Niedersächsischer Landtag 17. Wahlperiode Drucksache 17/5098 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4894 - Ist Hannover eine „tief dumpfe und braune (…) Provinz“, die nichts von Kunst versteht? Anfrage des Abgeordneten Dirk Toepffer (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 21.12.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 04.01.2016 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur namens der Landesregierung vom 28.01.2016, gezeichnet Dr. Gabriele Heinen-Kljajić Vorbemerkung des Abgeordneten Am 12. Dezember 2015 berichtete die Hannoversche Allgemeine Zeitung, dass die Niedersächsische Staatstheater Hannover GmbH die Altersempfehlung für die Operninszenierung „Der Freischütz “ kurzfristig auf 16 Jahre angehoben hat. Grund dafür seien drastische Szenen in Videoinstallationen des Lichtdesigners Voxi Bärenklau, die in die Inszenierung integriert wurden. Dr. Oliver Kiaman, kulturpolitischer Sprecher der CDU-Ratsfraktion Hannover, äußerte sich in einer Pressemitteilung vom 12. Dezember 2015 kritisch gegenüber der provokanten Inszenierung des Stücks und dem Umgang der Niedersächsischen Staatstheater Hannover GmbH mit der Situation. In einer E-Mail an Dr. Kiaman vom 15. Dezember 2015 reagiert Voxi Bärenklau auf dessen Kritik folgendermaßen: „Sehr geehrter Herr Kiaman, ich verstehe nichts von Politik und versuche mich da rauszuhalten, aber ich verstehe sehr viel von Kunst, da es mein Beruf ist. Ich schätze Herrn Dr. Klügl, den Intendanten Ihrer Staatsoper als einen Kenner der Kunst und habe mich sehr gefreut in Hannover am Freischütz arbeiten zu dürfen und mit meiner künstlerischen Arbeit für Kay Voges in Hannover einen zeitgemässen Freischütz mit der tatkräftigen Unterstützung durch Herrn Dr. Klügl präsentieren zu können. Offensichtlich haben Sie mit ihrer politischen Nähe zur AfD ein Problem damit. Damit werden Sie, als kleiner unbedeutender Sprecher einer offensichtlich empörten Partei im kleinstädtisch konservativen Hannover sicher Wählerstimmen fischen, aber lassen Sie das demokratische Prinzip der Nichteinmischung der Poltik in die Kunst genauso zu wie wir, die als Künstler sich nicht in die Politik einmischen. Offensichtlich verstehen Sie und diese Partei für die Sie offensichtlich den Lakaien spielen müssen, um in der Karriereleiter aufsteigen zu können, so überhaupt gar nichts von Kunst. Das Prinzip und die Wirkungsweise der Kunst und ihrer Freiheit muss polarisieren. Das ist erste Klasse Kunsterziehung an einer Schule, die Ihnen offensichtlich nicht wirklich zuteil wurde oder auch nur annähernd bekannt ist. Aber ich bitte Sie inständig nicht mit Ihrem geistigen Dünnschiss, da Druck auszuüben an Stellen , die Sie nichts angehen, da Sie offensichtlich von diesem Metier nichts verstehen. Das ist nur Kleinmut und Spiessbürgertum und zeugt keineswegs von diplomatischer Grösse. In diesem Sinne freue ich mich mit Kay Voges an der Staatsoper Hannover offensichtlich einen nicht belanglosen künstlerischen Diskurs ausgelöst zu haben, der mit dieser Form Ihrer Empörung wohl nur in einer tief dumpfen und braunen deutschen Provinz stattfinden konnte. Geistige Grösse könnten Sie zeigen , sich damit kompetent auseinander zu setzen und nicht in Schnappatmung zu verfallen und Hyperaktivität an den Tag zu legen um schnell Wählerstimmen zu gewinnen in einer Zeit da Ihrer Partei die AfD am rechten Rand alles abfischt. Das haben Sie doch wirklich nicht nötig! Ich verstehe meinen eigenen Auftrag, gerade heute in dieser aktuell schweren Zeit aufklärerische Arbeit zu leisten, denn wie es sich wohl gerade in Ihrer Stadt zeigt, tut das umso mehr Not.“ Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5098 2 Vorbemerkung der Landesregierung Am 12. Dezember 2015 um 19.30 Uhr feierte Carl Maria von Webers Oper „Der Freischütz“ Premiere in der Staatsoper Hannover. Die Inszenierung von Kay Voges verwendet in erheblichem Umfang Videoeinspielungen von Voxi Bärenklau. Die Inszenierung möchte erklärtermaßen zum Diskurs anregen und polarisieren. Der kulturpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Rat der Landeshauptstadt Hannover, Dr. Oliver Kiaman, nahm die Inszenierung zum Anlass, den „Verfall eines ganzen Hauses“ zu kritisieren. Man habe, so Herr Dr. Kiaman in einer Pressemitteilung vom 14.12.2015, „sich in Hannover ja leider daran gewöhnt, dass die Staatsoper unserer Landeshauptstadt seit der Ära Puhlmann, mit Ausnahme von zwei Ballabenden pro Jahr, völlig frei von jeglichem Glanz“ sei. Des Weiteren forderte Herr Dr. Kiaman den Kulturdezernenten der Stadt Hannover in seiner Pressemitteilung dazu auf, in seiner Funktion als Aufsichtsratsmitglied der Oper „durchzugreifen und bei aller Freiheit für die Kunst dafür Sorge zu tragen, dass die Schätze, die uns Dichter und Komponisten hinterlassen haben, lebendig bleiben und nicht ins Niveaulose und Beliebige gezogen werden.“ Diese Aufforderung wurde von Teilen der Öffentlichkeit als Aufruf zur Zensur interpretiert. 1. Wie beurteilt die Landesregierung den Vorwurf Voxi Bärenklaus, Hannover sei eine „tief dumpfe und braune deutsche Provinz“? Diesen Vorwurf teilt die Landesregierung nicht. 2. Wie beurteilt die Landesregierung die Forderung Voxi Bärenklaus, das Prinzip der demokratischen Nichteinmischung zwischen Politik und Kunst einzuhalten? Die Freiheit der Kunst ist in Artikel 5 Abs. 3 des Grundgesetzes verankert. Auch die Inszenierung der Oper „Der Freischütz“ ist Ausfluss der Kunstfreiheit und somit vor Versuchen der inhaltlichen Einflussnahme geschützt. Die an der Inszenierung der Oper „Der Freischütz“ beteiligten Künstlerinnen und Künstler können sich auch politischen Entscheidungsträgern gegenüber auf die Freiheit der Kunst berufen. 3. Wie beurteilt die Landesregierung die sinngemäße Forderung Voxi Bärenklaus, dass ein Politiker seine Meinung zu einem künstlerischen Thema nicht äußern solle, wenn er mit dem Metier nicht umfassend vertraut ist? Die ebenfalls grundgesetzlich geschützte Meinungsfreiheit ist nicht nach Berufsgruppen oder Themen aufteilbar. (Ausgegeben am 08.02.2016) Drucksache 17/5098 Ist Hannover eine „tief dumpfe und braune (…) Provinz“, die nichts von Kunst versteht? Anfrage des Abgeordneten Dirk Toepffer (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur