Niedersächsischer Landtag 17. Wahlperiode Drucksache 17/4499 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4306 - Mittelverwendung der IHK Lüneburg-Wolfsburg für die Kampagne „Ohne A fehlt uns was“ Anfrage der Abgeordneten Susanne Menge (GRÜNE) an die Landesregierung, eingegangen am 21.09.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 28.09.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung vom 22.10.2015, gezeichnet Olaf Lies Vorbemerkung der Abgeordneten Anfang September ist die Marketingkampagne „Unsere A 39“ gestartet. Ein Filmspot wirbt einen Monat lang in den Kinos in Wolfsburg, Uelzen und Lüneburg für den Bau der A 39 zwischen Lüneburg und Wolfsburg. Der Werbefilm „Familienzeit“ ist Teil der Kampagne „Ohne A fehlt uns was“, mit der sich auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) Lüneburg-Wolfsburg für die Verlängerung der A 39 stark macht. Laut Medienberichten soll IHK-Hauptgeschäftsführer Michael Zeinert angegeben haben, dass die IHK Lüneburg-Wolfsburg für die aktuellen A-39-Werbemaßnahmen insgesamt rund 400 000 Euro aufwende (u. a. Allgemeine Zeitung Online, 02.09.2015). Die IHK unterliegt als eigenverantwortliche öffentlich-rechtliche Selbstverwaltungskörperschaft der Rechtsaufsicht des Landes. Vorbemerkung der Landesregierung Industrie- und Handelskammern (IHKn) haben das Gesamtinteresse der ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirkes wahrzunehmen, für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft zu wirken und dabei die wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige oder Betriebe abwägend und ausgleichend zu berücksichtigen. Dabei obliegt es ihnen insbesondere, durch Vorschläge , Gutachten und Berichte die Behörden zu unterstützen und zu beraten sowie für Wahrung von Anstand und Sitte des ehrbaren Kaufmanns zu wirken (§ 1 Abs. 1 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern - IHKG -). Die Aufgabe, das Gesamtinteresse ihrer Pflichtmitglieder wahrzunehmen, erstreckt sich nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.06.2010 - 8 C 20/09 -, juris) auch auf Bereiche, in denen Belange der gewerblichen Wirtschaft nur am Rande berührt sind, d. h. nachvollziehbare Auswirkungen auf die Wirtschaft im Bezirk der IHK haben. Das wahrzunehmende Gesamtinteresse der Kammermitglieder ist in der Vollversammlung der IHK zu ermitteln. Bei der öffentlichen Äußerung zu einem thematisch ihren Kompetenzbereich betreffenden Sachverhalt hat eine IHK zu berücksichtigen, dass sie als öffentlich-rechtliche Körperschaft öffentliche Aufgaben wahrnimmt und deshalb einer generellen Beschränkung ihrer Tätigkeit im Vergleich zu Interessenverbänden und politischen Parteien unterliegt; bei ihren Äußerungen hat sie das höchstmögliche Maß an Objektivität walten zu lassen (BVerwG, aaO., Rdnr. 32). Die für die Wahrnehmung der Kammeraufgaben entstehenden Kosten werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans der IHK durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Die geplanten Einnahmen und Ausgaben eines Geschäftsjahres sind im Wirtschaftsplan nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen (§ 3 Abs. 2 IHKG). Der Vollzug des Wirtschaftsplans er- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4499 2 folgt unter Anwendung der Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches (§ 3 Abs. 7a IHKG). Die Planungen zu dem Fernstraßenprojekt „Neubau Autobahn 39“ beinhalten den Lückenschluss im Autobahnnetz zwischen Wolfsburg und Lüneburg. Sie betreffen örtlich den Kammerbezirk der IHK Lüneburg-Wolfsburg, berühren dortige wirtschaftliche Interessen der gewerblichen Wirtschaft (Verbesserung der regionalen Verkehrsinfrastruktur) und damit das von der IHK zu bündelnde Gesamtinteresse der ihr zugehörigen Mitglieder. 1. Welche Kenntnisse besitzt die Landesregierung darüber, in welcher Höhe sich die IHK Lüneburg-Wolfsburg an der Werbekampagne „Ohne A fehlt uns was“ beteiligt? Die sogenannte A-39-Kampagne der IHK Lüneburg-Wolfsburg, bestehend aus informierender und werbender öffentlicher Kommunikation, stellt einen Ausschnitt der Kammeraktivitäten dar, mit denen sie ihren gesetzlichen Auftrag zur Gesamtinteressenwahrnehmung und zur Förderung der gewerblichen Wirtschaft im Rahmen des von der Vollversammlung gewollten Einsatzes der IHK für die Verbesserung der Infrastruktur erfüllt. Die Vollversammlung hat sich seit 2003 in mehreren Sitzungen mit der Thematik des A-39-Projekts befasst, zuletzt in der Sitzung am 04.12.2014, in der ihr in Anknüpfung an frühere Konzeptdarstellungen die von dem Präsidium (Vorstand) beschlossenen Einzelmaßnahmen der öffentlichen Kampagne dargelegt wurden. Die Vollversammlung hat sich zur Notwendigkeit des Ausbaues der A 39 regelmäßig einstimmig bei nur wenigen Enthaltungen positiv positioniert. Wegen der überwiegenden Befürwortung des Vorhabens bestehen im Rahmen der öffentlichen Kampagne kein Anlass und keine Verpflichtung, auch Minderheitenpositionen der Vollversammlung darzulegen. Ein Teilaspekt der in die öffentliche Diskussion eingebrachten Gesamtinteressen der Kammerzugehörigen beinhaltet die verkehrsgünstige Erreichbarkeit ihrer Betriebe durch die Beschäftigten und die Darstellung negativer Auswirkungen bei ausbleibender Realisierung des Straßenausbaus. Der Gesamtkostenrahmen der Kampagne zu den in der GuV-Planung der IHK zum Wirtschaftsplan 2015 kalkulierten Ausgaben umfasst rund 360 000 Euro. Die entstandenen bzw. entstehenden Kosten der Kampagne verteilen sich auf eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen (u. a. Ausschreibungskosten , Personalkosten für Projektmitarbeiterin, Onlinekommunikation, A-39 Fotowand, Entwicklung von Marketingmaßnahmen, Produktion von Marketingmaterial, Bus- und Kinowerbung, Telefon -Meinungsumfrage). Bis Ende September 2015 wurden rd. 230 000 Euro ausgegeben. Als Unterstützungsleistungen Dritter hat die IHK bisher rund 150 000 Euro für die Kampagne eingeworben, wodurch sich der aus Kammermitteln aufzubringende Teil der Ausgaben entsprechend verringert. Bis zum Jahresende 2015 sowie nach Maßgabe des noch zu beschließenden Wirtschaftsplans 2016 stehen für die Abwickelung der Kampagne noch restliche Haushalsmittel von rund. 120 000 Euro zur Verfügung. 2. In welcher Weise ist die Mittelverwendung der Kammerbeiträge gesetzlich geregelt? Siehe Vorbemerkung. 3. Ist die Höhe der Mittelverwendung ohne Mitgliederbeschluss eingeschränkt? Das IHKG sieht „Mitgliederbeschlüsse“, d. h. durch alle Kammermitglieder zu fassende Beschlüsse, nicht vor. Die grundlegenden Angelegenheiten einer IHK werden von den in das Kammerorgan „Vollversammlung“ gewählten Kammermitgliedern entschieden. Zur Mittelbewirtschaftung wird die Kammerverwaltung im Rahmen des von der Vollversammlung für das Wirtschaftsjahr beschlossenen Wirtschaftsplans ermächtigt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4499 3 4. Welche Kenntnis besitzt die Landesregierung darüber, ob die IHK Lüneburg-Wolfsburg ihre Mitglieder dazu befragt hat, Mittel in Höhe von 400 000 Euro für die Werbekampagne „Ohne A fehlt uns was“ zu verwenden? Eine Befragung aller Pflichtmitglieder zu der Kampagne ist nicht erfolgt; sie war gesetzlich auch nicht geboten. 5. Spielen Mitgliederbeschlüsse im Zusammenhang mit der Mittelverwendung aus Kammerbeiträgen in der gesetzlichen Regelung eine Rolle? Siehe Antwort zu Frage 3. 6. Inwiefern besteht eine Aufsichtspflicht durch das Land Niedersachsen gegenüber den niedersächsischen IHK? Industrie- und Handelskammern unterliegen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 IHKG der Aufsicht des Landes darüber, dass sie sich bei Ausübung ihrer Tätigkeit im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften (einschließlich der Satzung sowie der Wahl-, Beitrags-, Sonderbeitrags- und Gebührenordnung ) halten. Daneben bestehen vereinzelt weitere Aufsichtsregelungen, soweit den IHKn aufgrund Bundesrechts gesonderte Aufgaben zur Wahrnehmung übertragen wurden (z. B. §§ 11 a Abs. 1 Satz 5, 34 d Abs. 1 Satz 5, 34 e Abs. 1 Satz 4 Gewerbeordnung). In Niedersachsen obliegt die Kammeraufsicht über die IHKn dem für Wirtschaft zuständigen Ministerium , abweichend hiervon in Angelegenheiten der Berufsbildung dem Kultusministerium (§ 6 Abs. 1 des Nds. Ausführungsgesetzes zum IHKG). 7. In welchem Rahmen können die Geschäftsführer der IHK frei über die Mitgliedsbeiträge verfügen? Der Hauptgeschäftsführer wie auch die weiteren Geschäftsführer einer IHK sind an den Wirtschaftsplan gebunden, der die für Kammeraufgaben bestimmte Verwendung der in den Haushalt eingestellten Mitgliedsbeiträge jährlich festlegt. (Ausgegeben am 03.11.2015) Drucksache 17/4499 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4306 Mittelverwendung der IHK Lüneburg-Wolfsburg für die Kampagne „Ohne A fehlt uns was“ Anfrage der Abgeordneten Susanne Menge (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr