Niedersächsischer Landtag 17. Wahlperiode Drucksache 17/4426 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3981 - Konzerte der rechten Szene in Niedersachsen im Zeitraum vom 01.07.2014 bis 30.06.2015 Anfrage der Abgeordneten Julia Willie Hamburg und Filiz Polat (GRÜNE) an die Landesregierung , eingegangen am 23.07.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 30.07.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 06.10.2015, gezeichnet Boris Pistorius Vorbemerkung der Abgeordneten Am 30.08.2014 fand in Dannenberg laut niedersächsischem Verfassungsschutzbericht ein rechtes Konzert statt, an dem sich 50 Angehörige der rechten Szene beteiligten. Es wurde kurzfristig mit einem verbotenen Konzert der rechten Szene aus Hamburg zusammengelegt. Für eine Kundgebung am 15.11.2015 in Hannover der „Hooligans gegen Salafisten“ war ein Konzert der Rechtsrock-Band „Kategorie-C“ geplant, das wegen behördlicher Auflagen durch die Stadt Hannover nicht stattfand. Für den 07.02.2015 war in Braunschweig ein Liederabend der „Jungen Nationaldemokraten“ mit Ken McLellan von der britischen „Blood & Honour“-Band „Brutal Attack“ angekündigt. Vorbemerkung der Landesregierung Die niedersächsischen Sicherheitsbehörden gehen seit Jahren konsequent gegen den Rechtsextremismus in Niedersachsen vor. Hierzu gehört auch eine effektive Strategie zur Verhinderung von rechtsextremistischen Musikveranstaltungen, da diese Musik ein wichtiges Ausdrucks- und Propagandamittel für die rechtsextremistische Szene ist. Die Musik hat insbesondere als Integrationsfaktor eine hohe Bedeutung und bildet damit eine Grundlage für den Zusammenhalt rechtsextremistischer Organisationen. Des Weiteren dient sie der Gewinnung von vorwiegend jugendlichem Nachwuchs und Sympathisanten für die rechtsextremistische Szene. Die Planung und Durchführung dieser Musikveranstaltungen erfolgt überwiegend konspirativ und bei der Anmietung von geeigneten Räumlichkeiten häufig unter Angabe eines falschen Hintergrundes. Den niedersächsischen Sicherheitsbehörden ist es u. a. im engen Zusammenwirken mit den Kommunen und privaten Betreibern von Veranstaltungsräumlichkeiten gelungen, die Anzahl von durchgeführten rechtsextremistischen Musikveranstaltungen in Niedersachsen insgesamt zu reduzieren und auf diesem sehr niedrigen Niveau zu halten. Auch in der Gesamtkonzeption des Ministeriums für Inneres und Sport gegen Rechtsextremismus vom 16.01.2012 findet sich die konsequente Verhinderung rechtsextremistischer Musikveranstaltungen als Bekämpfungsschwerpunkt wieder. Darüber hinaus wurden vom Landeskriminalamt Niedersachsen in Kooperation mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Niedersachsen „Informationen für Vermieter von Veranstaltungsräumlichkeiten “ entwickelt. In diesem Informationsmerkblatt werden Strategien der (rechts-)extremistischen Szene bei der Anmietung von Räumlichkeiten zur Durchführung von Konzerten darge- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4426 2 stellt sowie Hinweise für Vermieter von Veranstaltungsräumlichkeiten aufgeführt, wie sie dies erkennen und sich dagegen schützen können. Für ein im Internet für den 21.03.2015 im Großraum Emsland, Grafschaft Bentheim oder Ostfriesland angekündigtes Konzert der rechtsextremistischen Band „Kategorie C - Hungrige Wölfe“ wurden durch die Stadt Meppen für die Landkreise Emsland und Grafschaft Bentheim sowie durch die Landkreise Leer und Aurich Untersagungsverfügungen erlassen, wodurch das Konzert in Niedersachsen verhindert werden konnte. Mit Verfügung des Ministeriums für Inneres und Sport war wegen der nicht bekannten Örtlichkeit des geplanten Konzerts zuvor die Stadt Meppen auf Grundlage des Nds. SOG als zuständige Verwaltungsbehörde für den genannten Bereich erklärt worden. Hierdurch wurde die Untersagung des Konzerts mit einer Verfügung für den Zuständigkeitsbereich verschiedener Ordnungsbehörden ermöglicht. Ein weiteres Konzert derselben Band, das - abweichend von dem Zeitpunkt in den Vorbemerkungen - am 15.11.2014 in Hannover geplant war, fand nach der Erteilung behördlicher Auflagen durch die Stadt Hannover nicht statt. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung auf Grundlage der Berichterstattung des Landeskriminalamts Niedersachsen wie folgt: 1. Welche Konzerte und Liederabende/Balladenabende mit rechten Bands bzw. Liedermachern haben im Zeitraum vom 01.07.2015 bis 30.06.2015 in Niedersachsen stattgefunden ? Die Antwort zu Frage 1 wurde mit Blick auf das Thema der Anfrage - abweichend von dem Zeitraum in der Fragestellung - für den Zeitraum vom 01.07.2014 bis 30.06.2015 formuliert. Nach Erkenntnissen der niedersächsischen Sicherheitsbehörden fanden in dem Zeitraum 01.07.2014 bis 30.06.2015 in Niedersachsen zwei Konzerte mit rechtsextremistischen Skinheadbands sowie sechs Liederabende statt. Die aufgetretenen Bands und Liedermacher werden von der Niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde als eindeutig rechtsextremistisch eingestuft. Datum Veranstaltung Ort Teilnehmer Bands/Liedermacher 26.07.2014 Liederabend Groß Berßen ca. 40 „Torstein“ (Bayern) 17.08.2014 Liederabend Tostedt ca. 60 - 70 „Lunikoff“ (Berlin) 23.08.2014 Liederabend Wendeburg ca. 30 - 40 „Oiram“ (Sachsen-Anhalt), „Fylgien“ (Berlin) 30.08.2014 Konzert Dannenberg ca. 50 Sänger der Band „Terroritorium “ (Region Hannover), „Section 88“ (GB) 07.02.2015 Liederabend Vechelde OT Vallstedt ca. 50 „Brad“, Sänger der Band „Brutal Attack“ (GB) 02.04.2015 Liederabend Schneverdingen OT Zahrensen ca. 90 „Lunikoff“ (Berlin) 25.04.2015 Liederabend Wendeburg OT Bortfeld ca. 40 - 60 „Max“, Sänger der Band „Heiliger Krieg“ (Sachsen) 06.06.2015 Konzert Einbeck ca. 70 „Notensturm“ (Herkunft unbekannt ), „Heiliges Reich“ (Sachsen ) sowie die Liedermacher „Wecki“ (Brandenburg) und „Odur“ (Sachsen-Anhalt) An den Veranstaltungen haben überwiegend Rechtsextremisten aus Niedersachsen und gelegentlich auch aus den angrenzenden Bundesländern teilgenommen. 2. Wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer besuchten die jeweiligen Konzerte/Liederabende , und aus welchen Bundesländern kamen diese? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4426 3 3. Welche Bands oder Liedermacher traten bei den Veranstaltungen auf, und wie bewertet die Landesregierung diese? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 4. Wie wurde für die Konzerte bzw. Liederabende geworben? Für die Veranstaltungen wurde ausschließlich szeneintern, hier jedoch innerhalb eines größeren Adressatenkreises geworben. Über eine öffentliche Werbung für die Veranstaltungen liegen hingegen keine Erkenntnisse vor. 5. Wer oder welche Gruppierung hat die Konzerte bzw. Liederabende organisiert? Nach Erkenntnissen der niedersächsischen Sicherheitsbehörden wurden die Veranstaltungen von Angehörigen der jeweiligen regionalen rechten Szene organisiert. Eine Organisation durch rechtsextremistische Gruppierungen wurde nicht festgestellt. 6. Lagen Anträge bei der Ordnungsbehörde vor? Wenn ja, wie hat diese entschieden? Wenn nein, wann wurde diese durch wen informiert? Alle Veranstaltungen wurden von Personen der rechten Szene konspirativ geplant. Bei den aufgeführten Konzerten und Balladenabenden handelte es sich ausschließlich um private Veranstaltungen in angemieteten Räumen, die allesamt keine Außenwirkung hatten. Anträge bei den zuständigen Ordnungsbehörden lagen nicht vor. Eine Information der zuständigen Ordnungsbehörde erfolgte zum Teil im Nachgang zur Veranstaltung durch die Polizei. 7. Wurden Eintrittsgelder entrichtet? Nicht zu allen Veranstaltungen liegen den niedersächsischen Sicherheitsbehörden konkrete Erkenntnisse über zu entrichtende Eintrittsgelder vor. In der Regel verlangen die Organisatoren derartiger Veranstaltungen jedoch Eintritt, teilweise in Form von Spenden. 8. Wann und wie erlangten die Sicherheitsbehörden Kenntnis über die Konzerte bzw. Liederabende ? Der niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde lagen bereits im Vorfeld der benannten Veranstaltungen Erkenntnisse über deren Planung vor. Die Polizei erhielt durch den Informationsaustausch mit dem Verfassungsschutz sowie durch intensive Aufklärungsmaßnahmen Kenntnis von den durchgeführten Veranstaltungen. 9. Welche polizeilichen Maßnahmen wurden wann mit welchem Ergebnis ergriffen? In einigen Fällen erfolgten Kontaktaufnahmen, Gefährderansprachen und Inaugenscheinnahmen der Veranstaltungsräumlichkeiten seitens der örtlich zuständigen Polizeidienststellen gemeinsam mit den Veranstaltern und den Vermietern. Teilweise wurden bei Kontrollmaßnahmen während der Abfahrt polizeilich bekannte rechtsmotivierte Veranstaltungsteilnehmer festgestellt. Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. 10. Kam es im Zusammenhang mit dem Konzert bzw. dem Liederabend zu Straftaten und, wenn ja, zu welchen? Straftaten im Zusammenhang mit den Veranstaltungen sind nicht bekannt geworden. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4426 4 11. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über rechte Konzerte und Liederabende, die von Angehörigen der rechten Szene in Niedersachsen im genannten Zeitraum an Orten außerhalb Niedersachsens organisiert wurden? Am 02.05.2015 fand ein Skinhead-Konzert in Lockstedt bei Klötze (Sachsen-Anhalt) statt. Veranstalter waren Rechtsextremisten aus dem Raum Uelzen. Aufgetreten sind die Bands „Abtrimo“ und „Likedeelers“ (beide Hamburg) sowie eine Band aus Italien. (Ausgegeben am 15.10.2015) Drucksache 17/4426 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/3981 Konzerte der rechten Szene in Niedersachsen im Zeitraum vom 01.07.2014 bis 30.06.2015 Anfrage der Abgeordneten Julia Willie Hamburg und Filiz Polat (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport