Niedersächsischer Landtag 17. Wahlperiode Drucksache 17/4658 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4442 - Welche Rolle nimmt Ministerpräsident Weil in der Krisenkommunikation von oder für VW ein? Anfrage der Abgeordneten Jörg Bode, Gabriela König, Christian Grascha, Dr. Stefan Birkner, Dr. Marco Genthe und Christian Dürr (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 15.10.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 21.10.2015 Antwort der Niedersächsischen Staatskanzlei vom 19.11.2015, gezeichnet Dr. Jörg Mielke Chef der Staatskanzlei Vorbemerkung der Abgeordneten Ministerpräsident Weil ist Landesvater von rund 7,8 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern. Ministerpräsident Weil vertritt das Land Niedersachsen durch 59 021 870 VW-Stammaktien als Mitglied im Aufsichtsrat und im Präsidium des Aufsichtsrates der Volkswagen AG. Rechnerisch besitzt jede Einwohnerin/jeder Einwohner von Niedersachsen 7,5 VW-Stammaktien. Die Volkswagen AG hat ausweislich der Presseberichterstattung und der Aussagen des CEO von VW in den USA vor dem amerikanischen Kongress vorsätzlich eine oder mehrere sogenannte Schummel-Software (http://www.wiwo.de/unternehmen/auto/volkswagen-skandal-hat-vw-eine-zwei te-schummel-software-eingesetzt/12437538.html) eingesetzt. Die hieraus resultierende Abgasmanipulation erfolgte großmaßstäbig, jahrelang, bei vielen Modellen, weltweit und in rund 11 Millionen Fällen. Das Schadensbild für VW nimmt „schwindelerregende Dimensionen“ (http://www.welt.de/wirtschaft/ article147163133/Die-Dimensionen-der-VW-Krise-sind-schwindelerregend.html) an und ist bisher nicht abseh- oder bezifferbar. Nach Expertenmeinung handelt es sich nach der VW-Korruptionsaffäre aus dem Jahr 2005, bei der enge Verflechtungen zwischen VW und der SPD (https://de.wikipedia.org/wiki/VW-Korruptionsaff%C3%A4re) zutage traten, um den bisher größten Skandal der VW AG. Die Süddeutsche Zeitung titelte am 25. September 2015 „Die Staatsaffäre“ (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/vw-skandal-die-staatsaffaere-1.2662845), und der neue Aufsichtsratsvorsitzende von VW, Hans Dieter Pötsch, spricht von einer „existenzbedrohenden Krise für den Konzern“ (http://www.welt.de/wirtschaft/article147163133/Die-Dimensionen-der-VW- Krise-sind-schwindelerregend.html). „Dieselgate“ könnte den Konzern bis zu 60 Milliarden Euro kosten. Ministerpräsident Weil unterrichtete erstmalig am 13. Oktober 2015 den Landtag über den Stand der VW-Krise. Nach Meinung von Beobachtern sind dabei wichtige Daten in der Chronologie des VW-Abgas-Skandals, z. B. die Kontaktaufnahme von VW zum ICCT im Mai 2014 oder das Eingeständnis der Manipulation gegenüber der EPA am 3. September 2015, unerwähnt geblieben. Dies und der vergleichbare Ausdruck in der Rede des Ministerpräsidenten mit Veröffentlichungen der Volkswagen AG (https://www.volkswagen-media-services.com/detailpage/-/detail/Erklrung-des-Auf sichtsrats-der-Volkswagen-AG/view/2786293/7a5bbec13158edd433c6630f5ac445da?p_p_auth= j2J52oRV und http://www.volkswagenag.com/content/vwcorp/info_center/de/news/2015/09/AR_Er klaerung.html) legten eine eng abgestimmte Kommunikation zwischen der Landesregierung und der Volkswagen AG in der VW-Krise nahe. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4658 2 Vorbemerkung der Landesregierung Ministerpräsident Weil und Wirtschaftsminister Lies sind sowohl Mitglieder der Landesregierung als auch Aufsichtsratsmitglieder des VW-Konzerns. Sie unterliegen deshalb unterschiedlichen Rechtsund Pflichtenkreisen, z. B. aus der Landesverfassung einerseits und dem Aktienrecht des Bundes andererseits. Die zum Teil widerstreitenden Pflichten sind regelmäßig gegeneinander abzugrenzen. Im Konfliktfall ist dem vorrangigen Recht zu folgen. Daraus ergibt sich dreierlei: Erstens besteht bei öffentlichen Äußerungen des Ministerpräsidenten und des Wirtschaftsministers regelmäßig ein Sachzusammenhang mit Vorgängen, die weltweit Gegenstand von Gerichts- oder anderen streitigen Verfahren gegen den VW-Konzern sind oder werden könnten. Sie sind für das Unternehmen und das Land Niedersachsen daher potenziell risikobehaftet. In diesen Fällen werden Aussagen vorab VW zur Kenntnis gegeben, zugleich wird die Gelegenheit zu Hinweisen gegeben. Ob etwaige Anregungen seitens des Konzerns berücksichtigt werden, steht im Ermessen der Landesregierung . Welche Aspekte dabei zwischen dem Unternehmen und den Aufsichtsratsmitgliedern ausgetauscht werden, unterliegt zweitens der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht und ist einer öffentlichen Beantwortung in einer parlamentarischen Anfrage nicht zugänglich. Dies gilt drittens auch in Ansehung landesverfassungsrechtlicher Grundsätze umso mehr, als es vorliegend um Fragestellungen zu laufenden Vorgängen mit jeweils hohem Drittschutzinteresse geht und es zudem gilt, das Land Niedersachsen vor Nachteilen zu schützen, die durch das öffentliche Bekanntwerden von unternehmensbezogenen Informationen drohen könnten. Dementsprechend ist eine Antwort nur eingeschränkt möglich. 1. Mit Bezug auf die Unterrichtung des Landtags durch Ministerpräsident Weil vom 13. Oktober 2015: Inwieweit war der VW-Konzern an der Erstellung der Unterrichtung beteiligt? Die Unterrichtung wurde in der Staatskanzlei erstellt. Der VW-Konzern wurde wie aus der Vorbemerkung ersichtlich beteiligt. 2. Hat der VW-Konzern die beabsichtigte Unterrichtung des Landtags vor dem 13. Oktober 2015 zur Kenntnisnahme erhalten? Ja. Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. 3. Hat der VW-Konzern zur Rede des Ministerpräsidenten zur Unterrichtung des Landtags in Gänze oder in Ausschnitten oder durch einzelne Textbausteine oder sonstige einzelne inhaltliche Anregungen über die VW-Krise beigetragen? Von einer Beantwortung wird entsprechend der Vorbemerkung abgesehen. 4. Wurden Änderungen oder Anregungen des VW-Konzerns in die Unterrichtung durch die Landesregierung übernommen? Von einer Beantwortung wird entsprechend der Vorbemerkung abgesehen. 5. Zu 4: Wenn ja: Welche waren/sind dies? Von einer Beantwortung wird entsprechend der Vorbemerkung abgesehen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4658 3 6. Werden Pressemitteilungen, Erklärungen oder sonstige Veröffentlichungen zur VW- Krise zwischen der Staatskanzlei, dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und dem VW-Konzern abgestimmt? Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. 7. Ist es bei Pressemitteilungen, Erklärungen oder sonstigen Veröffentlichungen der Landesregierung zur aktuellen VW-Krise zur Übernahme von Formulierungsvorschlägen des Volkswagenkonzerns gekommen? Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. 8. Zu 7: Wenn ja: Welche waren/sind dies? Von einer Beantwortung wird entsprechend der Vorbemerkung abgesehen. 9. Vor dem Hintergrund, dass die in dem VW-Skandal ermittelnde Staatsanwaltschaft der Landesregierung unterstellt ist: Ist die Kommunikation der Staatsanwaltschaft in der aktuellen VW-Krise vorab zwischen der Landesregierung und der Volkswagen AG in irgendeiner Form abgestimmt worden? Nein. 10. Zu 9: Wenn ja, in welcher Form und mit welchem Inhalt? Entfällt. 11. Vor dem Hintergrund, dass die in dem VW-Skandal ermittelnde Staatsanwaltschaft der Landesregierung unterstellt ist und Ministerpräsident Weil seine Verbundenheit zum VW-Konzern auch im Rahmen der Unterrichtung besonders betont hat: Wie stellt die Landesregierung sicher, dass es zu einem objektiven und von politischen Einflüssen unbeeinflussten Ermittlungsverfahren kommt? Für die Landesregierung steht außer Frage, dass in einem Rechtsstaat strafrechtliche Verfahren ohne Ansehen der beteiligten Personen und ohne politische Einflussnahme von den zuständigen Staatsanwaltschaften in eigener Verantwortung geführt werden. 12. Vor dem Hintergrund, dass „zwischen Niedersachsen und Volkswagen … eine überaus enge, eine einzigartige Verbindung“ besteht (Redemanuskript MP Weil, Seite 1) und die Staatsanwälte weisungsgebunden sind: Welche Konflikte kann die Landesregierung zwischen der engen und einzigartigen Verbindung zum VW-Konzern und dem Anspruch an objektive und unparteiisch agierende, aber in Weisungsabhängigkeit stehende Staatsanwälte erkennen? Keine. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. 13. Vor dem Hintergrund, dass „zwischen Niedersachsen und Volkswagen … eine überaus enge, eine einzigartige Verbindung“ besteht (Redemanuskript MP Weil, Seite 1) und die Staatsanwälte in Niedersachsen einer Behördenhierarchie in Richtung Landesregierung unterstehen: Gibt es eine Kommunikationshierarchie zwischen dem VW-Konzern und der Landesregierung? Nein. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4658 4 14. Zu 13: Wenn ja: Wie gestaltet sich die Kommunikationshierarchie zwischen der Landesregierung und dem VW-Konzern? Entfällt. (Ausgegeben am 26.11.2015) Drucksache 17/4658 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortungmit Antwort der Landesregierung- Drucksache 17/4442 Welche Rolle nimmt Ministerpräsident Weil in der Krisenkommunikation von oder für VWein? Anfrage der Abgeordneten Jörg Bode, Gabriela König, Christian Grascha, Dr. Stefan Birkner,Dr. Marco Genthe und Christian Dürr (FDP) Antwort der Niedersächsischen Staatskanzlei