Niedersächsischer Landtag 17. Wahlperiode Drucksache 17/5057 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4826 - „Acht Tage ohne Fußfessel“ - Wie konnte es dazu kommen? Anfrage des Abgeordneten Thomas Adasch (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 09.12.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 15.12.2015 Antwort des Niedersächsischen Justizministeriums namens der Landesregierung vom 22.01.2016, gezeichnet Antje Niewisch-Lennartz Vorbemerkung des Abgeordneten Die Hannoversche Allgemeine Zeitung berichtete in ihrer Onlineausgabe am 8. Oktober 2015 unter der Überschrift „Acht Tage ohne Fußfessel“: „Nach der Verurteilung des 80-jährigen Wilhelm P. ist noch immer nicht geklärt, warum dem zigfach vorbestraften Sexualstraftäter im Frühjahr dieses Jahres acht Tage lang keine neue Fußfessel angelegt wurde. Eine Richterin am Amtsgericht Hannover hatte den in Stöcken lebenden P. am Dienstag zu einer Haftstrafe von sechs Monaten verurteilt , weil er am 30. April den GPS-Sender von seinem Fußgelenk geschnitten und damit gegen seine Bewährungsauflagen verstoßen hatte. Obwohl die Polizei das Vergehen zeitnah bemerkte, dauerte es mehr als eine Woche, bis P. wieder eine Fußfessel angelegt wurde. Wie es zu diesem Versäumnis kam, konnten gestern weder die Polizei noch das Landgericht als zuständige Führungsaufsicht erklären.“ Vorbemerkung der Landesregierung Seit dem 01.01.2011 ist es gemäß § 68 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 des Strafgesetzbuches (StGB) möglich , Führungsaufsichtsprobanden die Weisung zu erteilen, ein Gerät zur elektronischen Überwachung ihres Aufenthalts (Elektronische Aufenthaltsüberwachung [EAÜ]) zu tragen. Die Weisung ist auch unter dem Begriff „elektronische Fußfessel“ bekannt. In diesem Fall ordnet das Gericht an, dass die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen hat. Die Erteilung einer solchen Weisung ist gemäß § 68 b Abs. 1 Satz 3 StGB nur zulässig, wenn 1. die Führungsaufsicht aufgrund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren oder aufgrund einer erledigten Maßregel eingetreten ist, 2. die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen einer oder mehrerer Straftaten der in § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB genannten Art verhängt oder angeordnet wurde , 3. die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person weitere Straftaten der in § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB genannten Art begehen wird, und 4. die Weisung erforderlich erscheint, um die verurteilte Person durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463 a Abs. 4 Satz 2 der Strafprozessordnung (StPO), insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach Satz 1 Nr. 1 oder 2 auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB genannten Art abzuhalten. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5057 2 Die Weisung der Elektronischen Aufenthaltsüberwachung kann mit oder ohne aufenthaltsbezogene Bestimmungen erteilt werden. So können z. B. Gebotszonen (Aufenthalt nur in einem bestimmten Gebiet), aber auch orts- oder kontaktbezogene Verbotszonen (Verbot des Aufsuchens bestimmter Orte oder der Kontaktaufnahme zu bestimmten Personen) eingerichtet werden. Zur Durchführung der Elektronischen Aufenthaltsüberwachung haben die Bundesländer Baden- Württemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen am 19.05./29.08.2011 einen Staatsvertrag über die Einrichtung einer gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder unterzeichnet , dem - neben den übrigen Bundesländern - Niedersachsen mit Gesetz vom 23.03.2012, in Kraft getreten am 30.03.2012, beigetreten ist. Grundlage der Elektronischen Aufenthaltsüberwachung in Niedersachsen ist die „Konzeption für die Vorbereitung und Durchführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung im Rahmen der Führungsaufsicht “ (Gem. RdErl. d. MJ, d. MI u. d. MS v. 28.12.2012 - 4263 - 403.217 -, VORIS 33350), die am 01.01.2013 in Kraft getreten ist. Die Elektronische Aufenthaltsüberwachung dient der Überwachung von aufenthaltsbezogenen Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht bei verurteilten und entlassenen Straftätern, daneben kann sie aber auch die Aufklärung von Straftaten erleichtern. In gewissem Umfang kann sie auch spezialpräventive Wirkung entfalten, indem sie die Hemmschwelle der Führungsaufsichtsprobanden für die Begehung neuer Straftaten aufgrund des ihnen bewussten, gestiegenen Entdeckungsrisikos erhöht. Straftaten verhindern kann sie jedoch nicht, denn mit der Elektronischen Aufenthaltsüberwachung erfolgt keine Echtzeitüberwachung. Vielmehr werden mithilfe der von der verurteilten Person mitgeführten technischen Mittel automatisiert Daten über deren Aufenthaltsort erhoben und gespeichert (§ 463 a Abs. 4 StPO). Die Verwendung dieser Daten ist ohne Einwilligung des Verurteilten nur in bestimmten Fällen zulässig, z. B. im Falle eines Verstoßes gegen aufenthaltsbezogene Weisungen. Die technische Überwachung erfolgt durch die Hessische Zentrale für Datenverarbeitung (HZD), die fachliche Überwachung durch die Gemeinsame elektronische Überwachungsstelle der Länder (GÜL) mit Sitz in Bad Vilbel (Hessen). Im Fall einer Manipulation des Überwachungsgerätes - etwa durch Beschädigung oder eigenmächtige Entfernung - wird bei der GÜL ein entsprechender Alarm (sogenannte Ereignismeldung) ausgelöst . Der GÜL wird für diese Fälle bei Beauftragung zur Durchführung der Elektronischen Aufenthaltsüberwachung durch die Führungsaufsichtsstelle mitgeteilt, wer über den Alarm unmittelbar zu unterrichten ist und an wen und zu welchem Zeitpunkt ein von der GÜL zu erstattender Bericht zu übersenden ist. Die GÜL ist rund um die Uhr an jedem Tag im Jahr besetzt. Gegen den in der Anfrage bezeichneten Verurteilten ist durch das zuständige Gericht im Rahmen der Führungsaufsicht die Weisung der Elektronischen Aufenthaltsüberwachung ohne aufenthaltsbezogene Bestimmungen angeordnet worden. 1. Wann wurde in welcher Behörde bzw. Einrichtung das Entfernen der sogenannten Fußfessel durch den vorbestraften Sexualstraftäter bemerkt? Am Donnerstag, dem 30.04.2015 um 13.01 Uhr wurde bei der Gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder (GÜL) eine Ereignismeldung (Tracker TX-Befestigungsbandmanipulation ) bei dem Verurteilten gemeldet. Die GÜL nahm daraufhin telefonischen Kontakt mit dem Verurteilten auf, welcher mitteilte, dass er das Überwachungsgerät entfernt habe, und ankündigte, sich aufgrund seines akut schlechten Gesundheitszustandes in stationäre Behandlung begeben zu wollen . Die GÜL informierte daraufhin in der Zeit von 13.17 Uhr bis 13.21 Uhr die Lage- und Führungszentrale der Polizeidirektion Hannover fernmündlich über den Alarm. Der Leitende Beamte vom Dienst (LBvD) der PD Hannover erteilte um 13.22 Uhr einer Funkstreifenwagen -Besatzung des für den Wohnort des Verurteilten örtlich zuständigen Polizeikommissariats den Auftrag, den Sachverhalt zu überprüfen. Um 13.25 Uhr meldeten die eingesetzten Beamten , den Probanden in einem gesundheitlich bedenklichen Zustand in seiner Wohnung angetroffen Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5057 3 und die durchschnittene Fußfessel gefunden zu haben. Die eingesetzten Beamten wiesen den Verurteilten auf den Verstoß gegen Weisungen hin und stellten die durchtrennte Fußfessel sicher. Der LBvD der PD Hannover hinterließ um 13.50 Uhr dem für den Verurteilten zuständigen Justizsozialarbeiter des Ambulanten Justizsozialdienstes (AJSD) auf dessen Anrufbeantworter eine entsprechende Nachricht über die Geschehnisse. Der Justizsozialarbeiter erhielt am 30.04.2015 in der Zeit zwischen 13.40 Uhr und 13.50 Uhr telefonisch auf seinem dienstlichen Mobiltelefon durch den Beauftragten für Jugendsachen und Kriminalprävention des Zentralen Kriminaldienstes Hannover der Polizeidirektion Hannover Mitteilung darüber , dass der Verurteilte das Überwachungsgerät eigenmächtig entfernt habe. Der zuständige Justizsozialarbeiter informierte daraufhin die stellvertretende Bezirksleiterin des AJSD, die ihrerseits um 14.52 per E-Mail die zuständige Mitarbeiterin der Leitenden Abteilung des AJSD sowie den zuständigen Fachberater benachrichtigte. Am 30.04.2015 um 15.50 Uhr wurde der Verurteilte mit einem Rettungswagen der Feuerwehr Hannover aus einer dem Wohnort des Verurteilten nahegelegenen ärztlichen Praxis zum Krankenhaus verbracht. Am 30.04.2015 um 16.12 Uhr nahm der Leiter der GÜL telefonischen Kontakt zu dem Verantwortlichen der Koordinierungsstelle „EAÜ“ im LKA Niedersachsen auf und erhielt Kenntnis darüber, dass sich der Verurteilte im Krankenhaus aufhielt. Es wurde vereinbart, dass die GÜL durch die Polizei eine Rückmeldung erhalte, wenn der Verurteilte das Krankenhaus verlässt und eine Wiederanlegung der Fußfessel erfolgen soll. Am 30.04.2015, gegen 18.00 Uhr, teilte der LBvD der PD Hannover in einem Telefonat mit dem zuständigen Justizsozialarbeiter mit, in welchem Krankenhaus sich der Verurteilte nunmehr stationär aufhielt. Es wurde vereinbart, dass der Justizsozialarbeiter telefonisch informiert werde, sobald der Verurteilte das Krankenhaus verlassen sollte. Beabsichtigt war, den Verurteilten sodann in Polizeigewahrsam zu nehmen, um die Fußfessel wieder anzulegen. Die GÜL übersandte am 30.04.2015 um 19.06 Uhr per E-Mail an den Leiter der Führungsaufsichtsstelle des Landgerichts Hannover und den Justizsozialarbeiter einen Bericht über die festgestellte Entfernung des Überwachungsgerätes und die getroffenen Absprachen. Aufgrund der Erkrankung des Leiters der Führungsaufsichtsstelle in der Zeit vom 21.04.2015 bis 15.05.2015 hat dieser erst am 18.05.2015 hiervon Kenntnis erlangt. Nach Auskunft der Polizeidirektion Hannover wurde am 01.05.2015 von dort mit einem Mitarbeiter des Krankenhauses vereinbart, dass die Polizei über Notruf Kenntnis erhalte, sollte der Verurteilte auf eigenen Wunsch oder aus ärztlicher Sicht entlassen werden. Kenntnis darüber, dass die betreffende Person das Krankenhaus verlassen hatte, erhielt die Polizei erstmals auf telefonische Rückfrage bei der GÜL am 08.05.2015. Am 04.05.2015 - dem Montag nach Wochenende und dem Feiertag - versuchte der Justizsozialarbeiter vergeblich, den Leiter der Führungsaufsichtsstelle telefonisch zu erreichen. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Verurteilte noch in stationärer Behandlung im Krankenhaus. Ebenfalls am 04.05.2015 teilte der Verantwortliche der Koordinierungsstelle „EAÜ“ im LKA Niedersachsen in einem Telefonat mit der GÜL vorsorglich mit, dass im Fall einer Entlassung des Verurteilten die Fußfessel erneut angelegt werden solle. Es wurde vereinbart, dass man sich gegenseitig unterrichte, sobald bezüglich einer Entlassung etwas bekannt werde. Am 05.05.2015 wurde die zuständige Sachbearbeiterin im Justizministerium durch die zuständige Mitarbeiterin der Leitenden Abteilung des AJSD telefonisch über die eigenmächtige Entfernung des Überwachungsgerätes durch den Verurteilten und seine derzeitige stationäre Krankenhausbehandlung informiert. Die Sachbearbeiterin versuchte daraufhin vergeblich, den Leiter der Führungsaufsichtsstelle des Landgerichts Hannover telefonisch zu erreichen, um die erneute Anlegung des Überwachungsgerätes anzuregen, und hinterließ eine entsprechende Nachricht auf dessen Anrufbeantworter . Die Sachbearbeiterin informierte sodann die stellvertretende Referatsleiterin, den Leiter der Strafrechtsabteilung und den damaligen Staatssekretär. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5057 4 Am 07.05.2015 stellte der Justizsozialarbeiter bei einem Besuch in der Klinik fest, dass der Verurteilte bereits am 05.05.2015 aus der stationären Behandlung nach Hause entlassen worden war. Eine Benachrichtigung, wie zuvor abgestimmt, war nicht erfolgt. Der darüber durch den Justizsozialarbeiter informierte Bezirksleiter des AJSD unterrichtete am selben Tag telefonisch die Führungssaufsichtstelle beim LG Hannover und brachte dabei in Erfahrung, dass der Leiter der Führungsaufsichtsstelle bereits seit dem 21.04.2015 erkrankt war. Die Vertreterin des Leiters der Führungsaufsichtsstelle wurde sodann über den Sachstand in Kenntnis gesetzt. Am Vormittag des 08.05.2015 traf der Justizsozialarbeiter den Verurteilten anlässlich seines Hausbesuchs ohne Fußfessel an. Der Justizsozialarbeiter informierte daraufhin umgehend die GÜL sowie die Polizei Hannover. Mit Einverständnis des Verurteilten wurde das Überwachungsgerät noch am Nachmittag desselben Tages wieder angelegt. Am 08.05.2015 informierte der Bezirksleiter des AJSD die Vertretung des Leiters der Führungsaufsichtsstelle telefonisch über die am gleichen Tag erfolgte Wiederanlegung der Fußfessel. Die zuständige Sachbearbeiterin im Justizministerium wurde über die Geschehnisse seit dem 07.05.2015 bis zur Neuanlegung der EAÜ am 11.05.2015 durch die zuständige Mitarbeiterin der Leitenden Abteilung des AJSD informiert. Hierüber setze sie noch am selben Tag die stellvertretende Referatsleiterin und den Leiter der Strafrechtsabteilung in Kenntnis. Am 12.05.2015 stellte der Vertreter des Leiters der Führungsaufsichtsstelle beim Landgericht Hannover Strafantrag gegen den Verurteilten gemäß § 145 a StGB. 2. Was wurde daraufhin wann von wem in welcher Behörde (Funktionsbezeichnungen genügen ) veranlasst? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 3. Welche organisatorischen Vorkehrungen bestehen seit wann bei den zuständigen Polizeibehörden sowie bei dem Landgericht Hannover als zuständiger Führungsaufsichtsbehörde für Fälle wie diesen, bei dem ein verurteilter Straftäter eine sogenannte Fußfessel widerrechtlich entfernt? Das Verfahren bei der Durchführung der EAÜ ist grundsätzlich mit dem gemeinsamen Runderlass „Niedersächsische Konzeption für die Vorbereitung und Durchführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung im Rahmen der Führungsaufsicht (EAÜ)“ des MJ, d. MI u. d. MS v. 28.12.2012 geregelt worden. Hinsichtlich der Überwachung durch die GÜL ist in der Konzeption vorgesehen, dass Systemmeldungen entsprechend den Festlegungen zu den Informationswegen auf dem Formular „Ereignismeldungen GÜL“ bearbeitet und, soweit sie auf Weisungsverstöße hindeuten, unverzüglich der Justizsozialarbeiterin oder dem Justizsozialarbeiter über die Leitende Abteilung des AJSD oder der Führungsaufsichtsstelle gemeldet werden, die jeweils über das weitere Vorgehen entscheiden und sich gegenseitig unterrichten. Bei erheblicher gegenwärtiger Gefahr für das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung Dritter sieht die Konzeption vor, dass die Führungsaufsichtsstelle oder die Justizsozialarbeiterin oder der Justizsozialarbeiter unmittelbar die der GÜL für den Alarmfall benannte Polizeidienststelle verständigen, sofern dies nicht bereits durch die GÜL geschehen ist. Für Fälle wie dem der Anfrage zugrundeliegenden besteht bereits mit Entlassung des Verurteilten aus der Sicherungsverwahrung eine enge Berichtspflicht sowohl innerhalb des AJSD vom zuständigen Justizsozialarbeiter an die Leitende Abteilung als auch durch die Leitende Abteilung des AJSD an das Justizministerium. Bei Weisungsverstößen von Probanden, die elektronisch überwacht werden, haben darüber hinaus die Führungsaufsichtsstellen und der AJSD gegenüber dem Justizministerium zu berichten. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5057 5 Die organisatorischen Vorkehrungen in der PD Hannover sind mit Verfügung vom 12.02.2013 festgelegt worden. Die Verfügung umfasst im Wesentlichen – die Bearbeitungszuständigkeiten, – die gegebenenfalls zu treffenden Maßnahmen auf Grundlage des Nds. SOG und der StPO, – die Dokumentationspflichten, – den Informationsaustausch der beteiligten Dienststellen, – die interne Öffentlichkeitsarbeit und Beratung der Dienststellen. In dem in der Anfrage bezeichneten Fall war bei Beauftragung der GÜL durch die Führungsaufsichtsstelle am 30.01.2015 auf dem Formular „Ereignismeldungen GÜL“ festgelegt worden, dass durch die GÜL im Falle einer Befestigungsbandmanipulation die Polizei und der Vor-Ort-Service sofort zu informieren sind und spätestens am nächsten Werktag ein entsprechender Bericht an die Führungsaufsichtsstelle und den AJSD zu übersenden ist. Als Kommunikationsweg für den Bericht an die Führungsaufsichtsstelle war zu diesem Zeitpunkt die Übersendung einer E-Mail an die Adresse des Leiters der Führungsaufsichtsstelle vorgesehen. Nach seiner Gesundung und Rückkehr in den Dienst nahm der Leiter der Führungsaufsichtsstelle am 18.05.2015 Kontakt mit der GÜL auf und bat zur Sicherstellung der Erreichbarkeit der Führungsaufsichtsstelle in unvorhersehbaren Krankheitsfällen zukünftig um zusätzliche Berichtübersendung per E-Mail an die Geschäftsstelle der Führungsaufsichtsstelle bei gleichzeitiger Nutzung der Funktion „Lesebestätigung“. Zusätzlich hinterließ der Leiter der Führungsaufsichtsstelle seine private Mobilfunknummer, unter der er in Eilfällen rund um die Uhr erreichbar ist. Im Nachgang zu den bereits erfolgten Änderungen der Kommunikationswege am 18.05.2015 wurde am 12.10.2015 zusätzlich ein personenunabhängiges E-Mail-Postfach für die Führungsaufsichtsstelle des Landgerichts Hannover eingerichtet. Die dort eingehenden E-Mails werden seitdem automatisch an den Leiter der Führungsaufsichtsstelle, seine beiden Vertreter sowie die Geschäftsstelle der Führungsaufsichtsstelle weitergeleitet. 4. Wie sind für den Fall, dass ein verurteilter Straftäter seine sogenannte Fußfessel widerrechtlich entfernt, die Verantwortungsbereiche zwischen Polizei und Landgericht Hannover aufgeteilt? Aufgabe der bei jedem Landgericht eingerichteten Führungsaufsichtsstelle ist u. a. die Überwachung der Erfüllung von im Rahmen der Führungsaufsicht durch das zuständige Gericht angeordneten Weisungen. Im Fall eines Weisungsverstoßes bei der Elektronischen Aufenthaltsüberwachung - etwa durch eigenmächtiges Ablegen des Überwachungsgeräts - ist über die GÜL zu veranlassen , dass durch den Vor-Ort-Service schnellstmöglich wieder eine Anlegung des Gerätes erfolgt. Nach Information der HZD ist dieses innerhalb von vier Stunden möglich. Daneben hat die Führungsaufsichtsstelle auch über die Stellung eines Strafantrags nach § 145 a StGB zu entscheiden, § 145 a Satz 2 i. V. m. § 68 Abs. 6 StGB. Den Polizeibehörden kommt in diesem Zusammenhang die Aufgabe der Gefährdungseinschätzung und gegebenenfalls der Umsetzung unabweisbarer gefahrenabwehrrechtlicher Maßnahmen zu. Die gesetzlichen Vorschriften zur Elektronischen Aufenthaltsüberwachung sehen die Möglichkeit der Übermittlung von Aufenthaltsdaten durch die GÜL im Rahmen der Gefahrenabwehr an die Polizei vor, z. B. bei einem Alarm-/Ereignisfall. Im Soforteinsatz hat die Polizei gegenwärtige Gefahren bei Vorliegen abzuwehren. 5. Wann hat wer im Justizministerium (Funktionsbezeichnungen genügen) wie von dem in dem HAZ-Artikel genannten Vorfall erfahren? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5057 6 6. Haben die niedersächsischen Polizeibehörden, das Landgericht Hannover, die übergeordnete Mittelbehörde sowie das Justizministerium und das Innenministerium aus dem in dem HAZ-Artikel genannten Vorfall Konsequenzen gezogen, wenn ja, welche und wenn nein, warum nicht? Auf die Antwort zu Frage 3 und das bei der Führungsaufsichtsstelle beim LG Hannover Veranlasste wird zunächst verwiesen. Die weitere derzeit mit einer Weisung der Elektronischen Aufenthaltsüberwachung befasste Führungsaufsichtsstelle wurde durch das Justizministerium gleichfalls um Sicherstellung der dortigen Erreichbarkeit für die GÜL und die übrigen Verfahrensbeteiligten, namentlich um Einrichtung eines personenunabhängigen E-Mail-Postfachs, gebeten. Die entsprechenden Maßnahmen wurden durch die Führungsaufsichtsstelle umgesetzt. Das Justizministerium hat darüber hinaus die derzeit mit Weisungen der Elektronischen Aufenthaltsüberwachung befassten Leiterinnen und Leiter der Führungsaufsichtsstellen, die Koordinierungsstelle Zentrale Fallkonferenz Elektronische Aufenthaltsermittlung bei der Staatsanwaltschaft Hannover und die Leitende Abteilung des AJSD sowie nachrichtlich das Innenministerium nochmals auf die nach der niedersächsischen Konzeption einzuhaltenden Informationswege und die insofern gegenüber der GÜL mitzuteilenden telefonischen und elektronischen Erreichbarkeiten sowie darauf hingewiesen, dass im Fall der Entfernung des Endgerätes über die GÜL schnellstmöglich eine Neuanlegung durch den Vor-Ort-Service zu veranlassen ist. 7. Sind wegen des in dem HAZ-Artikel genannten Vorfalls ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren und/oder disziplinarische Vorermittlungen und/oder Disziplinarverfahren eingeleitet worden, wenn ja, gegen wen (Funktionsbezeichnungen genügen) und, wenn nein, warum nicht? Wegen des in Rede stehenden Vorfalls wurde am 22.05.2015 gegen den Verurteilten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verstoßes gegen Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht gemäß § 145 a StGB eingeleitet und durch die Staatsanwaltschaft Hannover unter dem 11.06.2015 Anklage zum Amtsgericht Hannover erhoben. Mangels eines Anfangsverdachts für Straftaten oder des Verdachts vorwerfbarer Dienstpflichtverletzungen bestand für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und disziplinarischer Vorermittlungen gegen Bedienstete kein Anlass. 8. Wie viele Personen tragen in Niedersachsen derzeit eine Fußfessel (bitte aufschlüsseln nach Gerichtsbezirken)? Aktuell tragen in Niedersachsen zwei Personen (eine Person im LG-Bezirk Hannover, eine Person im LG-Bezirk Göttingen) ein elektronisches Überwachungsgerät. Darüber hinaus ruht derzeit die Führungsaufsicht in zwei weiteren Fällen mit der Weisung der Elektronischen Aufenthaltsüberwachung (eine Person im LG-Bezirk Hannover, eine Person im LG-Bezirk Göttingen), weil sich die Verurteilten in anderer Sache in Strafhaft befinden. 9. Sind der Landesregierung weitere Fälle in Niedersachsen aus den Jahren 2013 bis 2015 bekannt, in denen die sogenannte Fußfessel widerrechtlich entfernt wurde? Nein. 10. Wenn ja, wie lange hat es in den einzelnen Fällen gedauert, bis das Entfernen der Fußfessel bemerkt bzw. gemeldet wurde, und wie lange hat es in den einzelnen Fällen gedauert , bis die Fußfessel bzw. eine neue Fußfessel angebracht wurde? Entfällt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5057 7 11. Wenn es weitere Fälle in den Jahren 2013 bis 2015 gegeben hat, in denen eine Fußfessel widerrechtlich entfernt worden ist: Welche Maßnahmen haben das Justizministerium und das Innenministerium sowie die ihnen nachgeordneten Behörden wann als Konsequenz aus den Vorfällen ergriffen? Entfällt. 12. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, um solche Vorfälle, wie den in dem HAZ-Artikel genannten, in Zukunft zu verhindern? Das Justizministerium wird den Umgang mit Weisungsverstößen im Zusammenhang mit der EAÜ und die diesbezüglichen Informationswege und -pflichten im Rahmen der Dienstbesprechung mit den Leiterinnen und Leitern der Führungsaufsichtsstellen, Vertreterinnen und Vertretern der Oberlandesgerichte sowie der Leitenden Abteilung des AJSD am 25.02.2016 erneut thematisieren. Mit Übernahme einer Führungsaufsichtssache, in der eine Weisung der Elektronischen Aufenthaltsüberwachung erteilt worden ist, wird die oder der jeweils zuständige Leiterin oder Leiter der Führungsaufsichtsstelle durch das Niedersächsische Justizministerium nochmals gesondert auf die diesbezüglichen Informationswege und -pflichten hingewiesen werden. Darüber hinaus erfolgt bereits jetzt in jeder Führungsaufsichtssache in Niedersachsen, in der als Weisung eine Elektronische Aufenthaltsermittlung angeordnet ist, eine durchgängige und engmaschige Begleitung sowohl innerhalb des AJSD als auch durch das zuständige Referat im Justizministerium . (Ausgegeben am 28.01.2016) Drucksache 17/5057 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4826 „Acht Tage ohne Fußfessel“ - Wie konnte es dazu kommen? Anfrage des Abgeordneten Thomas Adasch (CDU) Antwort des Niedersächsischen Justizministerium