Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/5657 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5500 - Betreiben die Grünen bei der Weserversalzung „Etikettenschwindel“? Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker, Hermann Grupe und Dr. Stefan Birkner (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 04.04.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 08.04.2016 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 26.04.2016, gezeichnet Stefan Wenzel Vorbemerkung der Abgeordneten Die für den Gewässerschutz zuständigen Minister in der Flussgebietsgemeinschaft Weser (FGG Weser) haben am 18. März einen gemeinsamen „Masterplan Salzreduzierung“ beschlossen. Der Masterplan besteht im Wesentlichen aus drei zentralen Maßnahmen. Zum einen soll bis Ende 2017 eine Kainit-Kristallisations-Flotationsanlage (KKF-Anlage) in Hattorf (Hessen) durch das Unternehmen K+S errichtet werden, die die Salzabwassermenge (aus der Produktion) um 1,5 Millionen m3/Jahr reduziert. Zweitens ist geplant, alle bestehenden und zukünftigen Halden durch das Unternehmen K+S abdecken zu lassen. Die dritte Maßnahme sieht das Einstapeln und den Versatz von verfestigten Rückständen in Grubengebäuden unter Tage vor. Eine weitere Einleitung in die Werra kann damit unterbunden werden. Zur engen Begleitung der Umsetzung der Maßnahmen des „Masterplans Salzreduzierung“ wird eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Sie soll aus Experten der Anrainerländer , Vertretern des Unternehmens K+S und Mitarbeitern der Geschäftsstelle der FGG Weser bestehen. Die Werra-Weser-Anrainerkonferenz unter Vorsitz des Gerstunger Bürgermeisters Hartung bezeichnete den Beschluss als „Etikettenschwindel“, da die „festgelegten Zielwerte des BWP den ‚guten ökologischen Zustand‘ in Werra und Weser ausschließen und dass er sich noch nicht einmal um eine Stufe verbessern wird“. Somit würden die Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie nicht erreicht . Das Unternehmen K+S wies in einer Pressemitteilung darauf hin, dass „für die Realisierbarkeit wesentlicher Maßnahmen (Einstapelung unter Tage) derzeit noch keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen “. Da der Plan Einschnitte in der Kaliproduktion vorsehe, werde man ihn nicht akzeptieren. Sollte die Einstapelung unter Tage nicht wirksam sein, müsse die Verklappung der K+S-Abwässer in die Oberweser mit einer Pipeline in der von K+S beantragten Dimensionierung ermöglicht werden . Diese Option wird auch im Masterplan nicht ausgeschlossen. 1. Wie bewertet die Landesregierung die Ergebnisse des „Masterplans Salzreduzierung“? Die für den Gewässerschutz zuständigen Minister in der FGG Weser haben am 18. März den detaillierten Bewirtschaftungsplan und das detaillierte Maßnahmenprogramm 2015 bis 2021 für die FGG Weser bezüglich der Salzbelastung beschlossen. Damit wurde das Zeit-/Zielwertkonzept der FGG Weser behördenverbindlich, das für die Pegel Gerstungen (Werra) und Boffzen (Weser) für die nächsten Bewirtschaftungsperioden zu erreichende Zielwerte als 90-Perzentile für die Parameter Chlorid, Kalium und Magnesium vorgibt, die einzuhalten sind, und für die Weser die Erreichung des guten Zustands bis 2027 darstellen. Die Landesregierung ist davon überzeugt, dass die Be- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5657 2 schlüsse der FGG Weser dem Verursacher der Gewässerbelastung jetzt klare und verbindliche Grenzwerte vorgeben, an denen sich die Produktion im Fördergebiet Werra auszurichten hat. 2. Wann werden Werra und Weser nach diesem Beschluss einen „guten ökologischen Zustand“ erreichen? Nach den geltenden wasserrechtlichen Bestimmungen sollen alle Oberflächengewässer und das Grundwasser spätestens 2027 einen guten Zustand oder ein gutes Potenzial aufweisen. Ob dies für Werra und Weser erreicht wird, hängt von vielen Faktoren ab, unter denen Salz eine wichtige Rolle spielt. Die Landesregierung möchte, dass die Weser spätestens 2027 den guten ökologischen Zustand/das gute ökologische Potenzial aufweist und die Kaliindustrie alles tut, was hierfür erforderlich ist. Die Beschlüsse der FGG Weser schaffen die Voraussetzung dafür, dass die Zielerreichung nicht am Parameter Salz scheitert. 3. Inwieweit werden die Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie durch diesen Beschluss erfüllt ? Nach Auffassung der Landesregierung entsprechen die Beschlüsse der FGG Weser den Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie in vollem Umfang. 4. Weshalb gelang es Minister Wenzel nicht, die Oberweserpipeline auszuschließen, und inwieweit ist der Beschluss der FGG Weser damit mit dem einstimmigen Landtagsbeschluss vom 10. März vereinbar? Die mit der Frage unterstellte Prämisse trifft nicht zu. Die Ablehnung des Werra-Bypasses oder jeder anderen Form von Oberweserpipeline, die den Zielwert für Boffzen 2027 und damit den guten Zustand der Weser gefährden, ist in der Beschlussfassung der Weser-Ministerkonferenz und den Texten des Maßnahmenprogramms und des Bewirtschaftungsplans Salz aufgrund der niedersächsischen Haltung und Intervention wiedergespiegelt und damit verankert. 5. Wie bewertet die Landesregierung die Kritik der Werra-Weser-Anrainerkonferenz, dass mit dem Beschluss der FGG Weser die Erreichung der Ziele der Wasserrahmenrichtlinie auf unbestimmte Zeit nicht angestrebt werden, da die festgelegten Zielwerte hinter den Werten eines guten ökologischen Zustands angesiedelt seien? Der Bewirtschaftungsplan Salz sieht vor, die Zielwerte bis zum Ende der Umsetzungsfrist nach Wasserrahmenrichtlinie (2027) stufenweise abzusenken. Damit ist gewährleistet, dass die für den guten ökologischen Zustand/das gute Potenzial abgeleiteten Richtwerte von 300 mg/Chlorid, 20 mg/l Kalium und 30 mg/l Magnesium (90 Perzentile) in den Oberflächenwasserkörpern der Weser erreicht und die Salzkonzentrationen in der Werra bis 2027 halbiert werden. 6. Inwieweit ist die Landesregierung der Auffassung, dass der Beschluss der FGG Weser mit den Forderungen des einstimmigen Landtagsbeschluss vereinbar ist, obwohl viele Punkte des Plenarbeschlusses nicht oder kaum aufgenommen wurden? Die Beschlussfassung in der Weser-Ministerkonferenz trägt dem politischen Willen des Landtages vollumfänglich Rechnung. Um insbesondere sicherzustellen, dass keine von Niedersachsen abgelehnte Option zur Umsetzung kommt, hat die Landesregierung im Beschuss erreicht, dass der EU-Kommission bis Ende 2018 ein umfassendes Monitoring zum Umsetzungsstand der beschlossenen Maßnahmen vorgelegt wird, sodass gegebenenfalls über weitere optional notwendige Maßnahmen entschieden werden kann. Die FGG Weser wird daher 2018 prüfen, ob weitere Optionen notwendig sind. Das kön- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5657 3 nen aus niedersächsischer Sicht weitere Vermeidungsmaßnahmen oder Produktionsdrosselungen sein. In dem Text des Maßnahmenprogramms hat Niedersachsen ausdrücklich seine Ablehnung einer Ausleitung von Salzlaugen im Bereich der Kaliwerke und der Kalihalden und eine Einleitung flussabwärts verankert. Das Kapitel zu optionalen Maßnahmen nach dem Masterplan Salzreduzierung ist strittig geblieben und damit innerhalb der FGG nicht geeint. Im Text sind unterschiedliche Positionen der Länder aufgeführt. Für die Beschlüsse der FGG Weser ist Einstimmigkeit erforderlich. Daher sehen die Beschlüsse z. B. keine Ausleitung in die Oberweser mittels einer Pipeline vor. Das entspricht den Forderungen des einstimmigen Landtagsbeschlusses. Ferner wird mit der Arbeitsgruppe Salzreduzierung der FGG Weser der regelmäßige Austausch zum Umsetzungsprozess mit dem Unternehmen K+S eingerichtet. Durch die Arbeitsgruppe sollen ein umfangreiches Controlling und eine regelmäßige Berichterstattung gegenüber dem Weserrat und der Öffentlichkeit gewährleistet werden. Die Arbeitsgruppe soll auch die Durchführung von Forschungsvorhaben und den Einsatz von BVT (beste verfügbare Technik) begleiten. Generell soll bei der Verminderung und Vermeidung von Salzwasserabfällen dafür Sorge getragen werden, dass jeweils die beste verfügbare Technik zum Einsatz kommt. Daher will die FGG Weser einen nationalen Umweltexperten in den bereits laufenden BVT-Prozess zu Abfällen aus dem Bergbau entsenden . 7. Inwieweit wurden die Maßnahmen des Masterplans mit dem Unternehmen K+S abgestimmt ? Nach Auskunft des hessischen Vertreters im Weserrat wurden die drei zentralen Maßnahmen des Sonderplans Salz (KKF-Anlage, Einstapelung/Versatz Untertage, Haldenabdeckung) intensiv mit dem Unternehmen abgestimmt. Die hierfür notwendigen Kosten sind vollständig vom Unternehmen zu tragen. 8. Wie bewertet die Landesregierung die Kritik von K+S, dass wesentliche Maßnahmen des Beschlusses lediglich auf Annahmen beruhen, deren Wirksamkeit nicht nachgewiesen sei? Die Maßnahmen zur Reduzierung und Vermeidung von Produktionsabwässern und zur Verbringung von Produktionsrückständen unter Tage sowie zur Reduzierung und Vermeidung von Haldenabwässern (Haldenabdeckung) werden als technisch umsetzbare, grundsätzlich genehmigungsfähige und grundsätzlich verhältnismäßige Maßnahmen zur Reduzierung der Salzbelastung auf der Basis des derzeitigen Wissensstandes eingestuft. Die Maßnahmen werden begleitet durch Forschungsvorhaben von K+S sowie Monitoring. Die Firma K+S hat in ihrer Stellungnahme gegenüber der FGG Weser die Realisierbarkeit aller Maßnahmen in der erforderlichen Zeit bis 2027 infrage gestellt. Die Landesregierung ist demgegenüber der Auffassung, dass alles getan werden muss, um an der Weser die Umweltziele bis 2027 zu erreichen. Das schließt auch andere Verfahren, die nach den Beschlüssen des Weserrats noch erforscht und entwickelt werden können, nicht aus. Die vorgesehenen Maßnahmen sind Stand der Technik und wirtschaftlich vertretbar. In Niedersachsen schreibt die allgemeine Bergverordnung (ABVO v. 02.02.1966, Nds. MBl. Nr. 15/1966, S. 337, Akt. 1995) bereits seit vielen Jahrzehnten in § 225 vor, dass „Kaliabbaue sobald wie möglich versetzt werden müssen“. Die Einlassungen des Unternehmens in der Öffentlichkeit sind daher nicht nachvollziehbar. (Ausgegeben am 04.05.2016) Drucksache 17/5657 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5500 Betreiben die Grünen bei der Weserversalzung „Etikettenschwindel“? Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker, Hermann Grupe und Dr. Stefan Birkner (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz