Niedersächsischer Landtag 17. Wahlperiode Drucksache 17/5047 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4580 - Weshalb musste beim Windpark in Apensen keine UVP durchgeführt werden? Anfrage der Abgeordneten Horst Kortlang, Dr. Gero Hocker und Christian Grascha (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 10.11.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 13.11.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 19.01.2016, gezeichnet Stefan Wenzel Vorbemerkung der Abgeordneten Der Windpark Ruschwedel/Apensen/Hedendorf wurde im Jahr 2000 mit 21 Windenergieanlagen errichtet . Zu diesem Zeitpunkt existierten die 2001 beschlossenen Regelungen der §§ 3 a bis f des UVG noch nicht, sodass keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde, was heute bei einem Windpark ab 20 Anlagen verpflichtend ist. Im Juni 2015 erteilte der zuständige Landkreis Stade die Genehmigung zur Erweiterung des Windparks um zwei weitere Anlagen. Der Landkreis lehnt eine UVP-Pflicht für den erweiterten Windpark mit dem Hinweis ab, dass zum Zeitpunkt der Errichtung des Windparks keine UVP-Pflicht bestanden habe und die Umweltverträglichkeitsvorprüfung ergeben habe, dass keine UVP für eine Erweiterung des Windparks um zwei Anlagen erforderlich sei. Vorbemerkung der Landesregierung Der Firma Windpark Hedendorf GmbH & Co KG wurde durch den Landkreis Stade mit Bescheid vom 28.09.2015 gemäß Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von zwei Windenergieanlagen (WEA) mit 141 m Nabenhöhe erteilt. Bei den zwei WEA handelt es sich um eine Erweiterung des bestehenden Windparks Ruschwedel /Apensen/Hedendorf mit bisher 21 WEA. Dieser Windpark wurde im Jahr 2000 durch drei Einzelgenehmigungen durch den Landkreis Stade (sieben WEA Ruschwedel und acht WEA Apensen) bzw. die Stadt Buxtehude (sechs WEA Hedendorf) genehmigt. Eine UVP erfolgte zur damaligen Zeit nicht, weil sie rechtlich nicht für erforderlich gehalten wurde. Aus heutiger Sicht sind die genehmigten WEA zu kumulieren und als ein Windpark anzusehen. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens der zwei WEA wurde auch die UVP-Pflichtigkeit geprüft, und zwar gemäß § 3 e UVPG (Änderungen und Erweiterungen UVP-pflichtiger Vorhaben). Die Vorschrift stellt bei bestehenden Vorhaben nicht auf eine tatsächlich durchgeführte UVP, sondern darauf ab, ob jetzt eine UVP-Pflicht für die Errichtung des Vorhabens besteht. Eine solche UVP-Pflicht ist nach gegenwärtig geltendem Recht für die Errichtung und den Betrieb von Windfarmen von 20 oder mehr WEA gegeben. Dies würde auch für eine Windfarm (UVPG Anlage 1 Nr. 1.6) wie den Windpark Ruschwedel/Apensen/Hedendorf gelten, wenn sie gegenwärtig neu zu genehmigen wäre . Bei der weiteren Prüfung des Genehmigungsantrags wurde durch den Landkreis Stade festgestellt, dass § 3 e Abs. 1 Nr. 1 UVPG (zwingende UVP-Pflicht für die Änderung oder Erweiterung) nicht anwendbar sei, da der erforderliche Größenwert von 20 WEA durch die Erweiterung selbst (hier zwei WEA) nicht überschritten werde. Dagegen sei die Vorschrift des § 3 e Abs. 1 Nr. 2 UVPG (Er- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5047 2 fordernis einer Vorprüfung) einschlägig. Die danach durchgeführte allgemeine Vorprüfung habe ergeben , dass entsprechend der Schutz- und Vorsorgepflicht gemäß § 5 Abs. 1 BImSchG keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die Umwelt zu erwarten seien. Es sei daher festgestellt, dass für das geplante Vorhaben (Erweiterung um zwei WEA) nach dem UVPG keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehe. Diese Entscheidung wurde im Amtsblatt des Landkreises Stade öffentlich bekanntgegeben. 1. Wie bewertet die Landesregierung das Vorgehen des Landkreises, keine Umweltverträglichkeitsprüfung für den Windpark durchzuführen? Die erste UVP-Änderungs-Richtlinie, nach der die UVP-Pflicht der Windfarmen seinerzeit zu beurteilen war, war bis zum 14.03.1999 in das deutsche Recht umzusetzen. Mangels rechtzeitiger Umsetzung in das deutsche Recht wurde die UVP-Änderungsrichtlinie im gegebenen Fall nicht berücksichtigt . Bei Änderungen grundsätzlich UVP-pflichtiger Anlagen kann aber lediglich der Bestand unberücksichtigt bleiben, der bis zum 14.03.1999 genehmigt worden ist. Das heißt, Anlagen, welche - wie hier - im Zeitraum zwischen dem 14.03.1999 und dem 03.08.2001 (Zeitpunkt des Inkrafttretens des Artikelgesetzes) zugelassen wurden, sind bei der Prüfung der Änderung oder Erweiterung eines UVP-pflichtigen Vorhabens als Bestand genauso mit zu berücksichtigen wie nach dem 03.08.2001 genehmigte UVP-prüfungspflichtige Anlagen, sofern sie später geändert oder erweitert werden sollen. Da zu den Anlagen bislang keine UVP durchgeführt worden ist und ihre Anzahl den 20er Schwellenwert überschreitet, hätte nun erstmals eine UVP durchgeführt werden müssen, welche die Umweltauswirkungen der vorhandenen und der nunmehr hinzugetretenen Anlagen erfasst und bewertet . 2. Nach welcher Rechtsvorschrift durften die bestehenden Anlagen aus der Gesamtanlagenzahl des Windparks rausgerechnet werden? Entsprechend der Vorbemerkung sind bestehende Anlagen nicht aus der Gesamtanlagenzahl „rausgerechnet“. Die Rechtslage zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung ist jedoch nicht hinreichend berücksichtigt worden. Insofern erübrigt sich die Frage nach einer entsprechenden Rechtsvorschrift . 3. Sind der Landesregierung weitere Fälle in Niedersachsen bekannt, in denen keine Umweltverträglichkeitsprüfungen durchgeführt wurden, obwohl sie nach heute geltendem Recht durchgeführt werden müssten? Grundsätzlich ist bei der Prüfung der UVP-Pflichtigkeit von Vorhaben auf das zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltende Recht abzustellen. Insofern begründet nicht jede Änderung des UVP-Rechts eine Verpflichtung zur nachträglichen Durchführung einer UVP für bereits rechtmäßig errichtete und betriebene Anlagen. Für Änderungen und Erweiterungen ist das UVPG in der geltenden Fassung zu berücksichtigen. Einer allgemeinen Erhebung der Landesregierung bedarf es insofern nicht. (Ausgegeben am 26.01.2016) Drucksache 17/5047 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4580 Weshalb musste beim Windpark in Apensen keine UVP durchgeführt werden? Anfrage der Abgeordneten Horst Kortlang, Dr. Gero Hocker und Christian Grascha (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimas