Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/5690 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5469 - „Alle anderen Länder haben die Auszahlung geschafft.“ - Warum überweist Niedersachsen die EU-Prämien so spät an die Landwirte? Anfrage der Abgeordneten Hermann Grupe, Hillgriet Eilers und Dr. Stefan Birkner (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 16.03.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 05.04.2016 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung vom 29.04.2016, gezeichnet Christian Meyer Vorbemerkung der Abgeordneten Auf die Frage „Wann können die niedersächsischen Landwirte mit einer Auszahlung der Direktzahlungen rechnen?“ antwortete das Landwirtschaftsministerium im September 2015: „Zurzeit ist mit einer Auszahlung der Direktzahlungen im Dezember zu rechnen“ (Drucksache 17/4265, Seite 18). Auf agrarheute.com war schon am 19. November 2015 zu lesen: „Nicht alle Teile der jährlichen Direktzahlungen werden wie geplant bei den Landwirten ankommen. Der Greeningzuschlag verzögert sich bis Ende Februar“ (http://www.agrarheute.com/landundforst/news/greening-praemie-auszah lung-erst-ende-februar-2016). Am 15. Dezember 2015 schränkte auch Landwirtschaftsminister Meyer die Zusage aus dem September im Rahmen einer Aktuellen Stunde im Landtag ein: „Wir werden noch in diesem Dezember an unsere Landwirte die Basisprämie, die Umverteilungsprämie, die Kleinerzeugerprämie und die Junglandwirteprämie auszahlen. Das sind die Bestandteile, die ganz wichtig sind“ (Stenografischer Bericht über die 82. Plenarsitzung, Seite 8052). Die Greeningprämie , die etwa ein Drittel der Gesamtzahlungen ausmacht, hat er dabei für eine Auszahlung im Dezember ausgeschlossen. In der Antwort auf die Anfrage „Warum zahlt die Landesregierung die Greeningprämie erst im Februar aus?“ antwortete das Landwirtschaftsministerium im Dezember 2015: „Leider kann die sogenannte Greeningprämie erst im Februar 2016 rechtssicher ausgezahlt werden, da die notwendigen zusätzlichen Vor-Ort-Kontrollen, die Voraussetzung für die Auszahlung sind, nach Angaben der Landwirtschaftskammer nicht rechtzeitig zur Auszahlung im Dezember abgeschlossen werden können“ (Drucksache 17/4865, Seiten 63 und 64). Anlässlich einer Unterrichtung zu diesem Thema im März-Plenum des Landtages 2016 zitierte die Neue Presse Landwirtschaftsminister Meyer am 11. März 2016 wie folgt: „Ich bedaure jeden einzelnen Fall, in dem die Auszahlung noch nicht geklappt hat. Und wir wollen uns dafür einsetzen, dass den Bauern geholfen wird - durch beschleunigte Auszahlungen, Steuerstundungen oder Beratungen.“ Das Landvolk Niedersachsen kritisiert im selben Artikel die in Niedersachsen einzigartige Situation: „Alle anderen Bundesländer haben die Auszahlung geschafft.“ 1. Gab es neben Niedersachsen noch weitere Bundesländer, die die Greeningprämie nicht spätestens im Dezember ausgezahlt haben, wenn ja, um welche Bundesländer handelt es sich dabei? Probleme hinsichtlich der vollständigen Auszahlung der Direktzahlungen für das Antragsjahr 2015 gab es in mehreren Bundesländern. Eine vollständige Verschiebung der Auszahlung der Greeningprämie ist nach hiesigen Erkenntnissen auch in Thüringen und im Saarland erfolgt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5690 2 2. Von welchen Kontrollen spricht Landwirtschaftsminister Meyer, wenn er von „zusätzlichen Vor-Ort-Kontrollen“ spricht, die Voraussetzung für eine Auszahlung der Greeningprämie seien, und warum sind diese Kontrollen „zusätzlich“? Diese zusätzlichen Kontrollen betreffen die Einhaltung der Verpflichtungen zur Erhaltung von Dauergrünland (Pflug- bzw. Umwandlungsverbote), zur Anbaudiversifizierung (mindestens zwei bzw. drei verschiedene Kulturen) und zur Ausweisung von ökologischen Vorrangflächen (im Umfang von mindestens 5 % der Ackerfläche - z. B. Brachen, Feldrandstreifen, Anbau Stickstoff bindender Pflanzen, Zwischenfrüchte). Im Bereich der Vor-Ort-Kontrollen waren dazu zusätzlich 2060 „Sommer -“ und 1 600 „Winterprüfungen“ durchzuführen. Winterkontrollen sind insbesondere bei Betrieben durchzuführen, die ihre Verpflichtung zur Ausweisung von ökologischen Vorrangflächen über Zwischenfrüchte erbringen, weil diese nach den Vorgaben der EU bis zum 01.10. des Antragsjahres einzusäen sind und entsprechend spät kontrolliert werden können. Von dieser Möglichkeit haben in Niedersachsen mehr als 16 400 Betriebe Gebrauch gemacht. Betroffen waren mehr als 250 000 ha. Das entspricht mehr als einem Viertel der bundesweit als ökologische Vorrangflächen ausgewiesenen Zwischenfrüchte. Daneben sind zusätzlich umfangreiche Verwaltungskontrollen z. B. zur Erhaltung von Dauergrünland (Abarbeitung von sogenannten Umbruchlisten) und zur Befreiung von der Anbaudiversifizierung für Betriebe, die überwiegend Kartoffeln anbauen, durchzuführen. Nach den Vorgaben der EU dürfen die Auszahlungen erst erfolgen, wenn alle Kontrollen abgeschlossen sind. 3. Ist es nach Auffassung der Landesregierung zutreffend, dass das Ausmaß und die möglichen Zeiträume der Vor-Ort-Kontrollen, die sich beispielsweise aus den durch die Landwirte gewählten Greeningmaßnahmen ergeben, schon seit der Frist für die Abgabe der Agraranträge am 15. Mai 2015 bekannt waren? Das trifft im Grundsatz zu, wobei auch verspätet eingegangene Anträge und Änderungsanträge, die bis zum 31.05. bzw. 09.06. eingehen, noch zu berücksichtigen sind. Außerdem mussten die eingegangen Anträge noch in das System übernommen und ausgewertet werden, da erst diese detaillierte Auswertung bzw. Einstufung aller Anträge, die notwendig für die Auswahl der Betriebe ist, das eigentliche Ausmaß der Vor-Ort-Kontrollen erkennen lässt. Allerdings ändert sich durch die Kenntnis des Ausmaßes nichts am Umfang des Kontroll- und Verwaltungsaufwands . Dies gilt insbesondere für den Aufwand, der sich am Jahresende im Bereich der Vor-Ort-Kontrollen ergibt. Bestimmte Bearbeitungsschritte können systembedingt auch nicht vorgezogen werden. 4. Warum war es für die Landesregierung nicht möglich, seit Bekanntwerden der durch die Landwirte beantragten Greeningmaßnahmen im Mai 2015 die nötigen Voraussetzungen zu schaffen, um alle Prämien inklusive der Greeningprämie spätestens im Dezember 2015 auszuzahlen? Es wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen. Dazu gehört insbesondere die Aufstockung des Budgets der Landwirtschaftskammer Niedersachsen um 62,5 Stellen und die Bereitstellung von sechs zusätzlichen Stellen beim Servicezentrum Landentwicklung und Agrarförderung (SLA), das für die EDV-technische Abwicklung der Prämiengewährung zuständig ist. Darüber hinaus bestanden aufgrund der Komplexität der Verfahren insbesondere in Zusammenhang mit der Umsetzung der GAP-Reform in 2015 und der mangelnden Verfügbarkeit von zusätzlichem spezialisiertem, in diesem Bereich sofort einsetzbarem Personal auf dem Arbeitsmarkt keine Möglichkeiten, kurzfristig auf diese Situation zu reagieren. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5690 3 5. Was unternimmt die Landesregierung in Zukunft in dem Fall, dass wieder ähnlich viele Landwirte wie 2015 ihr Greening durch den Anbau von Zwischenfrüchten oder Untersaaten abdecken, damit dann eine rechtzeitige Auszahlung aller EU-Prämien spätestens im Dezember eines Jahres erfolgen kann? Davon ausgehend, dass sich die Vorgaben der EU zur Gewährung von Direktzahlungen 2016 im Vergleich zu 2015 nicht oder nur geringfügig ändern werden, sind die Voraussetzungen für eine Gewährung der Greeningprämie für 2016 Ende 2016 insofern günstig, als dass das EDV-Modul für die Gewährung der Greeningprämie auch für die Auszahlung 2016 genutzt werden kann und auch ansonsten die 2015 mit der Umsetzung der GAP-Reform gesammelten Erfahrungen einfließen. Ein Problemschwerpunkt stellen in diesem Zusammenhang die überwiegend im vierten Quartal durchzuführenden Vor-Ort-Kontrollen zu den als ökologische Vorrangflächen ausgewiesenen Zwischenfrüchten dar. Dazu sind von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen geeignete organisatorische Maßnahmen im Hinblick auf die 2016 insgesamt durchzuführenden Kontrollen und hinsichtlich der Bereitstellung von Prüfpersonal zu ergreifen. Das in 2015 zusätzlich eingestellte Personal ist überdies eingearbeitet, was zur Beschleunigung des Kontrollgeschehens beiträgt. Eine besondere Herausforderung für alle Beteiligten, die nicht nur die Greeningprämie betrifft, stellt die Einführung der geobasierten Antragstellung im Antragsjahr 2016 dar. Siehe dazu die Antwort auf Frage 8 sowie die Antworten auf die Anfragen der Abgeordneten Hermann Grupe, Dr. Stefan Birkner und Jörg Bode (FDP) zu TOP 29, Fragen Nr. 30 und 31, des 33. Tagungsabschnitts im März 2016 sowie des Abgeordneten Dr. Hans-Joachim Deneke-Jöhrens (CDU) zu TOP 25, Frage Nr. 57, des 34. Tagungsabschnitts im April 2016). 6. Würde die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass 2015 viele Landwirte ihr Greening durch den Anbau von Zwischenfrüchten und Untersaaten abgedeckt haben und dabei eine Vor-Ort-Kontrolle erst im letzten Viertel eines Jahres möglich ist, es für sinnvoll halten, den für die Anrechnung von Zwischenfrüchten und Untersaaten als Greening relevanten Zeitraum vor den Anbau der Hauptfrucht zu verlegen, sodass die Greeningleistung durch den Landwirt dann schon zum Zeitpunkt der Antragstellung eines jeden Jahres erbracht wäre? Dieser Vorschlag ist aus rechtlichen Gründen nicht realisierbar. Dazu wäre eine Änderung des EU-Basisrechts notwendig, die nach hiesiger Einschätzung von den meisten Beteiligten auf EU-Ebene zum jetzigen Zeitpunkt abgelehnt wird. (Zu berücksichtigen ist auch, dass die Einführung der Zwischenfrüchte als ökologische Vorrangflächen nach dem EU-Recht fakultativ ist. Diese Option wurde 2015 in Deutschland trotz verschiedener fachlicher und umsetzungstechnischer Bedenken eingeführt. Es bestünde für Deutschland gegebenenfalls die Möglichkeit, künftig auf die Ausweisung von Zwischenfrüchten als ökologische Vorrangflächen zu verzichten.) Davon unabhängig wäre der Vorschlag auch aus verwaltungstechnischen Gründen nicht umsetzbar . Voraussetzung dafür wäre die Einführung eines weiteren Antragsverfahrens z. B. zum 01.10. für den Anbau von Zwischenfrüchten, das dann in die Gewährung der Direktzahlungen im Folgejahr einfließt. Es wäre dementsprechend neben dem bestehenden ein zweites Antrags- und Kontrollverfahren mit Auswirkungen auf das Folgejahr zu installieren. 7. In wie vielen Fällen in Niedersachsen haben landwirtschaftliche Betriebe die Basisprämie , die Umverteilungsprämie, die Kleinerzeugerprämie, die Junglandwirteprämie beziehungsweise die Greeningprämie nicht erhalten (bitte jeweils für die Stichtage 31. Dezember 2015 und 29. Februar 2016 in absoluten und relativen Zahlen angeben)? Nicht gezahlte Anträge zu den Direktzahlungen jeweils zum Dezember 2015 und Februar 2016: Basisprämie: Dezember 1 299 (2,96 %); Februar 504 (1,15 %) bei 43 834 Anträgen insgesamt, Umverteilungsprämie: Dezember 1 445 (3,30 %); Februar 573 (1,31 %) bei 43 803 Anträgen insgesamt , Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5690 4 Junglandwirteprämie: Dezember 627 (18,72 %); Februar 507 (15,13 %) bei 3 350 Anträgen insgesamt , Kleinerzeugerregelung: Dezember 325 (7,53 %); Februar 196 (4,54 %) bei 4 317 Anträgen insgesamt , Greeningprämie: Februar 3 587 (8,20 %) bei 43 727 Anträgen insgesamt. Die Angaben zu den nicht ausgezahlten Anträgen beinhalten eine große Zahl von abgelehnten bzw. abzulehnenden Anträgen, die aus diesem Grunde nicht ausgezahlt werden konnten und können . 8. Erwartet die Landesregierung, dass es durch die Einführung des geobasierten Agrarantrags 2016, bei dem sich die beantragten Flächengrößen durch exakt anzufertigende Schlagzeichnungen ergeben, und vor dem Hintergrund, dass das Landwirtschaftsministerium in einer Pressemitteilung vom 11. März 2016 „festgestellte Abweichungen bei den Datenauswertungen (…) mit Blick auf die Flächenangaben“ als ursächlich für noch ausstehende Prämienzahlungen angibt, zu noch größeren und vermehrten Problemen im Antragsverfahren kommt und dadurch 2016 noch mehr verspätete Prämienzahlungen entstehen? Die Probleme mit der Auszahlung der Greeningprämie und der Einführung der geobasierten Antragstellung sind nicht miteinander vergleichbar. Im ersten Fall geht es um Probleme, die daraus resultieren, dass zur Gewährung der Greeningprämie im Februar auf andere Daten als zur Gewährung der Direktzahlungen im Dezember zurückgegriffen werden musste, soweit sich diese zwischenzeitlich geändert hatten. Durch Einführung der geobasierten Antragstellung ergeben sich hingegen Schwierigkeiten daraus, dass für den Umfang der zu gewährenden Zahlungen nicht mehr der alphanumerische Wert von Antragsflächen, sondern die Größe von zu digitalisierenden Schlaggeometrien maßgeblich ist. Dieses stellt an alle Beteiligten sehr hohe Anforderungen. Aus diesem Grund wurde z. B. das Budget des SLA um zusätzliche 1,3 Millionen Euro aufgestockt. Es wird eine pünktliche Auszahlung aller für 2016 zu gewährenden Prämien angestrebt. 9. Was meint Landwirtschaftsminister Meyer, wenn er davon spricht, dass den Landwirten im Fall verspäteter Prämienzahlungen durch „Beratungen“ geholfen werden könne? Hierbei geht es darum, dass die Betriebsinhaber im Hinblick auf die aktuelle wirtschaftliche Situation der Landwirtschaft und unabhängig von gegebenenfalls noch ausstehenden Zahlungen im Bedarfsfall Beratungsangebote der Landwirtschaftskammer und anderer Beratungseinrichtungen in Anspruch nehmen sollten. (Ausgegeben am 09.05.2016) Drucksache 17/5690 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5469 - „Alle anderen Länder haben die Auszahlung geschafft.“ - Warum überweist Niedersachsen die EU-Prämien so spät an die Landwirte? Anfrage der Abgeordneten Hermann Grupe, Hillgriet Eilers und Dr. Stefan Birkner (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-cherschutz