Niedersächsischer Landtag 17. Wahlperiode Drucksache 17/4717 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4136 - Wie wird die Kernmarke bzw. das Leitbild „Gute Arbeit“ bei der Gewährung von Zuwendungen im Allgemeinen und Förderungen von EU-Projekten in Niedersachsen bewertet? Anfrage des Abgeordneten Jörg Bode (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 18.08.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 10.09.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung vom 26.11.2015, gezeichnet Olaf Lies Vorbemerkung des Abgeordneten Die SPD führt in ihrem auf dem Landesparteitag vom 10. November 2012 beschlossenen Regierungsprogramm für den Zeitraum 2013 bis 2018 aus, was eine SPD-Landesregierung unter dem Leitbild „Gute Arbeit“ versteht. Infolgedessen haben die Regeln für das Leitbild „Gute Arbeit“ Einzug in das Regierungshandeln, in die Gesetzgebung und in die Förderpolitik der Landesregierung gefunden . So soll die Wirtschaftsförderung des Landes nur noch Unternehmen berücksichtigen, die die Kriterien der „Guten Arbeit“ berücksichtigen, die öffentliche Auftragsvergabe wird an die Einhaltung der Kriterien der „Guten Arbeit“ gekoppelt, und Lohndumping durch Leiharbeit soll beendet werden. Bei diversen Richtlinien bzw. Qualitätskriterien wird das Kriterium „Gute Arbeit“ als eigenes Querschnittsziel des Landes Niedersachsen bewertet und mit Punkten versehen (Scoring). Mal sind es zwei (https://www.nbank.de/medien/nb-media/Downloads/Programminformation/Richtlinien/Richtli nie-Niedrigschwellige-Innovation-f%C3%BCr-KMU-und-Handwerk.pdf), mal sind es fünf oder zehn (https://www.nbank.de/medien/nb-media/Downloads/Programminformation/Richtlinien/Richtlinie- Qualifizierung-und-Arbeit.pdf) Punkte, die mit dem Thema „Gute Arbeit“ erreicht werden können. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung hat „Gute Arbeit“ zu ihrem Leitbild gemacht und damit zur Orientierungsgrundlage all ihres Handelns erklärt. Sie setzt sich dafür ein, nicht nur möglichst viele Menschen in möglichst dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse zu bringen. Sie sieht vielmehr auch die Notwendigkeit , durch die Gestaltung des Rechtsrahmens, durch Gespräche mit Verantwortlichen und durch Anreize bei der Förderung darauf hinzuwirken, dass die Arbeitsbedingungen den Wert der Arbeitsleistung angemessen zum Ausdruck bringen. Die Landesregierung hat dazu teilweise notwendige Änderungen des Bundesrechts über Initiativen und Anträge im Bundesrat angestoßen und die auf eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen abzielenden Regelungen des neuen Niedersächsischen Tariftreue- und Vergabegesetzes (NTVergG) kurzfristig umgesetzt. Das NTVergG verwendet den Begriff „Gute Arbeit“ nicht. Gleichwohl wird das politische Leitbild der „Guten Arbeit“, z. B. durch die Pflicht des Auftragnehmers zur Zahlung „bestimmter“ Tarif- oder Mindestentgelte (§§ 4, 5 NTVergG), umgesetzt. Daneben können bei der Auftragsvergabe soziale Kriterien berücksichtigt werden (§§ 11 NTVergG). Auf die Beachtung von Mindestanforderungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) an die Arbeitsbedingungen ist hinzuwirken (§ 12 NTVergG). Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4717 2 Zur Arbeitsmarktpolitik der Landesregierung gehört über die Durch- und Umsetzung gesetzlicher Rahmenbedingungen für eine gute Qualität der Arbeitsbedingungen hinaus auch der Dialog mit den Verantwortlichen. So konnten beispielsweise bei der Bekämpfung des Missbrauchs von Werkverträgen im Bereich der Schlacht- und Zerlegeindustrie erste wichtige Erfolge erzielt werden wie der Abschluss eines Tarifvertrages, Verbesserungen bei der Unterbringung der Beschäftigten und die Errichtung von Beratungsstellen für mobile Beschäftigte. Die Zielsetzung der Landesregierung, nicht nur Arbeit, sondern „Gute Arbeit“ zu schaffen, spiegelt sich nicht zuletzt in der Förderpolitik des Landes wider. Das Leitbild „Gute Arbeit“ wurde zusätzlich zu den von der Europäischen Union festgelegten Querschnittszielen, die programmübergreifend zu berücksichtigen sind, in das Niedersächsische fonds- und programmgebietsübergreifende Operationelle Programm für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und den Europäischen Sozialfonds (ESF) - Multifondsprogramm - für die EU-Strukturfondsförderperiode 2014 bis 2020 aufgenommen. Es findet seinen Niederschlag auch im Programm zur Förderung der Entwicklung im ländlichen Raum in Niedersachsen und Bremen 2014 bis 2020 (PFEIL), das auf dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) beruht. 1. Wo liegt der Ursprung bzw. die Urheberschaft des Leitbildes „Gute Arbeit“? Der Begriff „Gute Arbeit“, der an ein in den 1970er- und 1980er-Jahren verfolgtes Projekt zur Humanisierung des Arbeitslebens anknüpft, wurde bereits Anfang der 1990er-Jahre als arbeitspolitisches Leitbild von der IG Metall in die tarifpolitische Diskussion eingebracht. Der 20. Ordentliche Gewerkschaftstag der IG Metall im Oktober 2003 beschloss den Start eines Projektes „Gute Arbeit “, mit dem eine neue gewerkschaftliche Initiative für eine humane Gestaltung der Arbeitswelt und „Gute Arbeit“ als Querschnittsaufgabe für gewerkschaftliche Interessenvertretung befördert werden sollte. Beim DGB-Bundeskongress 2006 wurden dann gemeinsame gewerkschaftliche Anstrengungen für eine „humane und gute Arbeit“ beschlossen. Damit wurde „Gute Arbeit“ als Leitbild zum umfassenden Thema gewerkschaftlicher Arbeitspolitik, gleichzeitig wurde die Entwicklung des 2007 fertig gestellten Index „Gute Arbeit“ eingeleitet, um eine Beurteilung der Arbeitswelt durch abhängig Beschäftigte erheben zu können. 2. In welchen Richtlinien, Verordnungen, Gesetzen, Erlassen oder sonstigen administrativen Tätigkeiten der Landesregierung findet sich das Leitbild „Gute Arbeit“ für Antragsteller , Unternehmen oder sonstige Dritte wieder? Bei der in der Anfrage angesprochenen „Gewährung von Zuwendungen im Allgemeinen und Förderungen von EU-Projekten in Niedersachsen“ berücksichtigt die Landesregierung grundsätzlich das Leitbild „Gute Arbeit“. Dabei werden die Regelungen dem Inhalt und Fördergegenstand entsprechend gefasst. Die folgende Auflistung beinhaltet auch Regelungen, die sich derzeit noch im Entwurfsstadium befinden. Das Leitbild fließt darüber hinaus in alle dafür relevanten Bereiche mit ein. 1. NTVergG und Niedersächsische Verordnung über die Beachtung der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation bei der öffentlichen Auftragsvergabe (Niedersächsische Kernarbeitsnormenverordnung - NKernVO). 2. Niedersächsisches Hochschulgesetz (NHG) nach der Änderung durch den im Gesetzgebungsverfahren befindlichen Entwurf des Gesetzes zur Stärkung der Beteiligungskultur innerhalb der Hochschulen (Artikel 1). 3. Leitlinien des Landes zur Hochschulentwicklung in Niedersachsen (gemäß § 1 Abs. 3 NHG) für die Erarbeitung von Zielvereinbarungen 2014 bis 2018 mit den niedersächsischen Hochschulen und entsprechende Zielvereinbarungen mit den niedersächsischen Hochschulen. 4. Hochschulentwicklungsvertrag vom 12. November 2013 zwischen dem Land Niedersachsen und den niedersächsischen Hochschulen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4717 3 5. Multifondsprogramm und PFEIL-Programm (s. Vorbemerkung der Landesregierung) mit den dazugehörigen Ausführungsbestimmungen/Erlassen zur Umsetzung der Programme, z. B. zur Pauschalierung von Personalkosten. 6. Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Innovation durch Hochschulen und Forschungseinrichtungen. 7. Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen im Rahmen des Niedersächsischen Innovationsförderprogramms für Forschung und Entwicklung in Unternehmen. 8. Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für niedrigschwellige Innovationen in kleinen und mittleren Unternehmen und Handwerksunternehmen. 9. Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Einsatzes von Nachfolgemoderatorinnen und Nachfolgemoderatoren. 10. Verfahrensregelungen für die einzelbetriebliche Investitionsförderung (GRW/EFRE) sowie die korrespondierenden Verfahrensregelungen im Beherbergungsgewerbe. 11. Beteiligungsfonds Niedersachsen (NBeteiligung). 12. Richtlinie „Betriebliche Energie- und Ressourceneffizienz“. 13. Richtlinie „Energieeinsparung und Energieeffizienz bei öffentlichen Trägern sowie Kultureinrichtungen “. 14. Fördergrundsätze für die Gewährung von Zuwendungen zur Stärkung CO2-armer Verkehrsträger im Flächenland Niedersachsen. 15. Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Maßnahmen zur Qualifizierung und Arbeitsmarktintegration (Qualifizierung und Arbeit). 16. Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Maßnahmen im Rahmen des Programms Weiterbildung in Niedersachsen. 17. Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Unterstützung Regionaler Fachkräftebündnisse durch Förderung von Fachkräfteprojekten für die Region (Unterstützung Regionaler Fachkräftebündnisse). 18. Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der beruflichen Wiedereingliederung von Strafgefangenen und Haftentlassenen. 19. Fördergrundsätze über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Eingliederung von Jugendlichen in Berufsausbildung/ Ausbildung im Verbund. 20. Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Projekten im Rahmen des Programms Inklusion durch Enkulturation (IdE). 21. Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von innovativen Bildungsprojekten der beruflichen Erstausbildung. 22. Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Koordinierungsstellen Frauen und Wirtschaft. 23. Richtlinie zur Förderung der Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt (FIFA). 24. Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Jugendwerkstätten und Pro-Aktiv-Centren. 25. Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Vorhaben zur Öffnung von Hochschulen (OHN-Richtlinie). 26. Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Maßnahmen im Rahmen des Programms „Soziale Innovation“. 27. Fördermaßnahme „EB“ zur einzelbetrieblichen Beratung landwirtschaftlicher Betriebe. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4717 4 28. Fördermaßnahme „BMQ“ zur Berufsbildung und Qualifikation für Erwerbstätige und Berater der Land- oder Forstwirtschaft oder im Gartenbau sowie für weitere Personen im ländlichen Raum. 3. Welche Kriterien führen zur Punktvergabe für das Querschnittsziel „Gute Arbeit“? Bei der EU-Förderung werden die jeweils besten Projekte über die Bewertung nach transparenten Qualitätskriterien ausgewählt, die spezifisch auf das jeweilige Förderziel ausgerichtet und in den Scoring-Modellen der Förderrichtlinien bzw. Fördergrundsätze festgelegt sind. Neben fachlichen Qualitätskriterien sind hier auch Kriterien für die Erreichung der Querschnittsziele mit entsprechend erreichbaren Punktwerten verankert. Spezifische, je nach Ziel und Fördergegenstand heranzuziehende Kriterien zur Bewertung des Querschnittsziels „Gute Arbeit“ können z. B. sein: – Sicherung oder Erhöhung von Dauerarbeitsplätzen, – Neubesetzung von Arbeitsplätzen ausschließlich mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, mit denen ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis eingegangen wird, – Tarifgebundenheit, – betriebliche Mitbestimmung, – (im Einzelfall) alternativ zur Tarifgebundenheit: in Arbeitsverträgen Bezug auf kirchliche Arbeitsvertragsrichtlinien , – Beschäftigung von eigenem sozialversicherungspflichtigem Bildungspersonal im Projekt, – Projektträger bietet familienfreundliche Arbeitsbedingungen wie – Zertifizierung als Teil eines Verbunds für Familie und Beruf, – familienbedingte Teilzeitarbeit, – Gleitzeit mit/ohne Kernarbeitszeit, – Jahresarbeitszeitkonten, – Telearbeitsplätze, – Existenz eines Betriebskindergartens, – Belegplätze in Kindergärten, – wesentliche finanzielle Unterstützungsleistungen bei der Kinderbetreuung, – Vermittlung von Weiterbildungsinhalten zur Verbesserung der Vermittlungsmöglichkeiten am Arbeitsmarkt, – Weiterbildungsangebote, – Ausrichtung der Qualifizierungsmaßnahme zur Vermittlung von Inhalten, durch die der Teilnehmer direkt eine höhere bzw. bessere Qualifizierung erlangt, – Informationsangebot zu Risiken von Minijobs, zum gesetzlichen Mindestlohn, zum Teilzeit- und Befristungsgesetz, – betriebliches Gesundheitsmanagement, – Konzept zur Work-Life-Balance, – Entgeltgleichheit, – Gleichstellung von Frauen und Männern. In einigen Richtlinien und Fördergrundsätzen wurde eine offene Formulierung gewählt, z. B. Beitrag der Maßnahme zu guten Arbeitsbedingungen, auch in Verbindung mit Beispielen. Dadurch wird die Bewertung spezieller Angebote von Unternehmen für ihre Beschäftigten zur Verwirklichung guter Arbeitsbedingungen im Förderverfahren ermöglicht. Daneben werden weitere Instrumente genutzt, die auf eine Erreichung des Querschnittsziels „Gute Arbeit“ gerichtet sind. Hierzu zählen u. a. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4717 5 – verbindliche Fördervoraussetzungen, wie der Maximalanteil von 15 % Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern beim antragstellenden Unternehmen für die einzelbetriebliche Investitionsförderung , – die Förderung einer speziellen Zielgruppe, z. B. Arbeitslose, – Vorgaben im Rahmen von Vergabeverfahren, z. B. grundsätzlich Auswahl nur von Beratungsanbietern , die näher bestimmte Anforderungen im Sinne des Leitbildes „Gute Arbeit“ zusichern, – Nebenbestimmungen in Bescheiden oder – die Berücksichtigung des Leitbilds bei der Erstellung eines Fachgutachtens. 4. Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Punktzahl, die für das Querschnittsziel „Gute Arbeit“ durch die Landesregierung vergeben werden: Wie kann das Leitbild „Gute Arbeit“ geteilt, z. B. halbiert oder gezehntelt werden?, 5. Kann es demnach auch „halbe Gute Arbeit“ geben? 6. Kann man (z. B. Antragsteller oder die Landesregierung) auch mit einem Punkt dem Leitbild „Gute Arbeit“ teilweise entsprechen? Die Fragen 4 bis 6 werden aufgrund des Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet. Je nach Ziel und Fördergegenstand ist der mögliche Beitrag von Fördervorhaben zur Erreichung des Querschnittsziels „Gute Arbeit“ unterschiedlich zu gewichten, was sich in unterschiedlichen maximal zu erreichenden Punktzahlen im Scoring-Modell manifestiert. Die Bewilligungsstelle bewertet die Förderwürdigkeit auf der Basis des jeweiligen Scorings, das fachliche und gegebenenfalls regionalfachliche Qualitätskriterien und Ziele sowie Auswahlkriterien zur Erreichung der Querschnittsziele enthält. Die Punktvergabe für jedes einzelne Kriterium richtet sich danach, wie weitgehend der Antragsteller oder die Antragstellerin das Kriterium erfüllt. 7. Unter der Voraussetzung eines positiven Bescheides oder einer Auftragsvergabe auf der Basis des Tariftreue- und Vergabegesetzes: Wie stellt die Landesregierung die nachträgliche Einhaltung bzw. Kontrolle des Leitbildes „Gute Arbeit“ bei Antragstellern und Unternehmen sicher? Die von der Landesregierung bestimmten Bewilligungsstellen für die EU-Förderung sind für die Umsetzung und Abwicklung der Förderrichtlinien des Landes gegenüber den Zuwendungsempfängern zuständig. Nach Antragstellung nehmen sie eine Bewertung der Scoringkriterien vor. Im Falle eines positiven Bescheides prüfen sie dann im Rahmen der Vor-Ort-Kontrollen, das heißt während der Durchführungszeiträume der Projekte, ob die durch Bescheid festgelegten Bedingungen und Auflagen eingehalten werden. Nach Abschluss der Projekte erfolgt eine abschließende Prüfung im Rahmen der Verwendungsnachweise. Wurden weitere Auflagen und Bedingungen wie Zweckbindungsfristen nach Abschluss der Projekte festgelegt, so können auch spätere Prüfungen erfolgen. Die öffentlichen Auftraggeber sind gemäß § 14 NTVergG gehalten, berechtigt und im Einzelfall verpflichtet , Kontrollen durchzuführen, um zu überprüfen, ob die beauftragten Unternehmen und die jeweiligen Nachunternehmen die von ihnen im Hinblick auf das NTVergG übernommenen vergaberechtlichen Verpflichtungen einhalten. Das beauftragte Unternehmen und die jeweiligen Nachunternehmen sind verpflichtet, dem öffentlichen Auftraggeber die Einhaltung dieser Verpflichtungen auf dessen Verlangen jederzeit nachzuweisen. Die öffentlichen Auftraggeber kontrollieren die Einhaltung der Vorgaben des NTVergG auftragsbezogen und in eigener Verantwortung (s. a. Drs. 17/1849 - Kleine Anfrage der Abg. Jörg Bode und Gabriela König [FDP] „Müssen alle niedersächsischen öffentlichen Auftraggeber sämtliche Bau-, Dienst- und Lieferleistungen weltweit kontrollieren ?“). Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4717 6 8. Welche prüfbaren Unterlagen müssen Antragsteller und Auftragnehmer hierfür vorhalten , und für welchen Zeitraum sind diese aufzubewahren? Die einzureichenden und prüfbaren Unterlagen für die EU-Förderung ergeben sich aus den jeweiligen Richtlinien und Fördergrundsätzen, nach denen die Förderung beantragt wird. In Antragsformularen , Produktinformationen und Bescheiden weisen die Bewilligungsstellen die Antragsteller darauf hin, welche Unterlagen sie vorhalten und wie lange sie sie aufbewahren müssen. Gemäß § 14 Abs. 2 NTVergG darf der öffentliche Auftraggeber Einsicht in Unterlagen, insbesondere in Lohn- und Meldeunterlagen, Bücher und andere Geschäftsunterlagen und Aufzeichnungen, nehmen, aus denen Umfang, Art, Dauer und tatsächliche Entlohnung der Beschäftigten hervorgehen oder abgeleitet werden, um die Einhaltung der vergaberechtlichen Verpflichtungen zu überprüfen , die sich auf die Beschäftigten beziehen. Der Gesetzgeber hat keine Aufbewahrungsfristen vorgegeben. Diese werden zwischen den Vertragsparteien vereinbart. 9. Gilt dies bei einer Auftragsvergabe auf der Basis des Landesvergabegesetzes auch für die Subunternehmer? Ja, gemäß §§ 13 und 14 NTVergG gilt dies auch für Nachunternehmen. 10. Wer ist aufseiten der Landesregierung für die Kontrolle des Leitbildes bzw. Querschnittsziels „Gute Arbeit“ verantwortlich? Eine zentrale Stelle zur Kontrolle des Leitbildes bzw. Querschnittsziels „Gute Arbeit“ beim Land Niedersachsen besteht nicht. Die Landesregierung legt Rahmenbedingungen fest, deren Einhaltung die zuständigen Stellen in eigener Verantwortung garantieren. 11. Ist die Etablierung des Querschnittziels „Gute Arbeit“ ein Beitrag zur Entbürokratisierung ? 12. Wenn nicht: Warum nicht? Wenn ja: Wie funktioniert das? Die Fragen 11 und 12 werden aufgrund des Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet. Durch die Aufnahme des Querschnittsziels „Gute Arbeit“ wird Bürokratie weder auf- noch abgebaut. Im Rahmen der Durchführung von Förderprogrammen gehören der Nachweis bestimmter Anforderungen durch die Antragstellerin oder den Antragsteller und die Prüfung der zuständigen Stelle zum üblichen Aufwand. 13. Ist für die Kontrolle des Querschnittziels „Gute Arbeit“ die Einstellung von Kontrollpersonal beim Land Niedersachsen erforderlich? Nein. 14. Welche Rolle spielt das Querschnittziel „Gute Arbeit“ auf der Ebene des Bundes und der EU? Auf Initiative der damaligen Bundesregierung haben sich im Mai 2002 Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände , Sozialversicherungsträger, Länder, Bund und Unternehmen in einer „Initiative Neue Qualität der Arbeit“ (INQA) zusammengefunden, die beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales ressortiert. Ziel der Initiative ist eine Verbesserung der Qualität der Arbeit für Unternehmen und Beschäftigte. Denn die Initiative sieht gute Arbeitsbedingungen als Schlüssel für Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit. Sie verfolgt dabei die zentrale Fragestellung, wie die Arbeitsbedingungen gesund, sicher und motivierend und für Unternehmen und Institutionen auch in Zukunft rentabel gestaltet werden können. Mit INQA sollen somit die sozialen Interessen der Beschäftigten an gesunden und gesundheitsförderlichen Arbeitsbedingungen mit den wirtschaftlichen Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4717 7 Interessen der Unternehmen verbunden werden. Aus diesen zum Teil sehr ähnlichen Zielsetzungen werden die Anleihen der INQA bei dem Leitbild „Gute Arbeit“ sichtbar, das sie im Dialog mit den Partnern weiterentwickeln möchte. Die Europäische Union hat in einer Entschließung des Europäischen Rates vom Mai 2007 das Konzept von „Guter Arbeit“ in ihre „Gemeinschaftsstrategie zu Gesundheit und Sicherheit bei der Arbeit für den Zeitraum 2007 bis 2012“ mit aufgenommen. Unter der Überschrift „Gute Arbeit“ stellte der Rat der Europäischen Union fest, dass durch Arbeitsschutz nicht nur das Leben und die Gesundheit der Beschäftigten geschützt werden und deren Motivation erhöht wird, sondern dass Arbeitsschutz zugleich eine herausragende Rolle für die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und der Produktivität der Unternehmen und für die Nachhaltigkeit der Sozialschutzsysteme spielt. Zugleich rief der Rat die Mitgliedstaaten auf, in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern schlüssige nationale Strategien für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, die auf die nationalen Voraussetzungen zugeschnitten sind, zu entwickeln und umzusetzen; dabei sollen gegebenenfalls messbare Ziele für eine weitere Verringerung der Arbeitsunfälle und der Inzidenz von arbeitsbedingten Erkrankungen insbesondere in den Bereichen, in denen die Quoten über dem Durchschnitt liegen, festgelegt werden. 15. Hat die Landesregierung einen Austausch mit Verbänden, Kammern oder sonstigen Institutionen gehabt, die vom Querschnittsziel „Gute Arbeit“ berührt werden? Ja. 16. Wenn ja: Mit welchen? Für die Verfahren der Gesetzgebung und Richtlinienerstellung gilt, dass regelungsspezifisch betroffene Kammern, Verbände und sonstige Institutionen üblicherweise im Rahmen der Verbandsbeteiligung eingebunden werden. Teilweise wird zusätzlich das Gespräch mit bestimmten Institutionen gesucht. Zu den auf Grundlage des Multifonds- und des PFEIL-Programms erstellten Regelungen wurden zudem die Begleitausschüsse zu diesen Programmen über die Fördermaßnahmen informiert , um dann den Auswahlmethoden und -kriterien der einzelnen Maßnahmen zuzustimmen. Die Mitglieder der Begleitausschüsse können der als Anlage beigefügten Auflistung entnommen werden . Darüber hinaus wird „Gute Arbeit“ in unterschiedlichen Zusammenhängen im Dialog mit den Betroffenen thematisiert, um für die Durchsetzung der damit verbundenen Ziele und Vorteile auch für die Arbeitgeber zu werben. Im Rahmen des jährlichen Branchendialogs niedersächsischer Maschinen- und Anlagenbau (Verband der norddeutschen Maschinen- und Anlagenbauer VDMA-Nord) und des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr wurde seitens der Landesregierung das Querschnittsziel „Gute Arbeit “ erläutert und als Forderung dargestellt. In den intensiven Diskussionen wurde seitens des Branchenverbandes VDMA-NORD und der teilnehmenden Unternehmen des niedersächsischen Maschinen- und Anlagenbaus das Ziel als sinnvoll und insbesondere bei den hochqualifizierten Arbeitsplätzen im Maschinenbau als wichtige Voraussetzung zur Gewinnung von Facharbeitern, Technikern und Ingenieuren erkannt. In den bisherigen Dialogen mit den Automotive Clustern in Oldenburg (Automotive Nordwest e. V.) und Osnabrück (AutOS e. V.) hat das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr das Ziel der Landesregierung, „Gute Arbeit“ in Niedersachsen durchzusetzen, stets eingefordert. Mit den Vertretern der Automobilzulieferbranche besteht hierzu Konsens. Die im Jahr 2013 zwischen Unternehmen der Schlacht- und Zerlegeindustrie, dem Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr geführten Gespräche zum Thema „Gute Arbeit“ hat das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr in diesem Jahr fortgeführt. Die betroffenen Sozialpartner (VdEW und NGG) wurden einbezogen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4717 8 17. Welche Erfahrungen und Erkenntnisse hat die Landesregierung mit der Praxistauglichkeit des Querschnittsziels „Gute Arbeit“ bisher gemacht? Zu den Regelungen des Landes, die erst vor kurzem in Kraft getreten sind, oder deren Erarbeitung kurz vor dem Abschluss steht, lassen sich abschließende Aussagen zu den Erfahrungen mit dem Querschnittsziel „Gute Arbeit“ derzeit nicht treffen. Dies gilt insbesondere für die Förderrichtlinien des Landes, zu denen die begleitende Evaluation, die bei allen EU-Programmen verbindlich vorgeschrieben ist, Erkenntnisse bringen wird. Die von der Landesregierung geführten Gespräche mit betroffenen Interessengruppen haben in verschiedenen Bereichen, beispielsweise der Quote der Stamm- bzw. Werkvertragsbeschäftigten in der Schlacht- und Zerlegeindustrie, zu einer stärkeren Öffnung der Unternehmen geführt. Die grundsätzliche Bereitschaft der Unternehmen zu einem Entgegenkommen und zur Übernahme von Verantwortung bei diesen Themen ist sichtbar. Beispielhaft sei hier auf den Tarifvertrag für die Fleischwirtschaft vom Januar 2014 verwiesen. Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist getan. Zum NTVergG erfolgt derzeit die Evaluation in zwei Stufen. Die erste Stufe der Evaluation läuft seit dem 1. Juli 2014; die zweite Stufe seit dem 1. Juli 2015. Beide Evaluationsstufen werden noch bis zum 31. Dezember 2015 durchgeführt. Ergebnisse liegen bisher nicht vor. Eine Auswertung erfolgt wie geplant nach Abschluss der Evaluation. 18. Vor dem Hintergrund, dass ein Vorhabenträger „einen Beitrag zu ‚Guter Arbeit‘ erbringt “ und hierfür zwei von zehn Punkten bei Qualitätskriterien erhält (https://www.nbank.de/medien/nb-media/Downloads/Programminformation/Richtlinien/ Richtlinie-Niedrigschwellige-Innovation-f%C3%BCr-KMU-und-Handwerk.pdf): Ist die Landesregierung der Meinung, dass das niedersächsische Handwerk nicht ohnehin dem Leitbild „Gute Arbeit“ entspricht? Insgesamt sind 100 Punkte erreichbar, davon zehn für Querschnittsziele, zwei für das Querschnittsziel Gute Arbeit. Die Landesregierung geht davon aus, dass das niedersächsische Handwerk das Leitbild „Gute Arbeit“ in seinen Betrieben umsetzt, sodass die Erreichung der zwei im Scoring genannten Punkte in aller Regel keine nicht erfüllbare Herausforderung darstellen dürfte. 19. Unter Bezug auf die Qualitätskriterien der „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für niedrigschwellige Innovationen in kleinen und mittleren Unternehmen und Handwerksunternehmen“ (https://www.nbank.de/medien/nb-media/Downloads/Pro gramminformation/Richtlinien/Richtlinie-Niedrigschwellige-Innovation-f%C3%BCr-KMUund -Handwerk.pdf) mit dem Anspruch, mindestens vier Punkte erzielen zu müssen: Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die Anforderungen für das niedersächsische Handwerk praxisgerecht und erforderlich sind? Aus Nummer 4.3 der „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für niedrigschwellige Innovationen in kleinen und mittleren Unternehmen und Handwerksunternehmen“ ergibt sich, dass alle in der Anlage aufgeführten Kriterien Qualitätskriterien sind. Das Erzielen von mindestens vier Punkten würde damit für eine Förderung nicht ausreichen. Ein Minimum von vier Punkten wird bereits allein für die im Bewertungsblock II genannten Querschnittsziele vorausgesetzt. Sollte sich die Frage nur auf diesen Bewertungsblock beziehen, wird sie wie folgt beantwortet: Die Qualitätskriterien im Bewertungsblock II der Anlage zu der „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für niedrigschwellige Innovationen in kleinen und mittleren Unternehmen und Handwerksunternehmen “ sind die von der EU festgelegten Querschnittsziele, die jedes zu fördernde Projekt zu erfüllen hat. Daneben ist es ein besonderes Anliegen der Landesregierung, das Leitbild „Gute Arbeit“ in allen Bereichen der Wirtschaft und mithin auch im niedersächsischen Handwerk umzusetzen. Die Landesregierung hält die Anforderungen an die niedersächsischen Handwerksunternehmen , die geforderte Mindestpunktzahl zu erreichen, für erforderlich und praxisgerecht. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4717 9 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4717 10 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4717 11 (Ausgegeben am 03.12.2015) Drucksache 17/4717 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortungmit Antwort der Landesregierung- Drucksache 17/4136 Wie wird die Kernmarke bzw. das Leitbild „Gute Arbeit“ bei der Gewährung von Zuwendungen im Allgemeinen und Förderungen von EU-Projekten in Niedersachsen bewertet? Anfrage des Abgeordneten Jörg Bode (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Anlage