Niedersächsischer Landtag
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Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung
mit Antwort der Landesregierung
-
Drucksache 17/4701
-
Welchen Stellenwert misst die Landesregierung sportlichen Wettkämpfen an Schulen bei?
Anfrage der Abgeordneten Adrian Mohr und Horst Schiesgeries (CDU)
an die Landesregi
e-
rung,
eingegangen am 26.11.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 02.12.2015
Antwort
des
Niedersächsischen Kultusministeriums
namens der Landesregierung
vom
18.12.2015
,
gezeichnet
In Vertretung
Erika Huxhold
Vorbemerkung der Abgeordn
eten
Der Onlinepetition einer dreifachen Mutter zur Abschaffung die Bundesjugendspiele hat im Sommer
2015 eine bundesweite Debatte über die Sinnhaftigkeit von Bundesjugendspielen ausgelöst. Nach
Auffassung der Petentin seien die Spiele u.
a. wegen des Leis
tungsdrucks aus der Zeit gefallen,
unsportlichere Schüler würden vor ihren Klassenkameraden gedemütigt.
In einer gemeinsamen Stellungnahme zum Thema
„
Petition Abschaffung der Bundesjugendspiele
“
vom 30. Juni 2015 haben die Kultusministerkonferenz, das Bund
esfamilienministerium und der
Deutsche Olympische Sportbund den pädagogischen Ansatz der Bundesjugendspiele verteidigt.
Vorbemerkung der Landesregierung
Bewegung ist
ein wichtiger Faktor
für die Entwicklung kogniti
ver Fähigkeiten. Auch der Aspekt
des
Leis
tungsvergleichs
und das Gefühl eines Sieges sind
dem Sport innewohnende
Nebeneffekt
e
. Es
ist zudem für viele Kinder und Jugendliche eine wichtige Erfahrung, dass andere auf manchen G
e-
bieten besser sind, denn
auch
der Umgang mit Misserfolgen ist ein wichtig
er Lernfaktor. Kinder li
e-
ben Wettkämpfe, Wettrennen liegen
in ihrer Natur. Integraler Bestandteil des Heranwachsens ist
es, dass Kinder schon früh damit konfrontiert werden, durch Ausprobieren ihre Stärken und Schw
ä-
chen herauszufinden. Schülerwettbewerbe
-
wie die Bundesjugendspiele
-
institutionalisieren di
e-
ses sich Ausprobieren. Sie fordern die persönliche Leistungsbereitschaft in besonderer Weise he
r-
aus, weil sie etwas bieten, was der normale Schulalltag
oft
nicht vorsieht: Sie schaffen eine Ernst
-
situat
ion. Wer an Wettbewerben teilnimmt, kann erfahren, dass häufig nicht die ausgelobten Preise
zu Einsatz und Höchstleistung beflügeln: Es ist vielmehr die Aussicht, mit dem eigenen Wissen und
Können wahrgenommen zu werden. Sich bewusst mit den eigenen Kompet
enzen auseinanderz
u-
setzen und Grenzen auszuloten, beinhaltet aber auch die Möglichkeit, dass am Ende der Wettb
e-
werbsteilnahme kein Sieg steht. Gute Sportlehrerinnen und Sportlehrer
-
von denen gibt es sehr
viele
-
bereiten daher ihre Schülerinnen und Schül
er gründlich und gewissenhaft auf den Wet
t-
kampf vor. Sie sorgen dafür, dass Kinder und Jugendliche ihr Leistungsvermögen kennen, dass sie
ihre athletischen Grenzen austesten und das Ergebnis bei den Bundesjugendspielen richtig einor
d-
nen. Jede
oder
jede
r is
t dort eine Siegerin oder ein Sieger, die oder der sich selbst übertrifft. Die
Ehren
-
oder Siegerurkunde ist
oft
nur schmückendes Beiwerk. Gute Lehrer
innen und Lehrer
b
e-
kommen es hin, dass die schwächeren Sportler
innen und Sportler
in ihrer Klasse nicht gehänselt
werden, sondern dass die besseren Läufer, Werfer und Springer sie anfeuern, weil sie ihr Bestes
geben. Andererseits gilt für die
sportlich
Besseren, dass eine Ehrenurkunde
im eigenen Empfinden
eine schlechtere Leistung in e
inem anderen Fach aufwiegen kann.
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Die Debatte darüber, welche Rolle der Leistungsgedanke sowie die Freude am gemeinsamen
Wettbewerb und am Schulfest spielen sollen, ist immer wieder sehr intensiv geführt worden. De
s-
wegen werden die Bundesjugendspiele heute
auch nicht mehr nur als
„
Wettkampf
“
, sondern
als
spielerischer
„
Wettbewerb
“
und als vielseitiger
„
Mehrkampf
“
durchgeführt. Die Schulen selbst h
a-
ben
hierbei
ein hohes Maß an Gestaltungsmöglichkeit
en
.
1.
Wie beurteilt die Landesregierung die schul
-
und jug
endpolitische Bedeutung der Bu
n-
desjugendspiele?
Die Bundesjugendspiele haben das Ziel, in der Kombination von Sport, Spiel und Spaß allen ju
n-
gen Menschen eine positive Gemeinschaftserfahrung zu ermöglichen. Sie sind eine in dieser Form
besondere Gelegenhei
t, über den Sport positive Werte zu vermitteln. Sie sind für Schülerinnen und
Schüler eine Chance, durch gemeinsames Erleben und Wettbewerbsstreben die verbindende Kraft
von Fairplay, Engagement und Gemeinschaftsgeist zu erfahren. Die Erfahrung der eigenen
Lei
s-
tung, das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten ebenso wie die Selbsteinschätzung der eigenen
Möglichkeiten
-
all dies sind wichtige Lernschritte auf dem Weg zu einer erwachsenen Persönlic
h-
keit. Die Bundesjugendspiele folgen konsequent einem pädagogisc
hen Ansatz, der die Wertschä
t-
zung aller teilnehmenden Kinder und Jugendlichen entsprechend ihrem
individuellen Leistung
s-
vermögen zum Ziel hat.
Die Bundesjugendspiele sprechen durch ihren pädagogischen Ansatz, ihre breitensportlich orie
n-
tierte Ausprägung u
nd ihr differenziertes inhaltliches Angebot in den Bereichen
„
Wettkampf
“
,
„
Wet
t-
bewerb
“
und
„
Mehrkampf
“
alle
Schülerinnen und Schüler entsprechend ihrem individuellen Lei
s-
tungsvermögen an. Schülerinnen und Schülern mit und ohne Behinderung wird ein auf sie
zug
e-
schnittenes Angebot zur gleichberechtigten Teilnahme an den Bundesjugendspielen unterbreitet.
In der
gemeinsamen Stellungnahme zum Thema
„
Petition Abschaffung der Bundesjugendspiele
“
haben die Kultusministerkonferenz, das Bundesministerium für Familie,
Senioren, Frauen und J
u-
gend
und der
Deutsche Olympische Sportbund die
sportpädagogische
und jugendpolitische Bede
u-
tung der Bundesjugendspiele hervorgehobe
n
und darauf hingewiesen, dass die Schulen bei der
Durchführung der Bundesjugendspiele einen großen G
estaltungsspielraum haben
.
Die Landesr
e-
gierung unterstützt diese Aussagen. Ergänzend wird
angemerkt:
In den niedersächsischen Bestim
-
mungen für den Schulsport wird
zwar auf
die Bedeutung der Bundesjugendspiele
aufmerksam g
e-
macht
, e
s wird den Schulen aber f
reigestellt,
alternativ zu den
Bundesjugendspiele
n
eine
andere
Wettkampfveranstaltung durchzufüh
r
en.
Die
niedersächsischen Schulen entscheiden also eige
n-
verantwortlich über die Gestaltung von Wettbewerbsformen innerhalb ihres Sportfestes und
können
in dies
en Gestaltungsprozess auch Schülerinnen und Schüler mit einbeziehen.
2.
Wie hat sich die Teilnahme der allgemeinbildenden Schulen an den Bundesjugendspi
e-
len in den vergangenen fünf Schuljahren entwickelt?
Die Teilnahme der allgemeinbildenden Schulen an
den Bundesjugendspielen wird statistisch nicht
erfasst. Eine Berichtspflicht der Schulen über Teilnahme und Ergebnis der Bundesjugendspiele an
die Niedersächsische Landesschulbehörde wird nicht für erforderlich gehalten.
3.
Wie hat sich die Zahl der teiln
ehmenden Schülerinnen und Schüler an den Bundesj
u-
gendspielen in den einzelnen Jahrgangsstufen in den vergangenen fünf Schuljahren
entwickelt?
Auf die Antwort zu
Frage
2
wird verwiesen
.
Niede
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4.
Wie viel Prozent der Schülerinnen und Schüler haben in den
einzelnen Jahrgangsst
u-
fen in den vergangenen fünf Schuljahren nicht an den Bundesjugendspielen teilg
e-
nommen?
Auf die Antwort zu
Frage
2 wird verwiesen.
5.
Wie bewertet die Landesregierung die Entwicklung der Teilnehmerzahlen an den Bu
n-
desjugendspielen?
Auf
die Antwort zu
Frage
2 wird verwiesen.
6.
Wie bewertet die Landesregierung die Akzeptanz von Bundesjugendspielen vor dem
Hintergrund der Hamburger Olympiabewerbung?
Die Hamburger
Bevölkerung hat die Bewerbung
ihrer Stadt
für die Olympischen Spiele 2024 a
bg
e-
lehnt. In den Medien werden vielfältig
e Gründe für die Absage genannt
.
E
in Zusammenhang zw
i-
schen den Bundesjugendspielen und der Hamburger Olympiabewerbung wird allerdings nicht he
r-
gestellt.
Nach Auffassung der Landesregierung
ist d
ie Akzeptanz der Bun
desjugendspiele
vor allem von i
h-
rer pädagogischen Gestaltung und vom
Engagement der Schule abhängig.
7.
Wird die Landesregierung angesichts der Teilnehmerzahl bei den Bundesjugendspielen
Maßnahmen zu Veränderungen im Sportunterricht ergreifen?
Die
Teilnehmerzahl bei den Bundesjugendspielen ist nicht bekannt.
Eine Notwendigkeit von Verä
n-
derungen im Sportunterricht wegen der Beteiligung an den Bundesjugendspielen wird nicht ges
e-
hen. Die Kerncurricula Sport für die Grundschule und für den
Sekundarberei
ch
I
bieten ausreiche
n-
de Möglichkeiten, die Schülerinnen und Schüler angemessen auf schulsportliche Wettkämpfe vo
r-
zubereiten.
8.
Wenn ja: Welche Veränderungen sind konkret geplant?
Auf die Antwort zu
Frage
7 wird verwiesen.
9.
Wenn nein: Aus welchen Gr
ünden sieht die Landesregierung keinen Veränderungsb
e-
darf?
Auf die Antwort zu
Frage
7 wird verwiesen.
(Ausgegeben am
0
5.01.2016
)