Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/5837 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5681 - Was unternimmt die Landesregierung für die Sicherheit unserer Einwohner im Hinblick auf Gefahren durch Bäume? Anfrage des Abgeordneten Axel Miesner (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 29.04.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 10.05.2016 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung vom 27.05.2016, gezeichnet Christian Meyer Vorbemerkung des Abgeordneten Im Eigentum des Landes befinden sich Bäume, die u. a. teilweise/stellenweise direkt an der Grenze zu bewohnten Grundstücken stehen. Oft sind es Bäume, deren Höhe größer ist als der Abstand zum benachbarten Haus, die sich in einer Schräglage von zum Teil 60 Grad in Richtung des bebauten und bewohnten Grundstückes befinden und so beim Umfallen nach Ansicht von Experten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht nur zum materiellen Schaden am Gebäude führen, sondern auch das Leben der dort lebenden Menschen gefährden und sogar einen tödlich Ausgang zur Folge haben können. Auch wenn die Standfestigkeit der Bäume festgestellt wird und die Verkehrssicherungspflicht gegeben ist, wird, bedingt durch die Schräglage in Richtung Haus, ein erhöhtes Risiko infolge Blitzeinschlag , Stürme, Orkane bzw. sogenannter Tornados wahrgenommen. Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weise ich darauf hin, dass ich ein hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung unserer Fragen habe, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nichtaktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. Unter Bezugnahme auf das Urteil des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 55, gehe ich davon aus, dass der Landesregierung die Beantwortung der Anfrage in weniger als einem Monat möglich und zumutbar ist, da es sich nach meiner Auffassung um einen eng begrenzten Sachverhalt handelt und der Rechercheaufwand gering ist. Vorbemerkung der Landesregierung Wald und Bäume im Siedlungsbereich sind prägende Landschaftselemente, die die Wohnqualität durch ihre Leistungen für Natur, Erholung und Landschaftsbild in der Regel sehr positiv beeinflussen . Daher werden Bäume im Umfeld waldrandnaher Bebauung in der Regel nicht nur geduldet, sondern genießen als ein Stück Natur vor der Haustür vielmehr auch die besondere Wertschätzung der Anlieger. Auch für Bäume an waldrandnaher Bebauung besteht grundsätzlich eine Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers. Die erforderlichen Maßnahmen ergeben sich aus der jeweiligen Situation vor Ort. Es können sich aufgrund zu geringer Abstände der bebauten Grundstücke zu Bäumen des Nachbargrundstücks Situationen ergeben, in denen eine zumindest latente Gefahr durch umstürzende Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5837 2 Bäume, Astabbrüche oder herausbrechende Baumteile nicht ausgeschlossen werden kann. Die potenzielle Gefährdung durch Bäume kann aus dem Innern der Bestände heraus bis zu Abständen von doppelter Baumlänge wirken. In der Regel werden die erforderlichen Verkehrssicherungsmaßnahmen durchgeführt, soweit ein Gefährdungspotenzial im Rahmen der ordnungsgemäßen forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung festgestellt wird. Darüber hinaus werden Konfliktfälle im Einzelfall durch eine fachkundige Person vor Ort begutachtet und die erforderlichen Maßnahmen unter Abwägung waldrechtlicher, nachbarrechtlicher , naturschutzrechtlicher und baurechtlicher Regelungen (Flächennutzungs- und Bebauungspläne , Einzelvereinbarungen) umgesetzt. Die Niedersächsischen Landesforsten (NLF) sind als Anstalt öffentlichen Rechts anderen Grundstückseigentümern rechtlich gleich gestellt und besitzen keine Sonderstellung. 1. Wie bewertet die Landesregierung die Sorge der Anwohner an einem Wald der Landesforsten , vor allem vor dem Hintergrund der häufiger auftretenden Orkane und „Tornados “ bzw. Blitzschläge? Die Gefährdungslage der Anwohner an einem Wald oder Bäumen der NLF hält sich allgemein auf einem sehr niedrigen Niveau. Bundesweite Statistiken zeigen auf, dass umstürzende Bäume und herausbrechende Baumteile unterdurchschnittlich am Unfallgeschehen und an den Ursachen für Todesfälle beteiligt sind. Sie verdeutlichen auch, dass die üblichen Methoden der Baumkontrolle im Rahmen der Verkehrssicherung wirksam sind. Unabwendbare Elementarereignisse (höhere Gewalt), die z. B. bei Orkanen, Tornados und Blitzschlägen auftreten können, sind als solche unvorhersehbar und nicht zu verhindern. Daher können und müssen auch keine Gegenmaßnahmen im Rahmen der Verkehrssicherung gegen sie getroffen werden. Derartige Gefahren gehören zum allgemeinen Lebensrisiko. 2. Wie bewertet die Landesregierung ein Fällen der Bäume im Rahmen der fachgerechten Waldpflege? Die bewirtschafteten Bestände der NLF werden in meist mehrjährigen Zyklen durchforstet. Im Rahmen der Hiebsvorbereitung werden die Bäume einschließlich der Waldränder vom forstlichen Fachpersonal intensiv durchmustert. Am Waldrand stockende Bäume mit Gefährdungspotenzial werden im Regelfall gekennzeichnet und mit entnommen, sofern sie nicht ohnehin zum ausscheidenden Bestand gehören und im Rahmen der Holzernte entnommen und verwertet werden. Bei konsequenter Entnahme dieser Individuen beschränkt sich das Vorkommen gefährlicher Bäume am Waldrand auf Ausnahmefälle. 3. Was unternimmt die Landesregierung zum Schutz der Anwohner an einem Wald der Landesforsten? Die sogenannte Verkehrssicherungspflicht eines Grundstückseigentümers leitet sich aus § 823 BGB (Schadensersatzpflicht) ab. Für Bäume an waldrandnaher Bebauung besteht eine normale verschuldensabhängige Verkehrssicherungspflicht. Die NLF kommen der Verkehrssicherungspflicht nach § 823 BGB nach und setzten sie im Rahmen ihrer betriebsinternen Regelung „Verkehrssicherungspflicht im Wald der Niedersächsischen Landesforsten “ nach einem abgestuften Konzept um. Die Sicherheit der Öffentlichkeit genießt dabei einen hohen Stellenwert. Ziel der NLF ist es, im Rahmen ihrer Baumkontrollen mögliche Gefährdungen frühzeitig zu erkennen und zügig zu beseitigen, um Schäden gar nicht erst entstehen zu lassen . Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Forstämtern und Revieren der NLF sind landesweit geschult, fachkundig und für die Gefahren, die von Bäumen ausgehen können, sensibilisiert. Nach geltender Rechtsprechung reicht für die Begutachtung der Bäume im Rahmen der Verkehrssicherung im Regelfall eine Kontrolle vom Boden aus, wobei alle Baumteile visuell hinsichtlich ver- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5837 3 dächtiger Umstände in Augenschein genommen werden müssen. Der Verkehrssicherungspflichtige hat sich darüber Gewissheit zu verschaffen, ob von einem verdächtigen Umstand eine konkrete (keine grundsätzlich mögliche) Gefährdung ausgeht. Baumhöhlen, Fruchtkörper holzzersetzender Pilze, unter Spannung stehende „Zwiesel“ (Baumverzweigungen), Totholzäste, sogenannte Wassertöpfe , Fäulnis, nachlassende Vitalität, angehobene Wurzeln oder Wurzelteller können hierfür Hinweis sein. In Ausnahmefällen müssen auch eingehende Untersuchungen erfolgen (z. B. Abklopfen , Bohrspanentnahme, Schalltomogramme, elektrische Widerstandstomogramme). Das Hinwachsen von Bäumen, die an Waldrändern stehen, zum Licht, verbunden mit einem Kronenüberhang oder leichtem Schrägstand, ist eine normale Erscheinung, aus der allein keine erhöhte Gefährdung der Nachbargrundstücke abgeleitet werden kann. Die Bäume sind an ihre Wuchssituation langjährig gewöhnt und haben ihre Statik entsprechend ausgebildet. Sollte sich allerdings nach Untersuchung einer fachkundigen Person der NLF herausstellen, dass die Standfestigkeit oder die Statik eines Baumes gefährdet ist, wird dieser Baum durch die NLF zügig entnommen oder beschnitten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Niedersächsischen Forstämter stehen den Grundstücksnachbarn für Ortstermine und Beratungsgespräche zur Verfügung. (Ausgegeben am 03.06.2016) Drucksache 17/5837 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5681 Was unternimmt die Landesregierung für die Sicherheit unserer Einwohner im Hinblick auf Gefahren durch Bäume? Anfrage des Abgeordneten Axel Miesner (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-cherschutz