Niedersächsischer Landtag 17. Wahlperiode Drucksache 17/4566 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4053 - Wird die Landesregierung ihrem Anspruch in der Flüchtlingspolitik gerecht? Anfrage der Abgeordneten Editha Lorberg, Angelika Jahns und Ansgar Focke (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 06.08.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 11.08.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 04.11.2015, gezeichnet Boris Pistorius Vorbemerkung der Abgeordneten Im Koalitionsvertrag der Landesverbände von SPD und Bündnis 90/Die Grünen für die 17. Wahlperiode des Niedersächsischen Landtages heißt es auf Seite 12 zur Asyl- und Flüchtlingspolitik: „Die rot-grüne Koalition verfolgt die Schließung der Landesaufnahmeeinrichtungen als Gemeinschaftsunterkünfte und Ausreisezentren - und wird sie nur als Aufnahmeeinrichtungen gestalten. In den Kommunen soll schnellstmöglich eine Wohnungsunterbringung organisiert werden. Sozialstandards müssen sichergestellt sein.“ In einer Pressemitteilung des Finanzministeriums vom 21.07.2015 zum Haushaltsplanentwurf 2016 heißt es hingegen: „Weitere Mittel werden zur Deckung des Mehrbedarfs bei der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen (LAB NI) als Erstaufnahmebehörde aufgrund gestiegener Flüchtlingszahlen bereitgestellt; allein 84 Vollzeiteinheiten sind für zusätzliches Personal eingeplant.“ Durch eine Erweiterung der Aufnahmekapazitäten der Landesaufnahmebehörde Niedersachen wird eine Entlastung der Kommunen erreicht, da so die Zahl der kurzfristigen Unterbringungen in den Kommunen zurückgeführt werden kann. In der Nacht zum 18.07.2015 kam es laut Presseberichten zu einer Schlägerei mit 70 beteiligten Asylsuchenden im Standort Braunschweig der Landesaufnahmebehörde für Asylbewerber. Hierzu berichtete der NDR am 20.07.2015 auf seiner Internetseite: „Wir sind in der Situation, dass nichts mehr geht‘, so Susanne Graf, Leiterin der Landesaufnahmebehörde für Asylsuchende in Niedersachsen, gegenüber NDR.de. Zurzeit seien rund 2 000 Flüchtlinge in der Einrichtung in Braunschweig untergebracht, eigentlich sei sie aber nur für 700 eingerichtet . Diese Überbelegung fördert Konflikte unter den Flüchtlingen‘, so Graf. In der Nacht auf Sonnabend waren rund 70 Asylsuchende aufeinander losgegangen, ein Mann stürzte aus dem Fenster. Laut Graf fehlen in der Einrichtung nicht nur Beschäftigungsmöglichkeiten. Auf einem ehemaligen Fußballplatz habe man aus Platznot inzwischen Zelte aufbauen müssen. Wegen der Überbelegung bildeten sich außerdem regelmäßig Schlangen bei Essensausgaben und an den sanitären Anlagen. Wir versuchen händeringend, weitere Unterbringungsmöglichkeiten zu organisieren ‘, so Graf. Eine Möglichkeit könnten dabei Turnhallen sein, die während der Schulferien leer stehen. Es bliebe die Frage: Was kommt danach?“ Der Leiter des Standorts Braunschweig der Landesaufnahmebehörde machte in einem Interview mit der Braunschweigischen Zeitung vom 22.07.2015 folgende Aussagen: Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4566 2 „Normalerweise müsste ich jetzt schon sagen: Ich muss schließen. Denn die von uns gewünschten Standards für einen vernünftigen Ablauf können wir nicht mehr in vollem Umfang gewährleisten - z. B. Schulungen, Wegweise-Kurse, Integrationsmöglichkeiten, Perspektivgespräche für Asylbewerber .“ Auf die Frage, ob die Schlägerei wenige Tage zuvor, bei der einige Dutzend Schwarzafrikaner und Nordafrikaner aufeinander losgegangen seien, auf die hohe Belegung zurückzuführen sei: „Die Hintergründe sind uns nicht im Detail bekannt. Das kann eine persönliche Auseinandersetzung zwischen Beteiligten gewesen sein. Es hatte sicher auch damit zu tun, dass Vertreter bestimmter Nationen ihren Rassismus hier weiter ausleben. Mit der hohen Belegung hat es sicher auch zu tun, außerdem war Alkohol im Spiel. Grundsätzlich ist das natürlich erschreckend - und wir sind nicht der einzige Standort, der solche Probleme hat.“ Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Dietmar Schilff, forderte am 16.07.2015 in einer Pressemitteilung zum Flüchtlingsthema: Die Flüchtlinge benötigen unbedingt menschenwürdige Unterkünfte und gesundheitliche Versorgung , ebenso aber brauchen die eingesetzten Polizeikräfte psychosoziale Betreuung und Gesundheitsvorsorge . 1. Ist die Landesregierung mit den gegenwärtigen Sozialstandards in der niedersächsischen Landesaufnahmebehörde zufrieden? Nein. Ein Betreuungsschlüssel von einem Sozialarbeiter auf 75 bis 100 Flüchtlinge ist nach wie vor das Ziel der Landesregierung und wird bei neuen Standorten auch per Ausschreibung entsprechend festgelegt. Die bestehenden Erstaufnahmeeinrichtungen sollen dieses Ziel auch schnellstmöglich wieder erreichen. Hierzu wird zum einen die bestehende Überbelegung nach Möglichkeit mit aller Kraft abgebaut und zum anderen die personelle Besetzung der Sozialarbeiter deutlich ausgebaut. 2. Wie viele Asylbewerber aus welchen Staaten sind gegenwärtig in welchen Standorten und Außenstellen der Landesaufnahmebehörde untergebracht? Alle Außenstellen und Notunterkünfte sind einer betreuenden Stammerstaufnahmeeinrichtung zugeordnet , wo die entsprechenden Personen registriert und im weitesten Sinne „verwaltet“ werden, bis hin zur Auszahlung von Taschengeld und der Organisation notwendiger Transporte und der Verteilung auf die Kommunen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich diese Frage mit dem Stand 28.09.2015 wie folgt: EAE Herkunftsland Anzahl Bramsche Syrien 1 798 Albanien 775 Sudan 299 Mazedonien 130 Irak 98 Serbien 86 Ungeklärt 48 Marokko 35 Afghanistan 29 Cote d'Ivoire 28 Pakistan 9 Palästinensische Autonomiebehörde 5 Eritrea 5 Kosovo 4 Georgien 4 Gabun 3 Kolumbien 3 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4566 3 EAE Herkunftsland Anzahl Südsudan 3 Bosnien und Herzegowina 3 Burundi 3 Ukraine 2 Russische Föderation 2 Griechenland 2 Simbabwe 2 Ohne Angabe 2 Algerien 2 Iran 1 Haiti 1 Tadschikistan 1 Südafrika 1 Montenegro 1 Mali 1 Braunschweig Syrien 1 177 Sudan 664 Afghanistan 193 Irak 193 Serbien 185 Algerien 182 Albanien 167 Montenegro 153 Georgien 99 Cote d'Ivoire 88 Bosnien und Herzegowina 84 Iran 81 ohne Bezeichnung 79 Somalia 78 Marokko 69 Pakistan 54 Kosovo 47 Ungeklärt 40 Mali 23 sonstige asiatische 22 Mazedonien 21 Südsudan 14 Eritrea 14 Staatenlos 14 Liberia 11 Russische Föderation 8 Nigeria 3 Ukraine 2 Ohne Angabe 2 Tunesien 2 Simbabwe 1 Vietnam 1 Libysch-Arabische Dschamahirija 1 Frankreich 1 Ruanda 1 Friedland Syrien 645 Irak 425 Afghanistan 270 Pakistan 112 Eritrea 69 Russische Föderation 57 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4566 4 EAE Herkunftsland Anzahl sonstige asiatische 38 Ungeklärt 16 Türkei 11 Libanon 9 Albanien 9 Palästinensische Autonomiebehörde 6 Staatenlos 4 Ukraine 3 Cote d'Ivoire 2 Vereinigte Arabische Emirate 2 Nepal 2 Philippinen 1 Sudan 1 Deutschland 1 3. Wie hoch sind die Gesamtkapazitäten in den einzelnen Standorten und Außenstellen der Landesaufnahmebehörde? Einschließlich aller Container, Zelte, Nutzung von Schulungs- und Lagerräumen etc. beträgt die Kapazität in der EAE Braunschweig 2 080 Plätze, Außenstellen Braunschweig 113 Plätze, Hildesheim 174 Plätze und Groß Denkte 80 Plätze. In der EAE Bramsche verfügen wir über 2 246 Plätze, Außenstelle EAE Osnabrück im Aufbau 400 Plätze. In der EAE Friedland sind es 1 040 Plätze, Außenstelle Duderstädter Hof 500 Plätze, Außenstelle Vier Jahreszeiten Goslar 300 Plätze. Zu diesen 6 933 Plätzen kommen weitere 12 200 Plätze in Notunterkünften wie alten Kasernen, Hallen, Turnhallen , Schulen und Hallen, die in den letzten Wochen entstanden sind (Stand 28.09.2015). 4. Wie hoch sind die Kapazitäten in den einzelnen Standorten und Außenstellen der Landesaufnahmebehörde in festen Gebäuden und Wohnräumen? Die ursprüngliche Kapazität der jeweiligen Standorte ohne verdichtete Belegung und Nutzung von Schulungsräumen etc. beträgt in Braunschweig und Bramsche je 500 Plätze und in Friedland 500 Plätze für Asylbewerber und 200 Plätze für Spätaussiedler und jüdische Kontingentflüchtlinge. 5. Wie viele Quadratmeter sind in den einzelnen Standorten und Außenstellen der Landesaufnahmebehörde in Wohnräumen für die Unterbringung von Flüchtlingen vorhanden ? Dies kann in der jetzigen Situation nicht ermittelt werden. In der Vergangenheit galt eine Mindestzahl von 6 m² pro Person. Mit dem Abbau der Überbelegung der drei Erstaufnahmeeinrichtungen in Bramsche, Braunschweig und Friedland wird dieser Zustand in den Erstaufnahmeeinrichtungen auch wieder erreicht. 6. Wie hoch sind die Kapazitäten in den einzelnen Standorten und Außenstellen der Landesaufnahmebehörde in festen Gebäuden und Nebenräumen, wie z. B. Büros, Hallen, Lehrräumen und ähnlichem? Dies kann in der jetzigen Situation nicht ermittelt werden. Eine Unterbringung ist auf jeden Fall sichergestellt . Vielfach verlegen sich die Bewohner innerhalb der Einrichtung selbstständig in andere Räumlichkeiten, wo bereits Verwandte oder Bekannte untergebracht sind, und überbelegen somit über das von der Landesaufnahmebehörde bereits praktizierte Maß hinaus. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4566 5 7. Wie hoch sind die Kapazitäten in den einzelnen Standorten und Außenstellen der Landesaufnahmebehörde in Wohncontainern? EAE Braunschweig 400 Plätze, 200 weitere geplant. EAE Bramsche 516 Plätze, 200 weitere geplant . EAE Osnabrück 144 Plätze zum 01.10.2015. Notunterkunft Lüchow 500 Plätze, Notunterkunft Dannenberg 600 Plätze. 8. Wie hoch sind die Kapazitäten in den einzelnen Standorten und Außenstellen der Landesaufnahmebehörde in Zelten? EAE Braunschweig 830, davon 80 abgängig, EAE Bramsche 1 150, EAE Friedland 260. Insgesamt 2 240, davon 780 nicht winterfest. Notunterkunft Otterndorf, 650 Plätze, soll wieder geräumt werden . 9. Wie hoch waren die Kapazitäten der Landesaufnahmebehörde und ihrer Standorte und Außenstellen zum 31.12.2012? EAEs Braunschweig und Bramsche je 500 Plätze, EAE Friedland 700 Plätze. Keine Außenstellen. 10. Wie viele vom Land unterzubringende Flüchtlinge gab es zum 31.12.2012? Zum Stichtag 31. Dezember 2012 wies die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen verteilt auf die Standorte Bramsche, Braunschweig und Friedland eine Gesamtkapazität von 1 700 Plätzen auf. Zu diesem Zeitpunkt waren 1 366 Unterbringungsplätze belegt. Im Jahresdurchschnitt 2012 waren 1 419 Plätze belegt, d. h. es bestand eine Auslastung von 83,47 % 11. Wie ist der gegenwärtige Schlüssel zwischen Betreuungspersonal und Asylbewerbern in den Standorten und Außenstellen der Landesaufnahmebehörde zum Stand 01.01.2013 und heute? Zum 01.01.2013 wurde ein Betreuungsschlüssel von rund 1:75 überall vorgehalten oder wurde durch entsprechende Stellenausschreibung in Bramsche aufgrund der Umwandlung von einer Gemeinschaftsunterkunft zu einer Erstaufnahmeeinrichtung vorbereitet. Aktuell ist eine Aussage aufgrund der hohen Volatilität nicht möglich, beträgt jedoch deutlich über 1:100. Durch einen Abbau der vorhandenen Überbelegung und die Einstellung weiterer Sozialarbeiter im laufenden und im kommenden Jahr soll der Betreuungsschlüssel von 1:75 wieder hergestellt werden. An neuen Standorten und bei Notunterkünften ist der Betreuungsschlüssel von 1:75 Bestandteil der Ausschreibungsverfahren und wird daher dort erfüllt. 12. Bewertet die Landesregierung die gegenwärtige Unterbringungssituation in der Landesaufnahmeeinrichtung als menschenwürdig? Natürlich ist sich die Landesregierung der teilweise sehr angespannten Unterbringungssituation sehr bewusst. Sie ist insbesondere bestrebt, eine Unterbringung in Zelten allgemein und speziell in nicht winterfesten Zelten komplett zu vermeiden. Hierzu wurden im laufenden Jahr Tausende von Unterbringungsplätzen geschaffen, die neben der Neuaufnahme von Flüchtlingen auch dazu dienen , die bestehenden Standorte der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen zu entlasten und auch hier wieder bessere und für alle Beteiligten entspanntere Verhältnisse herzustellen. 13. Wie hoch waren die Ausgaben des Landes für Flüchtlinge im Jahr 2012? Die Ausgaben für die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen betrugen 13 028 000 Euro (Kapitel 03 28). Für die Pauschalen der Kommunen wurden 81 545 000 Euro verausgabt (Kapitel 03 26). Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4566 6 14. Wie viele Flüchtlinge hielten sich zum 31.12.2012 in Niedersachsen auf? Das Asylverfahrensgesetz unterscheidet zwischen Ausländerinnen und Ausländern, die als Asylberechtigte anerkannt sind (§ 2 AsylVfG), und Ausländerinnen und Ausländern, die die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559 f.) gemäß § 3 AsylVfG oder subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylVfG zuerkannt bekommen haben. Im Ausländerzentralregister (AZR) des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) werden die Daten von Ausländerinnen und Ausländern gespeichert, die sich nicht nur vorübergehend in der Bundesrepublik aufhalten und deren Aufenthaltsort bekannt ist; zu den gespeicherten Daten zählt auch der aufenthaltsrechtliche Status der Betroffenen. Das BAMF übernimmt auch die statistische Aufbereitung der Daten des AZR und übermittelt monatlich Auswertungen an die Länder. Allerdings wird in den Auswertungen nicht stringent unterschieden, welcher der vorgenannten Gruppe eine Ausländerin oder ein Ausländer zuzuordnen ist. Insbesondere konnten Ausländerinnen und Ausländer, die subsidiären Schutz genießen, eine Niederlassungserlaubnis gemäß § 26 Abs. 4 AufenthG erhalten, wenn sie - gemäß der zum Zeitpunkt der Auswertung gültigen Fassung - sieben Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis und die weiteren Voraussetzungen erfüllt waren. Auf der gleichen Grundlage konnten im Übrigen auch andere Ausländerinnen und Ausländer, die aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen eine Aufenthaltserlaubnis besitzen, eine Niederlassungserlaubnis erhalten (z. B. in Härtefällen). Zum Stichtag 31.12.2012 hielten sich 28 167 Ausländerinnen und Ausländer in Niedersachsen auf, die sich wie folgt aufteilen (Verweise auf das AufenthG erfolgen in der zum Zeitpunkt der Auswertung gültigen Fassung): Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 AufenthG (asylberechtigt) 175 Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG (Flüchtling/subsidiärer Schutz) 3 148 Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 AufenthG (asylberechtigt/Flüchtling) 9 876 Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG (subsidiärer Schutz und aus sonstigen humanitären Gründen) 9 668 Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 AsylVfG (Asylerst- oder Folgeverfahren) 5 300 28 167 15. Wie hoch sind die veranschlagten Mittel des Landes (ohne Bundesmittel) für Flüchtlinge im Jahr 2015? Der Ansatz beträgt für die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen einschließlich des geplanten 2. Nachtragshaushalts für dieses Jahr 201 927 000 Euro (Kapitel 03 28). Für die Pauschalen der Kommunen werden nunmehr 296 231 000 Euro veranschlagt (Kapitel 03 26). 16. Wie viele Flüchtlinge hielten sich zum 30.06.2015 in Niedersachsen auf? Zum Stichtag 30.06.2015 hielten sich 50 883 Ausländerinnen und Ausländer in Niedersachsen auf, die sich wie folgt aufteilen (Verweise auf das AufenthG erfolgen auch hier in der zum Zeitpunkt der Auswertung gültigen Fassung): Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 AufenthG (asylberechtigt) 573 Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG (Flüchtling) 9 709 Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG (subsidiärer Schutz) 2 290 Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 AufenthG (asylberechtigt/Flüchtling) 10 729 Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG (subsidiärer Schutz und aus sonstigen humanitären Gründen) 11 007 Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 AsylVfG (Asylerst- oder Folgeverfahren) 16 575 50 883 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4566 7 17. Wie viele Personen sind gegenwärtig ausreisepflichtig? Nach den vorliegenden Daten des AZR halten sich zum Stichtag 31.07.2015 in Niedersachsen 18 214 Personen auf, die ausreisepflichtig sind; davon ist allerdings bei 14 301 Personen der Vollzug der Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen vorübergehend ausgesetzt (Duldung ). Die verbleibenden 3 913 Personen sind oftmals nicht vollziehbar ausreisepflichtig, beispielsweise weil die Frist zur freiwilligen Ausreise noch nicht abgelaufen ist oder Rechtsschutzverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sind. 18. Wie viele Personen sind im Jahr 2015 bislang freiwillig ausgereist, wie viele sind abgeschoben worden, und wie viele sind trotz Ausreisepflicht geblieben? Nach der vorläufigen Statistik der Internationalen Organisation für Migration sind mit Unterstützung aus dem REAG/GARP-Programm in der Zeit vom 01.01.2015 bis 31.07.2015 1 755 Personen freiwillig aus Niedersachsen ausgereist. Angaben über die Anzahl der Personen, die ohne Förderung aus diesem Programm ausgereist sind, liegen nicht vor. Bislang (Stichtag 31.07.2015) wurden 525 Personen aus Niedersachsen abgeschoben; davon entfielen 168 auf sogenannte Dublin-Überstellungen. 19. Welche Probleme gibt es mit Alkohol in den Standorten und Außenstellen der Landesaufnahmebehörde ? In allen Erstaufnahmeeinrichtungen gilt ein generelles Alkoholverbot. Die Regelung ist in der jeweiligen Hausordnung verankert und wurde zuletzt im Juli 2015 aktualisiert. Gleichwohl ist festzustellen , dass alkoholische Getränke entgegen der Hausordnung durch Besucher und Bewohner auf das Gelände der Erstaufnahmeeinrichtung verbracht und konsumiert werden. Die Sicherheitsdienste sind nach Kräften bemüht, das Alkoholverbot durchzusetzen. Der Umfang und die Ausprägung des Alkoholkonsums stellen sich in den Erstaufnahmeeinrichtungen sehr heterogen dar. Eine einheitliche Bewertung für alle Erstaufnahmeeinrichtungen ist vor diesem Hintergrund aus polizeilicher Sicht nicht möglich. Bezogen auf die Zahl der Bewohner in den Erstaufnahmeeinrichtungen handelt es sich jedoch immer noch um Einzelfälle, und diese stellen grundsätzlich keine andere Qualität dar als in der übrigen (deutschen) Gesellschaft auch. 20. Welche Formen von Rassismus von welchen Gruppen gegenüber welchen Gruppen gibt es in den Standorten und Außenstellen der Landesaufnahmebehörde? Rassistische Handlungen gelangen als Straftaten der Hasskriminalität im Rahmen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes - Politisch Motivierte Kriminalität (KPMD-PMK) der Polizei zur Kenntnis. Straftaten mit einer rassistischen Tatmotivation von Gruppen gegenüber Gruppen in den Standorten und Außenstellen der Landesaufnahmebehörde sind der Polizei für die Jahre 2014 und 2015 nicht bekannt geworden. Es gibt Aversionen von Flüchtlingen aus Nordafrika und dem asiatischen Raum gegenüber Flüchtlingen aus Schwarzafrika. Diese Problematik wird durch die Einrichtung neuer Erstaufnahmeeinrichtungen dadurch entschärft, dass dann die jeweils vor Ort zu bearbeitenden Herkunftsländer entsprechend neu verteilt werden. 21. Was hat die Landesregierung bislang zur Schließung der Landesaufnahmeeinrichtungen als Gemeinschaftsunterkünfte und Ausreisezentren, wie im Koalitionsvertrag vereinbart , unternommen? Die Gemeinschaftsunterkunft Bramsche wurde im Mai 2013 geschlossen und seitdem mit einer Kapazität von 500 Plätzen und einer neu einzurichtenden Außenstelle des BAMF als dritter Erstaufnahmestandort innerhalb der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen geführt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4566 8 22. Wie viele Menschen wurden bislang im Jahr 2015 aus den Standorten der Landesaufnahmebehörde heraus abgeschoben? Bislang (Stichtag: 27.08.2015) wurden 47 Personen abgeschoben. 23. Was hat die Landesregierung zur Förderung der dezentralen Unterbringung von Asylbewerbern getan? Durch die ausschließliche Nutzung aller Standorte der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen als Aufnahmeeinrichtungen werden Asylsuchende spätestens nach drei Monaten dezentral auf die Kommunen verteilt (§ 47 des Asylverfahrensgesetzes), die in eigener Zuständigkeit über die zu gewährende Unterkunft entscheiden. Um den Kommunen unter Berücksichtigung der Gegebenheiten vor Ort einen möglichst großen Handlungsspielraum zu belassen, hat die Landesregierung auf die Vorgabe von Standards verzichtet und sich aktuell im Rahmen einer Bundesratsinitiative dafür eingesetzt, bau- und vergaberechtliche Hemmnisse abzubauen, damit angesichts der besonderen Zuwanderungssituation durch angemessene Rahmenbedingungen akzeptable Unterbringungen in festen Unterkünften geschaffen werden können. 24. Wie oft wurde die Polizei im ersten Halbjahr 2015 zu Einsätzen in den Standorten und Außenstellen der Landesaufnahmebehörde gerufen? Um was für Einsätze handelte es sich hierbei? Im ersten Halbjahr 2015 kam es nach gegenwärtigem Kenntnisstand zu insgesamt 1 691 polizeilichen Einsatzanlässen in den Standorten der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen. Die Einsatzanlässe bezogen sich vornehmlich auf Verstöße gegen das Ausländer- bzw. Asylverfahrensgesetz sowie Eigentums- und Gewaltdelikte (Körperverletzungen, Streitigkeiten), aber auch auf präventivpolizeiliche Maßnahmen (Schutzmaßnahmen, Kontrollen, Gefährderansprachen, Präsenzstreifen , Schutz von Veranstaltungen) sowie Hilfeleistungen und Unterstützungsmaßnahmen der Landesaufnahmebehörde bzw. des Rettungsdienstes. 25. In wie vielen Fällen wurden im Jahr 2014 Abschiebungen durch Dritte verhindert? Im Jahr 2014 wurden nach derzeitigem Kenntnisstand Abschiebe-/Rückführungsmaßnehmen in insgesamt 37 Fällen verhindert. 26. In wie vielen Fällen wurden im Jahr 2015 Abschiebungen durch Dritte behindert? Nach derzeitigem Stand wurden im Jahr 2015 in insgesamt 23 Fällen Abschiebe-/Rückführungsmaßnahmen behindert (Stand 26.08.2015). 27. In welcher Form bekommen die eingesetzten Polizeikräfte entsprechend der Forderung der Gewerkschaft der Polizei psychosoziale Betreuung und Gesundheitsvorsorge? Die psychosoziale Betreuung aller Polizeibeschäftigen und damit auch der in der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen eingesetzten Polizeibeschäftigten wird im Rahmen der Alltagsorganisation durch die Regionalen Beratungsstellen der Polizeibehörden, den Sozialwissenschafltichen Dienst der Polizei, den Kirchlichen Dienst der Polizei und Zoll, die Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen sowie die Katholische Polizeiseelsorge und den medizinischen Dienst der Polizei sichergestellt. Damit ist ein jederzeitiges und umfassendes Angebot gewährleistet, auf das selbstverständlich auch die in der Landesaufnahmebehörde eingesetzten Beschäftigten bei Bedarf jederzeit zurückgreifen können. Die Gesundheitsvorsorge aller Polizeibeschäftigten wird entsprechend den gesetzlichen Regelungen im Rahmen der Alltagsorganisation durch die Arbeits- und Betriebsmedizinerinnen und -mediziner des Medizinischen Dienstes der Polizei und die Fachkräfte für Arbeitssicherheit der Polizeibehörden und der Polizeiakademie Niedersachsen sichergestellt. In Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4566 9 diesem Rahmen wird u. a. die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge umgesetzt. Insbesondere werden den Polizeibeschäftigten in der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen auch Impfungen gegen Infektionserkrankungen aus Arbeitsschutzgründen angeboten. (Ausgegeben am 10.11.2015) Drucksache 17/4566 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4053 Wird die Landesregierung ihrem Anspruch in der Flüchtlingspolitik gerecht? Anfrage der Abgeordneten Editha Lorberg, Angelika Jahns und Ansgar Focke (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport