Niedersächsischer Landtag 17. Wahlperiode Drucksache 17/4746 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4467 - Wird das Land sicherstellen, dass künftig alle erwachsenen Asylsuchenden in Sprachkursen Deutsch lernen können? Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephan Siemer und Jörg Hillmer (CDU) an die Landesregierung , eingegangen am 20.10.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 23.10.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur namens der Landesregierung vom 01.12.2015, gezeichnet Dr. Gabriele Heinen-Kljajić Vorbemerkung der Abgeordneten Im Oktober 2014 hat die CDU-Fraktion einen Antrag zur „Sprachförderung für Flüchtlinge“ in den Landtag eingebracht. Darin wurde die Landesregierung dazu aufgefordert, den Einrichtungen der Erwachsenenbildung zusätzliche Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, damit diese in Niedersachsen ankommenden Flüchtlingen Kurse zum Erwerb der deutschen Sprachen anbieten können. Der Antrag wurde u. a. damit begründet, dass der Spracherwerb eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür ist, dass sich Asylsuchende, die dauerhaft in Deutschland bleiben werden, schnellstmöglich in das neue Lebensumfeld und das Arbeitsleben integrieren können. Für den Haushalt 2015 schlug die CDU-Landtagsfraktion vor, die einzurichtenden Kurse mit 800 000 Euro zu finanzieren. Dies wurde von SPD und Grünen abgelehnt. Im Juli 2015 hat der Landtag mit dem 1. Nachtragshaushalt 2015 beschlossen, dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur 750 000 Euro für Sprachkurse zur Verfügung zu stellen. Im September 2015 wurden mit dem 2. Nachtragshaushalt Maßnahmen zum Spracherwerb von Flüchtlingen mit weiteren 5 Millionen Euro unterstützt. Im Wesentlichen sollen damit, wie 2014 von der CDU-Landtagsfraktion gefordert, flächendeckend über die niedersächsischen Einrichtungen der Erwachsenbildung Kurse zum Erwerb der deutschen Sprache angeboten werden. Vorbemerkung der Landesregierung Vor dem Hintergrund der wachsenden Zahl von Flüchtlingen in Niedersachsen soll diesen frühzeitig und unbürokratisch geholfen werden. Das rasche Erwerben von Kenntnissen der deutschen Sprache ist dabei sowohl für die Erstorientierung als auch für eine erfolgreiche Integration in Deutschland von entscheidender Bedeutung. Maßnahmen zum Spracherwerb von Flüchtlingen dienen der Entwicklung und Durchführung von Bildungsangeboten zur Förderung von Sprachkompetenzen bei Flüchtlingen entlang ihrer Lebens-, Bildungs- und Berufsbiografie im Sinne einer Bildungskette. Hauptziele der Maßnahmen sind eine schnelle Orientierung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer im neuen sozialen Umfeld und die unmittelbare Integration in das Bildungssystem oder in den Arbeitsmarkt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4746 2 1. Wie werden die für Sprachkurse zur Verfügung stehenden Landesmittel auf die Landkreise verteilt? Die Sprachkurse werden nach der beigefügten Liste (Anlage) entsprechend dem Verteilungsschlüssel für Flüchtlinge auf die Landkreise und kreisfreien Städte verteilt. 2. Wie viele Kurse welcher Art sollen in welchem Landkreis angeboten werden? Mit den zur Verfügung stehenden Mitteln können 605 Kurse mit einem Unterrichtsvolumen von je 200 Unterrichtsstunden und 80 Kurse mit einem Unterrichtsvolumen von 60 Unterrichtsstunden angeboten werden. In allen Kursen werden Grundkenntnisse der deutschen Sprache vermittelt. 3. Welche Stelle koordiniert die Verteilung der Mittel und Kurse auf die Landkreise? Die Förderung von Maßnahmen zum Spracherwerb (Deutsch) von Flüchtlingen wurde gemäß § 11 des Niedersächsischen Erwachsenenbildungsgesetzes (NEBG) nach Maßgabe der §§ 23 und 44 i. V. m. § 38 Abs. 4 der Niedersächsischen Landeshaushaltsordnungder Agentur für Erwachsenenund Weiterbildung übertragen. 4. Welche Stellen koordinieren jeweils innerhalb der Landkreise die Verteilung der Sprachkurse? In den Kommunen koordinieren die Volkshochschulen die Angebote der Bildungsträger. 5. Wann wurde die Rechtsgrundlage (Richtlinie) für die Sprachkurse veröffentlicht, und welchen Inhalt hat sie? Die Fördergrundsätze für die Förderung von Maßnahmen zum Spracherwerb (Deutsch) von Flüchtlingen wurde am 14.09.2015 an die Agentur für Erwachsenen- und Weiterbildung (AEWB) übermittelt . Diese wurde beauftragt, in einem koordinierten Verfahren die Einrichtungen der Erwachsenenbildung über die Fördermaßnahme zu informieren. Die AEWB hat die Einrichtungen der Erwachsenenbildung am 21.09.2015 in Kenntnis gesetzt und bei dieser Gelegenheiten auch weitere Informationen zum Verfahren sowie im Vorfeld entsprechende Handreichungen ausgegeben. 6. Welchen der folgenden Gruppen stehen die Sprachkurse offen: a) Flüchtlinge im Sinne des § 3 Asylverfahrensgesetz, b) Asylberechtigte nach Artikel 16 a GG, c) Asylsuchende, die bislang keine der genannten Eigenschaften zuerkannt bekommen haben, d) andere (bitte erläutern)? Die Maßnahmen stehen allen Flüchtlingen ohne Zugangsvoraussetzungen offen. Sie sind grundsätzlich unabhängig von ihrem aktuellen rechtlichen Status oder dem Sprachniveau. 7. Vielerorts gibt es Wartelisten für Deutschkurse. Ist mit der Einrichtung der Kurse die Liste der auf Sprachkurse Wartenden in allen Landkreisen vollständig abgearbeitet? Angesichts des andauernden Zustroms von Flüchtlingen nach Niedersachsen ändern sich die tatsächlichen Bedarfe an Unterstützungsleistungen fortlaufend. Dies gilt auch für die Nachfrage nach Sprachkursen. Außerdem werden auf der Angebotsseite beispielsweise durch die Öffnung der Integrationskurse des Bundes oder die Sprachkursangebote der Bundesagentur für Arbeit Änderungen eintreten, die in ihrer Wirksamkeit fortlaufend beurteilt werden müssen. Durch die regelmäßig Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4746 3 in den Kommunen neu ankommenden Flüchtlinge ist der Umfang von Wartelisten nicht zusammenfassend für ganz Niedersachsen zu beziffern. Wartelisten ändern sich folglich entsprechend und werden von den Einrichtungen der Erwachsenenbildung kontinuierlich durch neue Kursangebote abgearbeitet. a) Wenn nein, wie viele Asylsuchende können dann nicht an Deutschkursen teilnehmen? Eine zuverlässige Quantifizierung ist aus den o. g. Gründen nicht möglich. b) Wenn nein, in welchen Landkreisen besteht absehbar trotz der zusätzlich zur Verfügung stehenden Mittel immer noch ein besonders großer Bedarf (bitte die zehn am stärksten betroffenen Landkreise konkret benennen)? Da die Zuteilung der für Sprachkurse zur Verfügung stehenden Mittel grundsätzlich an den Aufnahmequoten der Landkreise orientiert ist, wird eine angemessene Verteilung der zur Verfügung stehenden Mittel gewährleistet. In allen Landkreisen sind zurzeit im Rahmen des Landesprogramms zur Sprachförderung für Flüchtlinge noch Mittel für Deutschkurse vorhanden. 8. In welchem Umfang plant die Landesregierung, Einrichtungen der Erwachsenenbildung auch im kommenden Jahr 2016 finanziell zu unterstützen, damit sie Kurse zum Erwerb der deutschen Sprache für Asylsuchende anbieten können? Sprache ist eine elementare Voraussetzung für die Fortsetzung von Bildungsbiografien, das Ankommen in einer Gesellschaft und damit für die Integration insgesamt. Die Landesregierung verstärkt deshalb erneut ihre Unterstützung diesem Bereich. Die Integration von Zuwanderern ist ein gesetzlicher Auftrag der niedersächsischen Erwachsenenbildung (§ 8 Abs. 3 NEBG). Jedes Jahr wird daher eine Reihe von Integrationsmaßnahmen in den Volkshochschulen, Heimvolkshochschulen und Landeseinrichtungen angeboten, die etwa 20 % des gesamten Bildungsangebots in der Erwachsenenbildung ausmachen. Das Land Niedersachsen stellt im Rahmen der Finanzhilfe nach dem NEBG rund 6 Millionen Euro jährlich für die Förderung von Integrationskursen bereit. Für das Haushaltsjahr 2016 sind zusätzliche finanzielle Mittel für Sprachkurse für Flüchtlinge vorgesehen. Es ist geplant, den Einrichtungen der Erwachsenenbildung hierfür zusätzlich ca. 8,2 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. In welcher Höhe diese beschlossen werden, hängt von den Entscheidungen des Gesetzgebers ab. 9. An welchen Standorten der Erwachsenenbildung fehlen Dozenten für die Durchführung der Sprachkurse? Was sind die Gründe dafür? Der hohe Bedarf an neuen Maßnahmen der Sprachbildung im schulischen und außerschulischen Bereich führt dazu, dass in der Erwachsenenbildung mehr Dozentinnen und Dozenten für Deutschkurse gebraucht werden. Eine Gesamtübersicht aller Standorte der Erwachsenenbildung ist nicht verfügbar und würde ebenso wie eine Gesamtübersicht der Wartelisten aufgrund der hohen tagesaktuellen Varianz nur eine geringe Aussagekraft besitzen. Die im Folgenden zu Frage 10 aufgeführten Maßnahmen zur Gewinnung von Dozentinnen und Dozenten greifen die Problematik auf und bieten Lösungsansätze. 10. Welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, damit das Anbieten von Sprachkursen nicht daran scheitern kann, dass Dozenten fehlen? Die Landesregierung hat bereits Maßnahmen ergriffen, um die Einrichtungen der Erwachsenenbildung dabei zu unterstützen, geeignete Dozentinnen und Dozenten für die neuen Sprachkursangebote zu finden: 1. Lehramtsstudierende, die Kompetenzen zur Vermittlung von Deutsch als Fremd- oder Zweitsprache erworben haben, können jungen Flüchtlingen im Zuge ihres Betriebs- und Sozialpraktikums Deutschunterricht erteilen. Sie sollen in Einrichtungen der Erwachsenenbildung unterrichten und werden von den Hochschulen für diese Aufgabe qualifiziert und vermittelt. Für die Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4746 4 hiermit verbundenen Aufgaben stellt das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) den lehrerbildenden Hochschulen 2015 insgesamt bis zu 400 000 Euro als Soforthilfe zur Verfügung. 2. Um die hohen Schulungsbedarfe zu decken, sollen ehrenamtliche Sprachbegleiterinnen und Sprachbegleiter unterstützt und qualifiziert werden. Die Bereitschaft, sich in dieser Hinsicht mit Hilfsangeboten zu engagieren, wird als groß eingeschätzt. Für diesen Einsatz ist allerdings eine Vorbereitung unerlässlich, in der ein erstes Basiswissen zum Umgang mit Flüchtlingen und traumatisierten Menschen sowie zur Vermittlung der deutschen Sprache erworben werden kann. Dafür werden zudem in 2015 300 000 Euro für Qualifizierungsmaßnahmen und die Bereitstellung von Lehrmaterialien veranschlagt. Mit den Maßnahmen können bis zu 3 400 ehrenamtliche Sprachbegleiterinnen und Sprachbegleiter geschult werden. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4746 5 Anlage Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4746 6 (Ausgegeben am 07.12.2015) Drucksache 17/4746 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortungmit Antwort der Landesregierung- Drucksache 17/4467 Wird das Land sicherstellen, dass künftig alle erwachsenen Asylsuchenden in Sprachkursen Deutsch lernen können? Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephan Siemer und Jörg Hillmer (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur Anlage