Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/5588 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5361 - Wie entwickelt sich der Einsatz von Dolmetschern in Ermittlungs- und Strafverfahren? Anfrage der Abgeordneten Mechthild Ross-Luttmann und Thomas Adasch (CDU) an die Landesregierung , eingegangen am 07.03.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 11.03.2016 Antwort des Niedersächsischen Justizministeriums namens der Landesregierung vom 13.04.2016, gezeichnet Antje Niewisch-Lennartz Vorbemerkung der Abgeordneten Für die Arbeit von Polizei und Justiz wird der Einsatz von Dolmetschern immer häufiger notwendig. Neben zusätzlichen Kosten kann der Einsatz von Dolmetschern auch die Verfahrensdauer beeinflussen . Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weisen die Fragesteller darauf hin, dass sie ein hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung ihrer Fragen haben, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht aktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung stellt sicher, dass im Rahmen der Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln und nach den Grundsätzen der sparsamen Haushaltsführung in allen Verwaltungszweigen und Handlungsfeldern die erforderlichen Rahmenbedingungen für eine effiziente Aufgabenwahrnehmung der öffentlichen Verwaltung und der Gerichte gegeben sind. Das gilt insbesondere für eine wirksame Strafverfolgung durch Polizei, Staatsanwaltschaften und Strafgerichte, bei der im Falle sprachunkundiger Beteiligter der Einsatz von Dolmetscherinnen und Dolmetschern erforderlich ist. Der Polizei, den Staatsanwaltschaften und den Gerichten stehen ausreichend qualifizierte Dolmetscherinnen und Dolmetscher zur Verfügung, um den Bedarf für Ermittlungs- und Strafverfahren zu decken. Soweit es bei der Polizei, den Staatsanwaltschaften und Gerichten in Einzelfällen zu zeitlichen Verzögerungen bei der Suche nach einer Dolmetscherin beziehungsweise einem Dolmetscher gekommen ist, sind die Gründe insbesondere seltene Sprachen und Dialekte, ganz kurzfristiger Bedarf sowie Verfahren mit vielen, dieselbe Fremdsprache sprechenden und der deutschen Sprache unkundigen Verfahrensbeteiligten gewesen. Insbesondere Dolmetscherinnen und Dolmetscher für die arabische Sprache werden aktuell vermehrt im Rahmen von Asylverfahren in Anspruch genommen , sodass deren Verfügbarkeit für Strafverfahren in Einzelfällen eingeschränkt sein kann. Ermittlungsdefizite ergaben sich jedoch ebenso wenig wie es zu nennenswerten Verfahrensverzögerungen oder sonstigen Problemen gekommen ist. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5588 2 1. Welche Mittel für den Einsatz von Dolmetschern standen und stehen den einzelnen Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften in den Jahren 2013, 2014, 2015 und 2016 zur Verfügung? Die Vergütung für die Heranziehung von Dolmetscherinnen und Dolmetschern in Ermittlungs- und Strafverfahren gehört zu den Ausgaben, für die das Finanzministerium in Nr. 9.5 der Richtlinie zur Haushaltsführung (HFR) vom 16.12.2015 (Nds. MBl. 2016, S. 70) allgemein die Einwilligung zur Leistung von über- oder außerplanmäßigen Ausgaben erteilt hat. Den einzelnen niedersächsischen Staatsanwaltschaften standen und stehen in den Jahren 2013, 2014, 2015 und 2016 daher - unabhängig vom Ansatz im Haushaltsplan - Mittel in dem von ihnen benötigten Umfang zur Verfügung. Eine Unterverteilung der veranschlagten Mittel auf die einzelnen niedersächsischen Staatsanwaltschaften erfolgt nicht. Die niedersächsischen Polizeibehörden erhalten die von ihnen jährlich benötigten Haushaltsmittel als Gesamtbudget. Die Mittel stehen den niedersächsischen Polizeibehörden im Rahmen des sogenannten Großen Deckungskreises in der Hauptgruppe 5 des Behördenbudgets zur Verfügung. Die Titel sind zwar gegenseitig deckungsfähig, aber nicht unbegrenzt verfügbar. Jede Polizeibehörde ist im Rahmen der eigenen Budgethoheit dafür verantwortlich, die Mittel entsprechend bedarfsgerecht zu planen und zu bewirtschaften. Konkret haben die niedersächsischen Polizeibehörden im Jahr 2013 1 955 139 Euro, im Jahr 2014 2 137 946 Euro und im Jahr 2015 2 640 547 Euro für die Heranziehung von Dolmetscherinnen und Dolmetschern ausgegeben. Die vorgenannten durch die niedersächsischen Polizeibehörden ausgegebenen Gesamtjahresbeträge geben das tatsächliche Ist-Ergebnis im jeweiligen Haushaltsjahr aller Polizeibehörden wieder (Ist-Ergebnis aus dem Haushaltswirtschaftssystem). Für das Haushaltsjahr 2016 können derzeit nur die derzeitigen Planwerte der niedersächsischen Polizeibehörden in einer Gesamthöhe von 2 685 055 Euro mitgeteilt werden. Die Planwerte können sich unterjährig noch verändern und orientieren sich am tatsächlichen Verlauf der Verfahren. 2. Wie hoch waren die Kosten für den Einsatz von Dolmetschern bei den einzelnen Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften in den Jahren 2013, 2014 und 2015? Eine getrennte Erfassung der Kosten für den Einsatz von Dolmetscherinnen und Dolmetschern sowie Übersetzerinnen und Übersetzern wird im staatsanwaltschaftlichen Bereich nicht vorgenommen . Für die Vergütung der Dolmetscherinnen und Dolmetscher sowie Übersetzerinnen und Übersetzer wurden folgende Ausgaben bei den einzelnen Staatsanwaltschaften im Haushalt gebucht: Haushaltsjahr 2013 in Euro Haushaltsjahr 2014 in Euro Haushaltsjahr 2015 in Euro Generalstaatsanwaltschaft Braunschweig 7.311,29 1.801,87 3.534,45 Staatsanwaltschaft Braunschweig 132.049,85 240.970,03 609.884,10 Staatsanwaltschaft Göttingen 53.322,69 27.426,44 14.619,45 Generalstaatsanwaltschaft Celle 9.675,30 8.081,21 8.209,38 Staatsanwaltschaft Bückeburg 14.735,91 23.550,63 15.726,59 Staatsanwaltschaft Hannover 452.593,93 489.137,28 607.454,60 Staatsanwaltschaft Hildesheim 40.225,91 100.720,72 332.602,74 Staatsanwaltschaft Lüneburg 19.158,17 109.860,74 48.291,50 Staatsanwaltschaft Lüneburg - Zweigstelle Celle 6.794,51 10.569,92 16.950,14 Staatsanwaltschaft Stade 9.783,59 26.656,67 63.792,96 Staatsanwaltschaft Verden 129.455,90 128.321,37 134.991,96 Generalstaatsanwaltschaft Oldenburg 4.741,43 5.223,31 5.670,29 Staatsanwaltschaft Aurich 29.268,06 42.745,78 44.514,99 Staatsanwaltschaft Oldenburg 123.605,42 175.972,20 210.344,18 Staatsanwaltschaft Osnabrück 203.855,55 353.817,01 430.807,78 Insgesamt 1.236.557,51 1.744.855,18 2.547.395,11 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5588 3 Die Dolmetschervergütung ist durch das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz mit Wirkung vom 01.08.2013 um rund 20 % erhöht worden. Die Ausgabensteigerungen dürften zu einem Teil auf die Erhöhung der Vergütung zurückzuführen sein. Die Kosten für den Einsatz von Dolmetscherinnen und Dolmetschern bei den niedersächsischen Polizeibehörden stellen sich wie folgt dar: Haushaltsjahr 2013 in Euro Haushaltsjahr 2014 in Euro Haushaltsjahr 2015 in Euro Polizeidirektion Braunschweig 342.097 354.655 475.151 Polizeidirektion Göttingen 330.533 282.924 322.308 Polizeidirektion Hannover 241.811 272.982 398.834 Polizeidirektion Lüneburg 298.113 313.922 392.377 Polizeidirektion Oldenburg 220.566 494.369 456.549 Polizeidirektion Osnabrück 262.644 228.999 396.758 Landeskriminalamt Niedersachsen 259.375 190.095 198.084 Bei der vorstehenden Aufschlüsselung der Polizeibehörden wurde auf die Darstellung der Zentralen Polizeidirektion (ZPD NI) und der Polizeiakademie Niedersachsen (PA NI) verzichtet, weil keine Dolmetscherkosten im Sinne der Fragestellung entstehen, da bei diesen Behörden beziehungsweise Einrichtungen grundsätzlich keine strafrechtlichen Ermittlungsverfahren geführt werden. Im Haushaltsjahr 2015 sind dort dennoch Kosten für Übersetzungsleistungen in Höhe von 486 Euro (ZPD NI = 16 Euro und PA NI = 470 Euro) entstanden. 3. Wie hoch war die Anzahl an Verfahren bei den einzelnen Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften , in denen Dolmetscher zum Einsatz kamen, in den Jahren 2013, 2014 und 2015? Die Anzahl von Ermittlungsverfahren mit Einsätzen von Dolmetscherinnen und Dolmetschern wird statistisch nicht erfasst. Zur Beantwortung der Frage müssten sämtliche Verfahren manuell anhand des Akteninhalts ausgewertet werden. Die zeit- und personalintensive Maßnahme einer händischen Auswertung wäre mit einem unverhältnismäßigen Aufwand für die Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden verbunden mit der Folge, dass die Kernaufgabe der Strafverfolgungsbehörden, nämlich die zügige und nachhaltige Aufklärung und Verfolgung von Straftaten, zurückgestellt werden müsste. Die Veranlassung einer entsprechenden Auswertung übersteigt daher das zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage Zumutbare und Leistbare. 4. Für welche Sprachen werden Dolmetscher hauptsächlich eingesetzt? Ein Schwerpunkt des Einsatzes von Dolmetscherinnen und Dolmetschern liegt auf den Sprachen aus osteuropäischen Ländern, der arabischen Sprache, der türkischen Sprache, der kurdischen Sprache, den (nord-)afrikanischen Sprachen und Dialekten sowie Englisch und Französisch, wobei die vorgenannte Reihenfolge keine Häufigkeitsbewertung aufweist. 5. Sind ausreichend qualifizierte Dolmetscher vorhanden, um den Bedarf für Ermittlungsund Strafverfahren zu decken oder kommt es bereits zu Einschränkungen? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 6. Wenn ja, in wie vielen Fällen sind Einschränkungen bekannt, um welche Delikte und um welche Sprachen ging es dabei? Es wird auf die Vorbemerkung und die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5588 4 7. Was haben Landesjustizministerin Niewisch-Lennartz und Innenminister Pistorius seit 2013 konkret unternommen, damit genug Dolmetscher vorhanden sind, um Ermittlungs - und Strafverfahren zu beschleunigen, in denen der Einsatz von Dolmetschern erforderlich war bzw. ist? Es wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. (Ausgegeben am 20.04.2016) Drucksache 17/5588 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5361 Wie entwickelt sich der Einsatz von Dolmetschern in Ermittlungs- und Strafverfahren? Anfrage der Abgeordneten Mechthild Ross-Luttmann und Thomas Adasch (CDU) Antwort des Niedersächsischen Justizministeriums