Niedersächsischer Landtag  17. Wahlperiode Drucksache 17/4370 1 Große Anfrage mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3763 - Was tut die Landesregierung zur Förderung der landwirtschaftlichen Sorgentelefone und der landwirtschaftlichen Familienberatungen in Niedersachsen? Große Anfrage der Fraktion der CDU an die Landesregierung vom 25.06.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 06.07.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung vom 30.09.2015, gezeichnet Christian Meyer Vorbemerkung der Fraktion In landwirtschaftlichen Betrieben wirtschaften oft mehrere Generationen auf einem Betrieb und leben auch zum Teil unter einem Dach. Diese besondere Situation, die geprägt ist durch eine enge Verknüpfung zwischen beruflichem und privatem Leben sowie durch eine hohe Arbeitsbelastung, birgt besonderes Konfliktpotenzial. Hinzu kommt in jüngster Zeit eine zunehmende Belastung durch eine vom Berufsstand wahrgenommene negative öffentliche Stimmung gegen Landwirte. Zukunftssorgen und Druck entstehen zudem durch erhöhte bürokratische und technische Anforderungen. Ohne professionelle Unterstützung können diese Konflikte für die Betriebe existenzbedrohend werden , weil z. B. eine Hofübergabe scheitert. Die Berater der landwirtschaftlichen Sorgentelefone und der Familienberatungen können helfen, eine vertrauensvolle Kommunikation zu ermöglichen und somit einen wichtigen Grundstein zur Lösung der Konflikte legen. In Niedersachsen gibt es drei landwirtschaftliche Sorgentelefone. Sie sind angesiedelt bei der Katholischen LandvolkHochschule Oesede, der Evangelischen Heimvolkhochschule Rastede und dem Bildungs- und Tagungszentrum Ostheide, HVHS Barendorf e. V. Die ehrenamtlichen Berater sind täglich anonym und kostenfrei erreichbar. Sie bieten Landwirten Rat und Ermutigung bei allen persönlichen und familiären Problemen sowie bei anstehenden Entscheidungen. Tiefergehende und umfassende Unterstützung bieten bei Bedarf die Landwirtschaftliche Familienberatung Oesede , die Evangelische Landwirtschaftliche Familienberatung Hannover sowie die Landwirtschaftliche Familienberatung Barendorf. Die Familienberatungen begleiten die Familien und erarbeiten mit ihnen gemeinsam konstruktive Lösungen zur Bewältigung von bestehenden Konflikten. Betroffene, die die Beratung in Anspruch genommen haben, berichten immer wieder über die positive Wirkung, die sie in ihren Familien entfaltet hat. Vorbemerkung der Landesregierung Auf vielen landwirtschaftlichen Familien lasten neben den ökonomischen Auswirkungen des agrarstrukturellen Wandels Schwierigkeiten, die aus dem Zusammenleben mehrerer Generationen auf einem Betrieb, einer ungesicherten Hofnachfolge, dem Umgang mit veränderten Normen und Traditionen oder aus anderen Gründen resultieren. Untersuchungen haben gezeigt, dass die auf den landwirtschaftlichen Familien lastenden Probleme häufig nicht mehr allein gelöst werden können, weshalb für die Betroffenen Hilfestellung erforderlich ist. In Niedersachsen gibt es seit vielen Jahren verschiedene Lösungsansätze für diese Situationen: Zum einen gibt es Sorgentelefone für landwirtschaftliche Familien, an die sich die Ratsuchenden (anonym) wenden können, zum anderen gibt es die Möglichkeit, dass mehrere Familienmitglieder eine Beratungsstelle aufsuchen oder dass zwei Beraterinnen oder Berater auf den landwirtschaftlichen Betrieb kommen und ein Gespräch mit mehreren Familienmitgliedern führen. Hierdurch wird Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4370 2 eine Beratungslücke geschlossen und dafür Sorge getragen, dass möglichst alle landwirtschaftlichen Familien die aufgeführten Beratungsangebote kennen und bei Bedarf in Anspruch nehmen. Die Agrarsoziale Gesellschaft e. V. (ASG) betreut die durch das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz geförderten Sorgentelefone und Beratungseinrichtungen für landwirtschaftliche Familien seit 1993. Als übergeordnete Einrichtung übernimmt sie insbesondere die finanzielle Abwicklung sowie organisatorische Aufgaben der Sorgentelefone und der Landwirtschaftlichen Familienberatung. Die große Zahl der Anruferinnen und Anrufer bei den Sorgentelefonen sowie die vielen Anfragen bei den Beratungsstellen zeigen, dass die landwirtschaftlichen Familien sich von den Angeboten angesprochen fühlen und diese annehmen. Die Landesregierung schätzt das ehrenamtliche Engagement der Beraterinnen und Berater der Sorgentelefone und der ländlichen Familienberatung sehr. 1. Welchen Stellenwert misst die Landesregierung der Arbeit der landwirtschaftlichen Sorgentelefone bei, und wie bewertet sie diese? Die Landesregierung hat die Einrichtung der landwirtschaftlichen Sorgentelefone vor 22 Jahren mit initiiert und fördert diese seitdem finanziell, ebenso wie die 1997 eingerichtete landwirtschaftliche Familienberatung. Bei Bedarf erfolgt auch eine fachliche Unterstützung. Die Landwirtschaftsminister Hans-Heinrich Ehlen und Christian Meyer haben in der Vergangenheit die Teilnahme an Jubiläumsveranstaltungen dazu genutzt, sich über die jeweils aktuelle Situation bei den Sorgentelefonen und Familienberatungen informieren zu lassen, und jeweils die weitere Unterstützung des Landes zugesagt. Minister Christian Meyer hat sich bereits 2013 von der Arbeit der landwirtschaftlichen Sorgentelefone und Familienberatungen überzeugt und seine Wertschätzung für deren Arbeit in einer Rede und einer Pressemitteilung vom 01.10.2013 ausgedrückt. Minister Christian Meyer hat sich für eine langfristige finanzielle Absicherung der Sorgentelefone eingesetzt. Die Landesregierung hat daher die bisher jährlich zu entscheidende Mittelbereitstellung für die Arbeit der landwirtschaftlichen Sorgentelefone und Familienberatungen durch Ausbringung eines eigenen Haushaltsansatzes (0903-684 13-6) ab dem Haushaltsjahr 2015 geklärt und somit der Bedeutung der Arbeit dieser Einrichtungen nachdrücklich Rechnung getragen und zur Planungssicherheit beigetragen. Daran wird deutlich, wie wichtig der Landesregierung die Arbeit der Sorgentelefone und der landwirtschaftlichen Familienberatung ist und als wie wichtig sie deren beratende und helfende Tätigkeit einschätzt. Mit dem Haushaltsplanentwurf der Landesregierung für das Jahr 2016 ff. ist eine bedarfsgerechte Erhöhung der Beratung von 40 000 auf 45 000 Euro (+ 5 000) eingeplant . 2. Welchen Stellenwert misst die Landesregierung der Arbeit der landwirtschaftlichen Familienberatungen bei, und wie bewertet sie diese? Siehe Antwort auf Frage 1. 3. Welche Konflikte kommen nach Kenntnis der Landesregierung auf den Betrieben besonders häufig vor? Hier sind insbesondere – Generationskonflikte (häufig Vater/Sohn), – Ehe- und Beziehungskonflikte (häufig auch Scheidung/Trennung) sowie – psychische Probleme zu nennen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4370 3 4. Kann die Landesregierung ausschließen, dass eine vom Berufsstand wahrgenommene öffentliche Stimmungsmache und Diffamierung die psychischen und sozialen Probleme auf den Betrieben verschärft oder dass Hofnachfolger das Interesse an einer Weiterführung des Hofes in der nächsten Generation verlieren? Die weit überwiegende Zahl der Ratssuchenden berichtet von den unter Frage 3 genannten Konflikten . Der Landesregierung ist nicht bekannt, ob Landwirte aus den in der Frage genannten Gründen ihre Betriebe aufgegeben haben oder dies beabsichtigen. 5. Kann eine nicht funktionierende Kommunikation auf den Betrieben nach Ansicht der Landesregierung eine erfolgreiche Hofübergabe verhindern und damit den bestehenden Strukturwandel beschleunigen? Es ist zutreffend, dass eine nicht funktionierende Kommunikation auf einem Betrieb die Hofübergabe verhindern oder erschweren kann. Der Landesregierung liegen keine Daten darüber vor, ob Kommunikationsprobleme auf den Betrieben eine signifikante Auswirkung auf den Strukturwandel haben. 6. Kann eine professionelle Beratung der Familien bei Kommunikationsproblemen helfen, den Strukturwandel zu verlangsamen? Wenn in Familien nach der professionellen Beratung wieder miteinander geredet wird und dadurch auf beiden Seiten die Bereitschaft wächst, den Betrieb weiterzugeben bzw. die Hofnachfolge anzutreten , kann eine Hofübergabe auf die nachfolgende Generation besser ermöglicht werden. 7. Wie werden die landwirtschaftlichen Sorgentelefone und Familienberatungen finanziert ? Seitens des Landes Niedersachsen werden derzeitig jährlich 40 000 Euro für die Finanzierung des Betriebes der landwirtschaftlichen Sorgentelefone, die Umsetzung der ländlichen Familienberatung, die Supervision sowie die Aus- und Weiterbildung der Ehrenamtlichen bereitgestellt. Für das Haushaltsjahr 2016 ist eine Erhöhung auf 45 000 Euro eingeplant. 8. Ist diese Finanzierung auskömmlich, um alle anfallenden Kosten fristgerecht zu bezahlen ? Das Beratungsangebot ist in den Vorjahren bedarfsgerecht erweitert und auf alle Werktage ausgedehnt worden. Durch die seitens der Landesregierung vorgenommene Erhöhung der Förderung wird das Beratungsangebot der landwirtschaftlichen Sorgentelefone und der ländlichen Familienberatung zusammen mit den kirchlichen Trägern dauerhaft sichergestellt und verbessert. Diesen Standard gilt es zu halten und langfristig unter Berücksichtigung der Einnahmesituation im Rahmen der Möglichkeiten auszubauen. 9. Welches sind die wesentlichen Kostenfaktoren, die in den Beratungseinrichtungen anfallen , und wie haben sie sich in den letzten zehn Jahren verändert? In diesem Zusammenhang sind insbesondere Fahrtkosten, Aufwandsentschädigungen für die Ehrenamtlichen , Supervisionskosten sowie Aus- und Weiterbildungskosten zu nennen. Aufgrund der steigenden Anzahl von Beratungsfällen in den vergangenen zehn Jahren ist auch der Bedarf an weiteren Beratern gestiegen. Die hierfür anfallenden Ausbildungskosten sowie Fahrtkosten und Aufwandsentschädigungen für die Ehrenamtlichen führten kontinuierlich zu einer Erhöhung des erforderlichen Finanzvolumens. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4370 4 10. Wurden die Erstattungen des Landes zur Unterstützung der Arbeit der Sorgentelefone und Familienberatungen analog zu den Kostensteigerungen angepasst? Ja. Die Mittelausstattung der „Sorgentelefone“ wurde 2012 um 5 000 Euro erhöht; eine weitere Erhöhung um 5 000 Euro ist ab dem Haushaltsjahr 2016 vorgesehen. 11. Falls nein, wie bewertet die Landesregierung diesen Umstand? Entfällt, siehe Antwort auf Frage 10. 12. Ist es aus Sicht der Landesregierung erforderlich, die Berater der landwirtschaftlichen Sorgentelefone und der Familienberatung durch Fortbildungen und Supervision zu unterstützen ? Aus Sicht der Landesregierung ist zur Qualitätssicherung der Beratungen zwingend eine fundierte Ausbildung und kontinuierliche Weiterbildung der Beraterinnen und Berater sowie eine begleitende Supervision erforderlich. 13. Wenn nein, warum nicht? Entfällt, siehe Antwort auf Frage 12. 14. Wenn ja, wer trägt die Kosten für diese Maßnahmen und die zugehörigen Fahrtkosten? Im Rahmen der ländlichen Familienberatung haben die beratenen Familien einen geringen, aber angemessenen finanziellen Beitrag zu erbringen. Die Hauptfinanzierung der Kosten erfolgt in erster Linie durch die Bereitstellung von Haushaltsmitteln des Landes. Darüber hinaus werden anteilig Kosten durch die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landwirtschaftlichen Familienberatungen und Sorgentelefone e. V. an den Aus- und Weiterbildungskosten übernommen. Eine zusätzliche finanzielle Unterstützung erfolgt durch das Bistum Osnabrück und das Offizialat Vechta. 15. Stellt die Landesregierung die nötigen Mittel zur Erstattung der Aufwandsentschädigungen und der Fahrtkosten der Berater jederzeit pünktlich zur Verfügung, sodass die Berater ihre Erstattungen jederzeit pünktlich erhalten? Die Finanzierung aus den Landesmitteln erfolgt anteilig zu den weiteren Finanzmitteln und Einnahmen aus der Familienberatung. In den vergangenen Haushaltsjahren ist die Auszahlung der Landesmittel immer abhängig von den Entscheidungen zur Haushaltsplangenehmigung sowie Mittelverteilung innerhalb des Ressorts gewesen , sodass die Bewilligung und Auszahlung der Landesmittel frühestens Anfang des zweiten Quartals eines Kalenderjahres erfolgen konnte. Im Rahmen der Zuwendungsgewährung durch die Landesregierung wurden jedoch alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten eingesetzt, um die Landesmittel entsprechend den Auszahlungsanforderungen des Zuwendungsempfängers (ASG e. V.) bereitzustellen. 16. Was tut die Landesregierung, um eventuelle Zeitverzögerungen bei der Kostenerstattung zu vermeiden? Durch die Einrichtung des eigenen Haushaltstitels durch die Landesregierung ab 2015 ist gewährleistet , dass in künftigen Jahren die Bewilligung und somit auch die Auszahlung der Landesmittel bereits nach Genehmigung des Haushaltsplanes und Freigabe der Haushaltsmittel erfolgen kann; voraussichtlich wird dies künftig immer zu Beginn eines Haushaltsjahres möglich sein. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4370 5 17. Wäre die Erweiterung um ein internetbasiertes Beratungsangebot aus Sicht der Landesregierung sinnvoll, und sieht sie hier einen zusätzlichen Bedarf? Wie das internetbasierte Beratungsangebot aus einer Einrichtung in Schleswig-Holstein zeigt, wird die Onlineberatung von Zeit zu Zeit in Anspruch genommen und könnte eine sinnvolle Ergänzung zu den vorhandenen Angeboten sein. Inwieweit ein tatsächlicher Bedarf auch in Niedersachsen besteht , lässt sich jedoch schwer abschätzen. Es bleibt zu berücksichtigen, dass momentan die Möglichkeit besteht, sich anonym an die landwirtschaftlichen Sorgentelefone zu wenden. Um dieses auch im Rahmen eines internetbasierten Beratungsangebots gewährleisten zu können, wären weitergehende Ausgaben zur Anonymisierung der eingehenden Anfragen erforderlich. 18. Welche Ressourcen müssen bereitgestellt werden, um ein internetbasiertes Beratungsangebot etablieren und betreiben zu können? Zum einen müssten die technischen Voraussetzungen (Computer/Laptop, Internetanschluss, Software etc.) geschaffen und zum anderen die fachlichen Qualifikationen der Beraterinnen und Berater entsprechend erweitert werden. Da eine schriftliche Antwort auf eine Beratungsanfrage eine andere Wirkung als eine mündliche Beratung hat, erfordert das schriftliche Verfassen von Beratungsantworten neben einer hohen fachlichen Kompetenz u. a. eine gute Ausdrucksweise sowie sehr viel Fingerspitzengefühl. Aus diesem Grund wären für ein internetbasiertes Angebot weitere Zusatzqualifikationen notwendig. (Ausgegeben am 02.10.2015) Drucksache 17/4370 Große Anfrage mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3763 Was tut die Landesregierung zur Förderung der landwirtschaftlichen Sorgentelefone und der landwirtschaftlichen Familienberatungen in Niedersachsen? Große Anfrage der Fraktion der CDU Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-cherschutz