Niedersächsischer Landtag 17. Wahlperiode Drucksache 17/4602 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4216 - Burschenschaften in Niedersachsen - Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung? Anfrage der Abgeordneten Marco Brunotte, Dr. Gabriele Andretta, Dr. Silke Lesemann, Bernd Lynack, Matthias Möhle, Ulf Prange, Michael Höntsch, Dr. Christos Pantazis und Dr. Thela Wernstedt (SPD) an die Landesregierung, eingegangen am 03.09.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 14.09.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 28.10.2015, gezeichnet Boris Pistorius Vorbemerkung der Abgeordneten Im Jahr 2013 gab es eine Diskussion über einen „Ariernachweis“ innerhalb des Dachverbandes der „Deutschen Burschenschaften“ (DB) im Vorfeld des Burschentages in Eisenach. Dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel vorliegende Dokumente zeigten rassistische und extremistische Positionen der „Deutschen Burschenschaft“, in denen es darum ging, wer ein „deutscher Student“ sei. Unterschieden werden sollte zwischen „deutscher“, „abendländisch-europäischer“ und „nichtabendländisch -europäischer“ Abstammung. Auch wenn über diesen Antrag letztendlich nicht abgestimmt wurde, gilt die Abstammung der Bewerber nach wie vor als Aufnahmekriterium in eine Burschenschaft . Nach der Diskussion dieses Antrages auf dem Burschentag in Eisenach mehrten sich die Austritte einzelner Burschenschaften aus dem Dachverband. Darunter befinden sich offenbar auch niedersächsische Burschenschaften. Die Begründung für die Austritte liegt in der fehlenden Sanktionierung extremistischer Äußerungen und Verhaltensweisen innerhalb der DB. Bereits im Jahr 2011 gab es einen Eklat: Es ging um die Frage, ob eine Burschenschaft, die einen chinesischstämmigen Studenten aufgenommen hatte, zur „Deutschen Burschenschaft“ gehören darf. Immer wieder wird in den Medien Kritik an der „Deutschen Burschenschaft“ geäußert. Ihr wird Handeln auf Grundlage von völkischer Ideologie vorgeworfen. Sie habe ein unklares Verhältnis zu Rechtsextremen und der Neuen Rechten. Bekannte Rechtsextreme treten auf Veranstaltungen in Burschenschaftshäusern auf. In Hannover gab es eine „Konstante“ der Burschenschaft Dresdensia-Rugia zu Gießen. Mitglieder der Dresdensia-Rugia Hannover gehörten u. a. zur mittlerweile verbotenen Neonazi-Gruppe „Besseres Hannover“ und unterhielten Kontakte zur „Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland“ (JLO). Die „Konstante“ nutzte für ihre Aktivitäten Räumlichkeiten der hannoverschen Burschenschaft Germania. In den letzten Wochen kam es in Göttingen zu zwei Übergriffen. Im Juli 2015 wurde ein Fahrradfahrer bei einem Angriff durch Mitglieder der Landsmannschaft Verdensia verletzt. Bei einer weiteren Auseinandersetzung in Göttingen kam es zum Beschuss mit Druckluftwaffen. Aus dem Haus der Burschenschaft Germania wurde mit einer Druckluftwaffe durch ein geöffnetes Fenster eines gegenüberliegenden Hauses geschossen und Personen nur knapp verfehlt. Im Garten des Hauses wurden mehr als 60 Kugeln gefunden. Die Burschenschaft Hannovera in Göttingen veranstaltete im Mai 2015 eine Lesung mit Billy S. Der Redakteur der Jungen Freiheit, des Hauptorgans der „Neuen Rechten“, stellte sein Buch über den Bürgerkrieg in Syrien vor. Zu den Teilnehmern gehörten auch Aktive der AfD, der „Junge Alternati- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4602 2 ve“-Hochschulgruppe und ein ehemaliger RCDS-Kandidat (Ring Christlich-Demokratischer Studenten ) zu den Hochschulwahlen. Dieser ehemalige RCDS-Kandidat und Alte Herr der Burschenschaft Hannovera hatte vor einigen Jahren in der Selbstbeschreibung einer StudiVZ-Gruppe erklärt: „Politiker? Da gibts doch auch was von Heckler & Koch! H&K steht für viel Fantasie. Diese Gruppe ist für alle potenziellen Kammerjäger ! Für alle die Politiker satt haben und im Alltag ein gesundes Hygieneverständnis diesen parasitärem Pack entgegensetzen. Politikern und sonstigen Steuerschmarotzern endlich geben, was ihnen zu steht ...“ Die Burschenschaft Hannovera stellte auch Räumlichkeiten für die extrem rechte Schülerverbindung „Pennale Verbindung Hansea zu Göttingen“ zur Verfügung. Diese gehört zum Allgemeinen Pennäler Ring (APR). Er vertritt völkische und nationalistische Inhalte und ist Dachverband der mensurschlagenden Schülerverbindungen. Die Vernetzung der Burschenschaften und Landsmannschaften geht weit in die rechtsextreme Szene und Neue Rechte. So schreiben Mitglieder für das neurechte Magazin Blaue Narzisse. Es gibt scheinbar Verbindungen zur „Identitären Bewegung“. In der Vergangenheit gab es immer wieder Kontakte zur NPD. Vorbemerkung der Landesregierung Der niedersächsische Verfassungsschutz beobachtet im Rahmen der ihm nach dem Niedersächsischen Verfassungsschutzgesetz zugewiesenen Aufgaben Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Die Eingriffsschwelle für eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz ist gesetzlich klar festgelegt und damit verbindlich für die Arbeit des Verfassungsschutzes. Demnach müssen tatsächliche Anhaltspunkte (§ 5 Abs. 1 NVerfSchG) für eine extremistische Bestrebung vorliegen. Dabei ist für eine entsprechende Zuordnung einer Organisation das Gesamtbild der Organisation maßgebend, d. h. das Zusammenspiel personeller, institutioneller und programmatischer Faktoren, die für ihre Ausrichtung und ihr Auftreten in der Öffentlichkeit prägend sind. Es reicht infolgedessen nicht aus, die Beobachtung einer Organisation nur auf bedenkliche Verlautbarungen eines einzelnen (führenden) Funktionsträgers zu stützen. Verhaltensweisen von Einzelpersonen , die nicht in oder für einen Personenzusammenschluss handeln, sind nach § 4 Abs. 1 Satz 3 NVerfSchG nur dann Bestrebungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NVerfSchG, wenn sie auf Anwendung von Gewalt gerichtet oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, ein Schutzgut des NVerfSchG erheblich zu beschädigen. Der niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde liegen keine konkreten Erkenntnisse über Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung in niedersächsischen Burschenschaften beziehungsweise deren Dachverbänden „Deutsche Burschenschaft“ und „Neue Deutsche Burschenschaft e. V.“ vor. Aus diesen Gründen wird derzeit keine Burschenschaft durch die niedersächsische Verfassungsschutzbehörde beobachtet. Das burschenschaftliche Denken ist häufig durch ein völkisches Selbstverständnis geprägt und weist insoweit eine Nähe zu rechtsextremistischen Ideologieelementen auf. Einigen Burschenschaften kann daher eine Scharnierfunktion zwischen dem Rechtsextremismus und dem nichtextremistischen Konservatismus zugesprochen werden. Aus diesem Grunde nutzen Rechtsextremisten gelegentlich Veranstaltungen von Burschenschaften bzw. deren Publikationen als Plattform für die Verbreitung ihres Gedankengutes. 1. Wie viele Burschenschaften gibt es in Niedersachsen? Der niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde liegen aus den in der Vorbemerkung der Landesregierung genannten Gründen keine eigenen Erkenntnisse im Sinne der Anfrage vor. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4602 3 2. Wie viele aktive und inaktive Mitglieder gehören zu den jeweiligen Burschenschaften? Der niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde liegen aus den in der Vorbemerkung der Landesregierung genannten Gründen keine eigenen Erkenntnisse im Sinne der Anfrage vor. 3. Welche Burschenschaften aus Niedersachsen gehören zum Kooperationsverband „Deutsche Burschenschaft“? Der niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde liegen aus den in der Vorbemerkung der Landesregierung genannten Gründen keine eigenen Erkenntnisse im Sinne der Anfrage vor. 4. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über Austritte niedersächsischer Burschenschaften in den letzten Jahren aus der „Deutschen Burschenschaft“? Wie begründen die niedersächsischen Burschenschaften ihren Austritt aus der DB? Der niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde liegen aus den in der Vorbemerkung der Landesregierung genannten Gründen keine eigenen Erkenntnisse im Sinne der Anfrage vor. Hinweise ergeben sich jedoch aus den einschlägigen Internetveröffentlichungen, wie beispielsweise auf der Homepage der „Deutschen Burschenschaft“. Die Technische Universität Clausthal hat dazu folgende Stellungnahme übersandt: Gemäß den Angaben auf ihren Homepages hat die Freie Burschenschaft „Schlägel und Eisen“ die Deutsche Burschenschaft schon 1996 verlassen, weil diese sich aus ihrer Sicht als „reformunfähig“ erwiesen habe; die Alte Freiberger Burschenschaft „Glück auf“ zu Clausthal hat 2013 ihren Austritt aus der Deutschen Burschenschaft vollzogen und sich der „Initiative Burschenschaftliche Zukunft“ angeschlossen. 5. Hat die Landesregierung Erkenntnisse darüber, dass auch niedersächsische Burschenschaften die Aufnahme von Bewerbern von ihrer „Abstammung“ abhängig machen ? Werden nur „bestimmte Abstammungen“ akzeptiert, weil man sie für Deutsche hält (Österreicher z. B.)? Der niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde liegen aus den in der Vorbemerkung der Landesregierung genannten Gründen keine eigenen Erkenntnisse über die Aufnahmekriterien der Burschenschaften in Niedersachsen vor. 6. Welche Rolle spielen Burschenschaften an den Hochschulen in Niedersachsen? Die Hochschulen in staatlicher Verantwortung gemäß § 2 Abs. 1 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG) wurden um Stellungnahme gebeten. Es wird gebeten, die Stellungnahmen der Hochschulen den nachstehenden Ausführungen zu entnehmen: Technische Universität Braunschweig: An der Hochschule existieren vier Burschenschaften: Germania, Thuringia, Arminia-Gothia und Alemannia. Jede Burschenschaft organisiert ein Semesterprogramm (Partys, Vorträge etc.). Darüber hinaus liegen keine Informationen vor. Technische Universität Clausthal: Die Studentenverbindungen in Clausthal weisen teilweise einen direkten Bezug zum Bergmannswesen aus und sind insofern der Tradition der Hochschule als Bergakademie verbunden. An einem Hochschulstandort, der wenig Freizeitaktivitäten bietet, ist die Mitgliedschaft in einer Verbindung zum Zwecke der Freizeitgestaltung möglicherweise attraktiver als in größeren Hochschulstädten. Die geschätzt größere Zahl an Verbindungen in Clausthal in Relation zur Gesamtzahl der Studierenden kann sich jedoch auf keine konkreten Daten und Zahlen stützen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4602 4 Medizinische Hochschule Hannover (MHH): An der Hochschule gibt es traditionell keine Verbindungen bzw. Aktivitäten zu/von Burschenschaften . An der relativ „jungen MHH“ gibt es - auch wegen der damaligen Campusansiedlung auf der grünen Wiese - keine Aktivitäten. Auch hat sich die verfasste Studierendenschaft immer nur an Sachfragen orientiert. Universität Oldenburg: An der Universität Oldenburg spielen Burschenschaften keine Rolle. Es gibt eine aktive Burschenschaft „Chamavia“ (http://www.chamavia.de). Sie bezeichnet sich selbst als unpolitisch und nehme auch Frauen auf. Zudem gibt es scheinbar Bestrebungen, eine ehemalige Burschenschaft zu reaktivieren . Dies ist jedoch bislang nicht gelungen: http://www.oldenburgia.mynetcologne.de/ol2.htm Hochschule Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth: Burschenschaften im ursprünglichen Sinn sind an der Hochschule nicht bekannt. Im Hochschulleben sind Verbindungen nur in geringem Maße aktiv. Sie bieten nach hochschulinternen Erkenntnissen den Studentinnen und Studenten unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religion insbesondere in den Bereichen fachliche Vernetzung, Freizeit und Wohnraum Unterstützung. Im Fachbereich Seefahrt am Studienort Elsfleth haben die Nautischen Fach-Verbindungen aufgrund der besonderen Tradition größere Sichtbarkeit auch durch die Mitwirkung in der Vereinigung der maritimen Vereine innerhalb der Stadt Elsfleth, u. a. dem Förderverein des Fachbereichs Seefahrt „Freunde der Seefahrtschule“. Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo): Es gibt einige studentische Verbindungen in Hannover, zu denen die TiHo historisch bedingt nach wie vor lockere Verbindungen hat. Eine besondere oder sichtbare Rolle spielen sie nicht an der Hochschule, aber bei der Ersteinschreibung der Studierenden dürfen die Verbindungen auf dem Gelände der Hochschule über sich informieren. Ein fachbezogener (Schweinekrankheiten) Promotionspreis wird von einem Förderverein einer Burschenschaft ausgelobt, die früher nur Studierende der Tiermedizin aufgenommen hat. Die Auswahl der Preisvergabe erfolgt durch eine vom Senat benannte Kommission der Hochschule. Universität Lüneburg: Bezogen auf Anzahl und Aktivitäten spielen Burschenschaften an der Universität Lüneburg bzw. in der Universitätsstadt Lüneburg faktisch keine Rolle. Als an der Universität Lüneburg aktive Burschenschaft bekannt ist derzeit ausschließlich die Burschenschaft Frisia (www.bs-frisia.de). Die Universität selbst greift nicht auf die Angebote der Burschenschaft zurück und schafft auch keine Anknüpfungspunkte zu der Burschenschaft, deren Veranstaltungen außerhalb der Hochschule und in externen, nicht hochschulzugehörigen Veranstaltungsstätten stattfinden. An der Universität Hannover, der Universität Osnabrück, der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig, der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover, der Universität Vechta, der Hochschule Braunschweig/Wolfenbüttel, der Hochschule Hannover, der Hochschule Hildesheim /Holzminden/Göttingen, der Hochschule Emden/Leer, der Universität Göttingen, der Universität Hildesheim und der Hochschule Osnabrück spielen die Burschenschaften keine Rolle bzw. treten im Hochschulleben nicht sichtbar auf. 7. Welche Kontakte gab oder gibt es von Burschenschaften aus Niedersachsen zu inzwischen verbotenen Organisationen? Ein Betreuer und Administrator des verbotenen rechtsextremistischen „Thiazi-Forums“ war Burschenschaftler bei „Hannovera zu Göttingen“. Nach Bekanntwerden seiner Aktivitäten wurde er der Burschenschaft verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4602 5 8. Welche Rolle spielte der ehemalige FAP-Funktionär Norbert W., der mehrere Jahre Schriftleiter der Dachverbandszeitschrift Burschenschaftliche Blätter war? Nach Erkenntnissen der niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde hat die genannte Person ihren Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen. Innerhalb der rechtsextremistischen Szene in Niedersachsen ist sie nicht aktiv. Ansonsten siehe Vorbemerkung der Landesregierung. 9. Welche Erkenntnisse gibt es über Vorträge oder andere von niedersächsischen Burschenschaften organisierte Veranstaltungen, bei denen Personen aus der rechtsextremen Szene als Referenten und Redner eingeladen wurden? Der niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Anfrage vor. 10. Sind der Landesregierung Veröffentlichungen von Personen aus der rechtsextremen Szene in Verbandszeitschriften der niedersächsischen Burschenschaften bekannt? Der niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde sind keine Verbandszeitschriften niedersächsischer Burschenschaften bekannt. Demzufolge liegen ihr keine Erkenntnisse über Beiträge niedersächsischer Rechtsextremisten in derartigen Publikationen vor. Die „Deutsche Burschenschaft“ publiziert die „Burschenschaftlichen Blätter“, die vierteljährlich erscheinen. Der niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde liegen bisher auch keine Erkenntnisse über Veröffentlichungen niedersächsischer Rechtsextremisten in den „Burschenschaftlichen Blättern“ vor. 11. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über rassistische, fremdenfeindliche und antisemitische Tendenzen oder Aktivitäten in niedersächsischen Burschenschaften vor? Der niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde liegen aus den in der Vorbemerkung der Landesregierung genannten Gründen keine konkreten Erkenntnisse im Sinne der Anfrage vor. 12. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über personelle Überschneidungen zwischen Mitgliedern von Burschenschaften sowie rechtsextremen Parteien und Organisation? Der niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde liegen aus den in der Vorbemerkung der Landesregierung genannten Gründen keine konkreten Erkenntnisse über die Mitglieder von Burschenschaften vor. Personelle Überschneidungen zwischen Burschenschaften und rechtsextremistischen Parteien oder Organisationen können daher nicht umfassend dargestellt werden. Es ist jedoch bekannt , dass niedersächsische NPD-Mitglieder und Neonazis in Burschenschaften aktiv sind oder waren beziehungsweise Kontakte zu ihnen gepflegt haben. Es ist nicht auszuschließen, dass darüber hinaus weitere niedersächsische Rechtsextremisten in Burschenschaften aktiv sind oder Kontakte zu Burschenschaftsmitgliedern pflegen. Eine strukturierte Zusammenarbeit bzw. Vernetzung zwischen rechtsextremistischen Parteien oder Organisationen und Burschenschaften ist in Niedersachsen jedoch nicht erkennbar. 13. Welche Rolle spielen die Objekte der Burschenschaften als Ort der Vernetzung mit Mitgliedern aus rechtsextremen, nationalistischen und rechtspopulistischen Organisationen ? Der niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde liegen keine Anhaltspunkte für eine Vernetzung der rechtsextremistischen Szene mit Burschenschaften in Niedersachsen vor. Ebenso liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass Burschenschaftshäuser der rechtsextremistischen Szene für die Durchführung eigener Veranstaltungen zur Verfügung gestellt worden wären. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4602 6 14. Wie beurteilt die Landesregierung die aktuellen Übergriffe von Mitgliedern aus Burschenschaften in Göttingen? Die Landesregierung verurteilt den Einsatz von Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele auf das Schärfste. Diesbezügliche Straftaten werden von den zuständigen Behörden konsequent und mit Nachdruck verfolgt. Dementsprechend wurden zu den in der Vorbemerkung der Anfragenden aufgeführten „Übergriffen“ durch Angehörige von Burschenschaften in Göttingen zwei Strafverfahren wegen des Verdachts der Körperverletzung sowie des Verdachts der versuchten gefährlichen Körperverletzung eingeleitet. Der niedersächsischen Polizei liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass diese Straftaten durch die Burschenschaften organisiert, forciert oder gesteuert worden sind. 15. Sehen nach Erkenntnissen der Landesregierung Burschenschaften Gewalt als Mittel zur Durchsetzung ihrer politischen und organisatorischen Zielen an? Den niedersächsischen Sicherheitsbehörden liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Anfrage vor. 16. Sind Mitglieder von Burschenschaften Vertreterinnen und Vertreter in Gremien von Hochschulen in Niedersachsen? An den niedersächsischen Hochschulen wird im Kontext von Wahlen und Gremien die Eigenschaft „Mitgliedschaft in einer Burschenschaft“ nicht erhoben. Die Mitgliedschaft der Gremienmitglieder in Verbindungen oder sonstigen Vereinigungen wird an den Hochschulen nicht ermittelt bzw. statistisch nicht erfasst und spielt bei der Besetzung der Vertretungen in den Gremien keine Rolle. An der Hochschule Hannover hat es in der Vergangenheit einmal einen in einer Burschenschaft organisierten Studenten in Gremien der Hochschule gegeben. Aus diesen ist der Student inzwischen jedoch wieder ausgeschieden. 17. Werden auf den Homepages der niedersächsischen Hochschulen Studentenverbindungslisten bzw. Listen von Burschenschaften veröffentlicht? Gibt es Verlinkungen zu diesen Organisationen (beispielsweise im Zuge der Vermittlung von Wohnraum an Studenten )? Es wird gebeten, die Stellungnahmen der Hochschulen den nachstehenden Ausführungen zu entnehmen : Technische Universität Braunschweig: Auf den zentralen Webseiten der Hochschule sind Burschenschaften und andere Verbindungen nur im Online-Register der anerkannten studentischen Vereinigungen aufgeführt und verlinkt. In diesem Register befinden sich zurzeit u. a. vier Burschenschaften, vier Corps, eine Sängerschaft, eine Landsmannschaft, vier Turnerschaften, zwei musische Verbindungen, vier kirchliche Verbindungen, eine Mädelschaft, eine akademische Verbindung und eine Sportverbindung. Das Online-Register beinhaltet den Namen der Vereinigung, die Kontakt-Mailadresse sowie auf Wunsch einen Link zur eigenen Homepage der Vereinigung. Die Anerkennung und Registrierung erfolgte nach der Ordnung zur Registrierung Studentischer Vereinigungen. Eine Anerkennungsvoraussetzung ist gemäß Ziff. 1 Punkt 1.3 die Rechtskonformität , d. h. die Zwecke und Ziele müssen mit der Grundordnung, dem Selbstverständnis und dem Leitbild der Technischen Universität Braunschweig sowie mit der verfassungsmäßigen Ordnung und den allgemeinen Gesetzen der Bundesrepublik Deutschland in Einklang stehen. Gemäß Ziff. 5 der Ordnung wird bei nicht fristgerechter Rückmeldung oder wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung und Registrierung nachträglich entfallen, die Anerkennung als „Studentische Vereinigung “ widerrufen und ihr Name aus dem schriftlichen wie auch aus dem Online-Register entfernt. Technische Universität Clausthal: Die Clausthaler Studentenverbindungen sind auf der Homepage der Hochschule gelistet. Die Listeneinträge sind auf die Homepages der Verbindungen verlinkt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4602 7 Universität Oldenburg: Von Webseiten der Universität Oldenburg werden keine Listen veröffentlicht. Die Burschenschaft Chamavia sowie die nicht aktive Burschenschaft verlinken auf die Webseite der Universität Oldenburg : http://www.oldenburgia.mynetcologne.de/ol2.htm. Hochschule Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth: Die Hochschule verlinkt auf ihrer Homepage zu folgenden Verbindungen: Technische Verbindung Nordia zu Wilhelmshaven; Deutsche Studentenverbindung Chamavia Oldenburg; Nautische Verbindung Roter Sand e. V.; Nautische Kameradschaft Visurgis zu Elsfleth e. V. Universität Göttingen: Bis zum Sommer 2015 gab es eine Übersicht Göttinger Studentenverbindungen und Burschenschaften auf der Webseite der Universität Göttingen. Diese wurde im Juli entfernt. Die Hochschule hat noch keine Entscheidung getroffen, ob und in welcher Form Verlinkungen zu Studentenverbindungen und Burschenschaften künftig auf den Internetseiten der Universität Erwähnung finden. Universität Lüneburg: Die Universität Lüneburg informiert an zentraler Stelle im Internet (http://www.leuphana.de/ueberuns /organisation/studierende.html) zu den bestehenden studentischen Gruppen und Initiativen. Eine Burschenschaft ist dort nicht verlinkt und nicht genannt. Entsprechend werden auch keine Listen von Burschenschaften veröffentlicht. Für die weiteren niedersächsischen Hochschulen wird Fehlanzeige gemeldet. 18. Werden Studentenverbindungen, Corps und Burschenschaften in anderer Art und Weise von niedersächsischen Hochschulen unterstützt, z. B. durch Nutzung universitärer Räumlichkeiten? Es wird gebeten, die Stellungnahmen der Hochschulen den nachstehenden Ausführungen zu entnehmen : Technische Universität Braunschweig: Allen registrierten studentischen Vereinigungen werden grundsätzlich auf Anfrage und im Rahmen der Verfügbarkeit Räumlichkeiten (z. B. Hörsäle) zur Verfügung gestellt. Eine Auswertung über die Zurverfügungstellung von Räumlichkeiten an Burschenschaften und andere Verbindungen existiert nicht, da diese genauso wie alle anderen registrierten studentischen Vereinigungen behandelt werden . Auf Antrag ist den anerkannten Vereinigungen eine Nutzung von bestimmten EDV-Ressourcen (Homepage, Mailverteiler etc.) möglich. Dieses Angebot wird von acht Verbindungen in Anspruch genommen. Die Möglichkeit für studentische Vereinigungen, an Veranstaltungen der Hochschule (TU Day, TU Night) mitzuwirken, wird von Verbindungen wenig genutzt. Universität Lüneburg: Es ist keine aktive Burschenschaft bei der Hochschule als studentische Initiative gemeldet, was wiederum Voraussetzung für die Nutzung von Räumlichkeiten wäre. Die Burschenschaft Frisia führt ihre Veranstaltungen in externen Veranstaltungsstätten ohne Anbindung an die Hochschule durch. An den weiteren niedersächsischen Hochschulen werden keine Unterstützungen gewährt. 19. Gibt es andere Kooperationen von Hochschulen in Niedersachsen mit Burschenschaften ? An den niedersächsischen Hochschulen existieren keine anderweitigen Kooperationen mit Burschenschaften . Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4602 8 20. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Pennale Verbindung Hansea zu Göttingen? Auch nach aktueller Umfrage der Niedersächsischen Landesschulbehörde bei allen in Betracht kommenden Schulen in Göttingen und Umgebung liegen weder negative noch positive Informationen über die Schülerverbindung vor. 21. Gibt es weitere Mitgliedsorganisationen des Allgemeinen Pennäler Rings in Niedersachsen ? Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Anfrage vor. 22. Wie beurteilt die Landesregierung die Aktivitäten der Schülerverbindungen? Schülerinnen und Schülern einer Schule steht gemäß § 86 Abs. 1 NSchG das Recht zu, sich zur Verfolgung von Zielen, die innerhalb des Bildungsauftrags der Schule (§ 2 NSchG) liegen, als Schülergruppe zusammenzuschließen. Es ist zumindest derzeit nicht belegbar, dass die Verbindung außerhalb des Bildungsauftrags oder gegen den Bildungsauftrag der Schule arbeitet. Unabhängig von der Frage, ob eine Verbindung den Charakter einer Schülergruppe hat oder beansprucht , gewährt das Grundrecht der Koalitionsfreiheit gemäß Artikel 9 Abs. 1 GG allen Deutschen das Recht, Vereine und Gesellschaften zu gründen. (Ausgegeben am 17.11.2015) Drucksache 17/4602 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortungmit Antwort der Landesregierung- Drucksache 17/4216 Burschenschaften in Niedersachsen - Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung? Anfrage der Abgeordneten Marco Brunotte, Dr. Gabriele Andretta, Dr. Silke Lesemann,Bernd Lynack, Matthias Möhle, Ulf Prange, Michael Höntsch, Dr. Christos Pantazis undDr. Thela Wernstedt (SPD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport