Niedersächsischer Landtag 17. Wahlperiode Drucksache 17/5094 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4751 - Bei wie vielen Flüchtlingen können kurz- und mittelfristig verlässliche Kompetenzdaten abgefragt werden? Anfrage des Abgeordneten Rainer Fredermann (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 01.12.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 08.12.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung vom 01.02.2016, gezeichnet Olaf Lies Vorbemerkung des Abgeordneten Neben der Gewährleistung winterfester Unterkünfte sowie einer zügigen Vermittlung von Sprachkursen kommt der Feststellung vorhandener sprachlicher, schulischer und beruflicher Kompetenzen der Flüchtlinge eine hohe Bedeutung zu. In einer Unterrichtung des Landtags (zu Drs. 17/4240) berichtete der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Olaf Lies, MdL, über die ersten Ergebnisse des Modellprojekts „Kompetenzen erkennen. Gut ankommen in Niedersachsen“ der BA-Regionaldirektion. Die Ergebnisse von im ersten Quartal des Projekts (Juli bis September 2015) durchgeführten 400 vertieften Arbeitsmarktgesprächen bezüglich der schulischen und beruflichen Bildung der Flüchtlinge zeichnen ein positiveres Bild als die Presseberichterstattung vermuten lässt. Die Erstberatung in den Agenturen für Arbeit unterscheidet sich nach Einschätzung von Beobachtern in den Landkreisen und Städten zum Teil erheblich. Gleiches gilt für die Kooperation von Bundesagentur für Arbeit und örtlichen Netzwerken der Flüchtlingshilfe. In der Region Hannover hat die Bundesagentur für Arbeit eine seit Juli 2015 mit drei Sachbearbeiterinnen besetzte Flüchtlingsvermittlung geschaffen. Bei der Erfassung schulischer und beruflicher Qualifikationen kooperiert sie u. a. mit dem Unterstützungskreis Flüchtlingsunterkünfte Hannover e. V., der in den Flüchtlingsunterkünften Fragebögen ausfüllt und vorhandene Leistungsnachweise vorsortiert. Dies entlastet die Vermittler in der Bundesagentur bei der Erstvermittlung. Vorbemerkung der Landesregierung Die Arbeitsmarktintegration von Asylsuchenden und Flüchtlingen stellt angesichts der bis auf weiteres absehbar anhaltenden Zuwanderung auch in Niedersachsen eine wesentliche Herausforderung der Arbeitsmarktpolitik dar. Vor diesem Hintergrund hat die Landesregierung im Rahmen der Fachkräfteinitiative Niedersachsen und der Niedersächsischen Flüchtlingskonferenz gemeinsam mit ihren Arbeitsmarktpartnern verschiedene Maßnahmen entlang der Kette relevanter Integrationsschritte ergriffen, um so auf eine möglichst frühzeitige Arbeitsmarktintegration von Asylsuchenden und Flüchtlingen hinzuwirken. Im Zeitraum vom 01.06.2015 bis 31.05.2017 führt das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr in Kooperation mit der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen der Bundesagentur für Arbeit (BA) das Projekt „Kompetenzen erkennen. Gut ankommen in Niedersachsen“ durch. Ziel ist es, insbesondere Schutzsuchenden mit längerfristiger Bleibeperspektive schon frühzeitig nach ihrer Aufnahme in Niedersachsen durch eine zeitnahe Kompetenz-Dokumentation individuell geeignete Chancen auf eine Beteiligung am Erwerbsleben und damit auf eine verbesserte gesellschaftliche Teilhabe zu eröffnen. Die aktuellen Standorte des Projektes sind die Erstaufnahmeeinrichtungen Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5094 2 der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen (LAB NI) in Bramsche, Braunschweig, Friedland und Osnabrück. 1. Welche über den Inhalt der Unterrichtung hinaus gehenden sozioökonomischen Daten kann die Landesregierung zur bislang ausgewerteten Stichprobe in der Qualifikationsabfrage mitteilen? Im Rahmen der zum Projekt „Kompetenzen erkennen. Gut ankommen in Niedersachsen“ geführten Projektstatistik liegt eine Erhebung verschiedener individueller Strukturmerkmale vor. Die Kompetenz -Dokumentation erfolgt in einem zweistufigen Verfahren: Im Rahmen sogenannter Perspektivengespräche durch den Sozialdienst der LAB NI werden zunächst relevante personenbezogene Daten erhoben. Anschließend wird mit Vermittlungsfachkräften der Bundesagentur für Arbeit ein Termin vereinbart, in dem eine Datenerfassung in der EDV der BA erfolgt. Die auf freiwilliger Basis erhobenen Kompetenzprofile werden den regionalen Arbeitsagenturen, Jobcentern und Kommunen für die am späteren Aufnahmeort erfolgende weitere Beratungs- und Vermittlungstätigkeit zur Verfügung gestellt. Zudem werden auch den befragten Personen selbst ihre - in sogenannten Perspektivenbögen dokumentierten - Kompetenzprofile ausgehändigt, damit diese auch in weiteren persönlichen Beratungen z. B. durch Organisationen der Wohlfahrt oder der Flüchtlingshilfe genutzt werden können. Generell ist zu betonen, dass die Daten nicht repräsentativ für die Gesamtheit aller in Niedersachsen aufgenommenen Asylsuchenden bzw. Flüchtlinge sind. Die Erhebungsergebnisse können lediglich als Tendenzaussagen über die Qualifikationsstruktur unter den rund 1 300 im Rahmen des Berichtszeitraums Juli bis Dezember 2015 befragten Asylsuchenden bzw. Flüchtlingen interpretiert werden. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass auch die Richtigkeit der erfassten Daten - insbesondere zu den Merkmalen der Nationalität sowie zum Vorliegen von Sprachkenntnissen, Schul- und Hochschulqualifikationen sowie Berufsausbildungen und -erfahrungen - im Rahmen des Projektes nicht zu überprüfen ist. Die erhobenen Merkmalsausprägungen beruhen allein auf ungeprüften persönlichen Angaben der befragten Personen. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen sind nach Auswertung der vorliegenden Daten (Stand Ende Dezember 2015) für die Gesamtheit von 911 Personen folgende Tendenzaussagen möglich: – Geschlecht: Rund neun von zehn der befragten Personen sind Männer. – Alter: Rund drei Viertel der befragten Personen sind unter 35 Jahre alt. – Herkunft: Rund vier Fünftel der befragten Personen kommen aus den drei Herkunftsstaaten Syrien (ca. 60 %) sowie Sudan und Irak (jeweils ca. 9 %). – Sprache: Nur wenige Personen gaben deutsche oder französische Sprachkenntnisse an. Rund 600 Personen haben mindestens englische Grundkenntnisse angegeben. – Etwa 300 Personen gaben an, einen Schulabschluss zu besitzen (Hinweis: Eine Vergleichbarkeit mit dem deutschen Schulsystem kann nicht vorausgesetzt werden.). – Mehr als 500 der befragten Personen gaben an, einen Hochschulabschluss zu besitzen (Hinweis : Eine Vergleichbarkeit mit dem deutschen Hochschulsystem kann nicht vorausgesetzt werden). – Berufsausbildung: Rund 130 der befragten Personen gaben an, eine Berufsausbildung absolviert zu haben (Hinweis: Eine Vergleichbarkeit mit dem deutschen dualen Berufsausbildungssystem kann nicht vorausgesetzt werden.). – Berufserfahrung: Rund 450 der befragten Personen gaben an, dass sie in einem Beruf über eine Berufserfahrung verfügen. Darüber hinaus liegen aus dem Projekt „Kompetenzen erkennen. Gut ankommen in Niedersachsen “ derzeit keine weiteren soziökonomischen Erkenntnisse vor. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5094 3 2. Wie soll bei der Erweiterung des Modellprojekts „Kompetenzen erkennen. Gut ankommen in Niedersachsen“ die ehrenamtliche Erfassung von Qualifikationen eingebunden werden, um schneller einen verlässlichen Überblick über das vorhandene Leistungsniveau zu erreichen? Die im Rahmen des Projektes „Kompetenzen erkennen. Gut ankommen in Niedersachsen“ vorgesehenen Erstdokumentationen von individuellen Kompetenzprofilen werden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sozialdienstes der LAB NI durchgeführt und von den im Projekt eingesetzten Vermittlungsfachkräften der BA gegebenenfalls ergänzt. Die Einbindung ehrenamtlich tätiger Helferinnen und Helfer ist bei der Erfassung von Qualifikationen im Rahmen des Modellprojektes nicht vorgesehen. 3. Wie und unter Zuhilfenahme welcher Instrumente soll die landesweite Umsetzung des Modellprojekts auf alle Flüchtlingsunterkünfte in Niedersachsen zeitnah erreicht werden ? Angesichts der historischen Flüchtlingssituation stehen die Länder und die Kommunen vor einer großen Herausforderung. Oberstes Ziel ist in der gegenwärtigen Situation, den bei uns Zuflucht suchenden Menschen Unterkunft und Verpflegung zu gewähren. Vor diesem Hintergrund ist eine Ausweitung des Projektes „Kompetenzen erkennen. Gut ankommen in Niedersachsen“ auf weitere LAB NI-Standorte und -Außenstellen zeitnah nicht umsetzbar. 4. Welche bestehenden und in Gründung befindlichen Einrichtungen zur Flüchtlingsvermittlung sowie Kooperationen von Bundesagentur und lokalen Flüchtlingsnetzwerken - aufgeteilt nach Landkreisen - sind der Landesregierung bekannt? Wesentliche Angebote zur individuellen Unterstützung der Arbeitsmarktintegration erhalten Flüchtlinge landesweit von den im Rahmen der ESF-Integrationsrichtlinie Bund - Förderschwerpunkt „Integration von Asylbewerbern und Flüchtlingen (IvAF)“ bundesseitig geförderten regionalen Netzwerken . Seit dem 01.01.2016 operieren in Niedersachsen folgende vier IvAF-Projekte, für deren Förderung sich auch der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und die Ministerin für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung gemeinsam bei der zuständigen Bundesministerin für Arbeit und Soziales eingesetzt hatten: – „Netwin 3“: Durchführung in Osnabrück, Bentheim, Meppen, Diepholz, Oldenburg, Brake jeweils mit flächendeckender Ausstrahlung in das Weser-Ems-Gebiet (Projektkoordination: Caritasverband für die Diözese Osnabrück e. V.), – „FairBleib Südniedersachsen“: Durchführung in den Landkreisen Göttingen, Northeim und Osterode (Projektkoordination: Bildungsgenossenschaft Südniedersachsen - BIGS), – „Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge - AZF III“: Durchführung in Hildesheim und Hannover jeweils mit flächendeckender Ausstrahlung in die Region Hannover/Braunschweig (Projektkoordination : Niedersächsischer Flüchtlingsrat e. V.), – „Teilhabe am Arbeitsmarkt (TAF)“: Durchführung in den Landkreisen Heidekreis, Lüneburg und Celle jeweils mit flächendeckender Ausstrahlung in die Region Lüneburg (Projektkoordination: VHS Heidekreis). Das Unterstützungsangebot der IvAF-Netzwerke für Flüchtlinge bzw. Asylsuchende umfasst individuelle berufliche Beratung, betriebsnahe Aktivierung und Qualifizierung sowie die Vermittlung in Arbeit oder Ausbildung, daneben eine Verstärkung der Angebote der Arbeitsagenturen und Jobcenter sowie auch Schulungen für Multiplikatoren in Betrieben, in der öffentlichen Verwaltung sowie in Jobcentern/Arbeitsagenturen und die Vermittlung in berufsbezogene Sprachkurse. Daneben ist landkreisübergreifend auf das landesweite Netzwerk „Integration durch Qualifizierung (IQ)“ Niedersachsen hinzuweisen, das seit seiner Einrichtung im Jahr 2011 für Zuwanderinnen und Zuwanderer aus allen Berufsgruppen eine kostenfreie Erstberatung zu Fragen der beruflichen Anerkennung von Auslandsqualifikationen anbietet und dazu ein flächendeckendes Angebot von Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5094 4 13 (Stand: 2015) Beratungsstellen sowie ein Qualifizierungsangebot für Personen aufgebaut hat, die die Anerkennung ihres im Ausland erworbenen Berufsabschlusses anstreben. Seit 2015 wird das IQ-Netzwerk Niedersachsen gemeinsam aus Mitteln des Bundes, des Europäischen Sozialfonds (ESF) und des Landes finanziert. Dazu beteiligt sich das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung mit jährlich bis zu 480 000 Euro an der Kofinanzierung des IQ-Netzwerks Niedersachsen. Um die Beratungskapazitäten sowie das Qualifizierungsangebot des IQ-Netzwerkes in Niedersachsen aufgrund der gestiegenen Flüchtlingszahlen zu erweitern, ist die Verdoppelung der Kofinanzierung des Landes am IQ-Netzwerk Niedersachsen ab 2016 auf bis zu 960 000 Euro jährlich in Vorbereitung. Ferner befinden sich alle Agenturen für Arbeit und Jobcenter (gemeinsame Einrichtungen) in Niedersachsen in Netzwerken mit verschiedenen Kooperationspartnern. Diese Netzwerke sind individuell an den regionalen Gegebenheiten und Erfordernissen ausgerichtet. Darüber hinaus ist auch auf das Netzwerk der Kooperativen Migrationsarbeit Niedersachsen (KMN) hinzuweisen, das bereits im Jahr 2000 entwickelt und gegründet wurde. In der KMN sind alle wichtigen Beratungs-, Service- und Informationsangebote für Zugewanderte, auch für Flüchtlinge, zusammengefasst . Dieses Netzwerk verknüpft flächendeckend landesweit mehr als 600 Fachkräfte und Einrichtungen miteinander. Die KMN ist somit wichtiger und wesentlicher Bestandteil der Migrations - und Teilhabepolitik in Niedersachsen. Das Netzwerk hat sich mit seiner Organisationsform der zehn Regionalverbünde (RV) als Verbundsystem bewährt und trägt maßgeblich dazu bei, Migration und Teilhabe lokal, regional und landesweit als Querschnittsaufgabe zu verankern. Die Regionalverbünde sind selbstorganisiert und haben u. a. die Aufgabe, den Informationsfluss zwischen ihren Mitgliedern zu gewährleisten sowie den Erfahrungsaustausch und Fort- und Weiterbildungen innerhalb des Verbundes sicherzustellen. Die von den RV bestimmten, ehrenamtlich tätigen Federführenden sind kompetente Ansprechpersonen vor Ort. Die wichtigsten Säulen und Akteurinnen und Akteure unter dem Dach der KMN sind u. a. – vom Land geförderte Migrationsberatung (Integrations- und Flüchtlingsberatung), – Koordinierungsstellen Migration und Teilhabe, – Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte (MBE) und Jugendmigrationsdienste (JMD) des Bundes, – regionale und kommunale Initiativen, Einrichtungen und Projekte im Bereich Migration und Teilhabe , – Regionalkoordinatorinnen/Regionalkoordinatoren des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), – Fachkräfte aus der Jugendsozialarbeit, – niedersächsische Projekte an schulischen Standorten, – Migranten(selbst)organisationen, – LAG Freie Wohlfahrtspflege, – LAG Jugendsozialarbeit, – LAG soziale Brennpunkte, – Zusammenschluss freier Träger von Integrationsfachdiensten, – Arbeitsgemeinschaft Migrantinnen, Migranten und Flüchtlinge in Niedersachsen (AMFN) und – Integrationsberatung verschiedener Behörden. Des Weiteren sind mit eingebunden z. B. Integrationsbeauftragte, freie Träger von Integrationsfachdiensten , Projekte und weitere Netzwerke, Jugend- und Sozialämter, der Landespräventionsrat , die Landesstelle Jugendschutz Niedersachsen, der Landessportbund Niedersachsen, Ausländerbehörden und Jobcenter, Landesamt für Soziales, Jugend und Familie, Fachkräfte aus der Jugendberufshilfe (Pro-Aktiv-Center) etc. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5094 5 Darüber hinaus ist das Netzwerk offen für alle Akteurinnen und Akteure der Integrationsarbeit auf kommunaler und regionaler Ebene sowie aus Landes-, Bundes- und EU-Programmen. Die KMN bündelt und verknüpft die Initiativen, Projekte und verschiedenen Programme und Maßnahmen der Migrationsarbeit in Niedersachsen miteinander. Das Netzwerk KMN trägt wesentlich zur Qualitätsentwicklung und -sicherung bei und fördert die Migration und Teilhabe insbesondere durch – Planung und Organisation von Fort- und Weiterbildungen sowie Fachtagungen, – Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, – Beratung und Begleitung im individuellen Eingliederungsprozess von Zugewanderten, – Beteiligung an Fort-, Weiterbildungs- und Informationsveranstaltungen zu interkulturellen Themen , u. a. für Beschäftigte in Verwaltungen, Schulen und sozialen Einrichtungen, – Initiativen zur kulturellen Öffnung, – Übernahme von Servicefunktionen für Initiativen zur Vermittlung von Migrantinnen und Migranten in den Arbeitsmarkt oder in berufliche Qualifizierungsmaßnahmen, – Zusammenarbeit mit den lokalen Vernetzungsstrukturen, Unterstützung lokaler Netzwerke, – Initiierung und Mitgestaltung von öffentlichen Veranstaltungen zur Förderung des gleichberechtigten Miteinanders von Einheimischen und Zugewanderten und zum Abbau von Benachteiligung , Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit, – Zusammenarbeit mit den örtlichen Präventionsräten und gemeinwesenorientierten Projekten, – Unterstützung und Förderung der sozialen Integration durch Stärkung von Selbstorganisation und Selbsthilfepotenzialen von Migrantinnen und Migranten, – Förderung und Aktivierung des freiwilligen ehrenamtlichen sowie bürgerschaftlichen Engagements (z. B. Integrationslotsinnen und Integrationslotsen). 5. Was wurde zur zügigen Übersetzung vorhandener Leistungsnachweise und - gegebenenfalls unter Einbindung der Kammern - zur Anerkennung entsprechender Qualifikationen unternommen? Nach den Regelungen des Niedersächsischen Gesetzes über die Feststellung der Gleichwertigkeit im Ausland erworbener Berufsqualifikationen (NBQFG) ist es Aufgabe der Antragstellerinnen und Antragsteller, zur Anerkennung ihrer im Ausland erworbenen Qualifikationen den Anerkennungsstellen Übersetzungen ihrer Zeugnisse vorzulegen. Kosten zur Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse können durch die Arbeitsverwaltung im Rahmen des Vermittlungsbudgets nach § 44 SGB III (i. V. m. § 16 Abs. 1 SGB II) übernommen werden, soweit dies für die Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist. Die förderbaren Aufwendungen umfassen auch Aufwendungen , die durch die Vorlage der Unterlagen entstehen, beispielsweise Übersetzungen, Beglaubigungskopien und Gebühren für Gutachten. 6. Wie können bei fehlenden Unterlagen Praktika zur Qualifikationsfeststellung ausgestaltet werden, um Hemmnisse bei der Arbeitsvermittlung zu vermeiden? Die Landesregierung hält Praktika zur Berufsorientierung für einen wichtigen Baustein, um Asylbewerberinnen , Asylbewerber und Flüchtlinge an den Arbeitsmarkt heranzuführen. Praktika sind zum einen für die Ausbildungsinteressenten notwendig, um sich für eine Berufsausbildung zu entscheiden . Zum anderen werden sie bisweilen auch von Ausbildungsbetrieben verlangt, bevor sie sich für eine Bewerberin oder einen Bewerber entscheiden. Darüber hinaus sind Praktika dazu geeignet, eine Eignungs- oder Kompetenzfeststellung von Asylbewerberinnen, Asylbewerbern und Flüchtlingen durchzuführen, die über keine dem deutschen Schul- und Ausbildungssystem entsprechenden Abschlüsse verfügen. Daher begrüßt die Landesregierung, dass durch die am 01.08.2015 in Kraft Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5094 6 getretenen Änderungen des Aufenthaltsgesetzes und der Beschäftigungsverordnung der Zugang für Asylbewerberinnen, Asylbewerber und Flüchtlinge zu Praktika erheblich vereinfacht worden ist. Seitdem bedarf die Aufnahme folgender Praktika für Asylbewerberinnen/Asylbewerber und Geduldete keiner Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit: – Praktika verpflichtend aufgrund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie, – Praktika von bis zu drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums, – Praktika von bis zu drei Monaten begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung oder – die Teilnahme an einer Einstiegsqualifizierung nach § 54 a des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder an einer Berufsausbildungsvorbereitung nach §§ 68 bis 70 des Berufsbildungsgesetzes . Asylbewerberinnen/Asylbewerber und Geduldete können damit z. B. durch Orientierungspraktika praktische Kenntnisse und Erfahrungen in der betrieblichen Tätigkeit erlangen. Es können auch mehrere Orientierungspraktika zustimmungsfrei sein, wenn sich Asylsuchende und Geduldete auf verschiedene Ausbildungen orientieren wollen. Ein Orientierungszweck ist auch gegeben, wenn ein ausländischer Ausbildungsabschluss in Deutschland (noch) nicht anerkannt wurde und im Anschluss an das Praktikum in Deutschland eine (erneute) Berufsausbildung aufgenommen werden soll. Strebt ein Asylsuchender oder Flüchtling eine bestimmte Berufsausbildung an, kommt z. B. auch eine durch die BA geförderte Qualifizierungsmaßnahme nach § 54 a SGB III in Betracht. Dabei können Betriebe Ausbildungsinteressenten an eine Ausbildung in ihrem Betrieb heranführen, wenn sie aktuell noch nicht in vollem Umfang für eine Ausbildung geeignet sind. Diese Maßnahme bietet die Gelegenheit, berufliche Handlungsfähigkeit zu erlangen sowie Fähigkeiten und Fertigkeiten über einen Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten im täglichen Arbeitsprozess zu beobachten. 7. Welche alternativen Maßnahmen zur Qualifikationsüberprüfung bei fehlenden Unterlagen plant die Landesregierung? Die Verfahren zur Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen basieren in der Regel auf einer Dokumentenanalyse. Die beglaubigten Nachweise wie z. B. Abschlusszeugnisse, Diplome oder Arbeitszeugnisse werden hierbei mit den Anforderungen an den deutschen Referenzberuf verglichen. Nach § 14 NBQFG haben die für die Anerkennung zuständigen Stellen in Fällen, in denen Antragstellende die für die Feststellung oder Bewertung der Gleichwertigkeit erforderlichen Nachweise nicht oder nur teilweise vorlegen können, die Option, berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten der Antragstellenden durch geeignete sonstige Verfahren festzustellen. Dies kann z. B. durch Arbeitsproben, Fachgespräche, Prüfungen oder Gutachten erfolgen. Eine solche Qualifikationsanalyse ermöglicht allen Beteiligten - Antragstellenden, Anerkennungsstellen und Arbeitgebern - eine fachliche Einschätzung über die vorhandenen und fehlenden Kompetenzen. In diesem Zusammenhang wird auch auf das „Integrationsprojekt Handwerkliche Ausbildung für Flüchtlinge und Asylbewerber (IHAFA)“ der Handwerkskammern in Niedersachsen verwiesen, das mit Förderung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr im Zeitraum vom 01.11.2015 bis 31.01.2017 durchgeführt wird und in dessen Rahmen bis zu 500 jüngere Asylsuchende und Flüchtlinge auf eine Handwerksausbildung mit Start im Ausbildungsjahr 2016/2017 vorbereitet werden sollen. So sind im Rahmen IHAFA neben den Bestandteilen Berufsberatung, Praktika und Vermittlung in Ausbildung auch individuelle Eignungs- und Kompetenzfeststellungen vorgesehen, die unbeschadet eines etwaigen Vorliegens formaler Nachweise über Berufsabschlüsse durchgeführt werden. Denkbar ist, dass die dabei durch die Handwerkskammern gewonnenen Erfahrungen künftig auch in die Ausgestaltung formaler Prüfverfahren zur Anerkennung von Auslandsqualifikationen mit einfließen können. (Ausgegeben am 08.02.2016) Drucksache 17/5094 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4751 Bei wie vielen Flüchtlingen können kurz- und mittelfristig verlässliche Kompetenzdaten abgefragt werden? Anfrage des Abgeordneten Rainer Fredermann (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr