Niedersächsischer Landtag 17. Wahlperiode Drucksache 17/5759 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5586 - Tote Luchse durch Fuchsräude Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker und Christian Grascha (FDP) an die Landesregierung , eingegangen am 15.04.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 20.04.2016 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 18.05.2016, gezeichnet Stefan Wenzel Vorbemerkung der Abgeordneten Nach Angaben des Harzer Luchs-Projektes sterben immer mehr Luchse an der Fuchsräude, einer Krankheit, bei der Milben die Haut der befallenen Tiere zersetzen. Die Luchse infizieren sich wohl beim direkten Kontakt mit Füchsen, beispielsweise wenn sie versuchen, diese zu reißen, um sie als Nahrungskonkurrenten auszuschalten. Vorbemerkung der Landesregierung In einem dpa-Interview zu aktuellen Entwicklungen im Luchsprojekt hatte dessen Leiter u. a. festgestellt , dass im Jahr 2015, verglichen mit den Vorjahren, relativ viele Luchse (n=15) tot aufgefunden wurden. Die häufigste Todesursache war dabei die Sarcoptesräude (Fuchsräude). Die daraus hervorgegangene Pressemeldung gab allerdings dem Einfluss der Räude auf die Luchspopulation mehr Gewicht als der tatsächlichen Lage angemessen erscheint. 1. Wie viele Luchse gibt es in Niedersachsen? Die Harzpopulation des Eurasischen Luchses wurde seit dem Jahr 2000 im Harz angesiedelt. Das Vorkommensgebiet der Population vergrößert sich derzeit jährlich und betrifft aktuell mindestens fünf Bundesländer (Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Hessen, Nordrhein-Westfalen). In Niedersachsen hat sich der Luchs im Harz fest etabliert. Er reproduzierte sich darüber hinaus im Jahr 2015 auch im Kaufunger Wald und im Hils. Für das gesamte Harzgebiet (West und Ost) konnte mittels einer systematischen Fotofallenstudie eine Abschätzung des Luchsbestandes vorgenommen werden. Innerhalb des Harzes ist bei einer rechnerischen Dichte von 3,8 Individuen /100 km² von 80 bis 90 Luchsen (inklusive von der Mutter abhängige Jungtiere) auszugehen. Entsprechend dem Flächenanteil bedeutet dies für den niedersächsischen Harzbereich eine Anzahl von 30 bis 35 Tieren. Für die außerhalb des Mittelgebirges gelegenen Teile des Vorkommensgebietes können derzeit keine verlässlichen Angaben zur Bestandshöhe gemacht werden. 2. Wie viele Luchse sind in Niedersachsen bereits an der Fuchsräude gestorben? Auf niedersächsischer Fläche wurden zwischen 2003 und 2007 drei (im gesamten Vorkommensgebiet fünf) an Räude erkrankte Individuen aufgefunden. Im Jahr 2015 waren dies fünf Individuen (im gesamten Vorkommensgebiet nach aktuellen Kenntnisstand sechs). Es ist davon auszugehen, dass eine unbekannte Anzahl infolge Räudebefall eingegangener Luchse nicht aufgefunden wird. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5759 2 3. Welche Auswirkungen könnte eine weitere Ausbreitung der Krankheit für die Luchspopulation in Niedersachsen haben? Der Befall mit Räudemilben der Gattung Sarcoptes ist für einen Luchs mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit tödlich. Wildkamerabilder aus Südniedersachsen belegen den häufigen Räudebefall von Füchsen. Im Harz traten bereits wenige Jahre nach der Auswilderung der ersten Luchse einzelne Räudefälle auf. Diese haben sich offensichtlich nicht dauerhaft negativ auf die Entwicklung der Population ausgewirkt. Auch angesichts der aktuellen Räudefälle wird davon ausgegangen, dass die Population innerhalb des Harzes gefestigt genug ist, um die Verluste auszugleichen. Die Entwicklung in deutlich kleineren, neu etablierten Reproduktionsgebieten, wie dem Kaufunger Wald, ist möglicherweise anders zu bewerten. Im Kaufunger Wald sind im Jahr 2015 zwei Würfe junger Luchse infolge der Räude eingegangen. Eines der beiden Muttertiere ist ebenfalls verendet, von dem anderen wird dies vermutet. Nach Rücksprache mit den hessischen Kollegen ist davon auszugehen , dass somit der gesamte bekannte Nachwuchs der Saison 2015 im Kaufunger Wald in Niedersachsen und Hessen ausgefallen ist und auch die bisherigen weiblichen Zuwachsträger nicht mehr existieren. Ein weiteres erwachsenes Weibchen wurde mit Räudebefund tot aufgefunden. Von einem anderen Tier wurde nur noch ein Skelett gefunden. Die Todesursache war nicht mehr bestimmbar. Weitere Totfunde mit unterschiedlichen Ursachen gab es im hessischen Teil des Verbreitungsgebietes . Es ist noch nicht abzusehen, ob und wann die genannten Verluste dort durch zuwandernde Individuen z. B. aus dem Harz ausgeglichen werden können und ob sie einen spürbaren Einfluss auf die weitere Ausbreitung der Luchspopulation haben werden. 4. Welche Maßnahmen werden gegen eine weitere Ausbreitung der Krankheit ergriffen? Fuchsräude wird durch eine sogenannte Grabmilbenart verursacht. Befallene Tiere in Gefangenschaft können durch Verabreichung von Medikamenten wirksam therapiert werden. Eine lang andauernde Immunisierung wie gegen verschiedene virale Infekte (z. B. Tollwut) ist jedoch nicht möglich . In einer Wildtierpopulation kann der Krankheit nicht medikamentös begegnet werden, da es nicht möglich ist, jeden Luchs zu behandeln, vor allem aber auch jeden befallenen Fuchs zu fangen oder zu töten. Es bleibt also nur abzuwarten, dass die Krankheit nach dem Ableben der befallenen Tiere von selber wieder abebbt. (Ausgegeben am 26.05.2016) Drucksache 17/5759 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5586 - Tote Luchse durch Fuchsräude Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker und Christian Grascha (FDP)