Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/5985 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5768 - Warum schweigt die Landeswahlleiterin zur rechtswidrigen Wahlmotivationskampagne des Regionswahlleiters Axel Priebs? Anfrage des Abgeordneten Rainer Fredermann (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 10.05.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 26.05.2016 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 19.06.2016, gezeichnet Boris Pistorius Vorbemerkung des Abgeordneten Das Verwaltungsgericht Hannover stellte am 09.02.2016 fest, dass die vom Wahlleiter der Region Hannover zur Stichwahl zur Regionspräsidentenwahl vom 15.06.2014 initiierte Informations- und Wahlmotivationskampagne in zweifacher Weise gegen das Gebot der Gleichheit der Wahl verstoßen habe. Die Pressemitteilung des Verwaltungsgerichtes vom 09.02.2016 hierzu lautet: „Zum einen habe er zwischen diesen Wahlhandlungen überhaupt keine derartige Kampagne durchführen dürfen. Ein Wahlaufruf während einer Wahl unterscheide sich rechtlich fundamental von einem Aufruf vor einer Wahl. Die Mobilisierung der Wählerschaft in dem besonders sensiblen Zeitraum zwischen zwei Wahlgängen sei ausschließlich Aufgabe der (verbliebenen) Kandidaten und der sie tragenden Parteien oder Wählervereinigungen. Zum anderen sei die Kampagne unausgewogen gewesen, weil sie nicht im gesamten Wahlgebiet gleichermaßen Wirkungsmöglichkeiten entfaltet habe. Vielmehr sei eine selektive Schwerpunktbildung der insgesamt getroffenen Maßnahmen für den Bereich der Landeshauptstadt festzustellen, die nicht hinreichend im Umland ausgeglichen worden sei.“ Bis heute hat die Landesregierung keine Konsequenzen aus den Feststellungen des Urteils gezogen oder dieses kommentiert. Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weise ich darauf hin, dass ich ein hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung meiner Fragen habe, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht aktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. Unter Bezugnahme auf das Urteil des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 55, gehe ich davon aus, dass der Landesregierung die Beantwortung der Anfrage in weniger als einem Monat möglich und zumutbar ist, da es sich nach meiner Auffassung um einen eng begrenzten Sachverhalt handelt und der Rechercheaufwand gering ist. Vorbemerkung der Landesregierung Soweit die Überschrift suggerieren soll, dass eine Aussage der Landeswahlleiterin zum Verhalten der Regionswahlleitung zur Stichwahl des Regionspräsidenten im Jahr 2014 erwartet wird, ist darauf hinzuweisen, dass die Landeswahlleiterin als Wahlorgan keine Kleinen Anfragen im Landtag beantwortet. Im Übrigen sind die Fragen ausschließlich an die Landesregierung gerichtet. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5985 2 Die Landesregierung hat von dem o. g. Urteil durch die Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Hannover vom 9. Februar 2016 erfahren und die Entscheidung - wie in anderen Einzelfällen auch - mit Interesse zur Kenntnis genommen. Die Klage, die mit dem in der Anfrage zitierten Urteil abgewiesen worden ist, war gegen die Regionsversammlung der Region Hannover und gegen die Region Hannover selbst gerichtet. Die Landesregierung war nicht am Verfahren beteiligt. Es ist auch nicht Aufgabe des Ministeriums für Inneres und Sport als Kommunalaufsichtsbehörde, die Klageverfahren der Kommunen sowie gegebenenfalls von den Kommunen anschließend gezogene Konsequenzen in jedem Einzelfall zu begleiten. Für Konsequenzen aus dem zitierten Urteil sieht die Landesregierung auch keine Notwendigkeit. Nach § 9 Abs. 5 des Niedersächsischen Kommunalwahlgesetzes (NKWG) haben die Wahlleiterinnen und Wahlleiter sowie die Stellvertreterinnen und Stellvertreter bei der Ausübung des Amtes das Gebot der Neutralität und Objektivität zu wahren. Weitere Ergänzungen hierzu sind im geltenden niedersächsischen Kommunalwahlrecht nicht erforderlich. Im Kommunalwahlrecht ist außerdem bestimmt, wie die Wahlberechtigten über eine anstehende Wahl der Abgeordneten der kommunalen Vertretung oder eine Direktwahl der Hauptverwaltungsbeamtin oder eines Hauptverwaltungsbeamten zu informieren sind. Zunächst hat die Gemeinde nach § 18 Abs. 1 der Niedersächsischen Kommunalwahlordnung (NKWO) allen Wahlberechtigten, die in das Wählerverzeichnis eingetragen sind, bis spätestens am 21. Tag vor der Wahl eine Wahlbenachrichtigung zu übersenden. Sind für eine Direktwahl mehrere Wahlvorschläge zugelassen, so wird bereits in der Wahlbenachrichtigung auch auf den Tag einer etwaigen Stichwahl hingewiesen (§ 18 Abs. 3 NKWO). Die Versendung einer weiteren Wahlbenachrichtigung für eine eventuelle spätere Stichwahl an alle Wahlberechtigten ist deshalb nicht vorgesehen. Spätestens am sechsten Tag vor der Wahl hat die Gemeinde außerdem eine Wahlbekanntmachung zu veröffentlichen, in der neben dem Beginn und dem Ende der Wahlzeit auch die genauen Modalitäten für die Durchführung der Wahl bekannt gegeben werden (§ 41 NKWO). Für eine Stichwahl ist diese Wahlbekanntmachung unverzüglich nach der Feststellung des Wahlergebnisses der ersten Wahl zu veröffentlichen. Wird eine Stichwahl erforderlich, so hat auch die jeweilige Wahlleiterin oder der jeweilige Wahlleiter unverzüglich nach den Feststellungen des Wahlausschusses den Tag der Stichwahl und die Namen der beiden an der Stichwahl teilnehmenden Personen unter Angabe ihrer Stimmenzahl öffentlich bekannt zu machen (§ 45 j Abs. 1 NKWG). Weitere über die genannten Informations- bzw. Bekanntmachungspflichten hinausgehenden Informations - oder Motivationspflichten durch die jeweilige Wahlleiterin oder den jeweiligen Wahlleiter sind im Niedersächsischen Kommunalwahlrecht nicht vorgesehen. Den Wahlleitungen steht es gleichwohl frei und es ist durchaus gängige Praxis, im Vorfeld von Wahlen in einem gewissen Umfang für eine höhere Wahlbeteiligung oder auch die Übernahme eines Wahlehrenamtes zu werben. Hierbei haben sie immer das Gebot der Neutralität und Objektivität zu wahren. Die bisherige Rechtslage, wie sie vergleichbar auch für die Landtags-, Bundestags- und Europawahlen zu finden ist, hat sich in der Praxis in einer Vielzahl von Wahlen seit Jahren bewährt. 1. Welche Rückschlüsse zieht die Landesregierung aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 09.02.2016? Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. 2. In welcher Form hat das Ministerium für Inneres und Sport als Kommunalaufsicht das Klageverfahren sowie die personellen wie organisatorischen Konsequenzen aus dem Urteil begleitet? Das Ministerium für Inneres und Sport hat als Kommunalaufsichtsbehörde weder das Klageverfahren noch die personellen wie organisatorischen Konsequenzen aus dem Urteil „begleitet“. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5985 3 3. Sieht die Landesregierung eine Notwendigkeit zur Nachschulung von Regions- und Kreiswahlleitern bezüglich der Neutralitätspflicht? Nein. Vor Wahlen in Niedersachsen bietet das Niedersächsische Studieninstitut für kommunale Verwaltung e. V. in Hannover im Rahmen seines Fortbildungsprogramms regelmäßig landesweit Schulungsveranstaltungen für die Wahlleitungen an. Auch für die Kommunalwahlen im September 2016 sind im Frühjahr dieses Jahres wieder entsprechende Schulungen durchgeführt worden, in denen auch regelmäßig die Neutralitäts- und Objektivitätspflichten der Wahlleitungen - auch anhand von Einzelfällen - thematisiert werden. 4. Gibt es bzw. plant die Landesregierung eine Handreichung oder Ähnliches für kommunale Wahlleiter über zulässige Maßnahmen zur Steigerung der Wahlbeteiligung und über die Wahlbenachrichtigungskarte hinausgehende Maßnahmen zur Information der Wählerinnen und Wähler über bevorstehende Wahlgänge unter Wahrung der Neutralitätspflicht ? Nein. Bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung , die sich mit dem Gebot der Neutralität und Objektivität befasst. Die vertretene Rechtsauffassung weicht nicht so von der üblichen Auslegung der Norm ab, dass eine Handreichung oder Ähnliches für die Wahlleitungen erforderlich würde. (Ausgegeben am 29.06.2016) Drucksache 17/5985 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5768 - Warum schweigt die Landeswahlleiterin zur rechtswidrigen Wahlmotivationskampagne des Regionswahlleiters Axel Priebs? Anfrage des Abgeordneten Rainer Fredermann (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport