Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/5595 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5356 - Situation der Fahrgäste der „Heidebahn“ Anfrage der Abgeordneten Gudrun Pieper und Karsten Heineking (CDU) an die Landesregierung , eingegangen am 02.03.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 11.03.2016 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung vom 14.04.2016, gezeichnet Olaf Lies Vorbemerkung der Abgeordneten Die Fahrgastbeförderung auf der Kursbuchstrecke 123 (Heidebahn), Zug 83707, bietet bei den Fahrgästen leider seit langem Anlass zu Kritik. Dies ist Gegenstand von E-Mails, Leserbriefen, Presseberichten und sogar eines Spitzengespräches mit Wirtschafts- und Verkehrsminister Olaf Lies am Rande des Januar-Plenums des Landtages. Aber auch auf zahlreichen anderen Veranstaltungen mit den Verantwortlichen der Bahnstrecke Heidebahn, Zug 83707, wurden Lösungen angedacht , diskutiert, in Aussicht gestellt und versprochen. Eine Veränderung ist nicht zu verzeichnen. In einem Artikel der Walsroder Zeitung vom 15. Januar 2016 wird unter der Überschrift „Die Geduld ist am Ende“ ausgeführt, dass ständige Verspätungen, fehlende Informationen über Fahrplanveränderungen , keine bzw. marginale Entschädigungszahlungen bei Verpassen der Anschlusszüge, eine lange Mängelliste der Triebwagen des Typs 41 die Hauptkritikpunkte seien. Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Bahn und somit auch den Betreiber ERIXX sei erheblich gestört. In der Vergangenheit gab es auf unterschiedlichen Ebenen (Bürgermeister der Samtgemeinde Schwarmstedt, Landrat Heidekreis) Bestrebungen, Abhilfe zu schaffen. Diese sind jedoch nach Auffassung aller Beteiligten ausnahmslos erfolglos verlaufen. Inwieweit das oben bereits erwähnte Spitzengespräch durchgreifende und vor allem nachhaltige Verbesserungen gebracht hat, erscheint offen. Die Fragesteller haben ein hohes Interesse an einer vollständigen Antwort. Vorbemerkung der Landesregierung Die Erbringung der Betriebsleistungen auf der Heidebahn ist im Jahr 2011 nach einer europaweiten Ausschreibung von den drei beteiligten Aufgabenträgern Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH (LNVG), die die Federführung innehatte, Region Hannover sowie dem Bremer Senator für Umwelt, Bau und Verkehr an die erixx GmbH (erixx) vergeben worden. Im Verkehrsvertrag sind u. a. auch Regelungen zu den Platzkapazitäten der einzelnen Zugfahrten, zur Pünktlichkeit sowie zum Monitoring getroffen worden. Verantwortlich für die Leistungserbringung entsprechend den vertraglich vereinbarten Regelungen ist somit das Eisenbahnverkehrsunternehmen. Im Interesse eines attraktiven, verlässlichen Gesamtangebotes hat die LNVG das Verkehrsunternehmen im Einzelfall gleichwohl unterstützt. Nach Pünktlichkeitsproblemen im Herbst 2014 wurden auf Initiative der LNVG mit erixx, der DB Netz AG und der DB Regio AG im Frühjahr 2015 verschiedene Maßnahmen umgesetzt, die in der Folge auch zu einer deutlichen Verbesserung der Betriebsqualität geführt hatten. Dieses Maßnah- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5595 2 menbündel, das eine verlängerte Haltezeit des Zuges 83707 in Walsrode, die Verlegung weiterer Zugfahrten sowie eine veränderte Umlaufplanung bei erixx und der S-Bahn-Hannover vorsah, zeigt das Zusammenspiel der unterschiedlichen Akteure. Dazu zählen die verschiedenen im Personenund Güterverkehr tätigen Eisenbahnverkehrsunternehmen, die auf dieser zumeist eingleisigen Strecke unterwegs sind, und DB Netz AG, die für die Trassenkonstruktion und die Unterhaltung der Infrastruktur verantwortlich ist. Wenngleich der Zug 83707 und der vorausfahrende, ebenfalls verspätungsanfällige Zug 83705 aufgrund der hohen Frequentierung dieser Züge die Wahrnehmung der Leistungserbringung verständlicher Weise deutlich prägen, besteht bei Berücksichtigung aller Zugfahrten im von erixx betriebenen Teilnetz Heidekreuz mit einer Pünktlichkeitsquote von 92 % im Jahr 2015 eine insgesamt als zufriedenstellend zu bewertende Betriebsqualität. 1. In der Zeit vom 1. April bis 30. September 2015 waren die Züge, insbesondere der Zug um 7.37 Uhr ab Schwarmstedt, deutlich pünktlicher als im Zeitraum danach. Wie hoch war die Pünktlichkeitsquote in diesem Zeitraum? 2. Wie hoch war die Pünktlichkeitsquote der Züge, insbesondere des Zuges um 7.37 Uhr ab Schwarmstedt, in der Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2015? Die Fragen 1 und 2 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Als pünktlich werden Züge allgemein gewertet, die ihren Zielbahnhof bis maximal 5 Minuten nach der fahrplanmäßigen Ankunftszeit erreichen. Bezogen auf die Ankunft in Hannover wiesen der Zug um 7:37 Uhr ab Schwarmstedt (Ankunft in Hannover um 8:08 Uhr) sowie der vorausfahrende Zug mit Ankunft in Hannover um 7.08 Uhr im fraglichen Zeitraum folgende Pünktlichkeitsquoten auf: Ankunft 7:08 Uhr (Zugnummer 83705; ab Fahrplanwechsel am 13.12.2015 Zugnummer neu 82875) Ankunft 8:08 Uhr (Zugnummer 83707; ab Fahrplanwechsel am 13.12.2015 Zugnummer neu 82879) Zeitraum 01.04.2015 bis 30.09.2015 01.10.2015 bis 31.12.2015 01.04.2015 bis 30.09.2015 01.10.2015 bis 31.12.2015 Ankunft 0 bis 5 Minuten nach der fahrplanmäßigen Ankunftszeit 86,3 % 57,6% 77,9% 62,1% 3. Worin liegen die Gründe für die Unterschiede in der Pünktlichkeitsquote? Nach bisheriger Kenntnis sind mehrere Gründe für die ab Herbst festgestellte, sinkende Pünktlichkeitsquote ursächlich. Neben Stellwerks- und Bahnübergangsstörungen, die zu Verzögerungen im Betriebsablauf geführt haben, sind dafür nach Feststellungen der LNVG auch längere Fahrgastwechselzeiten häufig aufgrund mangelnder Fahrzeugverfügbarkeiten mitursächlich. Hinzu kommen Abhängigkeiten zur der ab Bennemühlen parallel verkehrenden S-Bahn auf der stark belasteten Bahnstrecke Bennemühlen–Hannover, die durch die seit dem Fahrplan 2012 im Stundentakt bis Hannover Hauptbahnhof (Hbf) fahrenden Züge der Heidebahn zusätzlich belastet wird. 4. Welche konkreten Maßnahmen (keine Prüfaufträge) hat die Landesregierung nach dem Spitzengespräch mit Wirtschafts- und Verkehrsminister Olaf Lies ergriffen, um die Situation der Pendler und der anderen Fahrgäste auf der Kursbuchstrecke 123 (Heidebahn), Zug 83707, schnellstmöglich zu verbessern? Am Rande des Plenums am 22.01.2016 hat Minister Lies ein Gespräch mit Landrat Ostermann, Samtgemeindebürgermeister Gehrs, MdL Maximilian Schmidt und Vertretern der LNVG über die Betriebssituation der Heidebahn geführt. In der Folge hat die LNVG weitere Gespräche mit erixx und DB Netz AG geführt, um eine kurzfristige Verbesserung der Pünktlichkeit bei den beiden verspätungsanfälligen Zügen zu erreichen. Minister Lies hat darüber hinaus in einem Schreiben an Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5595 3 das zuständige Vorstandsmitglied der Netinera-Gruppe mit Hinweis auf die teilweise nicht zufriedenstellende Leistungserbringung durch deren Tochterunternehmen erixx einen Gesprächstermin auf Ebene des Vorstandes zu der Problematik mit dem Leiter der Verkehrsabteilung des MW initiiert . 5. Welche durchgreifenden und vor allem nachhaltigen Verbesserungen sind daraufhin bereits eingetreten? Nach den bisher vorliegenden Daten hat sich die Pünktlichkeit der beiden o. a. Zugverbindungen seit Februar signifikant verbessert: Ankunft 7:08 Uhr (Zugnummer 83705; ab Fahrplanwechsel am 13.12.2015 Zugnummer neu 82875) Ankunft 8:08 Uhr (Zugnummer 83707; ab Fahrplanwechsel am 13.12.2015 Zugnummer neu 82879) Zeitraum 01.01.2016 bis 31.01.2016 01.02.2016 bis 22.03.2016 01.01.2016 bis 31.01.2016 01.02.2016 bis 22.03.2016 Ankunft 0 bis 5 Minuten nach der fahrplanmäßigen Ankunftszeit 60,0 % 97,3 % 35,0 % 86,5 % 6. Welche konkreten Maßnahmen (keine Prüfaufträge) wird die Landesregierung zukünftig noch ergreifen, um die Situation der Pendler und der anderen Fahrgäste auf der Kursbuchstrecke 123 (Heidebahn), Zug 83707, zu verbessern? 7. Welche Möglichkeiten bestehen, dass eine Anpassung des Fahrplanes aufgrund der beschriebenen Situationen innerhalb des Fahrplanes 2016/2017 umgesetzt wird, um eine zuverlässige Personenbeförderung zu gewährleisten? Die Fragen 6 und 7 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Im Fahrplan 2016 besteht die besondere Situation, dass im Zeitraum 30.04. bis 02.10.2016 der Abschnitt Walsrode–Soltau aufgrund des Streckenausbaus auf 120 km/h gesperrt wird und ein Busersatzverkehr eingerichtet werden muss, sodass in diesem Zeitraum die Züge nur zwischen Walsrode und Hannover Hbf fahren. Für den Fahrplan 2017 (ab Dezember 2016) werden für die beiden genannten Züge längere Aufenthaltszeiten an den aufkommensstarken Stationen vorgesehen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung Bezug genommen. 8. Verfügt die Landesregierung über die rechtlichen Möglichkeiten, einem anderen Betreiber den Auftrag der Personenbeförderung auf der genannten Strecke zu überlassen, also den Vertrag mit ERIXX wegen Nichterfüllung des Auftrages zu kündigen? Der Verkehrsvertrag kann nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. 9. Wäre die Landesregierung gegebenenfalls bereit, den Vertrag mit erixx wegen Nichterfüllung des Auftrages zu kündigen und somit dieses Instrumentarium zu nutzen? Die Verspätungen - insbesondere bei nur einzelnen Zügen - stellen nach aktueller Rechtsprechung keinen wichtigen Grund dar, sodass aus diesem Grund keine Kündigung des Vertrages erfolgen kann, zumal für einige Ursachen auch andere Akteure, wie z. B. die DB Netz AG, mit verantwortlich sind. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5595 4 10. Im welchem Umfang stehen Entschädigungsmittel für Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung , die durch die Verspätungen nachweislich einen erheblichen finanziellen oder immateriellen sonstigen, gegebenenfalls beruflichen Schaden erlitten haben? 11. An wen können sich betroffene Bürgerinnen und Bürger wenden, wenn die Betreibergesellschaft Entschädigungszahlungen verweigert? Die Fragen 10 und 11 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Umfang der Entschädigungsmittel ist nicht begrenzt. Die Rechte der Bahnkunden ergeben sich aus dem Gesetz zur Anpassung eisenbahnrechtlicher Vorschriften an die Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2007 über die Rechte und Pflichten der Fahrgastrechte im Eisenbahnverkehr vom 26.05.2009 sowie - im Bereich des Großraum Verkehrs Hannover (GVH) - zusätzlich aus der GVH-Kundengarantie; dort sind sowohl die Anspruchsgrundlagen als auch die Höhe der Entschädigungen geregelt. Beschwerden gegen die Erstentscheidung des Servicecenters Fahrgastrechte, Frankfurt, die die Kundenforderung im Namen und Auftrag des jeweiligen Eisenbahnverkehrsunternehmens bearbeitet , sind gegen das Eisenbahnverkehrsunternehmen zu richten. Zur außergerichtlichen Streitbeilegung ist für Streitigkeiten im Öffentlichen Personennahverkehr in Niedersachsen die Schlichtungsstelle Niedersachen und Bremen e. V., Hannover, eingerichtet. Im Übrigen bleibt der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet. 12. In einer Informationsveranstaltung im April 2015 wurde seitens des Betreibers angekündigt , dass alle Züge von mittags bis abends „doppelt gekoppelt“ bleiben. Warum wurde die Ankündigung nicht umgesetzt? Ein Vorschlag zur Steigerung der Pünktlichkeit war, diese durch Verzicht auf das Stärken oder Schwächen der Zugverbände zu steigern, sodass die Züge am Nachmittag und abends durchgängig „doppelt gekoppelt“ verkehren würden. Da die Betriebsqualität in diesem Zeitfenster anders als in der morgendlichen Hauptverkehrszeit keine Auffälligkeiten aufweist, hat erixx diesen Vorschlag nicht weiter verfolgt. 13. Warum wird die im April 2015 angekündigte App www.erixx.de nicht bedient, um die Fahrgäste rechtzeitig über etwaige Veränderungen zu informieren? Der Landesregierung ist weder eine entsprechende Ankündigung bekannt noch kann sie eine derartige Ankündigung nachvollziehen: Als App wird allgemein eine Anwendungssoftware insbesondere im Bereich mobiler Betriebssysteme verstanden, während „www.erixx.de“ eine Internetadresse darstellt. erixx betreibt seit längerem eine eigene Homepage (www.erixx.de), die über Lagemeldungen und stationsscharf über Verspätungen informiert. Darüber hinaus werden Verspätungsangaben auch über Informationssysteme Dritter wie beispielsweise die DB-Auskunftssysteme, darunter auch die App „DB Navigator“ oder die VBN-Auskunftsplattformen, z. B. die VBN-App „FahrPlaner“, kommuniziert . 14. Wie beurteilt die Landesregierung die Zusammenarbeit der ERIXX GmbH mit anderen an der Strecke tätigen Verkehrsunternehmen? Die Zusammenarbeit zwischen den Eisenbahnverkehrsunternehmen zählt nach Auffassung der Landesregierung zum operativen Geschäft, für das die Unternehmen allein verantwortlich zeichnen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5595 5 15. Es wird in Fachkreisen immer wieder behauptet, dass eine Gleisänderung am Hauptbahnhof Hannover eine deutliche Verbesserung der Gesamtsituation ergeben würde. Wie schätzt die Landesregierung das ein, und warum wird das gegebenenfalls nicht umgesetzt? Die erixx-Züge nutzen im Zulauf auf Hannover Hbf die S-Bahn-Infrastruktur mit. Aktuell wurde in einer eisenbahnbetrieblichen Studie ein Wechsel dieser Züge in Langenhagen auf die Fernbahngleise untersucht. Dieser Weg würde aber zu erheblichen Konflikten mit anderen Zügen führen, sodass diese Variante nicht umgesetzt werden kann und auch keine bessere Betriebsqualität verspricht. Stattdessen hat die Studie empfohlen, durch Optimierung der Signaltechnik im Zulauf auf Hannover Hbf die Zugfolge auf der S-Bahn-Stammstrecke zu verkürzen, um so die Betriebsqualität zu steigern. (Ausgegeben am 21.04.2016) Drucksache 17/5595 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5356 Situation der Fahrgäste der „Heidebahn“ Anfrage der Abgeordneten Gudrun Pieper und Karsten Heineking (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr