Niedersächsischer Landtag 17. Wahlperiode Drucksache 17/5096 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4896 - Warum wurden die Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg und die Emder Hafenförderungsgesellschaft nicht in die vorbereitenden Gespräche des Verfahrens zum Erlass der Naturschutzgebietsverordnung für das geplante Naturschutzgebiet „Außenems “ eingebunden? Anfrage des Abgeordneten Ulf Thiele (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 21.12.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 04.01.2016 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 28.01.2016, gezeichnet Stefan Wenzel Vorbemerkung des Abgeordneten Mit Schreiben vom 5. November 2015 hat die Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg eine Stellungnahme gegenüber dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft , Küsten- und Naturschutz (NLWKN) abgegeben, in der sie auf die fehlende Einbindung der IHK und der Emder Hafenförderungsgesellschaft in die vorbereitenden Gespräche, die mit Kommunen , Entwässerungs-, Jagd- und Naturschutzverbänden geführt wurden, hinweist. Die IHK weist in einem Schreiben, das mir gemeinsam mit der Stellungnahme zugegangen ist, vor allem auf drei Punkte hin, die sie durch ihre Stellungnahme für die maritime Wirtschaft an der Ems erreichen möchten. Diese lauten im Wortlaut: „a) Eine Änderung des Gebietszuschnittes des geplanten Naturschutzgebiets, damit die bereits geplanten oder jetzt im Rahmen des Perspektivpapiers für den Seehafen Emden (NPorts) erfassten Entwicklungsschritte durch das Naturschutzgebiet nicht behindert werden. Das erfordert eine Herausnahme der fraglichen Gebiete aus dem Naturschutzgebiet (einschließlich eines hinreichenden Abstandskorridors). b) Sicherung der Schifffahrt und des Hafenumschlags, gleichfalls der Erfordernisse, die sich aus der Entwicklung der maritimen Wirtschaft und auch im Wettbewerb mit anderen Revieren ergeben . c) Eine ebenso klare Sicherung der Pläne zur Anpassung der Fahrrinne in der Außenems, damit das entsprechende Planfeststellungsverfahren in Bälde zügig weitergeführt werden kann. Eine weitere Verzögerung des seit 2002 betriebenen Vorhabens bringt uns vollends ins Hintertreffen gegenüber den westlichen Nachbarn, die ihre Fahrrinnenanpassung in 2017 realisiert haben werden.“ Vorbemerkung der Landesregierung Die Meldung der EU-Vogelschutzgebiete sowie die der EU-Kommission vorzuschlagenden FFH- Gebiete erging für jedes Natura-2000-Gebiet auf der Basis eines entsprechenden vorherigen Kabinettsbeschlusses der damaligen CDU/FDP-geführten Landesregierung. So erfolgte die FFH-Gebietsmeldung des FFH-Gebietes „Unterems und Außenems“ am 17. Februar 2006 gemäß Kabinettsbeschluss vom 24. Januar 2006. Das Gebiet wurde in die im Amtsblatt der Europäischen Uni- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5096 2 on vom 21. Dezember 2013 veröffentlichte siebte aktualisierte EU-Liste der Gebiete von Gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen. Die Ausweisung des Naturschutzgebiets „Außenems“ vollzieht - als notwendige Folge der von der damaligen Landesregierung getroffenen Gebietsauswahl - lediglich den letzten Schritt der EUrechtlich geforderten Sicherung der Natura-2000-Gebiete. Die Sicherung der Natura-2000-Gebiete erfolgt in Niedersachsen durch einen hoheitlichen Gebietsschutz (vgl. Vorbemerkungen zur Drs. 17/872). Auf das anhängige EU-Vertragsverletzungsverfahren (2014/2262) wegen unzureichender Sicherung der Gebiete von Gemeinschaftlicher Bedeutung (FFH-Gebiete) wird an dieser Stelle verwiesen. Die Ausweisung des Naturschutzgebietes erfolgt in einem nach § 22 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) i. V. m. § 14 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum BNatSchG (NAGBNatSchG) formalisierten Verfahren durch die zuständige Behörde, d. h. im vorliegenden Fall durch den NLWKN. In diesem Verfahren ist neben der Öffentlichkeit den Trägern öffentlicher Belange gemäß § 14 Abs. 1 NAGBNatSchG Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. 1. Wie bewertet die Landesregierung die in der Stellungnahme an den NLWKN dargestellte Position der Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg (bitte nehmen Sie einzeln Stellung zu den Punkten a bis c)? Die IHK für Ostfriesland und Papenburg hat sich zu den in der Vorbemerkung des Abgeordneten angesprochenen Punkten a) bis c) mit Schreiben vom 5. November 2015 ebenfalls an das Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz gewandt. Zu den Punkten ist seitens der Landesregierung im Einzelnen auszuführen: Zu a: Die Sicherung der Natura-2000-Gebiete erfolgt in Niedersachsen durch einen hoheitlichen Gebietsschutz . Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang die Aussage der EU-Kommission im Kommissionsvermerk zur Ausweisung von besonderen Schutzgebieten (SACs) vom 14. Mai 2012, dass bei der Sicherung die Abgrenzung des Gebietes von der des gemeldeten Gebietes nicht abweichen dürfe (Agena/Louis, NuR 2014, 391, 398, Fn. 108). Insoweit würde eine „Herausnahme“ von FFH- Gebietsflächen aus dem räumlichen Geltungsbereich des geplanten Naturschutzgebietes im Ergebnis dazu führen, dass das Land Niedersachsen in diesem Bereich der EU-rechtlich bestehenden Sicherungsverpflichtung nicht nachkäme. In diesem Zusammenhang ist - wie eingangs bereits erwähnt - darauf hinzuweisen, dass gegen die Bundesrepublik Deutschland (mit inhaltlichem Bezug auch auf Niedersachsen) bereits ein EU-Vertragsverletzungsverfahren wegen unzureichender Sicherung der Gebiete von Gemeinschaftlicher Bedeutung (FFH-Gebiete) anhängig ist. Von der erforderlichen vollständigen räumlichen Erfassung des FHH-Gebietes durch die geplante NSG-Verordnung ist die Ausgestaltung der Schutzbestimmungen zu trennen (siehe unten zu b) und c)). Zu b und c: Nach Mitteilung des NLWKN ergäben sich mit Blick auf die geforderte Sicherung der Schifffahrt und des Hafenumschlags im bestehenden Umfang keine Auswirkungen durch die geplante Naturschutzgebietsverordnung . Die Benutzung und Unterhaltung der Bundeswasserstraße wird ausdrücklich nicht berührt (§ 3 Abs. 4 des VO-Entwurfs), Nutzung, Betrieb und Unterhaltung bestehender Anlagen sind freigestellt (§ 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 und 8 des VO-Entwurfs). Die zukünftige Entwicklung der Emder Hafenwirtschaft, d. h. Erweiterungsabsichten und auch die Fahrrinnenanpassung, wäre auch weiterhin möglich. Voraussetzung hierfür wären die Wahrung von FFH- und Vogelschutzbelangen im Zuge der Anwendung des § 34 BNatSchG und die gegebenenfalls aufgrund der erlassenen Schutzgebietsverordnung erforderliche Erteilung einer Befreiung von den Verboten der betreffenden Verordnung. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5096 3 Für die FFH-Verträglichkeitsprüfung dient die NSG-Verordnung als Beurteilungsmaßstab. Die geplante Verordnung schafft insofern Rechtssicherheit in Bezug auf die seit Meldung des FFH-Gebietes ohnehin erforderliche FFH-Verträglichkeitsprüfung. 2. Wie ist der fachliche Stand des Unterschutzstellungsverfahrens des geplanten Naturschutzgebietes „Außenems“? Das förmliche Verfahren zur Ausweisung des Naturschutzgebietes „Außenems“ wurde am 21. September 2015 eingeleitet. Die Frist zur Stellungnahme im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung sowie der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange endete am 23. Oktober 2015. In einigen Fällen, wurde eine Verlängerung der Einsendefrist bis zum 6. November 2015 gewährt, darunter auch gegenüber der AG „EMS“, der Emder Hafenförderungsgesellschaft („Seaport of Emden Promotion Society“), der Industrie- und Handelskammer und Niedersachsen Ports. Die im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung sowie der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange eingegangenen Stellungnahmen wurden durch den NLWKN ausgewertet. Da im Zuge des Beteiligungsverfahrens für verschiedene Bereiche eine Verkleinerung des Naturschutzgebietes gefordert wurde, hat der NLWKN sich zwecks Klärung möglicher Optionen mit Bericht vom 14. Januar 2016 an das MU gewandt. Das Ergebnis der Prüfung bleibt abzuwarten. 3. Wie ist der weitere Verfahrensablauf? Nach einer Abwägung der unterschiedlichen Interessen durch den NLWKN wird der Verordnungsentwurf einschließlich der Abgrenzung des Gebietes bei Bedarf angepasst. Im Anschluss hieran wird den Kreistagen Leer und Aurich sowie der Stadt Emden ein überarbeiteter Verordnungsentwurf mit der Begründung und einer Synopse der Stellungnahmen und Einwendungen mit der Bitte um Zustimmung vorgelegt. Bei erfolgten positiven Beschlüssen der Kreistage Leer und Aurich sowie des Rates der Stadt Emden wird die Verordnung im Niedersächsischen Ministerialblatt veröffentlicht . 4. Wie ist der Zeitplan zur Umsetzung der Naturschutzgebietsverordnung „Außenems“? Die Naturschutzgebietsverordnung wird im Niedersächsischen Ministerialblatt veröffentlicht und tritt zu dem in der Schutzgebietsverordnung selbst festgesetzten Zeitpunkt in Kraft. 5. Wer wird im Vorfeld in welcher Form beteiligt? Bei komplexen Verfahren führen die für den Erlass der Schutzgebietsverordnung zuständigen Behörden oft vorab Gespräche etc. mit durch die geplante Verordnung voraussichtlich inhaltlich betroffenen Nutzergruppen durch. Diese dem formalen Beteiligungsverfahren vorgelagerten Gespräche dienen dazu, die durch geplante Verordnung voraussichtlich zu regelnden, komplexen Gemengelagen vorab zu eruieren. Ob und mit welchen Nutzergruppen die für den Erlass der Verordnung zuständige Behörde bereits vor dem formalen Beteiligungsverfahren Gespräche aufnimmt, hängt vom Einzelfall ab und liegt im Ermessen der jeweiligen Behörde. Auf eine Einbindung in diese, nicht zum gesetzlich geregelten Beteiligungsverfahren gehörenden, Gespräche besteht kein Anspruch. Im vorliegenden Fall wurden seitens des NLWKN frühzeitig die Stadt Emden sowie die Landkreise Aurich und Leer eingebunden. Bereits am 12. Juli 2015 wurde seitens des NLWKN ein erster Verordnungsentwurf mit Karte vorgelegt. Der Entwurf wurde am 14. September bzw. 5. Oktober 2015 in den Umweltausschüssen der Stadt Emden und des Landkreises Aurich vorgestellt und diskutiert. Am 14. und 28. Juli 2015 fanden darüber hinaus Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der Gemeinde Krummhörn, der Deich-, Siel- und Entwässerungsverbände, der Fischereiwirtschaft, der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer sowie der Naturschutzverbände statt. Als zuständige Behörde für das Befahren und die Unterhaltung der Bundeswasserstraße Ems wurde am 27. Juli 2015 ein Gespräch mit der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes geführt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5096 4 Die Stadt Emden wurde gebeten, weitere relevante Akteure zu benennen. Vorgeschlagen wurden daraufhin die Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Stadt Emden (Zukunft Emden GmbH) und Niedersachsen Ports, mit denen am 14. September 2015 ein Gespräch stattgefunden hat. Parallel fand eine Abstimmung mit dem zuständigen Ministerium der Niederlande statt, da die Ausweisung gemäß Ems-Dollart-Vertrag im gegenseitigen Einvernehmen zu erfolgen hat (Gespräche am 16. Januar und 2. Juli 2015). Alle Gespräche wurden auf Grundlage des vorab übersandten Verordnungsentwurfs vom 12. Juli 2015 geführt. 6. Warum wurden die Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg und die Emder Hafenförderungsgesellschaft nicht an den vorbereitenden Gespräche, die mit Kommunen, Entwässerungs-, Jagd- und Naturschutzverbänden geführt wurden, beteiligt ? Die Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg und die Emder Hafenförderungsgesellschaft wurden seitens des NLWKN nicht in die dem formalen Beteiligungsverfahren vorgelagerte Gespräche eingebunden, da umfassende Beeinträchtigungen der bestehenden Hafenwirtschaft durch den Verordnungsentwurf nicht gesehen wurden. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen zu Frage 1 (hier: Buchstaben b) und c) verwiesen. Aus diesem Grund ist eine dem formalen Beteiligungsverfahren vorgelagerte „Vorab-Einbindung“ über die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, NiedersachsenPorts und die Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Stadt Emden hinaus auch aufgrund des sehr engen Zeitplanes als nicht notwendig eingeschätzt worden. Am 28. Oktober 2015 fand zur geplanten NSG-Verordnung ein Gespräch zwischen dem NLWKN, der AG EMS und der Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg statt. Es wurden alle vorgebrachten Aspekte angesprochen und erläutert. Auch wurden den Gesprächsteilnehmern im Nachgang viele Grundlagendaten und Dokumente übermittelt. Die u. a. von der Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg vorgebrachten Sachverhalte beziehen sich in letzter Konsequenz auf übergeordnete rechtliche Rahmenbedingungen bzw. die bereits 2006 festgelegte Abgrenzung des Natura-2000-Gebietes, die nicht Gegenstand der Abwägung im Ausweisungsverfahren sind. Das letzte Gespräch zur geplanten NSG-Verordnung erfolgte am 16. Dezember 2015 mit Vertretern der Stadt Emden. Hierbei ging es insbesondere um das notwendige Einvernehmen sowie um die Abgrenzung des FFH-Gebietes aus dem Jahr 2006. (Ausgegeben am 08.02.2016) Drucksache 17/5096 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4896 Warum wurden die Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg und die Emder Hafenförderungsgesellschaft nicht in die vorbereitenden Gespräche des Verfahrens zum Erlass der Naturschutzgebietsverordnung für das geplante Naturschutzgebiet „Außenems“ eingebunden? Anfrage des Abgeordneten Ulf Thiele (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz