Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/5605 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5412 - Wie nimmt die Landesregierung ihre Aufsichtsratsmandate im VW-Konzern wahr? Anfrage des Abgeordneten Dirk Toepffer (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 17.03.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 21.03.2016 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung vom 18.04.2016, gezeichnet Olaf Lies Vorbemerkung des Abgeordneten Der „Abgasskandal“, von dem der Volkswagen-Konzern negativ betroffen ist, beschäftigt die Menschen in Niedersachsen in besonderer Weise. Am 10. März 2016 wurde bekannt, dass VW beabsichtig, in den nächsten Jahren mehr als 3 000 Stellen in der Verwaltung von Volkswagen abzubauen. Wirtschaftsminister Olaf Lies hatte auf meine Frage im Rahmen der laufenden Plenarsitzung im Landtag zunächst betont, er habe keine Informationen . Auch kurz vor Ende der Sitzung am 10. März 2016 konnte er - trotz einer von ihm persönlich zugesagten Unterrichtung - zu dem geplanten Stellenabbau keinerlei Angaben machen. Unter Bezugnahme auf das Urteil des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29. Januar 2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 55, gehe ich davon aus, dass der Landesregierung die Beantwortung der Anfrage in weniger als einem Monat möglich und zumutbar ist, da es sich nach meiner Auffassung um einen eng begrenzten Sachverhalt handelt und der Rechercheaufwand gering ist. Vorbemerkung der Landesregierung Der in Pressemeldungen vom 10.03.2016 verbreitete geplante Abbau von Arbeitsplätzen in der Verwaltung von Volkswagen basiert nicht auf offiziellen Mitteilungen des VW-Konzerns oder von dessen Vorstandmitgliedern. Dementsprechend wurde Herr Minister Lies zu diesem Zeitpunkt weder in seiner Eigenschaft als Wirtschaftsminister noch als Mitglied des Aufsichtsrates offiziell oder nichtoffiziell über Planungen dieser Art informiert. Der in der Presse gemeldete mögliche Abbau von Arbeitsplätzen bei VW beruht nicht auf einer autorisierten offiziellen Mitteilung des Konzerns, sondern offenbar auf Interpretationen Dritter der bereits der Öffentlichkeit bekannt gemachten Programme der Effizienzsteigerung. Daher ist eingangs auf die folgenden Aspekte des bereits 2014 gestarteten und bekannten konzernweiten Programms zur Effizienzsteigerung hinzuweisen. Es betrifft grundsätzlich alle Bereiche des Unternehmens und damit auch eine mögliche Optimierung von Personalkosten. Das Programm sieht vor, bis 2017 im gesamten Konzern den Ertrag um 10 Milliarden Euro zu steigern . Dabei sollte allein die Marke VW 5 Milliarden Euro an Effizienzsteigerungen erbringen, die Marke Audi rund 2 Milliarden Euro. Weitere 3 Milliarden Euro an Einsparungen und höheren Erträgen verteilen sich auf die übrigen Töchter, vor allem auf Porsche, Skoda und Seat. Im Herbst 2015 hat der Vorstand der Marke Volkswagen eine beschleunigte Umsetzung des Effizienz-Programms für die Marke VW vorgegeben, insbesondere betrifft dies die Umstrukturierung der verschiedenen Baureihengruppen und effizientere Ausrichtung der Produktion sowie eine Neuausrichtung der Diesel -Strategie mit modernsten Technologien, die Entwicklung einer standardisierten Elektrifizie- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5605 2 rungs-Architektur für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge. Die Kosten sollen um rund eine weitere Milliarde Euro pro Jahr reduziert werden. Seitdem sind darüber hinaus gehende Informationen hierzu bisher seitens des VW-Konzerns nicht bekannt gegeben worden. Es besteht im Übrigen eine Betriebsvereinbarung, die eine Beschäftigungssicherung beinhaltet. Diese sieht vor, dass, bevor eine Stelle nicht mehr neu besetzt wird, zunächst nachgewiesen werden muss, dass die entsprechende Tätigkeit tatsächlich entfällt. 1. In welchen Ressorts (Ministerien und Staatskanzlei) der Landesregierung wird die Aufsichtsratstätigkeit von Ministerpräsident Weil und Minister Lies vorbereitet? Die Vorbereitungen erfolgen durch die Staatskanzlei und das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (MW). Das Ministerium für Finanzen (MF) begleitet die Vorbereitung durch Zulieferung im Zusammenhang mit dem Konzernjahresabschluss, insbesondere durch Erstellung von Analysen und Auswertungen des Einzel- und Konzernabschlusses der VW AG für die entsprechende Aufsichtsratssitzung . Darüber hinaus gibt MF gegebenenfalls anlassbezogene Einschätzungen von Kapitalmaßnahmen etc. der VW AG aus Aktionärssicht. 2. Welche Referate sind im Einzelnen mit der Vorbereitung der Aufsichtsratstätigkeit der Mitglieder der Landesregierung befasst (bitte nach Ressorts getrennt aufschlüsseln)? Im MW erfolgt die Vorbereitung der Aufsichtsratstätigkeit von Minister Lies durch das Referat 32 (Automotive, Luftfahrt und Leichtbau). In der Staatskanzlei (StK) erfolgt die fachliche Vorbereitung der Aufsichtsratstätigkeit von Ministerpräsident Weil durch das Referat 103 (Ressortkoordinierung MW). Seit Bekanntwerden des Dieselskandals besteht die Vorbereitung und Begleitung der Aufsichtsratstätigkeit des Ministerpräsidenten in großen Teilen auch aus kommunikativen Aspekten. In dieser Hinsicht wird die Aufsichtsratstätigkeit von Ministerpräsident Weil durch die Pressestelle der StK begleitet. Im MF erfolgt die fachliche Zulieferung durch das Referat 44 (Landesbeteiligungen und Beteiligungsmanagement). 3. Wie viele Personen sind in den in Frage 2 zu nennenden Referaten jeweils mit der Vorbereitung der Aufsichtsratstätigkeiten befasst (bitte nach Ressort und Referat getrennt aufschlüsseln)? Im MW sind regulär eine, derzeit vorübergehend zwei Personen, in der StK zwei Personen in den genannten Fach- bzw. Koordinierungsreferaten mit der Vorbereitung der Aufsichtsratstätigkeit befasst . Die kommunikative Begleitung in der Pressestelle der StK erfolgt ganz überwiegend durch die Regierungssprecherin. Ausnahmen gibt es lediglich im Hinblick auf Begleitungen zu öffentlichkeitswirksamen Terminen bei Volkswagen während eines Urlaubs oder einer sonstigen Abwesenheit der Regierungssprecherin (Beispiel: Betriebsversammlung im VW-Werk Wolfsburg im März 2016). Im MF ist eine Person mit der Erstellung der in Frage 1 genannten Zulieferungen befasst. 4. Welche Wertigkeit haben die Stellen bzw. Dienstposten, die dieser Aufgabe zugeordnet werden (bitte nach Ressort und Referat getrennt aufschlüsseln)? Im MW sind die beiden oben genannten Dienstposten mit A 15 bewertet. In der StK sind die beiden Dienstposten in Referat 103 mit B 2 und A 15 bewertet, in der Pressestelle mit B 9. Im MF ist die Stelle mit A 13 bewertet. 5. Nehmen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter parallel noch andere Aufgaben wahr? Ja. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5605 3 6. Wenn ja, welchen Anteil an der wöchentlichen Arbeitszeit bindet die Tätigkeit im Zusammenhang mit der Wahrnehmung der Aufsichtsratsmandate (bitte nach Ressort und Referat getrennt aufschlüsseln)? In Spitzenzeiten bindet die Tätigkeit im MW im Zusammenhang mit der Wahrnehmung der Aufsichtsratsmandate im VW-Konzern bis ca. 80 % der wöchentlichen Arbeitszeit. Dies umfasst sowohl das Aufsichtsratsmandat des Ministers bei der Volkswagen AG als auch das Aufsichtsratsmandat bei der Volkswagen Truck & Bus GmbH, welches durch die Staatssekretärin wahrgenommen wird. Da ebenfalls die Branchenbetreuung der Automobilindustrie sowie Anfragen etc. zu diesem Themenbereich bearbeitet werden, ergeben sich viele Überschneidungen mit den weiteren Aufgaben. In der StK bindet in Referat 103 die Tätigkeit etwa 80 % des mit A 15 bewerteten Dienstpostens und etwa 20 % des mit B 2 bewerteten Dienstpostens. Bei der Regierungssprecherin variiert in den letzten sieben Monaten der Anteil der wöchentlichen Arbeitszeit im Zusammenhang mit Volkswagen zwischen 40 und 80 %. Seitens des MF erfolgt die Zuarbeit, wie unter Frage 1 aufgeführt, nur unterstützend und punktuell durch die Beteiligungsverwaltung. Die Tätigkeit nimmt etwa eine Arbeitswoche bzw. fünf Arbeitstage pro Jahr in Anspruch. 7. Findet zusätzlich eine externe Beratung oder die Einholung externer Expertise (etwa mittels Gutachten oder Einholung von Einschätzungen Anderer) statt? Ja. 8. Wenn ja, in welchem Umfang erfolgte seit 2013 eine solche externe Beratung oder die Einholung externer Expertise? Die vom Land entsandten Aufsichtsratsmitglieder haben im vergangenen Jahr ein rechtsberatendes Gutachten im Zusammenhang mit ihrer Aufsichtsratstätigkeit in Auftrag gegeben und in diesem Jahr die Beantwortung eines Fragenkatalogs. 9. Auf welchen Ebenen gibt es seitens der Ministerialverwaltung Kontakte in den VW- Konzern hinein (bitte nach Ressort und Referat getrennt aufschlüsseln. Eine Benennung der Hierarchieebene und der Zuständigkeiten im VW-Konzern genügt)? Die Leitungsebene, die Pressestelle und diverse Referate der Staatskanzlei und des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr unterhalten Kontakte zum VW-Konzern. Die Kontakte der Leitungsebene bestehen insbesondere zum Aufsichtsratsvorsitzenden, anderen Aufsichtsratsmitgliedern , den Vorstandsmitgliedern des Konzerns und zu den Betriebsratsvorsitzenden. Die Pressestelle unterhält insbesondere Kontakte zur Kommunikationsabteilung des Konzerns, zum Bereich Außen- und Regierungsbeziehungen und zu den Kommunikationsverantwortlichen der Marken und der Betriebsräte. Das Fachreferat 103 der Staatskanzlei sowie das Fachreferat 32 des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr unterhalten insbesondere Kontakte zum Generalsekretariat, zum Bereich Außen- und Regierungsbeziehungen, zum Büro des Aufsichtsratsvorsitzenden und zum Betriebsrat. Darüber hinaus gibt es insbesondere noch Kontakte zu VW im Bereich des Protokolls, des Referates für Internationale Zusammenarbeit und der Landesvertretung in Brüssel. 10. Gab oder gibt es seit Beginn der „Abgasaffäre“ außerhalb der Aufsichtsrats- oder Aufsichtsratspräsidiumssitzungen einen regelmäßigen Austausch mit dem VW-Konzernvorstand ? Ministerpräsident Weil und Minister Lies führen außerhalb ihrer Aufsichtsratsmandates themenbezogen intensive Gespräche mit Mitgliedern des VW-Konzernvorstandes. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5605 4 11. Gab oder gibt es einen regelmäßigen Austausch zwischen der Ministerialebene, die mit der Betreuung der Aufsichtsratsmandate befasst ist, und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im VW-Konzern? Wenn ja, in welchem Umfang und in welchem zeitlichen Intervall? Wenn nein, warum nicht? Es finden im Vorfeld zu den Aufsichtsratssitzungen anlassbezogene Gespräche zu aktuellen Themen statt. Gegenstand sind insbesondere vertrauliche Aufsichtsratsangelegenheiten. Darüber hinaus gibt es einen nicht institutionalisierten Austausch mit den verschiedenen Fachbereichen bei Volkswagen zu einzelnen Fachthemen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. 12. Welche Themen sind regelmäßig Gegenstand eines solchen regelmäßigen Austausches , so es ihn denn gibt? Zunächst wird auf die Beantwortung der Frage 11 verwiesen. Momentan liegt der thematische Schwerpunkt auf der Aufklärung des Dieselskandals. Darüber hinaus werden regelmäßig z. B. die allgemeine Marktentwicklung, Auslastung der niedersächsischen Standorte und die dortige Mitarbeitersituation thematisiert. Im Übrigen dürfen Auskünfte über Gesprächsinhalte zu Aufsichtsratsangelegenheiten aufgrund der Verschwiegenheitsbestimmungen des Aktienrechts, die für die Vertreter der Landesregierung im Aufsichtsrat der Volkswagen AG bzw. VW Truck & Bus GmbH gelten, nicht erteilt werden. (Ausgegeben am 22.04.2016) Drucksache 17/5605 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5412 Wie nimmt die Landesregierung ihre Aufsichtsratsmandate im VW-Konzern wahr? Anfrage des Abgeordneten Dirk Toepffer (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr