Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/5702 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5546 - Wird es ein Fischereiverbot in Teilen der Nordsee geben? Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker, Horst Kortlang, Hillgriet Eilers, Hermann Grupe und Dr. Stefan Birkner (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 07.04.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 13.04.2016 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung vom 29.04.2016, gezeichnet Christian Meyer Vorbemerkung der Abgeordneten Presseberichten zufolge plant das Bundesumweltministerium eine Verordnung, mit der die Hobbyfischerei in der Ausschließlichen Wirtschaftszone Deutschlands verboten werden soll. Begründet wird dieses Verbot mit dem Erhalt wichtiger Fischbestände wie denen des Dorsches. Die schleswig -holsteinischen Minister Meyer (SPD) und Habeck (Grüne) äußerten sich kritisch gegenüber diesen Plänen. Ebenso plant Bundesumweltministerin Hendricks (SPD) zum Schutz von Schweinswalen, Vögeln, Riffen und Kleingetier am Meeresboden, in großen Gebieten der Nordsee die Fischerei teils ganzjährig zu verbieten. Betroffen ist vor allem die Fischerei mit Grundschleppnetzen und Stellnetzen in den Schutzgebieten Östliche Deutsche Bucht und Sylter Außenriff vor der schleswig-holsteinischen Küste, Borkum Riffgrund vor Niedersachsen und Doggerbank, die noch weiter draußen liegt. Nach Aussagen des Deutschen Fischerei-Verbandes seien 30 % der deutschen Nordseefläche betroffen. Vorbemerkung der Landesregierung Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) beabsichtigt, die acht gemeldeten FFH-Gebiete in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) von Nord- und Ostsee durch sechs NSG-Verordnungen unter hoheitlichen Schutz zu stellen, um damit der EU-rechtlichen Sicherungsverpflichtung nachzukommen. Soweit sich die FFH-Gebiete mit den bereits unter Schutz gestellten Vogelschutzgebieten räumlich überlagern, werden die entsprechenden Regelungen integriert. Der Entwurf des BMUB vom 20.01.2016 sieht für fünf NSG-Verordnungen ein vollständiges und für ein NSG (Sylter Außenriff - Östliche Deutsche Bucht) ein überwiegendes Verbot der Freizeitfischerei vor. Begründet wird dieses Verbot mit dem Schutz der Gebiete vor zusätzlichen Störungen durch den mit der Freizeitfischerei verbundenen unspezifischen Bootsverkehr. Ergänzend zu den Entwürfen für sechs NSG-Verordnungen haben das BMUB und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gemeinsam Maßnahmenvorschläge für das Fischereimanagement in den Natura 2000-Gebieten in der deutschen AWZ der Nordsee entwickelt und am 22.03.2016 im BMEL in Bonn vorgestellt. Maßnahmenvorschläge für das Fischereimanagement in den Natura 2000-Gebieten in der deutschen AWZ der Ostsee sollen zu einem späteren Zeitpunkt folgen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5702 2 1. Wie bewertet die Landesregierung die Pläne des Bundesumweltministeriums? Die Sicherungsverpflichtung der FFH-Gebiete durch entsprechende Schutzgebietsverordnungen ist unstrittig. Die Landesregierung hat jedoch erhebliche Zweifel an der Notwendigkeit, der Wirksamkeit und der Verhältnismäßigkeit einzelner Maßnahmen. Dies betrifft sowohl das Verbot der Freizeitfischerei als auch Teile der Maßnahmenvorschläge für das Fischereimanagement. Bei den Maßnahmenvorschlägen für das Fischereimanagement besteht eine grundsätzliche Übereinstimmung mit den Plänen, den Lebensraumtyp 1170 „Riffe“ durch den ganzjährigen Ausschluss von mobilen grundberührenden Fanggeräten zu schützen. Die Landesregierung ist jedoch der Ansicht , dass der Zuschnitt der für den ganzjährigen Ausschluss vorgesehen Gebiete wesentlich passgenauer an die schützenswerten Riffe herangeführt werden sollte, um den Fischereiausschluss tatsächlich auf die schützenswerten Strukturen zu beschränken. Nicht nachvollziehen kann die Landesregierung den Ausschluss der Krabbenfischerei zum Schutz des Lebensraumtyps 1110 „Sandbänke“. Der Landesregierung sind keine Untersuchungsergebnisse bekannt, die belegen, dass die leichten und nicht in das Sediment eindringenden Fanggeschirre der Krabbenfischerei einen erheblichen Einfluss auf die schützenswerten Arten dieses Lebensraumtyps haben, die wegen der ausgeprägten natürlichen Umlagerungsprozesse zum weitaus größten Teil nicht auf der Sedimentoberfläche, sondern tiefer im Sediment leben. 2. Welche Auswirkungen hätte ein solches ganzjähriges Fischereiverbot für die niedersächsische Fischerei, speziell die Krabbenfischerei? In Niedersachsen beheimatete Fischereifahrzeuge wären von den Fischereiverboten in allen vier Natura 2000-Gebieten in der deutschen AWZ der Nordsee betroffen. Für die niedersächsischen Krabbenfischereibetriebe im Speziellen führt vor allem das geplante ganzjährige Fangverbot in Teilen der Natura 2000-Gebiete „Sylter Außenriff“ und „Östliche Deutsche Bucht“ zu Einschränkungen. Die Anzahl der potenziellen Fanggebiete wird insbesondere durch den Ausbau der Offshorewindenergie bereits seit Jahren kontinuierlich geringer. Ein weiterer Verlust von Fanggebieten in den genannten Schutzgebieten würde die Konzentration auf immer weniger Fangplätze noch verstärken . Die zunehmende Anzahl der Fischereifahrzeuge in den verbleibenden Fanggebieten erhöht die Konkurrenz auf den Fangplätzen und das Sicherheitsrisiko für die Fischereifahrzeuge. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass die Fischerei aufgrund lokaler Überfischungsphänomene unrentabel wird. 3. Inwieweit stimmt die Landesregierung der Aussage zu, dass eine Sperrung von 30 % der Flächen zu einer stärkeren Verlagerung der Fischerei auf die restlichen Flächen führen würde, was deutliche Auswirkungen auf die dortigen Fischbestände hätte? Die Sperrung der besagten Flächen in der AWZ ließe den Fischereibetrieben keine andere Wahl, als sich auf die verbleibenden Flächen zu konzentrieren. Folglich würde die Fischereiintensität in diesen Gebieten ansteigen. In der Folge würde lokal ein höherer Fischereidruck entstehen, während gleichzeitig der Fischereidruck in den Schutzgebieten abnähme. In den nun intensiver befischten Gebieten könnten lokale Überfischungsphänomene entstehen, die häufigere Fangplatzwechsel erforderlich machen. Bezogen auf die Bestände erwartet die Landesregierung keine erheblichen Auswirkungen, da es nur zu einer Konzentration des Fischereiaufwands auf einige Gebiete, nicht jedoch zu einer generellen Zunahme käme. 4. Welche Auswirkungen hat die Hobbyfischerei auf die Fischbestände in der Nordsee? Gemäß § 16 Abs. 1 des Niedersächsischen Fischereigesetzes ist der Fisch- und Krebsfang in den Küstengewässern frei. Daher erfolgt keine systematische Erfassung der Hobbyfischerei in den niedersächsischen Küstengewässern. Auch in der AWZ in der Nordsee erfolgt keine Erfassung der Hobbyfischerei. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5702 3 Nach Einschätzung des Staatlichen Fischereiamts Bremerhaven findet die Hobbyfischerei an der Nordseeküste nur im geringen Maße statt. Es ist davon auszugehen, dass die natürliche Populationsdynamik der Fischbestände die Auswirkungen dieser Fischerei deutlich übersteigt. Deshalb sind messbare Auswirkungen der Hobbyfischerei auf die Fischbestände nicht zu erwarten. 5. Wie sind die momentanen ökonomischen Kennzahlen für den Angeltourismus an der Nordsee, und welche Auswirkungen hätte ein Verbot der Hobbyfischerei in Schutzgebieten auf See auf den Tourismus an der Küste? Dadurch, dass die Hobbyfischerei nicht systematisch erfasst wird, können keine gesicherten Aussagen über die Ökonomie des Angeltourismus getroffen werden. Die Schutzgebiete liegen in der AWZ. Dort fand nach Kenntnis des Staatlichen Fischereiamts Bremerhaven Hobbyfischerei mit Schiffen bzw. Booten mit niedersächsischem Heimathafen bisher nicht oder nur in sehr geringem Ausmaß statt. Folglich wären durch ein Verbot des Angeltourismus in den Schutzgebieten der AWZ keine Auswirkungen auf den Tourismus an der niedersächsischen Küste zu erwarten. (Ausgegeben am 10.05.2016) Drucksache 17/5702 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5546 - Wird es ein Fischereiverbot in Teilen der Nordsee geben? Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker, Horst Kortlang, Hillgriet Eilers, Hermann Grupe und Dr. Stefan Birkner (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-cherschutz