Niedersächsischer Landtag 17. Wahlperiode Drucksache 17/5451 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5254 - Hamburgs Rettungsanker Tonne „E3“: Beeinträchtigt die Verklappung von belastetem Baggergut aus dem Hamburger Hafen die Interessen von Niedersachsen? Anfrage der Abgeordneten Jörg Bode, Jan-Christoph Oetjen, Hillgriet Eilers, Gabriela König, Dr. Gero Hocker und Dr. Stefan Birkner (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 19.02.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 08.03.2016 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 17.03.2016, gezeichnet Stefan Wenzel Vorbemerkung der Abgeordneten Der Tidehafen von Hamburg hat ein Problem mit der Sedimentation in den Hafenbecken, an den Liegeplätzen und im Bereich der Bundeswasserstraße Elbe. Im Sommer 2015 kam es zu umfangreichen Verschlickungen von Teilen des Hafens, sodass eine Lösung gefunden werden musste. Die Haltung der benötigten Wassertiefen und damit der Erhalt der uneingeschränkten Erreichbarkeit und der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens sind auf regelmäßige Baggerungen angewiesen. Niedersachsen ist u. a. durch das Umschlagsunternehmen Hansaport (Salzgitter-Konzern) oder durch viele niedersächsische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Hamburger Hafen mittelbar von der eingeschränkten Erreichbarkeit des Hafens betroffen. Seit August 2005 verklappt Hamburg viele Millionen Kubikmeter Baggergut an der Tonne „E3“ in der Nordsee. Die Schüttstelle liegt in einem Radius von 1 000 m um die Koordinate 54°03‘ Nord/ 07°58‘ Ost und ist ca. 4,5 sm (8 000 m) vom nächsten Vogelschutzgebiet entfernt. Die Sedimentverbringung war immer wieder zeitlich und mengenmäßig begrenzt. Am 9. Februar 2016 kam es im Einvernehmen mit der rot-grünen Landesregierung in Schleswig-Holstein erneut zu einer längerfristigen Verständigung über die Verbringung von Baggergut in das Schlickfallgebiet bei der Tonne „E3“. Der Kubikmeter kostet jetzt 2,50 Euro und kommt der Stiftung Nationalpark in Schleswig- Holstein zugute. Im Jahr 2008 machte die Stadt Cuxhaven auf massive Verschlechterungen des Wattgebietes vor Cuxhaven aufmerksam (http://www.welt.de/welt_print/article2214651/Schlick-verschmutzt-Watten meer-vor-Cuxhaven.html). Die Forschungsstelle Küste kam seinerzeit zu dem Ergebnis, dass sich das Watt vor Cuxhaven insgesamt erhöht hat und die Sedimentstärke ungewöhnlich stark ist. Die Ursache für das Phänomen der Verschlickung ist unklar und könnte an der Elbvertiefung, der Verklappung an der Tonne „E3“ mit anschließender Verlagerung an das Küstenwatt vor Cuxhaven oder auch am Leitdamm an der Elb-Fahrrinne liegen. Die Forschungsstelle empfahl eine Langzeituntersuchung , um die Ursache zu klären. Die Kommunalpolitik in Cuxhaven befürchtete seinerzeit erhebliche negative Auswirkungen in Form von Imageschäden für die Stadt Cuxhaven, wirtschaftlichen Einbrüchen beim Kurbetrieb und Arbeitsplatzverlusten im Bereich des Fremdenverkehrs. Vorbemerkung der Landesregierung Der Hafen Hamburg bildet im System des Tideelbestroms ein großes Sedimentationsbecken. Die Fließgeschwindigkeit verringert sich hier erheblich und führt zur Sedimentation von Schwebstoffen. Die Schwebstoffe werden zum einen aus dem oberhalb Hamburgs gelegenen Flussgebiet der Elbe eingetragen, sie sind immer noch schadstoffbelastet. Zum anderen entstammen die Schwebstoffe Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5451 2 dem Elbeästuar und werden mit dem Flutstrom nach oberstrom in Richtung Hamburg transportiert. Seit der letzten Elbvertiefung (1999) ist beobachtet worden, dass sich der Schwebstofftransport aus dem Mündungsbereich in Richtung Hamburg erheblich verstärkt hat. Gleichzeitig hat die Sedimentation im Hamburger Hafen in den letzten zwei Jahren zugenommen. Hier wird ein Zusammenhang mit der geringen Oberwasserführung der Elbe vermutet, was zu einer geringeren Schleppkraft führt. Die Freie und Hansestadt Hamburg verbringt das im Hafen aufgenommene Baggergut aus Kostengründen überwiegend in ein Verklappungsgebiet kurz unterhalb der Landesgrenze Hamburg- Niedersachsen. Durch die nach der Elbevertiefung von 1999 erhöhte Flutstromdominanz gelangt das Verklappungsmaterial jedoch relativ schnell wieder in das Hafengebiet. Die Unterhaltung im Hamburger Hafen hat sich insofern zu einer Kreislaufbaggerung entwickelt und verursacht erhebliche Kosten. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat mit Unterstützung der Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein einen Tideelbedialog eingerichtet, um Lösungen zum Durchbrechen dieser Kreislaufbaggerungen zu entwickeln und mit den Dialogpartnern zu diskutieren. Die Ergebnisse des bisherigen Dialogs sind im Internet unter der Adresse www.dialogforum-tideelbe.de veröffentlicht. Es bestand Einvernehmen, dass zum Durchbrechen der Kreislaufbaggerungen ein zusätzlicher Austrag von Sediment in einen Bereich des Tideelbesystems erforderlich ist, in dem ein Rücktransport in Richtung Hamburg nicht mehr zu erwarten ist. Nach Auswertung der Vor- und Nachteile aller dafür in Betracht kommenden und im Tideelbedialog diskutierten Optionen kommt dafür vorzugsweise das natürliche Schlickfallgebiet in der deutschen Bucht in Betracht, also der Bereich, in den auch bisher Baggergut aus dem Hafen verbracht wurde („Tonne 3“). Die Landesregierung hat die Auswirkungen von Baggergutverklappungen in diesem Gebiet auf die niedersächsischen Küstenbereiche, speziell das Duhner Watt vor Cuxhaven, untersucht. Ergebnis war, dass ursächlich für das in den vergangenen Jahren stellenweise aufgetretene Schlickwatt (anstelle von Sandwatt) im Bereich Duhnen der sogenannte Leitdamm ist, der ab ca. 1935 beginnend an der Kugelbake errichtet wurde. Ergänzende biologische Untersuchungen des Alfred-Wegner- Instituts Bremerhaven („genetische Fingerprints“) ergaben außerdem, dass kein Zusammenhang zwischen der Sedimentverklappung in der Elbe und dem Schlick im Duhner Watt hergeleitet werden kann. Die Ergebnisse der Untersuchungen wurden der Stadt Cuxhaven in einem Fachgespräch am 21. Mai 2015 durch das MU im Beisein von Ratsvertreterinnen und Ratsvertretern vorgestellt . Unter Berücksichtigung dieser Ergebnisse hat die Landesregierung den Empfehlungen des Dialogforums Tideelbe zugestimmt und es bestehen auch keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine Fortsetzung der Verklappung von Baggergut im Bereich des Schlickfallgebietes, das im schleswig-holsteinischen Küstenmeer gelegen ist. 1. Vor dem Hintergrund der Vereinbarung zwischen den rot-grünen Landesregierungen von Schleswig-Holstein und der Freien und Hansestadt Hamburg über die Verklappung von belastetem Baggergut aus dem Hamburger Hafen in die Nordsee: In welcher Form hat oder wird die rot-grüne Landesregierung von Niedersachsen Stellung zu der Verklappung von Baggergut aus dem Hamburger Hafen in mittelbarer Nähe zum Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer (Tonne „E3“) nehmen, und welche Interessen/Umweltinteressen wird sie darstellen? Die Landesregierung geht zunächst davon aus, dass sie im Zuge des Genehmigungsverfahrens beteiligt wird. Bisher ist dies noch nicht erfolgt. Vor dem Hintergrund der bisher vorliegenden Erkenntnisse wird sie voraussichtlich keine Einwände erheben. Um mögliche Auswirkungen auf den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer und die touristisch genutzten Gebiete im niedersächsischen Küstenmeer auszuschließen, wird die Landesregierung fordern, das Monitoring sowohl im Verklappungsgebiet als auch im Bereich der niedersächsischen Küste mindestens im bisherigen Umfang fortzusetzen, um im Falle von erkennbaren Auswirkungen auf Schutzgüter eine sofortige Einstellung der Verklappung zu erreichen. 2. Vor dem Hintergrund, dass die Hamburg Port Authority in ihrem letzten Monitorbericht Tonne „E3“ (2013) bei Untersuchungen zur Verdriftung von Sedimentmaterial weder in Schleswig-Holstein noch in Niedersachsen Beeinflussungen gesetzlich geschützter Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5451 3 oder touristisch genutzter Gebiete festgestellt hat: Mit welchen Auswirkungen rechnet die Landesregierung durch die jahrelange Verklappung von Baggergut in der Nähe von Scharhörn auf die niedersächsischen Schutzgüter (z. B. baggergutbedingte Anreicherung von DDT-Metaboliten und PCB-Kongeneren bei der Pfeffermuschel), Hafenanlagen und touristischen Gebiete, hier insbesondere auf die Wattflächen vor dem Kurgebiet Cuxhaven? Es wird auf die Vorbemerkungen verwiesen; mit Auswirkungen wird nicht gerechnet. 3. Vor dem Hintergrund, dass das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz seit Jahren zu den Teilnehmern des Dialogforum Tideelbe gehört: Teilt die Landesregierung die Einschätzung des grünen Umweltministers aus Schleswig- Holstein, dass die Verklappungsstelle an der Tonne „E3“ die am wenigsten bedenkliche ökologische Variante darstellt (http://www.hafen-hamburg.de/de/news/hamburg-undschleswig -holstein-verstaendigen-sich-auf-loesung-fuer-umgang-mit-baggergut--- 34496), und hat das MU an dieser Einschätzung mitgewirkt? Die Landesregierung teilt diese Auffassung und sie hat auch an dieser Einschätzung mitgewirkt. (Ausgegeben am 31.03.2016) Drucksache 17/5451 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5254 Hamburgs Rettungsanker Tonne „E3“: Beeinträchtigt die Verklappung von belastetem Baggergut aus dem Hamburger Hafen die Interessen von Niedersachsen? Anfrage der Abgeordneten Jörg Bode, Jan-Christoph Oetjen, Hillgriet Eilers, Gabriela König, Dr. Gero Hocker und Dr. Stefan Birkner (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz