Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/4243 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4067 - Haben Wildgänse die Belastung mit Fäkalkeimen an den Nordseebadestränden verursacht? Anfrage des Abgeordneten Axel Miesner (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 07.08.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 12.08.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung vom 08.09.2015, gezeichnet Cornelia Rundt Vorbemerkung des Abgeordneten Am 30. Juni 2012 berichtete die Hannoversche Allgemeine Zeitung in dem Artikel „Weiter Badeverbot am Maschsee“ über die bakterielle Verseuchung des Wassers am Strandbad Maschsee, die ein Badeverbot nach sich zog. Die Belastung mit den Darmbakterien war wahrscheinlich auf eine Verkotung durch Wildgänse zurückzuführen. Am 16. Juli 2015 wurde an den drei Stränden Bensersiel bei Esens, Dornumersiel im Kreis Aurich und um den Küstenabschnitt Horumersiel um den Hafen Wangersiel ein Badeverbot verhängt, weil dort hohe Escherichia-coli- und erhöhte Enterokokken-Werte gemessen wurden. Obwohl es keinerlei Informationen über den Auslöser der Belastung gab, vermutete der Wattenrat die Ursache in der Gülleausbringung durch die Landwirtschaft. Vorbemerkung der Landesregierung Die Überwachung der Badegewässerqualität erfolgt in Niedersachsen auf der Grundlage der Verordnung über die Qualität und die Bewirtschaftung der Badegewässer (Badegewässerverordnung - BadegewVO) vom 10.04.2008. Zuständig für die Überwachung der Hygiene von Badegewässern und Badegebieten sind nach § 3 Abs. 1 Nr. 5 des Niedersächsischen Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst die Landkreise und kreisfreien Städte. Bei der Überwachung werden die Bakterien Escherichia coli (E. coli) und Intestinale Enterokokken (I. E.) als Anzeigeorganismen (Indikatoren ) für fäkale Verunreinigungen untersucht. Diese Organismen sind selbst in der Regel keine Krankheitserreger, kommen jedoch massenhaft im Darm von Warmblütern vor und lassen sich verhältnismäßig schnell und kostengünstig nachweisen. Der Nachweis dieser Bakterien ist ein Hinweis auf eine fäkale Verunreinigung und damit auf die Möglichkeit, dass über den Darm ausgeschiedene Krankheitserreger vorhanden sein könnten. Nach § 8 Abs. 1 der BadegewVO gilt ein Badegewässer als zum Baden ungeeignet, wenn für den Parameter E. coli ein Einzelwert von mehr als 1 800 Kolonie bildende Einheiten auf 100 Milliliter (KBE/100 ml) oder für den Parameter I. E. ein Einzelwert von mehr als 700 KBE/100 ml festgestellt werden. Die zuständige Behörde hat in diesen Fällen unverzüglich ein Badeverbot anzuordnen. Das Verbot ist aufzuheben, wenn das Badegewässer wieder zum Baden geeignet ist. Am 21.06.2012 hat der Fachbereich Gesundheit der Region Hannover für das Maschseebad in Hannover ein Badeverbot ausgesprochen, da zu diesem Zeitpunkt die Einzelwerte der BadegewVO für E. coli und I. E. überschritten waren. Ursache für die mikrobiologische Verunreinigung des Badegewässers war die hohe Anzahl von Wasservögeln, vornehmlich Graugänsen, in diesem Bereich . Die Bevölkerung wurde dringend gebeten, das Füttern von Wasservögeln zu unterlassen. Außerdem wurde der Betreiber des Maschseebades aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, die eine Verminderung des Aufkommens von Wasservögeln im Badebereich bewirken sollten. Nachdem Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4243 2 mehrere Proben eine deutlich verbesserte Badegewässerqualität belegt hatten, konnte das Badeverbot am 06.07.2012 wieder aufgehoben werden. Seitdem musste bis heute am Maschseebad kein Badeverbot mehr angeordnet werden. Im Juli 2015 mussten an drei Badestellen der Nordsee Badeverbote wegen Überschreitung des mikrobiologischen Einzelwertes der BadegewVO angeordnet werden. Im Einzelnen: Nordseestrand Dornumersiel, Landkreis Aurich Nach Feststellung einer Einzelwertüberschreitung für den Parameter E. coli hat das Amt für Gesundheitswesen des Landkreises Aurich am 16.07.2015 ein Badeverbot angeordnet. Mehrere daraufhin unverzüglich genommene Kontrollproben zeigten keine mikrobiologischen Auffälligkeiten mehr, sodass das Badeverbot am 18.07.2015 wieder aufgehoben werden konnte. Nordseestrand Esens-Bensersiel, Landkreis Wittmund Nach Feststellung einer Einzelwertüberschreitung für den Parameter E. coli hat das Gesundheitsamt des Landkreises Wittmund am 15.07.2015 ein Badeverbot angeordnet. Mehrere daraufhin unverzüglich genommene Kontrollproben zeigten keine mikrobiologischen Auffälligkeiten mehr, sodass das Badeverbot am 18.07.2015 wieder aufgehoben werden konnte. Nordseestrand Horumersiel, Landkreis Friesland Nach Feststellung einer Einzelwertüberschreitung für den Parameter E. coli hat das Gesundheitsamt des Landkreises Friesland am 16.07.2015 ein Badeverbot angeordnet. Es wurden unverzüglich am selben Tag sowie an den Folgetagen Kontrollproben entnommen. Als diese keine mikrobiologischen Auffälligkeiten mehr zeigten, wurde das Badeverbot am 19.07.2015 wieder aufgehoben. Das Wasser der Nordsee hat in der Regel eine hervorragende Badegewässerqualität. Das belegen die Ergebnisse der Überwachung der letzten Jahre aller ca. 50 Badestellen an der Nordsee. Sämtliche Einzelergebnisse, sowohl der laufenden Saison als auch der letzten Jahre, werden im Internet auf den Seiten des niedersächsischen Badegewässeratlas veröffentlicht (http://www.apps.nlga. niedersachsen.de/eu/batlas/index.php?p=h). Das zeitliche Zusammentreffen dreier Badeverbote an Nordseestränden ist daher als außergewöhnlich anzusehen. Die Ursachenforschung gestaltet sich anspruchsvoll aufgrund der Tide (häufiger Wasseraustausch) und starker natürlicher Strömungen im Wattenmeer. Durch die geringe Tiefe des Gewässers verändern die Windverhältnisse die Strömungsrichtungen zusätzlich erheblich. Die Nordseestrände Dornumersiel und Esens-Bensersiel sind benachbarte Badestellen und liegen ca. 5 km voneinander entfernt. Ein gemeinsames ursächliches Ereignis für die mikrobiologischen Belastungen dieser beiden Stellen kann nicht ausgeschlossen werden. Sämtliche Analysen der Wasserproben der betroffenen Badestellen werden im Labor des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes (NLGA), Standort Aurich, durchgeführt. Das NLGA ist das beratende Kompetenzzentrum des Landes für den kommunalen öffentlichen Gesundheitsdienst. Unmittelbar nach Aufhebung der Badeverbote hat auf Einladung des NLGA am 20.07.2015 in Aurich eine erste Lagebesprechung mit den drei betroffenen Landkreisen stattgefunden. Dabei wurden mögliche Eintragsquellen diskutiert und erste Ansätze für eine koordinierte Ursachenforschung entwickelt, darunter ein abgestimmter engmaschiger Probennahmeplan. Am 10.08.2015 erfolgte im NLGA eine erste vergleichende Sichtung der Ergebnisse der inzwischen durchgeführten Messreihen . Momentan erfolgen u. a. Auswertungen der Messreihen unter Einbeziehung von Strömungsund Wetterdaten zur Ermittlung der wahrscheinlichsten Eintragsorte. Auch eine Modellierung anhand der Überwachungsdaten zur Abschätzung möglicher Eintragsquellen wurde veranlasst. In die Ursachenforschung werden weitere Fachinstitutionen, beispielsweise die unteren Wasserbehörden, der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz und das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie einbezogen. Nach Auswertung der jetzt veranlassten Maßnahmen sollen Hypothesen über eine oder mehrere mögliche Ursachen der mikrobiologischen Belastung erarbeitet werden, um diese anschließend durch ausgeweitete Überwachungsmessungen zu überprüfen. Aufgrund der Komplexität des Geschehens und der im Wattenmeer vorhandenen Gegebenheiten wird die Aufklärung noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Weitere Treffen zur Abstimmung und Auswertung der zusammengetragenen Informationen sind geplant. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4243 3 1. Was tut die Landesregierung, um die Ursache für die Belastung in Erfahrung zu bringen ? Zuständig für die Überwachung der Qualität und die Bewirtschaftung von Badegewässern sind die Landkreise und kreisfreien Städte. Das NLGA unterstützt sie dabei beratend und koordinierend. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. 2. Kann die Landesregierung ausschließen, dass die Belastung durch eine Verkotung durch Wildvögel hervorgerufen wurde? Zum jetzigen Zeitpunkt wird keine tierische oder menschliche Ursache für die zeitweise mikrobiologische Belastung der Badestrände an der Nordsee ausgeschlossen. 3. Was tut die Landesregierung, um künftig eine Belastung der Badestrände an der Nordsee durch Darmbakterien zu verhindern? In Gewässern werden regelmäßig geringe Mengen Darmbakterien nachgewiesen. Diese können z. B. durch Wildtiere, Landwirtschaft oder menschliche Abwässer eingetragen werden. Die Einzelwerte der BadegewVO dienen dazu, Badende vor einer potenziellen gesundheitlichen Gefährdung durch diese Einträge zu schützen. Die Aufklärung der Ursachen steht zum jetzigen Zeitpunkt im Vordergrund, damit sich daraus effektive Maßnahmen ableiten lassen, die zu einer Verminderung der Belastung der Badestellen führen können. (Ausgegeben am 15.09.2015)