Niedersächsischer Landtag 17. Wahlperiode Drucksache 17/4639 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4438 - Setzt sich die Landesregierung für die niedersächsischen Antragssteller des Fonds Sexueller Missbrauch des Bundes ein? Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling, Christian Dürr (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 14.10.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 20.10.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung vom 16.11.2015, gezeichnet Cornelia Rundt Vorbemerkung der Abgeordneten Seit dem 1. Mai 2013 können Betroffene, die in der Familie im Rahmen eines Abhängigkeitsverhältnisses sexuell missbraucht wurden, aus einem Fonds des Bundes Sachleistungen, wie z. B. Therapien, beantragen. Für den Fonds stehen insgesamt 58,64 Millionen Euro zur Verfügung. Davon hat der Bund 50 Millionen Euro eingezahlt und das Land Mecklenburg-Vorpommern 1,03 Millionen. Auch der Freistaat Bayern beteiligte sich mit 7,61 Millionen Euro. Aus diesem Fonds können die Betroffenen Sachleistung in Höhe von bis zu 10 000 Euro beantragen. Fünf weitere Bundesländer beteiligen sich am ergänzenden Hilfesystem im institutionellen Bereich. Als Betroffene werden jene eingestuft, die als Kinder oder Jugendliche sexuell in der Familie oder im familiennahen Umfeld missbraucht wurden, also zum Tatzeitpunkt minderjährig waren. Für das Empfangen von Hilfeleistungen muss zudem ein nachvollziehbarer Zusammenhang zwischen dem sexuellen Missbrauch und den heute noch vorhandenen Folgen zu erkennen sein. Im Vorfeld ist es daher notwendig, ein Antragsformular auszufüllen. Hierbei müssen die Antragsteller u. a. auch Angaben zum Tathergang machen. Nach Angaben von Betroffenen ist das Antragsverfahren eine sehr große Hürde für die betroffenen Personen, da gerade jene Fragen retraumatisierend sein können. Hinzu kommt, dass im Moment immer noch Anträge aus dem September 2013 bearbeitet werden. Schon im April des kommenden Jahres soll der Fonds schließen. Vorbemerkung der Landesregierung Aufgrund des Bekanntwerdens einer Vielzahl von Fällen sexuellen Missbrauchs an Kindern und Jugendlichen insbesondere im kirchlichen Bereich sowie in Internaten berief die damalige Bundesregierung im Jahr 2010 den Runden Tisch „Sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich“ ein. An diesem Runden Tisch beteiligten sich neben nichtstaatlichen Organisationen und den Bundesverbänden der kommunalen Spitzenverbände auch die Kultusministerkonferenz sowie die Jugendund Familienministerkonferenz. Im Abschlussbericht des Runden Tisches aus dem Jahr 2011 wurde u. a. empfohlen, für diejenigen, die in ihrer Kindheit bzw. Jugend sexuellen Missbrauch erlitten haben und noch heute an dessen Folgewirkung leiden, ein Ergänzendes Hilfesystem einzurichten. Dabei wurde von Beginn an unterschieden zwischen Betroffenen, die in Institutionen, und Betroffe- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4639 2 nen, die im familiären Bereich sexuellen Missbrauch erlitten haben. Ziel war und ist es, dass die Institutionen bzw. deren Träger, in denen sexueller Missbrauch stattgefunden hat, ihrer Verantwortung gerecht werden und entsprechende Leistungen für die Betroffenen erbringen (Arbeitgeberverantwortung ). Da im familiären Bereich diese Möglichkeit nicht besteht, hat der Bund für diesen Personenkreis einen entsprechenden Fonds aufgelegt. Dieser „Fonds sexueller Missbrauch im familiären Bereich“ startete zum 01.05.2013. 1. Inwiefern ist der geschilderte Fonds auch der Landesregierung bekannt? Der „Fonds Sexueller Missbrauch im familiären Bereich“ ist der Landesregierung bekannt. 2. Wie viele Personen aus Niedersachen nehmen die Leistungen des vom Bund bereitgestellten Fonds in Anspruch? Es handelt sich um einen durch den Bund organisierten Fonds. Der Landesregierung liegen keine Angaben vor, wie viele Personen aus Niedersachsen Leistungen in Anspruch nehmen. 3. Inwiefern setzt sich auch die Landesregierung für die Belange von Betroffenen aus Niedersachsen ein? Betroffene aus Niedersachsen stellen ihren Antrag direkt an den durch den Bund organisierten Fonds. Bei der Stiftung Opferhilfe Niedersachsen sind drei entsprechend geschulte Opferhelferinnen bzw. Opferhelfer tätig, welche beratend für die Antragstellung zur Verfügung stehen. Um auch Betroffenen sexuellen Missbrauchs in Institutionen, die sich in Trägerschaft des Landes Niedersachsen befanden oder befinden, den Zugang zu entsprechenden Sachleistungen zu eröffnen , ist geplant, dem Ergänzenden Hilfesystem für den institutionellen Bereich beizutreten. 4. Ist der Landesregierung ein derart langes Antragsverfahren in diesem Zusammenhang bekannt? Das Antragsverfahren wird in organisatorischer Verantwortung des Bundes durchgeführt. Kenntnisse über lange Antragsverfahren liegen der Landesregierung nicht vor. 5. Kann sich die Landesregierung vorstellen, dass aus der Beantwortung der Fragen aus dem Antrag Retraumatisierungen auftreten können? Wenn ja, zieht die Landesregierung in Erwägung, für die Vereinfachung der Inhalte des Antrages zu werben? Nach hier vorliegendem Kenntnisstand ist die Entwicklung des Antragsformulars von Sachverständigen aus dem traumatherapeutischen Bereich begleitet worden. Das Formular ist so gestaltet worden , dass das Retraumatisierungspotenzial so gering wie möglich gehalten wird. 6. Wird ein generelles Eintreten für eine Vereinfachung des Antragsverfahrens vonseiten der Landesregierung beabsichtigt? Da es sich bei dem „Fonds Sexueller Missbrauch im familiären Bereich“ um einen Fonds des Bundes handelt, sind Nachbesserungen im Antragsverfahren seitens des Bundes zu initiieren. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4639 3 7. Wie beurteilt die Landesregierung auch vor dem Hintergrund, dass viele Anträge noch gar nicht bearbeitet werden konnten, die Schließung des Fonds im April 2016? Bei dem Datum 30.04.2016 handelt es sich um das Ende der Antragsfrist. Bis dahin eingegangene Anträge werden abschließend bearbeitet. Die Antragsberechtigten hatten dann drei Jahre Zeit, ihren Antrag zu stellen. Bei der Einschätzung der Angemessenheit des Endes der Antragsfrist ist zu beachten, dass der Fonds sich an Personen richtet, die in der Vergangenheit (vor dem 30.06.2013) sexuellen Missbrauch erlitten haben, nicht an solche, die aktuell oder zukünftig sexuellen Missbrauch erlitten haben bzw. erleiden werden. Zeitliche Voraussetzung ist, dass die Tat zwischen dem 23.05.1949 (Gründung der Bundesrepublik) bzw. dem 07.10.1949 (Gründung der Deutschen Demokratischen Republik) und vor dem 30.06.2013 (Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs - StORMG) begangen wurde. Dieses Gesetz geht auf die Empfehlungen des Runden Tisches Sexueller Kindesmissbrauch zurück. Es beinhaltet insbesondere eine Verbesserung bei den strafrechtlichen und zivilrechtlichen Verjährungsfristen und im Strafverfahren. (Ausgegeben am 25.11.2015) Drucksache 17/4639 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortungmit Antwort der Landesregierung- Drucksache 17/4438 Setzt sich die Landesregierung für die niedersächsischen Antragssteller des Fonds Sexueller Missbrauch des Bundes ein? Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling,Christian Dürr (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung