Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/5852 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5652 - Asylfälle belasten Gerichte - Gibt es in Niedersachsen wirklich mehr Personal? Anfrage der Abgeordneten Mechthild Ross-Luttmann, Volker Meyer, Thomas Adasch, Karl- Heinz Klare, Christian Calderone, Lutz Winkelmann, Horst Schiesgeries und Editha Lorberg (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 25.04.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 04.05.2016 Antwort des Niedersächsischen Justizministeriums unter Beteiligung des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 27.05.2016, gezeichnet Antje Niewisch-Lennartz Vorbemerkung der Abgeordneten Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter, Robert Seegmüller, beklagte in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vom 25.03.2016 („Staat und Justiz verlieren ihre Autorität“), dass die Behörden ausreisepflichtige Migranten zu schleppend abschöben. Wörtlich sagte er laut FAZ: „Wenn Ausländer nach entsprechenden Urteilen nicht konsequent abgeschoben werden, verlieren der deutsche Staat und seine Justiz massiv an Autorität.“ Weiter berichtet die FAZ: „Seegmüller berichtete von einem Verfahren, in dem ein Angeklagter nach einem für ihn ungünstigen Urteil aufgesprungen sei und rief, das sei ihm egal, er werde ohnehin nicht abgeschoben. ‚Und das ist ja leider wahr. Die Quote ist beklagenswert niedrig‘, sagte der Richter.“ Das Vollzugsdefizit sei mit der großen Anzahl ankommender Flüchtlinge, laut Seegmüller, immer schlimmer geworden. Nach seinem Eindruck würden die deutschen Behörden dessen überhaupt nicht mehr Herr. Die Belastung der Verwaltungsrichter wird nach Einschätzung des Verbandschefs nicht schnell absinken . Er rechnet laut FAZ hingegen im kommenden Vierteljahr mit deutlich steigenden Fallzahlen. Der Niedersächsische Richterbund forderte laut Neuer Presse vom 08.03.2016 („Überlastet? Ministerin sieht Justiz gut aufgestellt“) wegen „der Flüchtlingsströme“ zusätzliche 250 Richter und Staatsanwälte. Das Justizministerium erklärte laut Neuer Presse hierauf, dass es für 2016 im Ganzen 218 zusätzliche Stellen gäbe, die sich aber auf Richter, Amtsanwälte, Rechtspfleger und Personal für Geschäftsstellen verteilten. Bei der Beratung des Haushaltes 2016 im Rechtsausschuss führte der Vertreter des Justizministeriums aus, dass 218 zusätzliche Stellen oder Beschäftigungsmöglichkeiten mit dem ersten und zweiten Nachtragshaushalt 2015, mit dem Haushaltsplanentwurf 2016 und der Technischen Liste Asyl geschaffen würden. Davon sollen je 95 auf den Richterdienst, 7 auf den Amtsanwaltsdienst, 20 auf den Rechtspflegerbereich und 96 auf die mittlere Beschäftigungsebene entfallen. Diese Stellen sollen teilweise also entgegen der Darstellung gegenüber der Neuen Presse auch bereits 2015 geschaffen worden sein. Im Haushaltsplan für 2016 sind diese 218 zusätzlichen Stellen in der Justiz, also ohne Justizvollzug und Ministerium, im Vergleich zu den Vorjahren jedoch nicht ersichtlich. Es finden sich lediglich 26,32 zusätzliche Vollzeiteinheiten, verglichen mit dem Jahr 2015. Auch im Vergleich zum Jahr Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5852 2 2014 finden sich lediglich 102,94 zusätzliche Vollzeiteinheiten im Beschäftigungsvolumen. Teilweise werden sogar Vollzeiteinheiten im Beschäftigungsvolumen gestrichen, wie sich aus der folgenden Tabelle ergibt: Beschäftigungsvolumen in Vollzeiteinheiten nach Haushaltsplänen Kapitel 2014 2015 2016 Unterschied 2016 zu 2015 Unterschied 2016 zu 2014 GSta Oldenburg 445,6 465,36 463,13 -2,23 17,53 Gsta Celle 844,41 852,75 849,73 -3,02 5,32 Gsta Braunschweig 335,21 331,48 330,32 -1,16 -4,89 OLG Oldenburg 2 223,08 2 216,74 2 215,01 -1,73 -8,07 OLG Celle 3 343,93 3 329,45 3 329,09 -0,36 -14,84 OLG Braunschweig 1 131,02 1 139,48 1140,3 0,82 9,28 Sozialgerichte 349,6 365,47 375,55 10,08 25,95 Landessozialgericht 99,74 97,38 99,13 1,75 -0,61 OVG und Verwaltungsgerichte 350,39 362,8 383,15 20,35 32,76 Landesarbeitsgericht und Arbeitsgerichte 230,99 236,16 230,55 -5,61 -0,44 Finanzgericht 100,37 102,95 97,61 -5,34 -2,76 Zentrale IT 225,69 256,63 269,4 12,77 43,71 Gesamt 9 680,03 9 756,65 9 782,97 26,32 102,94 Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weisen wir darauf hin, dass wir ein hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung unserer Fragen haben, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht aktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. Unter Bezugnahme auf das Urteil des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 55, gehen wir davon aus, dass der Landesregierung die Beantwortung der Anfrage in weniger als einem Monat möglich und zumutbar ist, da es sich nach unserer Auffassung um einen eng begrenzten Sachverhalt handelt und der Rechercheaufwand gering ist. 1. Teilt die Landesregierung die Einschätzungen des Vorsitzenden des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter? Wenn nein, warum nicht? Die Landesregierung teilt die Einschätzung, dass die Belastung der Verwaltungsgerichte durch Asylverfahren nicht schnell absinken wird. Ob sich allerdings im kommenden Vierteljahr deutlich steigende Fallzahlen ergeben werden, kann derzeit nicht sicher prognostiziert werden. Die Entwicklung hängt in erster Linie davon ab, wie sich die Bearbeitungsgeschwindigkeit und Entscheidungspraxis bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge entwickelt. 2. In welchen Kapiteln des Landeshaushaltes sind die 218 zusätzlichen Stellen in der Justiz im Jahr 2016 gegenüber welchem Jahr hinterlegt, von denen das Justizministerium gegenüber der Neuen Presse und im Ausschuss sprach? Die mit dem 1. und 2. Nachtragshaushaltsplan 2015 sowie mit dem Haushaltsplan 2016 im Justizressort zusätzlich geschaffenen Stellen und Beschäftigungsmöglichkeiten teilen sich innerhalb des Einzelplans 11 wie folgt auf: Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5852 3 Haushalt Kapitel Stellen/Beschäftigungsmöglichkeiten BV (VZE) 1. Nachtragshaushalt 2015 -ab 1.9.2015- 11 10 9 Stellen der Bes.Gr. R 1 (davon 3 Stellen ohne BV u. Budget), 4 Stellen der Bes.Gr. A 7, 4 BM der EG 6 TV-L 2,0 ant. (von 6,0) 1,33 ant.(von 4,0) 1,33 ant.(von 4,0) Gesamt 17 4,67 (von 14,0) 2. Nachtragshaushalt 2015 -ab 1.10.2015- 11 16 11 17 11 18 2 Stellen der Bes.-Gr. R 1 5 Stellen der Bes.-Gr. R 1 3 Stellen der Bes.-Gr. R 1 0,5 ant. (von 2,0) 1,25 ant.(von 5,0) 0,75 ant.(von 3,0) Gesamt 10 2,50 (von 10,0) Haushaltsplan 2016 11 10 19 Stellen der Bes.-Gr. R 2 (davon 6 Stellen besetzbar zum 1.4, 1.7. u. 1.10., 1 Stelle ohne BV u. Budget sowie 12 Stellen nutzbar im Wege einer Überschreitungsermächtigung ), 50 Stellen der Bes.-Gr. R 1 (davon 12 Stellen besetzbar zum 1.4., 1.7. u. 1.10., 2 Stellen ohne BV u. Budget sowie 36 Stellen nutzbar im Wege einer Überschreitungsermächtigung ), 4 Stellen der Bes.-Gr. A 10 (davon 2 Stellen ohne BV u. Budget sowie 2 Stellen nutzbar im Wege einer Überschreitungsermächtigung ), 21 Stellen der Bes.-Gr. A 7 (davon 16 Stellen besetzbar zum 1.4., 1.7. u. 1.10. sowie 5 Stellen ohne BV u. Budget) 51 BM EG 6 TV-L (davon 1 BM besetzbar zum 1.10. sowie 50 BM nutzbar im Wege einer Überschreitungsermächtigung). 3,0 ant. (von 6,0) 6,0 ant.(von 12,0) -- 8,25 ant. (von 16,0) 0,25 ant. (von 1,0) Gesamt 145 17,50 (von 35,0) 11 16 2 Stellen der Bes.-Gr. R 1 (ohne BV u. Budget) 3 Stellen der Bes.-Gr. A 10 (davon 2 Stellen ohne BV u. Budget) 3 Stellen der Bes.-Gr. A 7 (davon 2 Stellen ohne BV u. Budget) -- 1,0 1,0 Gesamt 8 2,0 11 17 3 Stellen der Bes.-Gr. R 1 (ohne BV u. Budget) 8 Stellen der Bes.-Gr. A 10 (davon 4 Stellen ohne BV u. Budget) 8 Stellen der Bes.-Gr. A 7 (davon 4 Stellen ohne BV u. Budget) -- 4,0 4,0 Gesamt 19 8,0 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5852 4 Haushalt Kapitel Stellen/Beschäftigungsmöglichkeiten BV (VZE) 11 18 2 Stellen der Bes.-Gr. R 1 (ohne BV u. Budget) 5 Stellen der Bes.-Gr. A 10 (davon 3 Stellen ohne BV u. Budget) 5 Stellen der Bes.-Gr. A 7 (davon 3 Stellen ohne BV u. Budget) -- 2,0 2,0 Gesamt 12 4,0 11 19 2 Stellen für Amtsanwälte der Bes.- Gr. A 12 (ohne BV u. Budget) -- 11 20 3 Stellen für Amtsanwälte der Bes.- Gr. A 12 (ohne BV u. Budget) -- 11 21 2 Stellen für Amtsanwälte der Bes.- Gr. A 12 (ohne BV u. Budget) -- Einzelplan 11 gesamt: 218 38,67 Ganzjahreswert: 73,00 3. Warum lassen sich die 218 zusätzlichen Stellen nicht aus dem Beschäftigungsvolumen der niedersächsischen Justiz im Haushaltsplan 2016 herauslesen? Wie unter Nummer 2 bereits dargestellt, wurden von den 218 für das Justizressort neu ausgebrachten Stellen und Beschäftigungsmöglichkeiten insgesamt 45 Stellen ohne Beschäftigungsvolumen und Budget veranschlagt. Die Nutzung dieser sogenannten Stellenhülsen erfolgt zulasten des in dem jeweiligen Kapitel vorhandenen Gesamtbudgets. Da sich die Entwicklung der Flüchtlingssituation nicht sicher prognostizieren ließ (und lässt), wurde mit dem Haushalt 2016 eine Lösung gefunden, die es ermöglicht, auf den Personalbedarf in der Verwaltungsgerichtsbarkeit flexibel und situationsangemessen zu reagieren. So enthält der Haushaltsplan 2016 unter Nummer 7 der Allgemeinen Vorbemerkungen zu Kapitel 11 10 eine sogenannte Überschreitungsermächtigung, die die Justiz ermächtigt, das ansonsten verbindlich festgelegte Beschäftigungsvolumen um bis zu 100 Vollzeiteinheiten zu überschreiten. Diese Ermächtigung kann im Bedarfsfall für 48 Richterstellen, zwei Stellen der Laufbahngruppe 2, 1. EA und für 50 Beschäftigungsmöglichkeiten der mittleren Beschäftigungsebene genutzt werden. Für diese genannten Stellen und Beschäftigungsmöglichkeiten wurde daher ebenfalls kein Beschäftigungsvolumen veranschlagt. Die Personalkosten würden bei Inanspruchnahme aus zentralen Mitteln im Einzelplan 13 gedeckt werden. Den insgesamt 218 zusätzlichen Stellen und Beschäftigungsmöglichkeiten steht im Einzelplan 11 somit nur ein Zuwachs im Beschäftigungsvolumen im Umfang von 73,00 Vollzeiteinheiten (als Ganzjahreswert) gegenüber. Aufgrund der unterjährigen Stellenausbringung im Haushaltsjahr 2015 und der für die Verwaltungsgerichte zeitlich gestaffelten Ausbringung von Stellen und Beschäftigungsmöglichkeiten im Haushaltsjahr 2016 weist der jeweilige Haushaltsplan entsprechend nur anteilige Beschäftigungsvolumina aus. Eine Gesamtsaldierung des Personalhaushaltes der Justiz, wie sie mit der in der Vorbemerkung aufgeführten Tabelle dargestellt wird, erscheint für eine Darstellung des beschlossenen Stellenaufwuchses im Justizhaushalt eher ungeeignet. Der Personalhaushalt 2016 der Justiz enthält auch Einsparungen infolge des Vollzugs von Haushaltsvermerken oder zur Gegenfinanzierung, die den BV-Zuwachs rechnerisch reduzieren, thematisch aber nicht mit dem flüchtlingsbedingten Mehrbedarf in Zusammenhang zu bringen sind. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5852 5 4. Wie viele der zusätzlichen Stellen aus den Nachtragshaushalten 2015 und dem Haushalt 2016 für die Justiz sind inzwischen besetzt worden? Von den mit dem 1. und 2. Nachtragshaushalt 2015 und dem Haushalt 2016 im Zusammenhang mit der Flüchtlingssituation insgesamt ausgebrachten 118 Stellen und Beschäftigungsmöglichkeiten (ohne Überschreitungsermächtigung) waren zum 01.05.2016 95 Stellen und Beschäftigungsmöglichkeiten besetzbar. Elf Stellen stehen erst ab dem 01.07. und weitere zwölf Stellen erst ab dem 01.10.2016 zur Verfügung. Von den besetzbaren Stellen und Beschäftigungsmöglichkeiten werden derzeit insgesamt 55 bereits genutzt. Die Überschreitungsermächtigung wird ab 01.06.2016 mit voraussichtlich zunächst zwölf Vollzeiteinheiten in Anspruch genommen werden. 5. Bis wann sollen die noch nicht besetzten zusätzlichen Stellen aus den Nachtragshaushalten 2015 und dem Haushalt 2016 für die Justiz besetzt werden? Seit Beginn des Jahres werden kontinuierlich Stellen ausgeschrieben und Einstellungsgespräche geführt. Über die unter Nummer 4 genannten Besetzungen hinaus sind weitere 38 Besetzungen wie folgt vorgesehen: Zwei Besetzungsverfahren werden demnächst abgeschlossen werden, acht Besetzungen werden im Juni 2016, neun im Juli 2016 und eine im August 2016 erfolgen. Die Besetzung von weiteren sechs Planstellen der Laufbahngruppe 2, 1. EA wird zum 01.10.2016 nach Abschluss der Rechtspflegerprüfungen erfolgen. Die Besetzung von insgesamt zwölf weiteren Stellen der Laufbahngruppen 2, 1. EA und 1, 2. EA verläuft aufgrund der derzeit ungünstigen Bewerberlage sehr zögerlich, wird aber im Verlauf des Jahres 2016 abgeschlossen sein. Eine weitergehende Inanspruchnahme der Überschreitungsermächtigung wird bedarfsorientiert unter Berücksichtigung der Eingangs- und Bestandsentwicklung erfolgen. 6. Was tut die Landesregierung, um nach dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens Aufforderungen zur Ausreise zeitnah durchzusetzen (kein Verweis auf Beantwortung vorheriger Anfragen, wenn doch, konkretes Zitat, auf das Bezug genommen wird)? Die Landesregierung ist bestrebt, nach dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens die Ausreise schnellstmöglich unter Beachtung humanitärer Gesichtspunkte durchzusetzen. Priorität hat hierbei die Förderung der freiwilligen Ausreise. Bereits mit Frage 1 der Großen Anfrage der Fraktion der CDU (Drucksache 17/4807) wurde die Landesregierung gefragt, was sie veranlasst, um die Ausreisepflicht von Ausländerinnen und Ausländern konsequent durchzusetzen. Diesbezüglich wird zunächst auf die entsprechende Antwort vom 05.04.2016 (Drucksache 17/5491) verwiesen: „Menschen, die hier in Deutschland kein Aufenthaltsrecht haben und für die Bleibeperspektiven nicht gegeben sind, müssen das Land verlassen. Vorrang hat für die niedersächsische Landesregierung allerdings nach wie vor die freiwillige Ausreise (siehe Beantwortung zu Frage 2), nicht zuletzt , um die erheblichen Belastungen, mit denen eine Abschiebung zwangsläufig einhergeht, zu vermeiden. Die Landesregierung stellt daher Angebote zur Beratung und Förderung einer freiwilligen Rückkehr sicher. Nur wer die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise nicht nutzt, muss zwangsweise zurückgeführt werden . Liegen die Voraussetzungen vor, ist von den Ausländerbehörden die Abschiebung einzuleiten. Es handelt sich dabei um eine zwingende Rechtsfolge, ein Ermessen der Ausländerbehörden besteht insoweit nicht. Das Land wird weiterhin seinen Beitrag leisten, um einen konsequenten Abschiebungsvollzug zu gewährleisten, und wo - im Hinblick auf weiter steigende Fallzahlen - nötig, den Abschiebungsvollzug neu zu justieren. (…) Vonseiten der Landesregierung werden die notwendigen Maßnahmen getroffen, um auch bei steigenden Rückführungszahlen reibungslose Abläufe zu gewährleisten. So wird das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport die den Abschiebungsvollzug betreffenden Grunderlasse modifizieren , um die Regelungen an die zwischenzeitlich eingetretenen Gesetzesänderungen anzupas- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5852 6 sen, die zusätzlichen Rechtsänderungen, die beispielsweise mit dem Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren (sogenanntes Asylpaket II) verabschiedet worden sind, zu implementieren und die Vorgaben darüber hinaus im Sinne der Transparenz und Handhabbarkeit sinnvoll zusammenzufassen (siehe auch die Antwort zu Frage 30). Die Landesregierung wird darüber hinaus den Rückführungsvollzug noch enger mit den zuständigen Ausländerbehörden abstimmen. Die Notwendigkeit der Zusammenarbeit gilt in besonderer Weise für die Organisation und Durchführung von sogenannten Sammelchartermaßnahmen in die Westbalkan-Staaten, siehe dazu im Einzelnen die Antwort zu Frage 23. Weiterhin wird das Ministerium für Inneres und Sport die Kooperation mit den Ausländerbehörden durch intensivierten Erfahrungs - und Informationsaustausch, u. a. auf der Grundlage neu zu generierender Steuerungsdaten, verstärken. Weiter werden auch bei der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen (LAB NI) die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen, um landesseitig die Herausforderungen durch die gestiegenen Zugangszahlen zu bewältigen. Zum anderen wird die LAB NI hinreichend ausgestattet und verstärkt, um auch bei einer deutlich steigenden Anzahl vollziehbar ausreisepflichtiger Personen die Ausreisepflicht durchsetzen zu können .“ Des Weiteren wird die Erlasslage laufend überprüft und gegebenenfalls angepasst, um den Abschiebungsvollzug zu optimieren. So hat das Ministerium für Inneres und Sport (MI) mit Erlass vom 20.04.2016 Ausführungshinweise zur Zuständigkeit bei der Durchführung der Abschiebungen und Zurückschiebungen den Ausländerbehörden zur Verfügung gestellt. Durch die klare Zuständigkeitsabgrenzung sollen eventuell auftretende Probleme vermieden und ein reibungsloser Ablauf des Rückführungsvollzugs gewährleistet werden. Darüber hinaus hat das MI mit Erlass vom 10. 05.2016 - im Vorgriff auf die gegenwärtige Überarbeitung des sogenannten Rückführungserlasses vom 23.09.2014 - die rechtlichen Voraussetzungen für das Betreten und Durchsuchen von Wohnungen während des Abschiebungsvollzugs klargestellt . Dadurch sollen für die am Abschiebungsvollzug Beteiligten die rechtlichen Rahmenbedingungen präzisiert und im Ergebnis zu mehr Rechtssicherheit beim Vollzug von Rückführungsmaßnahmen beigetragen werden. 7. Teilt die Landesregierung die Einschätzung des Vorsitzenden des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter, dass die Quote der Abschiebungen beklagenswert niedrig ist? Die Landesregierung unterstützt mit einer Reihe von Maßnahmen die konsequente Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung (siehe Antwort zu Frage 6). Aus Sicht der Landesregierung greift dabei der isolierte Blick auf die Abschiebungszahlen zu kurz. Erforderlich ist eine Gesamtbetrachtung aller Aufenthaltsbeendigungen, die neben den Abschiebungen auch die freiwilligen Ausreisen einschließt . Die Anzahl der freiwilligen Ausreisen und der Abschiebungen belegt eine Steigerung der aufenthaltsbeendenden Maßnahmen. Dabei verdeutlichen die Zahlen auch, dass die Landesregierung erfolgreich den Schwerpunkt auf die Förderung der freiwilligen Ausreise als die für die betroffenen Personen mildere Maßnahme legt. Im Jahr 2014 haben sich insgesamt 1 553 Personen entschieden , mit einer Förderung aus dem REAG/GARP-Programm von IOM freiwillig in ihr Herkunftsland zurückzukehren; 695 Personen sind ohne diese Förderung ausgereist. 2015 sind insgesamt 5 819 Personen freiwillig ausgereist; hiervon sind 3 615 Personen mit REAG/GARP-Förderung und 2 204 Personen ohne diese Förderung ausgereist. Bis zum 30.04.2016 liegen bereits 2 859 bewilligte Anträge auf Fördermittel für eine freiwillige Ausreise durch das REAG/GARP-Programm von IOM vor. Zudem haben die Ausländerbehörden zu diesem Stichtag bislang etwa 1 200 Personen gemeldet, die ohne REAG/GARP-Förderung ausgereist sind. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5852 7 Demgegenüber waren im Jahr 2014 insgesamt 855 Abschiebungen und im Jahr 2015 insgesamt 1 133 Abschiebungen durchgeführt worden. In der Zeit vom 01.01. bis 30.04.2016 erfolgten bereits 721 Abschiebungen. Die konsequente Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung im Kontext mit der zu erwartenden Erhöhung der Entscheidungen des BAMF wird zur Folge haben, dass - wegen des dadurch zu erwartenden Anstiegs der Anzahl vollziehbar ausreisepflichtiger Personen - die absolute Anzahl an freiwilligen Ausreisen und Abschiebungen im Vergleich zu den Vorjahren steigen wird. Dabei lässt sich jedoch keineswegs eine Vollzugsquote aus der Anzahl der vollziehbar Ausreisepflichtigen sowie der absoluten Zahl der freiwillig ausgereisten oder abgeschobenen Personen ermitteln . Insbesondere auch unter Beachtung der von Herrn Seegmüller angeführten Gründe (u. a. Nichtantreffen bzw. Erkrankung der Abzuschiebenden) können bereits eingeleitete Abschiebungsmaßnahmen im Einzelfall nicht durchgeführt werden. Darüber hinaus können der Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung auch kurzfristig tatsächliche oder rechtliche Gründe entgegenstehen, die zur Aussetzung der Abschiebung, also Erteilung einer Duldung, führen. 8. Wie bewertet die Landesregierung die Forderung des Niedersächsischen Richterbundes nach 250 zusätzlichen Richter- und Staatsanwaltschaftsstellen? Die Steuerung des Personalbedarfs in der niedersächsischen Justiz erfolgt mithilfe des Personalbemessungssystems PEBB§Y. Der sich danach ergebende Bedarf wird von der Landesregierung derzeit im Rahmen des Haushaltsaufstellungsverfahrens 2017 bewertet und gewichtet. Konkrete Festlegungen sollen mit dem Beschluss der Landesregierung über den Haushaltsplanentwurf 2017 und die Mittelfristige Planung 2016 bis 2020 getroffen werden. 9. Welche personellen Verstärkungen plant die Landesregierung in der Justiz in den nächsten drei Jahren? Auf die Antwort zu Frage 8 wird verwiesen. (Ausgegeben am 06.06.2016) Drucksache 17/5852 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5652 Asylfälle belasten Gerichte - Gibt es in Niedersachsen wirklich mehr Personal? Anfrage der Abgeordneten Mechthild Ross-Luttmann, Volker Meyer, Thomas Adasch, Karl-Heinz Klare, Christian Calderone, Lutz Winkelmann, Horst Schiesgeries und Editha Lorberg (CDU) Antwort des Niedersächsischen Justizministeriums unter Beteiligung des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport