zufriedenheit der Schulen mit Obst- und Gemüseprogramm“ lenkt die Landesregierung den Fokus ausschließlich auf die Schulen. Zur Produzenten- und Lieferantenseite wird keine Aussage getroffen. Von Experten wird kritisiert, dass Anbieter, die nur ein Produkt, wie z. B. Äpfel, liefern können, einen um 5 % geringeren Preis erhalten. In der Folge werden mitunter in großen Mengen Produkte geliefert, die nicht verwendet werden können, weil sie nach den Vorgaben nicht gekocht werden dürfen, wie z. B. Fenchel oder Porree. Im Ergebnis verderben diese Waren. Vorbemerkung der Landesregierung Mit dem EU-Schulobst- und -gemüseprogramm haben Schulen die Möglichkeit, ihren Schülerinnen und Schülern regelmäßig eine Extraportion Vitamine und Mineralstoffe anzubieten und ein positives Ernährungsverhalten im Schulalltag zu fördern. Ziel ist es, Kinder für eine ausgewogene Ernährung zu begeistern - am besten frisch und saisonal. Die Kinder sollen die bunte Vielfalt der Obst- und Gemüsearten kennenlernen und dabei erfahren, wo ihr Essen herkommt und wie es angebaut wird. Durch die regelmäßige Extraportion unterschiedlicher Obst- und Gemüsearten und die pädagogischen Begleitmaßnahmen sollen Kenntnisse und Kompetenzen der Kinder entwickelt sowie das Ausprobieren angeregt werden. Die Lieferanten von Schulobst und -gemüse an Schulen in Niedersachsen müssen von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen als zuständige Bewilligungsstelle zugelassen werden, um als Lieferant im Rahmen des EU-Schulobstprogramms aktiv tätig werden zu können. Dazu muss einmalig ein Antrag auf Zulassung gestellt werden. Die am Programm teilnehmenden Schulen und die zugelassenen Lieferanten schließen eine Liefervereinbarung ab, welche Grundlage für das Antragsverfahren zur Mittelbewilligung für die Lieferanten ist. Mit Abschluss der Liefervereinbarung verpflichtet sich der Lieferant gegenüber der Schule zu einer abwechslungsreichen Belieferung in jedem Abrechnungszeitraum. Ein abwechslungsreiches Angebot wird durch die Lieferung von mindestens zwei - zukünftig drei - unterschiedlichen förderfähigen Erzeugnissen gewährleistet. Bei einer nicht abwechslungsreichen Belieferung je Einrichtung innerhalb eines Abrechnungszeitraums wird die Zuwendung wegen Nichteinhaltens der Fördervoraussetzungen gekürzt. Damit reagiert die Landesregierung auch auf ein zu einseitiges Angebot von einzelnen Lieferanten, die entgegen den Vorgaben immer nur ein Erzeugnis lieferten und Kürzungen in Kauf nahmen. Viele Schulen wünschen sich ein vielfältigeres Angebot und mehr Auswahl, wie es die meisten Lieferanten auch bieten . Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4217 2 1. Wie viele Betriebe haben bis zum Start des Programms ihr Interesse an einer Teilnahme bekundet (bitte aufgeteilt nach Obstbaubetrieben und Händlern)? 188 Betriebe wurden als Lieferant für das EU-Schulobst- und -gemüseprogramm in Niedersachsen und Bremen zugelassen. Davon waren 52 Erzeuger (allg. landwirtschaftliche Betriebe inkl. Obstbaubetriebe) und 135 Händler (teilweise auch Hofläden, die z. B. als GbR vom Erzeugerbetrieb ausgegliedert wurden). 2. Wie viele dieser Betriebe sind tatsächlich in das Schulobstprogramm konkret eingestiegen (bitte aufgeteilt nach Obstbaubetrieben und Händlern)? 144 zugelassene Lieferanten haben für das Schuljahr 2014/2015 einen Antrag auf Bewilligung einer Zuwendung aus dem EU-Schulobst- und -gemüseprogramm Niedersachsen/Bremen gestellt. Davon waren 47 Erzeuger und 97 Händler. 3. Wie viele dieser Betriebe sind zum Ende des Schuljahres 2014/2015 noch dabei (bitte aufgeteilt nach Obstbaubetrieben und Händlern)? Bisher haben zehn Lieferanten auf eine weitere Teilnahme am Programm verzichtet. Davon waren sechs Erzeuger und vier Händler. 4. Sind der Landesregierung die Gründe für ein Ausscheiden der Betriebe aus dem Schulobstprogramm bekannt? Es sind nur einzelne Gründe hier bekannt, so z. B. fehlende logistische Voraussetzungen, falsche Einschätzung des Gesamtaufwandes, Wunsch der Schulen nach einem abwechslungsreicheren Angebot oder Erhöhung der Lieferintervalle aufgrund fehlender Lagermöglichkeiten in der Schule. 5. Wie lange muss im Regelfall die gelieferte Ware vorfinanziert werden, bzw. wie lang sind die Zahlungsfristen nach Abarbeiten der entsprechenden Antragsunterlagen? Auszahlungsanträge können jeweils für den abgelaufenen Abrechnungszeitraum (drei bis sechs Schulwochen) gestellt werden. Somit müssen die Lieferanten die Ware von der Lieferung bis zum Stellen des Auszahlungsantrags vorfinanzieren. Hinzu kommt die Bearbeitungszeit in der Bewilligungsstelle , die bei korrekter Antragstellung in der Regel zwei Wochen nicht übersteigt. 6. Was hat es für den Lieferbetrieb für Konsequenzen, wenn die Schule nicht die vertraglich vereinbarte und beantragte Menge tatsächlich abgenommen hat, weil z. B. Umbaumaßnahmen stattfanden und einige der Schüler an einem anderen Standort unterrichtet wurden? Im Rahmen der zwischen dem Lieferanten und der Schule geschlossenen Liefervereinbarung hat sich die Schule verpflichtet, mindestens zwei Wochen vor der Änderung der Schülerzahl den Lieferanten über veränderte Liefermengen zu unterrichten. Die in der Fragestellung aufgeführte Fallkonstellation ist weder der Landesregierung noch der Bewilligungsstelle bei der bisherigen Umsetzung des Programms bekannt geworden. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4217 3 7. Wie hoch wird der Zeitaufwand in Bezug auf Dokumentations- und Abrechnungswesen seitens der Landesregierung eingeschätzt (bitte unterteilt in Lieferbetrieb, Schule, Abrechnungsstelle )? Lieferanten Für jede Lieferung hat der Lieferant für jede schulische Einrichtung einen Lieferschein zu erstellen. Der Aufwand hierfür ist abhängig von der Anzahl der Schülerinnen und Schüler je schulischer Einrichtung sowie der Vielfalt ausgelieferter Erzeugnisse und wird auf maximal 15 Minuten geschätzt. Je Schuljahr sind dann noch für zehn Abrechnungszeiträume Auszahlungsanträge zu stellen. Der Aufwand wird pro Schule und Auszahlungsantrag auf 20 Minuten geschätzt. Schule Die Schule hat die gelieferte Ware zu überprüfen, die Lieferscheine aufzubewahren und bei der letzten Lieferung eines Abrechnungszeitraumes anhand der Unterlagen die korrekte Belieferung für den Auszahlungsantrag des Lieferanten durch Unterschrift zu bestätigen. Landwirtschaftskammer Der zeitliche Aufwand je Auszahlungsantrag in der Bewilligungsstelle ist sowohl von der Anzahl der belieferten schulischen Einrichtungen als auch von der Vielfalt der gelieferten Erzeugnisse je schulischer Einrichtung abhängig und kann nicht genau beziffert werden. Aktuell sind in der Bewilligungsstelle mehrere Mitarbeiter mit zusammen vier Stellen u. a. mit der Bearbeitung der Auszahlungsanträge beschäftigt. 8. Sind der Landesregierung Schulen bekannt, die sich über das Schulobstprogramm des Vereins zur Förderung der Produktion und Vermarktung von integriertem Obst aus dem Alten Land e. V. bereits vor dem Schulobstprogramm der Landesregierung gebunden hatten, wenn ja, wie viele? Nein. Bekannt ist nur, dass der Förderverein Integriertes Obst aus dem Alten Land e. V. vor dem Start des EU-Schulobst- und -gemüseprogramms in Niedersachsen nach eigener Mitteilung rund 40 Schulen und 50 Kindergärten in der Metropolregion Hamburg beliefert hat. Die Schulen lagen überwiegend in der Stadt Hamburg, verteilt über das gesamte Stadtgebiet. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass durch das EU-Schulobst- und -gemüseprogramm keine bestehenden Schulobstprogramme, in deren Rahmen Obst und Gemüse an die Zielgruppe abgegeben werden, oder sonstige für Schulen eingerichtete Verteilungsprogramme, die diese Erzeugnisse einbeziehen, ersetzt werden dürfen (Artikel 23 Abs. 6 VO [EU] Nr. 1308/2013). Allerdings können bestehende Programme an die Vorgaben des EU-Schulobst- und -gemüseprogramms angepasst werden. Hierzu zählt u. a. ein abwechslungsreiches Angebot aus der Liste der förderfähigen Erzeugnisse. 9. In welchem Umfang werden die gelieferten Produkte an den Schulen wirklich verzehrt? Die Landesregierung geht davon aus, dass das gelieferte Obst und Gemüse tatsächlich von den Schülerinnen und Schülern der jeweiligen schulischen Einrichtungen verzehrt wird. Die bisher durch den Prüfdienst der Landwirtschaftskammer Niedersachsen durchgeführten VorOrt -Kontrollen haben dies bestätigt. 10. Wie begründet die Landesregierung die Zusammensetzung der Produktpalette der lieferbaren Produkte? Die im Rahmen der Umsetzung des EU-Schulobst- und -gemüseprogramms in Niedersachsen förderfähigen Erzeugnisse werden aus den im Anhang zur VO (EU) Nr. 1308/2013 Teil IX aufgeführ- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4217 4 ten Erzeugnissen ausgewählt. Die Sortimentsliste soll insbesondere unter Berücksichtigung saisonaler Aspekte und regionaler Besonderheiten als Orientierung für eine Auswahl an Obst und Gemüsearten dienen. Die Sortimentsfestlegung erfolgt gemäß EU-rechtlichen Vorgaben unter Einbindung des für Gesundheitsangelegenheiten in Niedersachsen zuständigen Ressorts (MS). 11. Wie bewertet die Landesregierung den bürokratischen Aufwand für die Lieferanten, sieht sie hier Vereinfachungspotenzial? Seitens des Lieferanten ist einmalig ein Antrag auf Zulassung als Lieferant für das EU-Schulobstund -gemüseprogramm in Niedersachsen/Bremen zu stellen. Dieser Aufwand dürfte schätzungsweise zwei Stunden betragen. Danach ist/sind die Liefervereinbarung/en mit einer oder mehreren schulischen Einrichtung/en für das jeweilige Schuljahr zu schließen sowie eine Zuwendung aus dem EU-Schulobst- und -gemüseprogramm zu beantragen; hierfür dürfte der durchschnittliche Aufwand in etwa ein bis zwei Stunden je Liefervereinbarung betragen. Bei diesen beiden Punkten besteht kein Vereinfachungspotenzial, da die Vorgaben für die Gewährung der Zuwendungen aus dem EU-Schulobst- und -gemüseprogramm der Durchführungsverordnung (EG) Nr. 288/2009 entstammen und gemäß dieser Verordnung umgesetzt werden müssen. Um für die Lieferanten die Belastung der Vorfinanzierung der gelieferten Erzeugnisse zu verringern, ist das jeweilige Schuljahr in zehn Abrechnungszeiträume unterteilt worden, sodass etwa einmal im Monat ein Auszahlungsantrag mit einem zeitlichen Aufwand von etwa 20 Minuten je schulischer Einrichtung auszufüllen und einzureichen ist. Durch Verringerung der Zahl der Abrechnungszeiträume je Schuljahr bestünde grundsätzlich Vereinfachungspotenzial. Konsequenz wäre dann allerdings , dass die Vorfinanzierungslast für den einzelnen Lieferanten bis zur Unzumutbarkeit erhöht würde. (Ausgegeben am 11.09.2015)