Niedersächsischer Landtag 17. Wahlperiode Drucksache 17/5152 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4847 - Wie nachhaltig und effizient sind Abluftreinigungsanlagen für die Schweinehaltung? Anfrage des Abgeordneten Helmut Dammann-Tamke (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 11.12.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 15.12.2015 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 09.02.2016, gezeichnet Stefan Wenzel Vorbemerkung des Abgeordneten In der Veröffentlichung „Nachhaltigkeit und Effizienz von Abluftreinigungsanlagen für die Schweinehaltung “ des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie steht im Fazit: „Abluftreinigungsanlagen sind in der Lage, von Tierproduktionsanlagen ausgehende Emissionen von Staub, Gerüchen und Ammoniak deutlich zu reduzieren. Damit können entsprechend der lokalen Erfordernisse Anwohner und sensible Biotope vor Belästigungen und schädlichen Stoffeinträgen wirkungsvoll geschützt werden. Sie weisen aber aufgrund ihres Energiebedarfes eine negative Treibhausgasbilanz auf. Eine standortunabhängige, pauschale Filterpflicht läuft folglich dem Klimaschutz zuwider. Über den Einbau einer Abluftreinigungsanlage sollte deshalb immer im Einzelfall entschieden werden. Der Schutzanspruch verschiedener Schutzgüter muss verantwortungsbewusst gegeneinander abgewogen werden.“ Agrarheute.de berichtete unter der Überschrift „Landwirt hat mit Klage gegen den Landkreis Erfolg“ zudem über ein Urteil im Zusammenhang mit dem nordrhein-westfälischen Filtererlass. Laut diesem Artikel kam das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen zu folgendem Urteil: Der beklagte Kreis Unna müsse sich grundsätzlich an die Vorgaben der bundesweit geltenden Technischen Anleitung Luft halten. Weitergehende Forderungen des Landes seien unwirksam, insbesondere wenn sie gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit verstießen. Vorbemerkung der Landesregierung Der Betrieb von Tierhaltungsanlagen ist mit negativen Umweltauswirkungen verbunden. Beispielsweise stellt der übermäßige Eintrag von Stickstoffverbindungen in Ökosysteme, insbesondere durch die Tierhaltung, u. a. für den Naturschutz ein immer größeres Problem dar. Eine ganze Reihe von Arten, Lebensgemeinschaften und Lebensräumen ist in hohem Maße bereits beeinträchtigt und wird weiter geschädigt, sodass die biologische Vielfalt in Landschaften mit hohen Stickstoffeinträgen weiter abnehmen wird. Es wird immer schwieriger, die Ziele und rechtlichen Vorgaben im Bereich des Naturschutzes einzuhalten, also beispielsweise geschützte Arten und Lebensräume in einen günstigen Erhaltungszustand zu versetzen und eine Verschlechterung des Zustands natürlicher und naturnaher Lebensräume zu vermeiden. Dies gilt auch für alle stickstoffempfindlichen Lebensraumtypen nach der FFH-Richtlinie der EU, für deren Erhaltung zu sorgen ist. Während die Stickstoffoxideinträge in Niedersachsen dem Bundesdurchschnitt entsprechen, liegen die Ammoniakeinträge etwa 5 kg N pro Hektar und Jahr höher als im Bundesdurchschnitt. Die Ammoniakeinträge machen in Niedersachsen etwa zwei Drittel der gesamten Stickstoffeinträge aus. Ein deutlicher Rückgang der Stickstoffdeposition in Niedersachsen kann demnach vor allem über eine Reduzierung der Ammoniakemissionen aus Tierhaltungsanlagen erreicht werden. In den Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5152 2 nordwestlichen Regionen Niedersachsens liegt die Stickstoffgesamtdeposition deutlich über den Critical-Load-Werten z. B. für Wald- und FFH-Gebiete. Deutschland muss gemäß der EU-Richtlinie über nationale Emissionshöchstgrenzen (Richtlinie 2001/81/EG, sogenannte NEC-Richtlinie) für Ammoniak bis Ende 2010 jährlich die Menge von 550 Kilotonnen (kt) einhalten. Diese Menge darf danach nicht mehr überschritten werden. Diese Mengen wurden in den Jahren 2010 bis 2013 jeweils um 93 kt bis 121 kt überschritten, sodass seitens der EU ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet wurde. Die Ammoniakemissionen stammen zu 95 % aus der Landwirtschaft. Niedersachsen hatte in der Vergangenheit unter den Bundesländern die höchsten Ammoniakemissionen mit etwa 24 %. Insofern ist für Niedersachsen als Agrarland Nummer eins ein dringender Handlungsbedarf geboten . Eine Möglichkeit zur Reduzierung der Emissionen an Staub, Gerüchen und Ammoniak stellt der Einsatz von Abluftreinigungsanlagen dar. Vor der Inkraftsetzung des niedersächsischen Filtererlasses wurden alle Argumente, die für den Einsatz und auch gegen den Einsatz von Abluftreinigungsanlagen sprechen, sorgfältig abgewogen. Im Rahmen der durchgeführten Verbandsbeteiligung wurden alle vorgetragenen Aspekte umfassend bewertet. Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass der Einsatz von Abluftreinigungsanlagen in großen Schweinehaltungsanlagen zur Reduzierung von negativen Umweltauswirkungen erforderlich ist. 1. Wie wägt die Landesregierung im Bezug auf die Filterpflicht für Schweinehaltungen zwischen der Minderung von Staub-, Geruchs- und Ammoniakemissionen und der Minderung von Treibhausgasemissionen ab? Es ist bekannt, dass aus dem Betrieb von Abluftreinigungsanlagen sowohl in der Industrie als auch in der Tierhaltung ein zusätzlicher Energiebedarf resultieren kann. Durch den Einsatz erneuerbarer Energien wie z. B. Sonnen-, Wind- und Wasserenergie kann der gegebenenfalls erforderliche Mehrbedarf an Energie klimaneutral erzeugt werden. Niedersachsen nimmt bei der Erzeugung erneuerbarer Energien mit Windkraftanlagen in Deutschland den Spitzenplatz ein. Darüber hinaus besteht die Erwartungshaltung, dass durch die technische Weiterentwicklung der Abluftreinigungsanlagen der Energiebedarf weiter sinken wird. Durch den Einsatz von Abluftreinigungsanlagen in Tierhaltungsanlagen lassen sich erhebliche Mengen an Ammoniak und Staub abscheiden. Legt man den für Abluftreinigungsanlagen in der Tierhaltung geltenden Mindestabscheidegrad von jeweils 70 % für Ammoniak und Staub zugrunde, so werden aus einer Anlage mit 2 000 Mastschweinen jährlich 5 096 kg Ammoniak und 840 kg Staub weniger emittiert. In der Praxis erreichen die Abluftreinigungsanlagen weitaus höhere Abscheidegrade . Durch diese Emissionsminderung wird ein nicht unerheblicher Beitrag zur Reduzierung von Stickstoffeinträgen und damit zum Umweltschutz geleistet. 2. In welchem Umfang entstehen in Niedersachsen Treibhausgasemissionen durch den Betrieb von Filteranlagen in der Tierhaltung? Ende 2014 wurden in Niedersachsen 286 eignungsgeprüfte Abluftreinigungsanlagen in großen Schweinehaltungsanlagen betrieben. In den kleinen Schweinehaltungsanlagen wurden 186 eignungsgeprüfte Abluftreinigungsanlagen betrieben. In Mastgeflügelanlagen wurden elf eignungsgeprüfte Abluftreinigungsanlagen betrieben. Hinzu kommen noch 77 nicht eignungsgeprüfte Abluftreinigungsanlagen in Schweinehaltungsanlagen und 108 nicht eignungsgeprüfte in Geflügelhaltungsanlagen . Kenntnisse, ob und inwieweit durch den Einsatz dieser Anlagen zusätzliche Treibhausgase resultieren, liegen nicht vor (siehe auch Antwort zu Frage 1). 3. In welchem Umfang entstehen in Niedersachsen Treibhausgasemissionen durch den Betrieb von Filteranlagen in der Tierhaltung, die aufgrund des Filtererlasses eingebaut wurden? Siehe Antworten zu den Fragen 1 und 2. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5152 3 4. Welche Auswirkungen hat das Gelsenkirchener Urteil auf Niedersachsen? Bei dem in Bezug genommenen Urteil handelt es sich um eine erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen zu einer Anordnung, nach der auf Basis des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und unter Zugrundelegung der norminterpretierenden Bestimmungen des nordrhein-westfälischen Filtererlasses ein Güllebehälter abzudecken war. Sie betrifft nicht die Rechtmäßigkeit der Forderung des Einbaus einer Abluftreinigungsanlage. Das Urteil entfaltet unmittelbare Rechtswirkung lediglich zwischen den am Rechtsstreit Beteiligten. Es ist nicht rechtskräftig. Gegen die Entscheidung wurde Berufung beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eingelegt. Sobald die Berufungsentscheidung vorliegt, wird auf Basis der Urteilsgründe eine Bewertung der niedersächsischen Regelungen zur Gülleabdeckung erfolgen. 5. Wird bei der Anwendung des Filtererlasses in Niedersachsen das Gebot der Verhältnismäßigkeit eingehalten? Ja. Vor der Inkraftsetzung des Filtererlasses wurde mit positivem Ergebnis intensiv geprüft, ob die Verhältnismäßigkeit gegeben ist. 6. Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus dem Gelsenkirchener Urteil? Siehe Antwort zu Frage 4. 7. Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus der Untersuchung des Sächsischen Landesamtes zur Klimaschädigung durch Filteranlagen? Ob und inwieweit durch den Einsatz von Abluftreinigungsanlagen zusätzliche Treibhausgasemissionen freigesetzt werden können, ist davon abhängig, ob und inwieweit nicht klimaneutrale Energien eingesetzt werden. Niedersachsen strebt an, bis zum Jahr 2050 die Energieversorgung nahezu auf 100 % erneuerbare Energiequellen umzustellen. (Ausgegeben am 15.02.2016) Drucksache 17/5152 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/4847 Wie nachhaltig und effizient sind Abluftreinigungsanlagen für die Schweinehaltung? Anfrage des Abgeordneten Helmut Dammann-Tamke (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz