Niedersächsischer Landtag 17. Wahlperiode Drucksache 17/5064 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4663 - Ambulante Versorgung als Zukunftsaufgabe für Niedersachsen Anfrage der Abgeordneten Uwe Schwarz, Holger Ansmann, Marco Brunotte, Immacolata Glosemeyer, Dr. Christos Pantazis, Andrea Schröder-Ehlers und Dr. Thela Wernstedt (SPD) an die Landesregierung, eingegangen am 23.11.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 30.11.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung vom 26.01.2016, gezeichnet Cornelia Rundt Vorbemerkung der Abgeordneten Infolge der demografischen Entwicklung steigt die Zahl der Menschen mit Pflege- und Betreuungsbedarf stetig. Erhebliche Zuwächse bei der Inanspruchnahme von Tagespflege und eine stetig steigende Inanspruchnahme von pflegerischen Leistungen im Bereich der ambulanten Dienste sind festzustellen. Die gesetzten Rahmenbedingungen stellen aber, insbesondere für den ländlichen Raum, eine besondere Herausforderung dar. Mit dem Ersten Pflegestärkungsgesetz erhalten alle rund 2,7 Millionen Pflegedürftigen in Deutschland bereits seit dem 01.01.2015 mehr Leistungen. Auch die Leistungen für die Pflege zu Hause wurden verbessert. Um den demografischen Herausforderungen zu begegnen, wird in Niedersachsen gerade auch im ländlichen Raum als ein Baustein bei der Versorgung von Pflege- und Betreuungsbedürftigen nach dem Grundsatz „ambulant vor stationär“ verfahren. Damit dieser Grundsatz erfolgreich umgesetzt werden kann, müssen sowohl die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte als auch die Rahmenbedingungen für ambulante Pflegedienste nachhaltig verbessert werden. Nachdem die Vorgängerregierung auch im Bereich der ambulanten Pflege und in der Kurzzeitpflege Kürzungen von 20 % vorgenommen hatte, wird die jetzige Landesregierung ab 2016 für die Stärkung der ambulanten Pflege im ländlichen Raum zusätzlich zu den Mitteln für die Investitionskostenförderung nach dem Niedersächsischen Pflegegesetz in Höhe von insgesamt rund 44,1 Millionen Euro noch einen Betrag in Höhe von rund 6,3 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Vorbemerkung der Landesregierung Um der in § 9 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) verankerten gesetzlichen Verantwortung des Landes zur Vorhaltung einer leistungsfähigen, zahlenmäßig ausreichenden und wirtschaftlichen pflegerischen Versorgungsstruktur nachzukommen, bedarf die ambulante Pflege im ländlichen Raum besonderer Unterstützung. Zugleich hat der Bundesgesetzgeber mit dem Pflegeversicherungsgesetz die Festlegung der einzelvertraglichen Konditionen für die Leistungserbringung in der Pflege, wie z. B. die personelle Ausstattung und Vergütung, ausschließlich in die Hände der Vertragspartner (Kosten- und Einrichtungsträger ) gelegt. Den Vertragsparteien im Bereich der Pflege kommt hier somit eine hohe Verantwortung zu. Überfällig sind Antworten auf zahlreiche offene Fragen - z. B. zur zukünftigen Behandlung der Wegekosten, der Problematik von längeren Fahrzeiten im ländlichen Raum, der geteilten Dienste und erzwungenen Teilzeitarbeit. Für all dies müssen die Verhandlungspartner unbedingt Lösungen entwickeln, die sich auch auskömmlich im Pflegesatzgeschehen abbilden. Auskömmliche Finanzierung, Leistungsfähigkeit und Fachkräftesicherung bilden hier eine unauflösbare Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5064 2 Einheit für die Gestaltung einer zukunftssicheren Pflege. Scheitern die Selbstverwaltungsorganisationen und finden keine geeigneten Lösungen, droht ein ernsthafter Versorgungsengpass in der ambulanten Versorgung Pflegebedürftiger im ländlichen Raum durch eine weitere Verstärkung des Fachkräftemangels im ländlichen Raum. Eine bundesrechtliche Ermächtigungsgrundlage, die die Länder berechtigt, von den bundesrechtlichen Regelungen des SGB IV und SGB XI abzuweichen und im Rahmen ihrer Strukturverantwortung nach § 9 SGB XI in begründeten Ausnahmesituationen die Selbstverwaltung einzuschränken, besteht nicht. Auch bei der Möglichkeit, nach § 75 SGB XI Kollektiv-Rahmenverträge über die ambulant-pflegerische Versorgung abzuschließen - und damit eine wirksame und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten sicherzustellen und einheitliche Vorgaben für Art, Inhalt und Umfang der pflegerischen Versorgung festzulegen -, ist das Land nicht Vertragspartei und kann insoweit keinen direkten Einfluss nehmen. Vielmehr obliegt die Sicherstellung der wirksamen und wirtschaftlichen pflegerischen Versorgung der Versicherten hier den Pflegekassen, den Vereinigungen der Träger der ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen sowie den Arbeitsgemeinschaften der örtlichen Sozialhilfeträger . Dies vorausgeschickt, sollten die im Rahmen des geplanten Förderprogramms vorgesehenen Zuwendungen ambulanten Pflegeeinrichtungen im ländlichen Raum bei der Herstellung tragfähiger Arbeits- und Organisationsbedingungen helfen und durch eine entsprechende Stärkung der ambulanten Pflege zu einer zukunftssicheren Pflege im ländlichen Raum beitragen. Träger von ambulanten Diensten im ländlichen Raum sollen damit angeregt werden, Lösungen zu entwickeln und Maßnahmen durchzuführen, die auf Dauer angelegte strukturelle Veränderungen beinhalten, um die Attraktivität ländlicher ambulanter Dienste für die Fachkräftegewinnung zu stärken und so zu einer nachhaltigen Verbesserung der Sicherstellung der Versorgung im ländlichen Raum in Niedersachsen beizutragen. 1. Wie viele ambulante Pflegedienste in Niedersachsen gibt es? Ende des Jahres 2013 gab es in Niedersachsen 1 231 ambulante Pflegeeinrichtungen mit einem Versorgungsvertrag für die Leistungserbringung nach dem SGB XI 1 . 2. In welcher Trägerschaft befinden sich die ambulanten Pflegedienste - kommunal, kirchlich , wohlfahrtspflegerisch, privat usw. -, und wie hat sich diese Struktur seit 2010 entwickelt ? Die überwiegende Zahl der ambulanten Pflegedienste befindet sich in privater Trägerschaft (2013: 66,4 %). Der Anteil der frei-gemeinnützig getragenen Einrichtungen war 2013 mit 32,2 % nur knapp halb so groß. Öffentlich getragene Pflegedienste nahmen mit 1,5 % einen marginalen Anteil ein. Aus der folgenden Darstellung ergibt sich, dass die Anzahl der privaten Pflegedienste im Zeitverlauf sukzessive zugenommen und der Anteil der Dienste in frei-gemeinnütziger und in öffentlicher Trägerschaft an der jeweiligen Gesamtzahl der ambulanten Pflegedienste sich demgegenüber reduziert hat. Jahr Gesamt Art der Trägerschaft privat frei-gemeinnützig öffentlich 2013 1 231 817 (66,4%) 397 (32,2 %) 19 (1,5 %) 2011 1 189 780 (65,6 %) 385 (32,4 %) 24 (2 %) 2009 1 164 756 (64,9 %) 384 (33 %) 24 (2,1 %) 2007 1 112 703 (63,2 %) 384 (34,5 %) 25 (2,2 %) 1999 926 493 (53,2 %) 410 (44,3 %) 23 (2,5 %) Quelle: LSN, Pflegestatistik 2013, 2011, 2009, 2007 und 1999) 1 LSN, Pflegestatistik 2013 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5064 3 3. Wie viele Sozialstationen gibt es noch in Niedersachsen, und wie hat sich diese Zahl seit 2010 entwickelt? 4. In welcher Trägerschaft befinden sich diese Sozialstationen? Die Fragen 3 und 4 werden zusammen beantwortet. Bei Sozialstationen handelt es sich um ambulante Pflegeeinrichtungen (Pflegedienste). Das SGB XI sieht eine gesonderte Beschreibung von „Sozialstationen“ nicht mehr vor. Seit 1995 - mit Einführung der Pflegeversicherung - wird somit der Begriff der Sozialstationen nicht mehr offiziell verwendet. Ambulante Pflegeeinrichtungen haben sich im Rahmen ihrer unternehmerischen Freiheit teilweise weiter als Sozialstationen benannt. Eine Abgrenzung zwischen Sozialstationen und sonstigen ambulanten Pflegeeinrichtungen kann deshalb nicht vorgenommen werden Dies vorausgeschickt, kann für die Beantwortung nur darauf abgestellt werden, wie viele ehemaligen Sozialstationen, die 1995 bestanden und mit der Einführung der Pflegeversicherung in das neue System überführt wurden, heute noch existieren bzw. 2010 existiert haben. Da dies nur noch begrenzt zu ermitteln ist und im Übrigen seit dieser Zeit Fusionen, Trägerumwandlungen auch in der ambulanten Pflege stattgefunden haben, kann nachfolgend nur mit Näherungswerten gearbeitet werden. Danach lassen sich aktuell 312 (2010: 310) Sozialstationen in Trägerschaft von Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege und 21 in Trägerschaft von Städten und Gemeinden nachweisen . 5. Ist die Mitarbeitervergütung der ambulanten Pflegedienste einschließlich der Sozialstationen einheitlich geregelt? 6. Welche Formen der Zusatzversorgung gibt es für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Zusammenhang bei den unterschiedlichen Trägern (z. B. VBL, kirchliche Zusatzversorgung etc.)? Die Fragen 5 und 6 werden zusammen beantwortet. Die Vergütung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist nicht einheitlich geregelt. In den verschiedenen ambulanten Pflegediensten (und auch Sozialstationen) gelten unterschiedliche , mitunter verbandsabhängige Regelungen zur Bezahlung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dies betrifft auch die Zusatzversorgung. Für den Bereich der LAG FW e. V. sind dazu Zusatzversorgungskassen (AWO, Diakonie), kirchliche Zusatzversorgung (Caritas), Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (DRK) und unterschiedliche Zusatzversorgungen (Paritätischer Wohlfahrtsverband ) zu benennen. Bei ambulanten Diensten in privater Trägerschaft obliegen Entscheidungen zu Vergütungen und Zusatzversorgungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der unternehmerischen Freiheit der einzelnen Einrichtungen. Insoweit war dem befragten Verband eine Beantwortung nicht möglich. Bekannt ist, dass gewerbliche Leistungsanbieter seltener tarifgebunden sind als Einrichtungen in öffentlicher oder freigemeinnütziger Trägerschaft. (Ausgegeben am ) Drucksache 17/5064 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4663 Ambulante Versorgung als Zukunftsaufgabe für Niedersachsen Anfrage der Abgeordneten Uwe Schwarz, Holger Ansmann, Marco Brunotte, Immacolata Glosemeyer, Dr. Christos Pantazis, Andrea Schröder-Ehlers und Dr. Thela Wernstedt (SPD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung