Niedersächsischer Landtag 17. Wahlperiode Drucksache 17/4581 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4121 - Untergräbt die Staatskanzlei die Kernmarke „Gute Arbeit“, die Sozialpartnerschaft und Tarifbindungen? Anfrage des Abgeordneten Jörg Bode (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 18.08.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 28.08.2015 Antwort der Niedersächsischen Staatskanzlei namens der Landesregierung vom 06.11.2015, gezeichnet Dr. Jörg Mielke Chef der Staatskanzlei Vorbemerkung des Abgeordneten Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in Niedersachsen hat in einer Pressemitteilung (PM 33 vom 14. Juli 2015) der SPD/Grüne-geführten Landesregierung von Ministerpräsident Weil unterstellt , dass sie Lohndumping belohnt, Tarifbindungen torpediert und dass Träger von europäischen Projekten Gewinne einfahren können, sofern sie untertariflich bezahlen. Die Kritik bezieht sich auf einen Erlass der Staatskanzlei, der sich mit der Lohnabrechnung bei EU-Projekten befasst und ohne Abstimmung mit dem DGB veröffentlicht wurde. Es wird davon gesprochen, dass Frau Staatssekretärin Honé „einen politischen Scherbenhaufen“ angerichtet hat. Der Vorsitzende des DGB in Niedersachsen spricht folglich von einem „katastrophalen Erlass“ und intervenierte am 10. Juli in der Staatskanzlei. Am 14. Juli forderte der DGB, unter Androhung „einer nachhaltigen Belastung der Beziehung zwischen der Landesregierung und des DGB“ die Rücknahme des Erlasses. Dies erfolgte durch die Landesregierung in der 32. Kalenderwoche, der Erlass „liegt auf Eis“ (HAZ, vom 5. August 2015). Vorbemerkung der Landesregierung Die Abrechnung von Personalausgaben für beim Zuwendungsempfänger und dessen Kooperationspartner beschäftigtes Personal in den niedersächsischen ESF-Programmen in der EU-Förderperiode 2014 bis 2020 wird durch Erlass der Staatskanzlei vom 30.10.2015 (Nds. MBl. Nr. 42/2015 S. 1370 ff. vom 04.11.2015) neu geregelt. Die Landesregierung hat sich in einem intensiven Abstimmungsprozess mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern auf ein neues Pauschalenmodell für die Abrechnung von Personalausgaben verständigt. In dem neuen Erlass vom 30.10.2015 kommt das Prinzip der „Guten Arbeit“ in allen ESF-Projekten zum Tragen, in denen Personalausgaben abgerechnet werden. Nur in Projekten, in denen ein angemessenes Gehalt in einer genau definierten Mindesthöhe gezahlt wird, werden die Personalausgaben gefördert. Wer unter dieser Grenze bleibt, bekommt keine EU-Förderung für Personalausgaben. Mit dieser Regelung wird einem Lohndumping in ESF-Projekten entgegengewirkt. Im Vergleich zum bisher angewendeten Verfahren der Spitzabrechnung von Personalausgaben werden durch die Einführung von Pauschalen in der Förderperiode 2014 bis 2020 alleine auf der Landesseite rund 12 Millionen Euro Verwaltungskosten eingespart und die Projektträger profitieren aufgrund der wesentlichen Verwaltungsvereinfachung und nicht zuletzt von der Reduzierung des Fehlerrisikos. Mit der Einführung dieses innovativen Pauschalen-Modells setzt Niedersachsen einen Meilenstein für „Gute Arbeit“ und Bürokratieabbau in der EU-Förderung. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4581 2 1. Welche Folgen hat die Rücknahme des vom DGB kritisierten Erlasses? Die Rücknahme des Erlasses vom 15.06.2015 (Nds. MBl. Nr. 23/2015 S. 669 ff. vom 24.06.2015) eröffnete die Möglichkeit, alternative Konzepte zur Abrechnung von Personalausgaben in den ESF-Programmen zu prüfen und das in der Vorbemerkung der Landesregierung beschriebene Verfahren umzusetzen. 2. Was war die Idee bzw. Intention der Staatskanzlei, die hinter dem Erlass stand? Ziel des Erlasses vom 15.06.2015 war die Einführung vereinfachter Kostenoptionen in den ESF-Programmen gemäß Artikel 67 Abs. 1 Buchst. b i. V. m. Abs. 5 Buchst. a Ziff. i der VO (EU) Nr. 1303/2013 vom 17.12.2013 zur Entlastung sowohl der Zuwendungsempfänger als auch der Landesverwaltung. 3. Vor dem Hintergrund, dass nun eine Spitzabrechnung der Lohnkosten erfolgen muss: Ist dies mit einem Mehraufwand bei den Trägern von europäischen Projekten verbunden ? Eine Spitzabrechnung von Personalausgaben in ESF-Maßnahmen ist in der Förderperiode 2014 bis 2020 nicht vorgesehen (siehe Vorbemerkung der Landesregierung). 4. Vor dem Hintergrund, dass nun eine Spitzabrechnung der Lohnkosten erfolgen muss: Ist dies mit einem Mehraufwand und mit Mehrkosten, z. B. Personalkosten, bei den Bewilligungsstellen verbunden? Wie in der Antwort zu Frage 3 dargestellt, ist eine Spitzabrechnung von Personalausgaben in ESF-Maßnahmen nicht vorgesehen. 5. Wenn ja: In welcher Höhe entstehen Mehrkosten, und mit welchem Mehraufwand wird gerechnet? Der Fragesteller geht hier von einer falschen Annahme aus. Siehe Antworten zu den Fragen 3 und 4. 6. Bekommen die Bewilligungsstellen hierfür einen Ausgleich? Der Fragesteller geht hier von einer falschen Annahme aus. Siehe Antworten zu den Fragen 3 und 4. 7. In welcher Art werden Mehrkosten und bürokratischer Mehraufwand bei den Trägern von europäischen Projekten kompensiert? Der Fragesteller geht hier von einer falschen Annahme aus. Siehe Antworten zu den Fragen 3 und 4. 8. Wie schätzt die Landesregierung den bürokratischen Aufwand bei EU-Projekten für die Träger/Antragsteller (Antragstellung, Projektabwicklung, Dokumentation und Abrechnung ) ein? Die Vorgaben der EU für Projekte, die mit EFRE- und ESF-Mitteln gefördert werden, unterscheiden sich von den Vorgaben für rein aus Landes- oder Bundesmitteln finanzierte Projekte. Dies führt häufig zu einem höheren bürokratischen Aufwand bei EU-Projekten. Um dem zu begegnen, kommen z. B. die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung im Bereich Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4581 3 EFRE/ESF (ANBest-EFRE/ESF) zur Anwendung, die die allgemeinen EU-rechtlichen Vorgaben und die allgemeinen landesrechtlichen Vorgaben enthalten und kombinieren. Dies führt zu mehr Übersichtlichkeit in den Bescheiden und folglich auch zu mehr Klarheit beim Zuwendungsempfänger , welche Regularien einzuhalten sind. 9. Wo sieht die Landesregierung Potenziale zur Entbürokratisierung von EU-Projekten in Niedersachsen? Die Landesregierung hat vielfältige Möglichkeiten zum Komplexitätsabbau von Projekten genutzt, die mit EFRE- und ESF-Mitteln finanziert werden, und hat hierzu bereits weit reichende Maßnahmen zugunsten der Zuwendungsempfänger und im Sinne eines geringeren Verwaltungsaufwands ergriffen, u. a.: – Einführung eines Online-Kundenportals bei der NBank und einer digitalisierten Antragstellung, – Einführung der o. g. Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung im Bereich EFRE/ESF (ANBest-EFRE/ESF), – Einführung von Standardeinheitskosten in allen EFRE- und ESF-Maßnahmen für die Abrechnung von Personalausgaben, – Einführung von vereinfachten Kostenoptionen in bestimmten Bereichen des EFRE und des ESF, – Anwendung des Erstattungsprinzips in den EU-Struktur- und Investitionsfonds. Insofern konnte eine Entbürokratisierung der EU-Förderung bereits in vielen Bereichen erreicht werden. Die Landesregierung wird im Zuge der Umsetzung der EU-Förderperiode 2014 bis 2020 die Einführung weiterer Vereinfachungsoptionen prüfen und vorhandene Spielräume konsequent nutzen. 10. Vor dem Hintergrund, dass Ministerpräsident Weil die Notwendigkeit einer deutlichen Entlastung der Zuwendungsempfänger und einer erforderlichen Kostenreduzierungen bei den Bewilligungsstellen erkannt und thematisiert hat (52. Plenarsitzung, Stenografischer Bericht, Seite 4820): Wie verhalten sich diese Aussagen zum einen mit der Intention des Erlasses und zum anderen mit dem Rückzug des Erlasses? Der Erlass vom 15.06.2015 zur Einführung von Personalkostenpauschalen im ESF zielte auf eine deutliche Vereinfachung. Dieses Ziel hat die Landesregierung auch nach der Rücknahme des Erlasses weiter verfolgt und mit dem Erlass vom 30.10.2015 erreicht. Auf die Vorbemerkung der Landesregierung wird verwiesen. 11. Sollte sich ergeben, dass die Träger der EU-Projekte bei der Abrechnung von Löhnen nicht entlastet werden und auch die Bewilligungsstellen einen erhöhten Aufwand betreiben müssen: Werden die Bewilligungsstellen und die Antragsteller dafür anderweitig als bei der Lohnabrechnung bei der Antragsabwicklung bürokratisch und kostentechnisch entlastet? Wenn ja: Wie? Der Fragesteller geht hier von einer falschen Annahme aus. Siehe Vorbemerkung der Landesregierung und die Antworten zu den vorherigen Fragen. (Ausgegeben am 12.11.2015) Drucksache 17/4581 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4121 Untergräbt die Staatskanzlei die Kernmarke „Gute Arbeit“, die Sozialpartnerschaft und Tarifbindungen? Anfrage des Abgeordneten Jörg Bode (FDP) Antwort der Niedersächsischen Staatskanzlei