Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/5701 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5435 - Ist der sechssemestrige Bachelor bei den Architekturberufen berufsqualifizierend? Anfrage der Abgeordneten Almuth von Below-Neufeldt und Gabriela König (FDP) an die Landesregierung , eingegangen am 18.03.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 04.04.2016 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur namens der Landesregierung vom 02.05.2016, gezeichnet Gabriele Heinen-Kljajić Vorbemerkung der Abgeordneten Eine Befragung unter niedersächsischen Architekten, Innen- und Landschaftsarchitekten und Stadtplanern sowie jungen Absolventen dieser Studiengänge hat gezeigt, dass das sechssemestrige Bachelorstudium nicht ausreicht, um die beruflichen Anforderungen in einem Architekturbüro zu erfüllen . Die Studie des Instituts Hommerich Forschung brachte u. a. zum Vorschein, dass den Bachelorabsolventen Grundlagenwissen, berufspraktische Fähig- und Fertigkeiten und zum Teil Entwurfskompetenz fehlen. Sie erfüllen selten die in sie und die in einen Hochschulabsolventen zu steckenden Erwartungen. Zusammenfassend wird festgestellt, dass den Bachelorabsolventen der Architekturberufe kein Tätigkeitsprofil zugewiesen werden kann, für das sie besonders geeignet oder qualifiziert sind. Viele Absolventen sehen daher ihren formal berufsqualifizierenden Abschluss lediglich als Zwischenschritt und streben einen Master als berufsqualifizierenden Abschluss an. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung misst der Architektenausbildung eine hohe Bedeutung zu. Dementsprechend muss die Ausbildung auf hohem Qualitätsniveau erfolgen. Die niedersächsischen Hochschulen halten ein bedarfsgerechtes qualitätsgesichertes Ausbildungsangebot vor, das laufend weiterentwickelt wird. Der Qualitätssicherung kommt besondere Bedeutung zu. Gemäß § 6 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG) sind alle niedersächsischen Studiengänge grundsätzlich zu akkreditieren . Im Rahmen des Akkreditierungsverfahrens wird das Berufsfeld mit betrachtet. Der Bachelor ist der erste berufsqualifizierende Abschluss. Er eröffnet im Bereich der Architektur Tätigkeiten beispielsweise in der Immobilienwirtschaft, in Architekturbüros, der Gebäudeverwaltung, im öffentlichen Dienst sowie in den Medien (unabhängig vom Führen einer Berufsbezeichnung). Die Frage der Berufsbefähigung nach Abschluss eines Bachelorstudiums ist zu unterscheiden von der berufsrechtlichen Frage des Führens der Berufsbezeichnung und der Eintragungsfähigkeit in die Architektenliste vor dem Hintergrund des Verbraucherschutzes nach dem Niedersächsischen Architektengesetz. 1. Ist der Landesregierung die besagte Studie des Instituts Hommerich Forschung bekannt ? Ja. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5701 2 2. Wenn ja, kann sie die Ergebnisse nachvollziehen oder sogar bestätigen? Die Befragungsergebnisse unter den freischaffenden Mitgliedern der Architektenkammer Niedersachsen zeigen aus Sicht der Landesregierung deutlich, dass Absolventinnen und Absolventen von Bachelorstudiengängen auch in den freischaffenden Büros der Mitglieder gute Einsatzmöglichkeiten finden. Erfreulicherweise stellen die befragten Mitglieder gleichermaßen u. a. eine hohe Motivation sowie strukturierte und methodisch richtige Arbeitsweise unter den Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteigern fest - und zwar unabhängig vom Abschlussgrad. Dies ist ein Indiz für die Qualität der hochschulischen Ausbildung. Die Einschätzung, dass ein Bachelorabschluss nicht für die Tätigkeit in einem Architekturbüro ausreicht , wird angesichts der Befragungsergebnisse nicht geteilt. Die Studie weist für die meisten abgefragten Größen keine signifikanten Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Hochschulabschlüssen nach. Insofern wird die Einschätzung bestätigt, dass gemäß europaweit vereinbarter Zielsetzung der Bachelorabschluss zu einer qualifizierten Erwerbstätigkeit auf dem akademischen wie außerakademischen Arbeitsmarkt befähigt. 3. Falls nicht, gibt es alternative Erkenntnisse der Landesregierung über die Praxistauglichkeit der Absolventen in den Studiengängen Architektur, Innenarchitektur und Landschaftsarchitektur aus Niedersachsen? Befindet sich die Landesregierung zu dieser Frage im Dialog mit dem Berufsstand? Die Landesregierung befindet sich in regelmäßigem Dialog mit dem Berufsstand. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 4. Für den Bereich der Architekten ist wie in allen anderen Bundesländern eine Mindeststudiendauer von acht Semestern in Niedersachsen festgeschrieben. Allerdings steht in Niedersachsen nur für rund die Hälfte aller Bachelorstudenten ein Masterplatz zur Verfügung. Plant die Landesregierung, dieses Verhältnis gegebenenfalls auch durch Umschichtungen zu ändern? In Niedersachsen steht im Studiengang Architektur für qualifizierte Bachelorabsolventinnen und -absolventen eine ausreichende Zahl an Masterstudienplätzen in konsekutiven Studiengängen zur Verfügung. Masterstudiengänge dienen der fachlichen und wissenschaftlichen Spezialisierung und können direkt im Anschluss an das Bachelorstudium oder nach einer ersten Berufstätigkeit studiert werden. Im Studienjahr 2015/2016 standen im Studienfach Architektur 561 Bacheloranfängerplätze und 235 Masteranfängerplätze zur Verfügung. Damit kann der Fachkräftebedarf in den Architekturbüros sichergestellt werden. 5. Falls nicht, wo sieht die Landesregierung Berufsfelder für die Absolventen, denen der Weg in den Architektenberuf verwehrt ist? Absolventinnen und Absolventen von Bachelorstudiengängen im Bereich der Architektur stehen Tätigkeitsfelder beispielsweise in der Immobilienwirtschaft, in Architekturbüros, der Gebäudeverwaltung , im öffentlichen Dienst sowie in den Medien offen (unabhängig vom Führen einer Berufsbezeichnung ). Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5701 3 6. Für die Fachrichtungen Innenarchitektur, Landschaftsarchitektur und Stadtplanung sind die Mindeststudienzeiten auf sechs Semester reduziert. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die Berufsbilder weniger anspruchsvoll sind? Die Fachrichtungen Innenarchitektur, Landschaftsarchitektur und Stadtplanung betreffen nicht in gleichem Maße sicherheitsrelevante Bereiche wie die (Hochbau-)Architektur; eine unterschiedliche Behandlung ist daher gerechtfertigt. Die Landesregierung hat sich gleichwohl gegenüber der Architektenkammer Niedersachsen bereit erklärt, zu einem späteren Zeitpunkt in eine ergebnisoffene Diskussion über das Thema Mindeststudienzeiten einzutreten. 7. Aus dem Berufsstand wird eine Heraufsetzung der Mindeststudiendauer auf acht Semester für diese Fachrichtungen seit Langem gefordert. Wird die Landesregierung diese Forderung im Zuge der laufenden Novellierung des Niedersächsischen Architektengesetzes aufnehmen? Nein. 8. Wenn nicht, warum nicht? Mit dem laufenden Gesetzesvorhaben wird im Wesentlichen die Umsetzung der Richtlinie 2013/55/EU zur Änderung der Berufsanerkennungsrichtlinie 2005/36/EG verfolgt. Eine etwaige Erhöhung der Mindeststudienzeiten ist nicht Gegenstand der EU-Richtlinie. (Ausgegeben am 10.05.2016) Drucksache 17/5701 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5435 - Ist der sechssemestrige Bachelor bei den Architekturberufen berufsqualifizierend? 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