Niedersächsischer Landtag 17. Wahlperiode Drucksache 17/4586 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4305 - Derby ohne Gästefans und Demo-Verbot: Grund- und Bürgerrechte im niedersächsischen Fußball Anfrage des Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 22.09.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 28.09.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 09.11.2015, gezeichnet Boris Pistorius Vorbemerkung des Abgeordneten Bei den kommenden beiden Begegnungen in der 3. Liga zwischen dem VfL Osnabrück und Preußen Münster werden aus Sicherheitsbedenken keine Eintrittskarten an Gästefans verkauft. Das Niedersächsische Innenministerium hat die Entscheidung am 3. September 2015 in einer Pressemitteilung kommentiert. Fans aus Münster wollen dennoch am Spieltag nach Osnabrück kommen, um gegen den Ausschluss zu demonstrieren, der nach Ansicht der Landesregierung die friedlichen Fans kollektiv trifft. Vorbemerkung der Landesregierung Am 23. September 2015 fand das Derby zwischen dem VfL Osnabrück und Preußen Münster vor 8 600 Besucherinnen und Besuchern in der osnatel-ARENA statt. Gästefans waren bei dem Spiel ausgeschlossen. Alternativen wie eine Spielverlegung oder andere Maßnahmen, um den friedlichen Fans beider Mannschaften den Besuch zu ermöglichen, wurden von den Vereinen in Abstimmung mit dem DFB nicht aufgegriffen. Es gab, wie der Verlauf der Begegnung gezeigt hat, weder Verletzte noch nennenswerte Störungen. Auch die anlässlich des Gästefanausschlusses durchgeführte Kundgebung am Hauptbahnhof Osnabrück verlief friedlich. Die Landesregierung wird sich auch weiterhin für die Sicherheit im Zusammenhang mit Fußballspielen einsetzen. Dabei müssen sich die Aktivitäten aller Beteiligten im Netzwerk Fußball in erster Linie konsequent und nachhaltig gegen Gewalt und deren Verursacher richten. 1. Vertreter des Innenministeriums waren nach Antwort der Landesregierung vom 18. September auf eine Anfrage von Abgeordneten der FDP zumindest bei einem der Gespräche in Osnabrück dabei. Wann haben die Gespräche wo und in welchem zeitlichen Umfang stattgefunden? War der Teilnehmerkreis vergleichbar mit den üblichen Konstellationen in den Regionalen Ausschüssen Sport und Sicherheit (RASS)? Wie bereits in der Beantwortung der Mündlichen Anfrage mit der laufenden Nummer 41 in der Drucksache 17/4265 vom 18. September 2015 dargestellt, waren neben Vertretern der Vereine auch die zuständigen Polizeidienststellen aus Osnabrück und Münster an den Gesprächen beteiligt . Diese Sicherheitsbesprechungen haben am 11. August 2015 und am 17. August 2015 bei der Polizeiinspektion Osnabrück und am 21. September 2015 beim VfL Osnabrück stattgefunden. Der zeitliche Umfang wurde nicht dokumentiert. Am 17. August 2015 war dabei ein Vertreter des Innenministeriums anwesend. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4586 2 Im Übrigen gibt es in verschiedenen niedersächsischen Städten Örtliche Ausschüsse Sport und Sicherheit (ÖASS); einen Regionalen Ausschuss Sport und Sicherheit gibt es in Niedersachsen nicht. 2. Wurden bei dem o. g. Treffen von der getroffenen Entscheidung abweichende Meinungen geäußert? Wenn ja, welche und von wem? Welche Alternativmodelle zum Teilausschluss neben dem Vorschlag eines verpflichtenden Kombi-Tickets wurden besprochen ? Waren Fanvertreter bei den Gesprächen eingebunden? Wie haben sich diese und die Fanprojekte positioniert? Bei den Sicherheitsbesprechungen wurden neben dem Gästeausschluss diverse Sicherheitsmaßnahmen erörtert. Es wurden dabei vorrangig Maßnahmen abgewogen, friedlichen Fans den Stadionbesuch zu ermöglichen und gleichzeitig gewaltgeneigte und gewaltsuchende Personen auszuschließen . Dabei wurden Möglichkeiten und Grenzen des personalisierten Ticketings mit kombinierter Anreise von Gästefans erörtert. Weitere Alternativmodelle wurden nicht besprochen. Letztlich hielten die Veranstalter derartige Maßnahmen aus unterschiedlichen Gründen für nicht durchführbar . Die Vereine haben Fans, Fanvertreter und Fanprojekte in die Entscheidungsfindung einbezogen. Nach Angaben der Vereine waren die Positionen sehr vielfältig und die Maßnahmen wurden sehr kontrovers diskutiert. 3. Hat das Niedersächsische Innenministerium dem VfL Osnabrück bzw. Preußen Münster empfohlen, Eintrittskarten personalisiert zu verkaufen? Bezieht die Landesregierung bei ihren Vorschlägen für personalisierte Eintrittskarten auch den erwartbar deutlichen Mehraufwand für organisierte Fanclubs beim Ticketing mit ein? Im Rahmen des kombinierten Ticketings ist eine Personalisierung der Ticketabgabe immanent. Bei der Erörterung wurde der höhere Aufwand (wie auch andere Begleiterscheinungen) hinreichend berücksichtigt . Darüber hinaus wurde auch das personalisierte Ticketing für Heimfans diskutiert, um auszuschließen, dass auswärtige Anhänger Karten für Heimbereiche erwerben können. Letztlich erfolgte das Ticketing durch den VfL Osnabrück in Form eines begrenzten Verkaufs an Dauerkarteninhaber, Mitglieder des Vereins und Bestandskunden. Wie die Ticketvergabe anlässlich des Rückrundenspiels in Münster erfolgen wird, ist derzeit nicht bekannt. 4. Hat das Innenministerium beim Kombi-Ticket eine verpflichtende Bahn- oder Bussanreise ins Spiel gebracht? Hätte dieses Modell auch für Münster-Fans aus dem Osnabrücker Raum gegriffen, die dann extra hätten nach Münster fahren müssen? Das „Niedersächsische Modell“ umfasst neben dem personalisierten Ticketing das Reisemittel, daher hat sich der Begriff „Kombi-Ticket“ etabliert. Da in der Gesamtabwägung die Maßnahme des „Kombi-Tickets“ nicht infrage kam, gab es dazu keine konkretisierten Planungen. Das Modell hätte angewandt grundsätzlich für alle Gästeanhänger gegolten, wobei Zustiegsmöglichkeiten, Sammelpunkte pp. grundsätzlich nicht auszuschließen sind. 5. Nach Auskunft der Landesregierung wird der Ansatz, bei Fußballspielen mit Konfliktmanagern der Polizei zu arbeiten, partiell auch in Osnabrück angewendet. Wurde dieses sogenannte Hannoveraner Modell bei den letzten Derbys in Osnabrück eingesetzt? Wenn ja, mit welchen Erfahrungen? Wenn nein, warum nicht? Die Polizeiinspektion Osnabrück setzt bei sämtlichen Fußballeinsätzen auf Kommunikation, Kooperation und Transparenz. Die Polizeiinspektion Osnabrück übermittelt vor einem Heimspiel Faninformationen an die Fanszene des Gastvereins. Es werden Anreisewege beschrieben, Maßnahmen der Polizei angekündigt und Hinweise zu Fanutensilien gegeben. Darüber hinaus stellt die Polizei- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4586 3 inspektion Osnabrück über soziale Netzwerke Informationen zur Verfügung. Zwei Tage vor den jeweiligen Spielen wird eine gesonderte Seite in dem sozialen Netzwerk Facebook geschaltet. Ferner finden am Spieltag „Kurvengespräche“ statt. Hier werden Fanvertreter und Fanprojekte jeweils aktuell informiert und es erfolgen konkrete Abstimmungen zwischen den Netzwerkpartnern wie dem Sicherheitsbeauftragten des Vereins, der Einsatzleitung der Polizei und anderen Sicherheitsträgern . Außerdem werden in der Polizeiinspektion Osnabrück fortgebildete Konfliktmanager (KM) Fußball eingesetzt. Auch bei den Begegnungen des VfL Osnabrück gegen Preußen Münster in den Spielzeiten 2013/2014 und 2014/2015 wurden die o. g. Maßnahmen angewandt. In diesem Zusammenhang wurden in Münster auch Informationsveranstaltungen mit Fans angeboten. Die Durchführung dieser Maßnahmen hat die gute Zusammenarbeit der Polizei mit den Vereinen und dem Fanport (Fananlaufstelle in Münster) verstetigt, außerdem verfügen die Fans über alle für sie wesentlichen Informationen zum Spieltag. Allerdings zeigen sich gewaltgeneigte und gewaltsuchende Personen an derartigen Maßnahmen der Deeskalation häufig nicht interessiert. 6. Das Heimspiel des VfL Osnabrück gegen Arminia Bielefeld in der letzten Drittligaspielzeit war ebenfalls ein Flutlichtspiel unter der Woche. Hier waren Gästefans aus Ostwestfalen nicht nur im Gästenblock, sondern auch in großer Zahl im HeimStehplatzbereich West zu finden. In diesem gemischten Block gab es weder eine baulicht -provisorische Trennung noch eine Ordner-Kette. Wie bewertet die Landesregierung diese Konstellation sicherheitstechnisch? Warum ist diese Konstellation aus Sicht der Landesregierung trotz des bekannten Derbycharakters glimpflich ausgegangen , während man beim Heimspiel gegen Münster vonseiten der Polizei nicht einmal mit klarer Fantrennung eine sichere Durchführung gewährleistet sieht? Das Spiel des VfL Osnabrück gegen Arminia Bielefeld am 31.01.2015 stieß bei den Gästefans auf erhebliches Interesse. Der Veranstalter stellte Arminia Bielefeld 1 300 Karten zur Verfügung, die dort an Mitglieder und Dauerkarteninhaber verkauft wurden. Da dieses Kontingent offensichtlich nicht ausreichte und die Nachfrage unvermindert hoch war, haben Anhänger von Arminia Bielefeld weitere Karten für die osnatel-ARENA erworben. Trotz der durch den VfL Osnabrück in Absprache mit der Polizei erfolgten Beschränkungen (u. a. Postleitzahlensperre und Begrenzung auf vier Karten pro Person), gelang es einer Vielzahl von Gästeanhängern, Karten auch für Heimbereiche zu erwerben. Im Rahmen der polizeilichen Aufklärung wurde u. a. bekannt, dass auch gewaltgeneigte und gewaltsuchende Personen Karten erworben hatten. Beim Einlass in das Stadion waren diese Personen für den Ordnungsdienst als solche überwiegend nicht zu erkennen, insofern gelangten sie in die heimischen Blöcke. Über die Fanbeauftragten und das Fanprojekt Bielefeld gelang es schließlich, diese Personen dem Gästeblock zuzuführen, ohne dass polizeiliche Maßnahmen nötig gewesen wären. So fand zwar in den Heimbereichen (West-, Nord- und Südtribüne) eine Vermischung zwischen Heim- und Gästefans statt, jedoch konnten die gewaltgeneigten und gewaltsuchenden Personen voneinander getrennt werden. Bei vergangenen Begegnungen zwischen dem VfL Osnabrück und dem SC Preußen Münster hingegen kam es zu Störungen auf den Reisewegen, im Stadtbereich und im Stadion. In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass es kurzsichtig ist, Sicherheit bei einem Fußballspiel in erster Linie von einer Fantrennung in der Spielstätte abhängig zu machen. Der sichere Besuch eines Fußballspiels ist nicht ausschließlich von einer klaren Fantrennung abhängig, sondern von zahlreichen zusätzlichen Komponenten, die jeweils nach Lagebeurteilung der Polizei zu berücksichtigen sind. 7. Der niedersächsische Innenminister hat gegenüber dem DFB und der Neuen Osnabrücker Zeitung eine Verlegung des Derbys zwischen Osnabrück und Münster auf ein Wochenende ins Spiel gebracht. Hat der DFB-Präsident dem Minister geantwortet und, wenn ja, mit welchem Inhalt? Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4586 4 Auf das Schreiben vom 21. Juli 2015 antwortete am 21. August 2015 der Generalsekretär des DFB, Helmut Sandrock. In diesem stellte er u. a. die Entscheidung der Vereine in Absprache mit dem DFB zugunsten des Gästeausschlusses dar. 8. Welche weiteren Aktivitäten hat der oberste Dienstherr der Polizei außerdem unternommen , um eine Verlegung des Spiels anzuregen und so die Präsenz der Polizeikräfte vor Ort zu reduzieren? Im Rahmen der üblichen Abläufe der Spieltagplanungen war bereits vor der Erstellung der Rohspielplanung für die 3. Liga über die Landesinformationsstelle für Sporteinsätze der Hinweis an die koordinierende Zentralstelle Sporteinsätze bei der Polizei Nordrhein-Westfalen ergangen, dass die Spielansetzung für die Begegnung zwischen dem VfL Osnabrück und Preußen Münster keinesfalls in die Abendstunden gelegt werden sollte. Diesem Hinweis wurde im Rahmen der Spielplanung durch den DFB nicht entsprochen, Gründe dafür sind nicht bekannt. Im Übrigen stand bei diesen Erwägungen angesichts der Vorkommnisse der Vergangenheit die Sicherheit der Zuschauerinnen und Zuschauer im Vordergrund, weniger die Anzahl der einzusetzenden Polizeikräfte. 9. Nach Abgaben des Innenministeriums haben die Vereine eine Verlegung des Spiels angelehnt . Mit welcher Begründung erfolgte für Ablehnung der Verlegung auf ein Wochenende ? In der Beantwortung der Mündlichen Anfrage am 18. September 2015 wurde bereits dargestellt, dass nicht bekannt ist, inwieweit und in welchem Umfang eine mögliche Verlegung von den Vereinen erörtert worden ist. Eine Begründung liegt auch aufgrund der getroffenen Entscheidung hier nicht vor. Es ist jedoch naheliegend, dass die Vereine vermutlich angesichts der Termindichte der Ligaspielpläne , u. a. auch mit Abstellungsperioden der FIFA/UEFA zu Länderspielen, eine solche Option möglichst vermeiden wollen. 10. Egal ob Demonstration, Versammlung oder Fanmarsch: Am 23. September werden Münster-Fans in Osnabrück gegen den Teilausschluss demonstrieren. Wenn dies geschieht , wird diese Anfrage noch in der Phase der Beantwortung sein. Welches Fazit zieht die Landesregierung nach der Kundgebung? Wie viele Fans haben sich beteiligt? Wie hoch war das Aufgebot der Polizei? Wie viele Vorkommnisse welcher Art sind vorgefallen ? An der Kundgebung am Hauptbahnhof nahmen 330 Personen teil, darunter 100 Münsteraner Anhänger der Kategorie B und 30 der Kategorie C. Im Rahmen des polizeilichen Einsatzes setzte die Polizeiinspektion Osnabrück im Einsatzabschnitt Versammlung insgesamt 372 Einsatzkräfte ein. Die Versammlung ist friedlich verlaufen, es sind weder Verletzungen von Personen noch andere Straftaten bzw. Vorkommnisse bekannt geworden. (Ausgegeben am 13.11.2015) Drucksache 17/4586 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortungmit Antwort der Landesregierung- Drucksache 17/4305 Derby ohne Gästefans und Demo-Verbot: Grund- und Bürgerrechte im niedersächsischenFußball Anfrage des Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport