Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/6107 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5961 - Warum kümmert sich die Landesregierung nicht um die seit 2014 angekündigten Angebote für die Kinder- und Jugendpsychiatrie im Landkreis Uelzen? Anfrage des Abgeordneten Jörg Hillmer (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 15.06.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 22.06.2016 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung vom 05.07.2016, gezeichnet Cornelia Rundt Vorbemerkung des Abgeordneten Die Landesregierung hat mit dem Landespsychiatrieplan ihre Maßgaben für flächendeckend psychiatrisch -psychotherapeutische Angebote in Niedersachsen vorgestellt. Besonderen Stellenwert legt die Landesregierung auf eine wohnortnahe psychiatrische Versorgung nach dem Grundsatz „ambulant vor stationär“. Sozialministerin Rundt betonte bei der Vorstellung des Landespsychiatrieplans : „Gemeindenahe Psychiatrie bleibt unser Ziel.“ (Pressemitteilung des Ministeriums für Soziales , Gesundheit und Gleichstellung vom 30.05.2016). Für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen sieht die Landesregierung die Einrichtung dezentraler Institutsambulanzen in bisher unterversorgten Gebieten vor. Laut Landespsychiatrieplan soll die regionale Verteilung von Behandlungseinrichtungen überprüft werden nach dem Kriterium „Erreichbarkeit einer stationären oder teilstationären Einrichtung innerhalb eines Zeitraums von 30 bis 45 Minuten“. Den Versorgungsauftrag für die Kinder- und Jugendpsychiatrie im Landkreis Uelzen hat das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung an die Psychiatrische Klinik Lüneburg vergeben. Die dazu gehörende Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie besteht über die stationäre Behandlung hinaus aus vier Institutsambulanzen an den Standorten Lüneburg , Buchholz, Soltau und Stade sowie drei Tageskliniken jeweils in Lüneburg, Soltau und Stade . Für die teilstationäre Versorgung von Kindern und Jugendlichen im Landkreis Uelzen hatte der Chefarzt der Psychiatrischen Klinik Lüneburg im Juni 2014 die Einrichtung einer Tagesklinik mit Institutsambulanz im Gebäude einer ehemaligen Kindertagesstätte in Uelzen angekündigt. Wenige Wochen darauf sollte Baubeginn sein. Ein abschließender Antrag auf Fördergelder für die Kosten von „deutlich unter 1 Million Euro“ müsse aber noch beim Land eingereicht werden, so wird der Chefarzt zitiert (Kinderpsychiatrie am Stadtwald, Allgemeine Zeitung der Lüneburger Heide vom 07.06.2014); diese Einrichtung gibt es bis heute (Stand Juni 2016) nicht. Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weise ich darauf hin, dass ich ein hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung meiner Fragen habe, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht aktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. Unter Bezugnahme auf das Urteil des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 55, gehe ich davon aus, dass der Landesregierung die Beantwortung Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/6107 2 der Anfrage in weniger als einem Monat möglich und zumutbar ist, da es sich nach meiner Auffassung um einen eng begrenzten Sachverhalt handelt und der Rechercheaufwand gering ist. Vorbemerkung der Landesregierung Das zentrale Element des Krankenhauswesens in Deutschland ist, dass die Krankenhausträger freie, eigenverantwortliche und unabhängige Partner bei der Sicherstellung der Gesundheitsversorgung sind. Staatliches Handeln beschränkt sich dabei auf eine Rahmenplanung, die von den Akteurinnen und Akteuren vor Ort mit Inhalten gefüllt wird. Das Vorhalten eines Angebotes kann einem Krankenhausträger nicht aufgegeben werden. Wo staatlicherseits ein Handlungsbedarf erkannt wird, können gegebenenfalls mit Fördermitteln Handlungsanreize gegeben werden. Sollten auch damit Versorgungslücken nicht geschlossen werden können, greift die Auffangzuständigkeit der Landkreise und kreisfreien Städte nach § 1 des Niedersächsischen Krankenhausgesetzes (NKHG). Grundsätzlich sollen ambulante und teilstationäre Behandlungsmöglichkeiten komplementär eingerichtet werden. Für die flächendeckende, bedarfsgerechte Versorgung und Erreichbarkeit für die betroffenen Kinder und Jugendlichen sieht der Landespsychiatrieplan deshalb die Einrichtung dezentraler Institutsambulanzen in bisher unterversorgten Gebieten vor. Nach dem Landespsychiatrieplan sollen die Lücken dort geschlossen werden, wo die Erreichbarkeit im Behandlungs- und Notfall zumutbare Grenzen übersteigt. Im Landkreis Uelzen gibt es derzeit nur einen niedergelassenen Kinder- und Jugendpsychiater und -psychotherapeuten sowie zwei Kinder- und Jugendpsychotherapeutinnen. Die Landesregierung tritt deshalb für eine Verbesserung der ambulanten psychiatrischen Versorgung ein. Die ambulante Versorgung wird ab 01.11.2016 durch die Inbetriebnahme einer kinder- und jugendpsychiatrischen Institutsambulanz in Uelzen erweitert. Der Zulassungsausschuss hat diese Institutsambulanz nach § 118 SGB V bewilligt. Dadurch wird die kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung im ambulanten Bereich im Landkreis Uelzen verbessert. Die Landesregierung hat bereits mit Bescheid vom 29.01.2013 die Einrichtung einer Tagesklinik der Fachrichtung Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie am Standort Uelzen mit zwölf Plätzen zur Deckung des Bedarfs an teilstationären Therapiemöglichkeiten im Landkreis Uelzen bewilligt. Mit dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme dieser Tagesklinik werden die zwölf zusätzlichen Plätze in den Niedersächsischen Krankenhausplan aufgenommen. Die psychiatrische Klinik Lüneburg plante die Errichtung dieser kinder- und jugendpsychiatrischen Tagesklinik zunächst als gemeinsames Projekt mit dem Klinikum Uelzen. Die Vorplanungen für dieses Projekt waren im Jahr 2014 weitgehend abgeschlossen. Die beiden Kliniken haben die weitere Umsetzung ihres gemeinsamen Vorhabens dann aber nicht weiter betrieben. In der Folge hat die psychiatrische Klinik Lüneburg einen anderen Kooperationspartner in Uelzen gesucht und in dem Verein zur Förderung der Wiedereingliederung psychisch Erkrankter „Die Brücke “ gefunden. Beide sind auf der Suche nach einer geeigneten Immobilie für die Einrichtung der geplanten Tagesklinik. Mit der Schaffung der Tagesklinik in Uelzen wird die Lücke in der teilstationären Versorgung für Kinder und Jugendliche im Landkreis Uelzen geschlossen werden. 1. Hält die Landesregierung die für die Kinder- und Jugendpsychiatrie im Landkreis Uelzen angekündigten und immer noch fehlenden teilstationären Therapieangebote der Psychiatrischen Klinik Lüneburg für angemessen? Die Landesregierung hält die fehlenden teilstationären Therapieangebote der Kinder- und Jugendpsychiatrie im Landkreis Uelzen nicht für angemessen. Sie hat deswegen krankenhausplanerisch gehandelt und ist mit den Akteurinnen und Akteuren in Gespräche über Fördermittel eingetreten. a) Wenn ja: Inwiefern sind die fehlenden teilstationären Therapieplätze mit dem Versorgungsauftrag für die Kinder und Jugendlichen im Landkreis Uelzen und den Vorhaben im Landespsychiatrieplan vereinbar? Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/6107 3 b) Wenn ja: Was hat die Landesregierung unternommen oder wird sie unternehmen, damit für die Kinder- und Jugendpsychiatrie im Landkreis Uelzen teilstationäre Therapiemöglichkeiten in die Tat umgesetzt werden? a) und b) entfallen. 2. Hat die Psychiatrische Klinik Lüneburg beim Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung einen Antrag auf finanzielle Förderung zur Einrichtung von teilstationären Therapieplätzen für die Kinder- und Jugendpsychiatrie im Landkreis Uelzen eingereicht ? In dem ursprünglichen Modell war vorgesehen, die Klinikum Uelzen GmbH als Eigentümerin der vorgesehenen Immobilie die Antragstellung für Investitionsfördermittel nach § 9 Abs. 1 KHG vornehmen zu lassen. Die psychiatrische Klinik Lüneburg wäre nach dieser Planung Antragstellerin für Fördermittel nach § 9 Abs. 2 KHG gewesen. Die Fördermittel wurden vom Klinikum Uelzen im Juli 2014 in Höhe von 570 000 Euro gemäß § 9 Abs. 1 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (KHG) beantragt. Die Realisierung dieser Planungen wurde dann nicht mehr betrieben. Ein Antrag der Psychiatrischen Klinik Lüneburg auf finanzielle Förderung der Einrichtung von teilstationären Therapieplätzen für die Kinder- und Jugendpsychiatrie im Landkreis Uelzen liegt der Landesregierung nicht vor. a) Wenn ja: Wann hat die Psychiatrische Klinik Lüneburg die Investitionsförderung beantragt und in welcher Höhe? b) Wenn ja: Hat das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung die Investitionsförderung genehmigt. Wenn ja, in welcher Höhe? Wenn nein, warum nicht? c) Bei bewilligtem Antrag: Warum sind die angekündigten teilstationären Plätze in Uelzen von der Psychiatrischen Klinik noch nicht eingerichtet worden? a) bis c) entfallen. 3. Wann werden die von der Psychiatrischen Klinik Lüneburg angekündigten teilstationären Angebote für die Kinder- und Jugendpsychiatrie im Landkreis Uelzen zur Verfügung stehen? Der bestandskräftige Bescheid über die Aufnahme der psychiatrischen Klinik Lüneburg in den Niedersächsischen Krankenhausplan stellt bezüglich der Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie fest, dass zwölf zusätzliche Plätze dieser Fachrichtung am Standort Uelzen mit dem Zeitpunkt ihrer Inbetriebnahme in den Niedersächsischen Krankenhausplan aufgenommen werden. Der Vollzug dieser Inbetriebnahme liegt in der Verantwortung der psychiatrischen Klinik Lüneburg. 4. Inwieweit überprüft die Landesregierung die Erfüllung bzw. Nichterfüllung des Versorgungsauftrags in der Kinder- und Jugendpsychiatrie? Siehe Vorbemerkung. Darüber hinaus lässt sich feststellen, dass die grundsätzliche Entscheidung zur Übertragung eines Versorgungsauftrages mit neuen Einrichtungen insbesondere fördermittelrechtlich unter dem Vorbehalt der Anzeige der Inbetriebnahme durch den Träger steht. Der Landesregierung ist also bekannt, ob ein neuer Versorgungsauftrag auch wahrgenommen wird. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/6107 4 5. Wie lange will die Landesregierung den unversorgten Zustand noch dulden? Wie in der Vorbemerkung dargestellt, ist die gesetzliche Aufgabe der Landesregierung die Wahrnehmung der Rahmenplanung. Die Umsetzung beantragter und positiv beschiedener Einrichtungen ist allein Aufgabe des rechtlich und wirtschaftlich selbstständig handelnden Krankenhausträgers. 6. Gab oder gibt es andere Bewerber um den Versorgungsauftrag für die teilstationären Angebote der Kinder- und Jugendpsychiatrie im Landkreis Uelzen? Wenn ja: Hält die Landesregierung diese für befähigt? Zum Zeitpunkt der Übertragung des Versorgungsauftrages zur Einrichtung einer Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie an die Psychiatrische Klinik Lüneburg mit Bescheid vom 29.01.2013 gab es keinen anderen Bewerber. Im April 2016 hat ein weiterer regionaler Krankenhausträger sein Interesse an der Übernahme des kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgungsauftrages im Landkreis Uelzen bekundet. Er wurde im Juni 2016 gebeten, sein Angebot um Angaben insbesondere zum medizinischen Konzept, zur Personalausstattung, zur Verzahnung zwischen teilstationärer und stationärer Leistungserbringung, zum Investitionsbedarf sowie zum Wirtschaftlichkeitsaspekt zu konkretisieren. Grundsätzliches Kriterium zur Aufnahme in den Niedersächsischen Krankenhausplan ist die Sicherstellung einer bedarfsgerechten, leistungsfähigen und wirtschaftlichen Versorgung der Bevölkerung . Dies kann für den vorliegenden Antrag nur auf der Grundlage vervollständigter Unterlagen festgestellt werden. 7. Plant die Landesregierung eine Neuvergabe des Versorgungsauftrages für den Landkreis Uelzen? Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (z. B. Urteil vom 25.08.2008 - 3 C 35.07) ist die Planposition eines Krankenhauses kein dauerhafter Besitzstand, sondern steht unter dem Vorbehalt fortlaufender Überprüfung. Im Rahmen eines Auswahlverfahrens hat die Krankenhausplanungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, welches Krankenhaus den Zielen der Krankenhausplanung des Landes am besten gerecht wird. Nach gegenwärtigem Stand besteht die Möglichkeit, dass die Interessenbekundung aus dem April 2016 in Konkurrenz zum Versorgungsauftrag des Psychiatrischen Klinikums Lüneburg tritt. Da für den Landkreis Uelzen keine zusätzlichen Kapazitäten benötigt werden, ist gegebenenfalls eine Auswahlentscheidung zwischen dem aktuellen Interessenten und der bereits in den Niedersächsischen Krankenhausplan aufgenommenen Kinder- und Jugendpsychiatrischen Tagesklinik zu treffen . Der Psychiatrischen Klinik Lüneburg ist die Möglichkeit der Stellungnahme hierzu eingeräumt worden. (Ausgegeben am 19.07.2016) Drucksache 17/6107 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5961 Warum kümmert sich die Landesregierung nicht um die seit 2014 angekündigten Angebote für die Kinder- und Jugendpsychiatrie im Landkreis Uelzen? Anfrage des Abgeordneten Jörg Hillmer (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung