Niedersächsischer Landtag 17. Wahlperiode Drucksache 17/4898 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4224 - Wurden beim Windpark in Emmerthal alle Vorgaben eingehalten? Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker und Christian Grascha (FDP) an die Landesregierung , eingegangen am 04.09.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 15.09.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung vom 22.12.2015, gezeichnet Cornelia Rundt Vorbemerkung der Abgeordneten Zurzeit durchläuft das Änderungsverfahren über den Sachlichen Teilflächennutzungsplan „Windenergie “ der Gemeinde Emmerthal das reguläre Verwaltungsverfahren. Eine Beschließung der Konzentrationsflächen soll im Herbst 2015 erfolgen. Die Firma Plan und Recht in Berlin bearbeitet im Auftrag der Gemeinde Emmerthal derzeit die Einsprüche zu diesem Verfahren. Zeitgleich hat die Firma Ebert Erneuerbare Energie (EEE) Pläne zur Bebauung der Konzentrationsfläche B mit acht Nordex-Windkraftanlagen (WKA) zum Windpark Grohnde entwickelt. Die Konzentrationsfläche B befindet sich in den Bereichen der Ortsteile Kirchohsen und Grohnde der Gemeinde Emmerthal (LK Hameln). Ebenfalls treibt die Firma EEE die Abschlüsse zum Flächenpoolnutzungsvertrages zwischen EEE und den Flächeneigentümern, darunter Ländereien der Domäne Grohnde (Eigentum des Landes Niedersachsen), massiv voran. Auf dem Gebiet der Konzentrationsfläche B befindet sich das Umspannwerk Grohnde mit den Freiluftschaltanlagen und den Freileitungstrassen. Das Umspannwerk Grohnde stellt einen überregionalen Knotenpunkt im Höchstspannungsnetz 380 kV und 110 kV dar und dient dem Kernkraftwerk Grohnde, mitsamt dem zugehörigen Zwischenlager, als Stromeinspeisepunkt. Die Planer der Firma EEE haben die acht WKA in unmittelbare Nähe des Umspannwerkes und in der Nähe der Freileitungstrassen geplant. Hierbei werden bei den derzeitigen Planungen sämtliche Sicherheitsabstände zwischen den WKA und den genannten technischen Einrichtungen verletzt bzw. nicht eingehalten . Über die an die Konzentrationsfläche angrenzende Bahntrasse werden Castoren transportiert. Da neben dem Umspannwerk und den verschiedenen Stromtrassen auch das KKW Grohnde mitsamt dem zugehörigen Zwischenlager zu dem Gemeindegebiet gehört, fühlen sich viele Anwohner in Sachen Energieversorgung und -entsorgung besonders belastet, zumal auch die geplante Trasse SüdLink durch die Gemeinde verlaufen könnte. Die vom Planungsbüro EEE ermittelte mittlere Jahreswindgeschwindigkeit beträgt laut Infobroschüre 6 m/s. Nach internationaler IEC-Einteilung würde dieses der Windklasse 4 entsprechen. Diese kommt aber in Deutschland nicht zur Anwendung. Betrachtet man die ermittelten Werte vom DWD (4,5 bis 5,5 m/s) und der Datenbank eines regionalen Messwerterfassungssytems (4,8 m/s), ist unschwer zu erkennen, dass der Windpark Grohnde in einer Region entsteht, die noch unterhalb der schwächsten Windklasse IEC 3 liegt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4898 2 Vorbemerkung der Landesregierung Der Rat der Gemeinde Emmerthal hat am 13.10.2015 den Feststellungsbeschluss zum sachlichen Teilflächennutzungsplan „Windenergie“ gefasst. Im Rahmen dieser Bauleitplanung werden auf der Grundlage eines räumlichen Gesamtkonzepts vier Konzentrationsflächen für die Windenergie mit dem Ziel dargestellt, das übrige Gemeindegebiet von den grundsätzlich im Außenbereich privilegierten Windkraftanlagen freizuhalten. Der Teilflächennutzungsplan bedarf zu seiner Wirksamkeit der Genehmigung nach § 6 des Baugesetzbuchs (BauGB). Zuständige Genehmigungsbehörde ist der Landkreis Hameln/Pyrmont. Für die Prüfung der Rechtsfrage, ob der Teilflächennutzungsplan ordnungsgemäß zustande gekommen ist und den Rechtsvorschriften des BauGB sowie aufgrund des BauGB erlassenen oder sonstigen Rechtsvorschriften entspricht, ist ausschließlich der Landkreis zuständig. Im Genehmigungsverfahren wird geprüft, ob die rechtlichen Anforderungen an die Ermittlung und sachgerechte Abwägung aller in die Planung einzustellenden Belange eingehalten werden. Hierzu gehören auch die in den Fragen 1 bis 9 dargelegten Sachverhalte. Die Abwägung unterliegt im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung der Planungshoheit der Gemeinde. 1. Wie weit sind die Mindestabstände von Windenergieanlagen zu Stromtrassen und Umspannwerken ? 2. Wie weit sind die Mindestabstände von Windenergieanlagen zu Bahntrassen? Die Fragen 1 und 2 werden zusammen beantwortet. Das Immissionsschutzrecht enthält keine Vorgaben für Mindestabstände von Einzelanlagen zu den angesprochenen Infrastruktur- und Verkehrsanlagen. Inwieweit durch andere Rechtsbereiche Mindestabstände vorgegeben werden und einzuhalten sind, ist im Einzelfall im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens zu klären. Nach § 5 Abs. 2 der Niedersächsischen Bauordnung beträgt der Abstand grundsätzlich 0,5 H (H = Höhe der Anlage) zu den Grenzen eines Baugrundstücks, mindestens jedoch 3 m; im Einzelfall können geringere Abstände zugelassen werden. Aufgrund der Besonderheiten einer Windkraftanlage mit drehendem Rotor ergeben sich zudem Forderungen zur Abstandshaltung wegen Eisabwurfgefahr u. a. zu Verkehrswegen. Gemäß aktueller „Liste der Technischen Baubestimmungen“, abgedruckt als Anhang 1 im MBl. Nr. 4/2015, ist die Richtlinie „Windenergieanlagen; Einwirkungen und Standsicherheitsnachweise für Turm und Gründung “ in Verbindung mit der dazugehörigen Anlage 2.7/12 einzuhalten. Nach Ziffer 2 der Anlage 2.7/12 gelten Abstände größer als 1,5 x (Rotordurchmesser + Nabenhöhe) zu Verkehrswegen und Gebäuden im Allgemeinen in nicht besonders eisgefährdeten Regionen als ausreichend. Diese Abstände können im Einzelfall gleichwohl unterschritten werden, sofern Einrichtungen installiert werden , durch die der Betrieb der Windenergieanlage bei Eisansatz sicher ausgeschlossen werden kann oder durch die ein Eisansatz verhindert werden kann (z. B. Rotorblattheizung). Im Rahmen des Bauleitplanverfahrens sind hinsichtlich der Stromtrassen bzw. Umspannwerke die örtlich zuständigen Versorgungsträger zu beteiligen. Sofern Eisenbahnbetriebsanlagen betroffen sind, ist das Eisenbahn-Bundesamt zu beteiligen. Die Träger öffentlicher Belange verweisen auf ihre eigenen Abstands- und Schutzbereichsregelungen, Richtlinien sowie DIN-Normen, die vom Einzelfall abhängig zu beachten sind. 3. Wurden diese Mindestabstände in den Planungen für die Windenergieanlagen in der Konzentrationsfläche B in Emmerthal eingehalten, und, wenn nein, weshalb nicht? Das Umspannwerk selbst liegt nicht innerhalb der Konzentrationsfläche B. Das Bauplanungsrecht enthält keine Mindestabstände zu den angesprochenen Anlagen. Die Fragen im Zusammenhang mit den erforderlichen Abständen werden bei Vorliegen eines Genehmigungsantrags anlagenbezogen geprüft. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4898 3 4. Wie kann die Landesregierung in Bezug auf die Konzentrationsfläche B und die dort mögliche Errichtung von Windenergieanlagen eine Gefährdung der sensiblen Infrastruktureinrichtungen wie Umspannwerk und Freileitungstrassen ausschließen? Abhängig von den lokalen Gegebenheiten und den konkreten Anlagen, die aufgestellt werden sollen , ergeben sich für den Einzelfall Mindestabstände, die von der Genehmigungsbehörde in eigener Zuständigkeit geprüft werden. Diese Aufgabe erfüllt die zuständige Genehmigungsbehörde im übertragenen Wirkungskreis. Das Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz und das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung nehmen die Fachaufsicht über die Genehmigungsbehörden wahr. Es ist Aufgabe der Genehmigungsbehörde, auf die rechtssichere planungsund zulassungskonforme Umsetzung zu achten. 5. Sieht sich die Landesregierung veranlasst, das Gebiet im Bereich des Umspannwerks Grohnde und der Freileitungstrassen zur harten Tabuzone zu erklären, um jegliche Gefährdungen auf die sensiblen Infrastruktureinrichtungen wie Umspannwerk und Freileitungstrassen auszuschließen, und, wenn nein, weshalb nicht? Die Windenergieplanung ist Aufgabe der Kommunen. Die verbindlichen Sicherheitsabstände sind zu beachten. 6. Wurden die DIN EN 50 341-1-4 und die VDEW-Empfehlung M-35-98 bei den Planungen für die Windenergieanlagen in der Konzentrationsfläche B in Emmerthal herangezogen, und ist dies nach Auffassung der Landesregierung notwendig? Die vorgenannten technischen Regelwerke, die die Abstände zwischen Windenergieanlagen und Freileitungen sowie das Erfordernis von Schwingungsschutzmaßnahmen regeln, sind im anlagenbezogenen Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen. 7. Wurden diese Aspekte ausführlich geprüft, als das Land als Eigentümer von Domänenflächen in Grohnde den Flächenpoolnutzungsvertrag unterschrieben hat? Die Domänenverwaltung hat ihre grundsätzliche Zustimmung signalisiert. Die Landesflächen sind nur in geringem Umfang mit ca. 3 ha bzw. 2 % an dem insgesamt ca. 154 ha großen Windpark betroffen . Das Amt für Regionale Landesentwicklung Leine-Weser wurde als Träger öffentlicher Belange im Bauleitplanverfahren beteiligt. Am 13.05.2015 waren die letzten Entwürfe des Vertragswerkes abgestimmt und es wurde ein Nutzungsvertrag abgeschlossen. 8. Kann das Land als Domäneneigentümer Windenergieanlagen in Gebieten unterstützen, in denen eine ungünstige Effizienzprognose (Gebiet ist in die Windklasse IEC 4 eingeteilt ) in mehreren Bereichen und daher eine Unwirtschaftlichkeit der geplanten Anlagen vorausgesagt wird? Die Domänenverwaltung ist im Rahmen der ihr übertragenen Flächenverwaltung fiskalisch tätig und hat wie oben beschrieben den Nutzungsvertrag Windpark Grohnde unterschrieben. Bei Umsetzung könnte die Domänenverwaltung zusätzlich zur Flächenpacht weitere Einnahmen aus der Windkraftnutzung generieren. Landesflächen sind nur am äußersten Rand des Gebietes betroffen, landeseigene Ackerflächen erfahren durch den Windpark keine Einschränkungen. Grundsätzlich verschließt sich die Domänenverwaltung zudem den regenerativen Energien nicht. Öffentliche Belange, raumordnerische Grundsätze, mögliche Konflikte mit anderen Planungen oder Gegebenheiten oder aber wie hier, die Nähe zum AKW bzw. zum Umspannwerk, werden nicht durch die Domänenverwaltung, sondern durch die zuständigen Behörden geprüft. Der Abschluss derartiger Nutzungsverträge bereits im Vorfeld der Planung ist durchaus üblich. Ob der entspre- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/4898 4 chende Betreiber dann in der Lage ist, den Park wirtschaftlich zu betreiben, ist vorrangig nicht Prüfinhalt der Domänenverwaltung. 9. Haben die Planungen zu SuedLink Einfluss auf Genehmigungen von Windenergieanlagen , und, wenn ja, in welcher Form? Ergebnisse der Bundesfachplanung (wie beispielsweise SuedLink) müssen von Landesplanungen vorrangig beachtet werden (§ 15 Netzausbaubeschleunigungsgesetz [NABEG]). Die Landesregierung vertritt jedoch die Auffassung, dass gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Raumordnungsgesetzes (ROG) im Bundesfachplanungsverfahren zunächst die Ziele der Raumordnung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG zu beachten und Grundsätze der Raumordnung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 3 ROG sowie sonstige Erfordernisse der Raumordnung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 4 ROG abzuwägen sind. Ferner hat eine Abstimmung mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 6 ROG zu erfolgen (§ 5 NABEG). Somit unterliegen lediglich neue Planungen nach Abschluss der Bundesfachplanung dieser Beachtenspflicht aus § 15 NABEG. Gleichwohl muss die Gemeinde Emmerthal von der Bundesnetzagentur und dem Netzbetreiber bei einer möglichen Betroffenheit gemäß § 4 BauGB eine Stellungnahme im Rahmen des Beteiligungsverfahrens zur Aufstellung des Flächennutzungsplans einholen. Derzeit sind die Planungen für SuedLink noch nicht verfestigt. Aufgrund der aktuell geplanten gesetzlichen Änderungen im Energieleitungsbaurecht wird mit einer Neuplanung von SuedLink gerechnet . (Ausgegeben am 12.01.2016) Drucksache 17/4898 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4224 Wurden beim Windpark in Emmerthal alle Vorgaben eingehalten? Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker und Christian Grascha (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung