Niedersächsischer Landtag 17. Wahlperiode Drucksache 17/4817 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4249 - Darf die Polizei nicht in Moscheen ermitteln? Anfrage der Abgeordneten Angelika Jahns, Thomas Adasch und Jens Nacke (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 09.09.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 16.09.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 30.11.2015, gezeichnet Boris Pistorius Vorbemerkung der Abgeordneten Die Braunschweiger Zeitung berichtete am 26. August 2015 unter der Überschrift „LKA gibt im IS- Prozess kein gutes Bild ab“ über die Vernehmung von zwei LKA-Beamten als Zeugen in einer Gerichtsverhandlung gegen zwei IS-Rückkehrer: „Der Bruder von B. warnte das LKA bereits Ende April 2014 eindringlich davor, dass sich sein Bruder radikalisiert habe und sich womöglich dem IS anschließen wollte. Doch das LKA befand es noch nicht einmal für nötig, mit B. zu sprechen. Einen Monat später machte sich B. auf den Weg nach Syrien. Im Gespräch mit dem LKA müssen der Bruder von B. und der Bruder von Hagi H., einem der ersten Wolfsburger IS-Kämpfer, auch über die Vorgänge an der Wolfsburger Ditib-Moschee gesprochen haben, an der der IS-Anwerber Yassin O. junge Männer radikalisierte. Spätestens jetzt hätte das LKA den Kontakt zu O. suchen müssen. Taten sie aber nicht, sagte gestern einer der beiden Zeugen vom LKA.“ Die Neue Presse berichtete am 1. September 2015 unter der Überschrift „Das LKA wusste von nichts?“ über die Zeugenaussage eines LKA-Beamten im genannten Gerichtsverfahren zu Handlungsmöglichkeiten der Polizei gegen mutmaßliche Islamisten: „Vergangene Woche hatte B. bereits nachgebohrt, warum das LKA keine Ermittlungen in der Ditib- Moschee aufgenommen habe. Nur nach Hörensagen sei das schwierig, hatte einer der Beamten erklärt - und kleinlaut eingeräumt, dass Ermittlungen gegen einen Prediger oder eine Moschee immer ein ‚Politikum‘ seien. ‚Da lässt die Polizei lieber die Finger von‘, sagte er.“ 1. Wann war dem LKA oder einer anderen niedersächsischen Sicherheitsbehörde die Person Yassin O., der in Wolfsburg IS-Anhänger rekrutierte, erstmals bekannt geworden? Gegen Yassin O. ist derzeit ein laufendes Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwaltes gemäß § 129 a, b StGB anhängig; das LKA Niedersachsen ist mit den Ermittlungen beauftragt. Yassin O. spielt auch in dem beim OLG Celle anhängigen Gerichtsprozess gegen zwei Syrien- Rückkehrer eine Rolle. Nach derzeitiger Planung soll in diesem Prozess im Dezember 2015 das Urteil gesprochen werden. Die Landesregierung ist gerne bereit, mit den dann vorliegenden Informationen und Bewertungen den Landtag in vertraulichen Sitzungen des Ausschusses für Inneres und Sport oder des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes zu unterrichten. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4817 2 2. Welche Maßnahmen unternahmen die niedersächsischen Sicherheitsbehörden zur Unterbindung seiner Tätigkeit und für seine Festnahme? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 3. Welche rechtlichen Instrumente stehen den Sicherheitsbehörden zur Verfügung, um IS- Anhänger an einer Ausreise in Kampfgebiete des IS zu hindern, welche dieser Maßnahmen wurden in Niedersachsen bereits wie oft und wann angewandt? Die Verhinderung der Ausreise von Personen des islamistischen Spektrums in Deutschland in ein Kampf-/Krisengebiet (z. B. Syrien/Irak) mit dem Ziel, sich dort an Kampfhandlungen zu beteiligen bzw. diese zu unterstützen oder ein terroristisches Ausbildungslager aufzusuchen, hat bei den Sicherheitsbehörden höchste Priorität. Die Polizei regt Maßnahmen zur Ausreiseverhinderung bei den Pass- und Ausländerbehörden an, die Anordnung zum Entzug eines Passes oder eines Personalausweises ist allerdings den Pass- und Ausländerbehörden vorbehalten. Die polizeilichen Maßnahmen erfolgen auf Basis des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) sowie des Pass- und Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) im rechtlich begründbaren Umfang. Die vorübergehende Einbehaltung eines ausländischen Passes durch die Polizei ist nach § 48 Abs. 1 AufenthG in den Fällen des § 71 Abs. 4 und 5 AufenthG möglich. Gemäß § 19 Abs. 6 PassG ist auch die Polizei befugt, den Pass eines deutschen Staatsangehörigen nach § 13 PassG sicherzustellen. Voraussetzung sind nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 PassG Tatsachen, welche die Annahme rechtfertigen, dass Passversagungsgründe nach § 7 Abs. 1 PassG vorliegen. Daneben kommen einzelfallabhängig weitere Maßnahmen wie ein faktisches Ausreiseverbot in Form einer Meldeauflage, Gefährderansprachen, die Sicherstellung von Ausweisen bis hin zur Ingewahrsamnahme auf Basis des Nds. SOG in Betracht. Bisher (Stand: 06.10.2015) konnte in sieben Fällen die Ausreise durch Pass- und Ausländerbehörden untersagt werden (Ausreiseverbotsverfügungen, Passentzug/-beschränkung, Versagung von Pässen und anderen Identitätspapieren). Ein weiterer Fall wird aktuell geprüft. (Ausgegeben am 14.12.2015) Drucksache 17/4817 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortungmit Antwort der Landesregierung- Drucksache 17/4249 Darf die Polizei nicht in Moscheen ermitteln? Anfrage der Abgeordneten Angelika Jahns, Thomas Adasch und Jens Nacke (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport