Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/5788 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5654 - Welche Folgen haben die geänderten abfallrechtlichen Anforderungen beim Umgang mit Räumgut aus der Gewässerunterhaltung? Anfrage der Abgeordneten Heiner Schönecke und Helmut Dammann-Tamke (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 27.04.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 04.05.2016 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 25.05.2016, gezeichnet Stefan Wenzel Vorbemerkung der Abgeordneten Das Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz hat in einem Schreiben an die Region Hannover Klarstellungen zu den abfallrechtlichen Anforderungen beim Umgang mit Räumgut aus der Gewässerunterhaltung getroffen. In dem Schreiben heißt es, dass die Entsorgung des Räumguts nicht unter das Kreislaufwirtschaftsgesetz falle, wenn es nicht aus dem System des Gewässers verbracht, sondern z. B. auf dem Randstreifen abgelegt werde. Bei der Entfernung des Räumguts handele es sich jedoch um eine faktische Entledigung, sodass sich die Anforderungen der Entsorgung nach dem Abfallrecht richten würden. Der Unterhaltungsverband Este weist darauf hin, dass es sich bei Räumgut der Este im Wesentlichen um Heidesand handele. Er falle laut Aussage des Verbandes in der Hauptsache vor Sperren (Wasserkraft) und natürlichen Senken an. Seit etwa 100 Jahren werde das bei Ausbaggerungen anfallende Material kostengünstig auf die Wirtschaftswege der anliegenden Gemeinden verbracht. Nach der Einschätzung des Verbandes wäre diese Praxis mit der aktuellen Rechtsauffassung des Ministeriums nicht mehr vereinbar. Die Beurteilung nach dem Abfallrecht würde teuere Untersuchungen des Materials notwendig machen. Insofern rechnet der Verband mit einer Verdoppelung der Anliegerbeiträge bzw. der gemeindlichen Aufwendungen. Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weisen wir darauf hin, dass wir hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung unserer Anfrage haben, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht aktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. Vorbemerkung der Landesregierung Die Anfrage nimmt Bezug auf den Erlass vom 21.11.2012, Az.: 36-62820/17, des Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz an die Region Hannover zu abfallrechtlichen Anforderungen beim Umgang mit Räumgut aus der Gewässerunterhaltung. Der Erlass ist in Durchschrift dem Wasserverbandstag zugegangen; dieser hat auch seine Mitglieder darüber informiert. Anlass für die Herausgabe des Erlasses war ein Bericht vom 14.03.2012 der Region Hannover, wonach den dortigen Überlegungen zufolge die gängige Praxis beim Umgang mit dem Räummaterial aus der Gewässerunterhaltung möglicherweise nicht in Einklang mit den abfall- und boden- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5788 2 schutzrechtlichen Anforderungen steht. Diesen Überlegungen zufolge hätte das Räummaterial (Schlamm und Pflanzenmaterial) nicht mehr ohne weiteres auf dem Gewässerrandstreifen dauerhaft abgelegt werden dürfen, sondern auf Schadstoffe untersucht und auf Grundlage der Untersuchungsergebnisse geeigneten Entsorgungswegen zugeführt werden müssen. Grundlage der Bewertung der Region Hannover war die Annahme, dass das Belassen des Räummaterials auf dem Gewässerrand regelmäßig einen Entsorgungsvorgang im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes darstellt. Die Region Hannover hatte um Mitteilung gebeten, wie bei der Räumgutverbringung künftig zu verfahren ist. Inhalt des Erlasses vom 21.11.2012 ist die Feststellung, dass die bestehende Praxis der Gewässerunterhaltung nicht aufgrund abfallrechtlicher Anforderungen geändert werden muss, sondern fortgesetzt zwischen folgenden Fällen zu unterscheiden ist: – Wenn das Räummaterial bei der Unterhaltung von Gewässern einschließlich Gräben nicht aus dem System des Gewässers (einschließlich Randstreifen) heraus verbracht wird, sondern im Rahmen der Erhaltung des wasserrechtlich zugelassenen Gewässerzustandes auf dessen Rand abgelegt werden kann, liegt keine Entledigung im Sinne des § 3 Abs. 1 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes vor und die abfallrechtlichen Anforderungen greifen nicht. Die Gesamtmaßnahme bewirkt die dauerhafte Erhaltung des wasserrechtlich geregelten Zustandes in einem natürlich-dynamischen System. – Weist dagegen das Räummaterial einen hohen Störstoffanteil („Zivilisationsmüll“) oder eine gewässeruntypische Belastung (z. B. nach einem Chemieunfall) auf und kann deshalb nicht schadlos im System Gewässer (einschließlich Randstreifen) verbleiben, besteht ein Zwang zur Entledigung nach § 3 Abs. 4 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Die Entsorgung ist nach abfallrechtlichen Maßstäben durchzuführen. Dies ist auch der Fall, wenn der Verbleib des Räummaterials im System Gewässer (einschließlich Randstreifen) aufgrund der Menge - z. B. unter Naturschutzgesichtspunkten - nicht vertretbar ist. Zur weiteren Abgrenzung wird in einem dritten Anstrich darauf hingewiesen, dass die Nichtanwendung der abfallrechtlichen Regelungen, die im ersten Anstrich aufgezeigt werden, nicht gilt, wenn eine Entfernung des Räummaterials aus anderen Gründen vorgesehen wird, wie z. B., um eine bestimmte Nutzung der Uferstreifen nicht zu stören. Für den Fall der externen Verbringung wird in dem Erlass keine Regelung mit zusätzlichen Anforderungen getroffen, sondern auf die allgemeine Rechtslage verwiesen. Nach dieser allgemeinen Rechtslage, die nicht Gegenstand der vorgelegten Fragestellung war und deshalb in dem Erlass nicht betrachtet wurde, ist im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen, ob das Erfordernis einer einmaligen oder wiederkehrenden Untersuchung besteht. Die Verantwortlichkeit für die ordnungsgemäße und schadlose Entsorgung liegt beim Abfallerzeuger und bei dem mit diesem gegebenenfalls nicht identischen Verwerter des Materials. Die genannten Verantwortlichen können das Erfordernis von Untersuchungen gegebenenfalls mit den zuständigen unteren Behörden bei den Landkreisen und Städten abstimmen. Im Ergebnis ist festzustellen, dass in dem Erlass vom 21.11.2012 keine zusätzlichen abfallrechtlichen Forderungen an den Umgang mit Räumgut aus der Gewässerunterhaltung gestellt werden. In dem Erlass wird vielmehr klargestellt, unter welchen Bedingungen die abfallrechtlichen Anforderungen an den Umgang mit dem Räumgut aus der Gewässerunterhaltung von vornherein nicht greifen. 1. Welche Kosten fallen als Konsequenz der Beurteilung der Verbringung des Räumgutes aus der Gewässerunterhaltung für die Untersuchung des Materials künftig an? Der Erlass vom 21.11.2012 enthält keine Vorgaben für die Untersuchung von Räumgut oder Baggergut , das extern verbracht wird. Insoweit fallen keine derartigen Kosten als Konsequenz aus der dort getroffenen Regelung an. Die im Zusammenhang mit der Gewässerunterhaltung in Niedersachsen anfallenden organikreichen Bestandteile wie z. B. Aushub in Form von Sedimenten und Schlamm werden üblicherweise auf angrenzende Flächen ausgebracht und anschließend eingeebnet. Der Erlass vom 21.11.2012 schafft für die Mehrzahl der Fälle die notwendige Rechtssicherheit für dieses Vorgehen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5788 3 Im Falle einer Entnahme und Entsorgung des Sediments richten sich die Kosten danach, welcher Entsorgungsweg beschritten werden soll und welche Untersuchungen konkret in Auftrag gegeben werden. Die Kosten können nicht pauschal benannt werden. 2. Wie viele und welche Wasser- und Bodenverbände in Niedersachsen haben das Räumgut in einer ähnlichen Praxis wie der Unterhaltungsverband Este verwertet und sind daher von der Beurteilung des Räumguts nach dem Abfallrecht betroffen? Vergleiche Antwort zu Frage 1. Eine Betroffenheit von Wasser- und Bodenverbänden durch neue Untersuchungspflichten liegt nicht vor. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die in Niedersachsen gebildeten, für die Unterhaltung der Gewässer zweiter Ordnung zuständigen 109 Wasser- und Bodenverbände (Unterhaltungsverbände ) ebenso wie die zum Teil für die Gewässer dritter Ordnung zuständigen Wasser- und Bodenverbände Selbstverwaltungskörperschaften sind, die über ihre Angelegenheiten eigenverantwortlich entscheiden. Ein genauer Überblick über die Art und Weise der Aufgabenerledigung liegt der Landesregierung nicht vor. 3. Welche niedersächsischen Gemeinden sind von der dargestellten Rechtsauffassung betroffen und müssen daraus Konsequenzen ziehen? Auf die Vorbemerkung der Landesregierung und die Antworten zu den Fragen 1 und 2 wird verwiesen . 4. Welche Konsequenzen hat die Beurteilung der Verbringung des Räumgutes aus der Gewässerunterhaltung nach dem Abfallrecht auf die Anliegerbeiträge der Wasser- und Bodenverbände in Niedersachsen sowie auf die Aufwendungen der betroffenen Gemeinden ? Auf die Vorbemerkung der Landesregierung und die Antworten zu den Fragen 1 und 2 wird verwiesen . (Ausgegeben am 02.06.2016) Drucksache 17/5788 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5654 Welche Folgen haben die geänderten abfallrechtlichen Anforderungen beim Umgang mit Räumgut aus der Gewässerunterhaltung? Anfrage der Abgeordneten Heiner Schönecke und Helmut Dammann-Tamke (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz