Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/6109 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5912 - Erhebung des besonderen Kirchgeldes Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Birkner, Jan-Christoph Oetjen und Christian Grascha (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 07.06.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 15.06.2016 Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums namens der Landesregierung vom 08.07.2016, gezeichnet In Vertretung Frank Doods Vorbemerkung der Abgeordneten Die römisch-katholische Kirche und die evangelischen Landeskirchen in Niedersachsen erheben mit wenigen Ausnahmen das besondere Kirchgeld. Das besondere Kirchgeld wird von allen nach § 3 Abs. 1 des Kirchensteuerrahmengesetzes kirchensteuerpflichtigen Mitgliedern der o. g. Religionsgemeinschaften erhoben, deren Ehegatte einer kirchensteuererhebenden Religionsgemeinschaft nicht angehört, wenn die Ehegatten zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden (§ 26 b EStG). Vorbemerkung der Landesregierung Nach Artikel 140 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit Artikel 137 Abs. 3 Satz 1 der Weimarer Reichsverfassung ordnet und verwaltet jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten selbstständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie unterliegen insoweit grundsätzlich nicht der staatlichen Aufsicht und Kontrolle. Die als öffentlich-rechtliche Körperschaften organisierten und anerkannten Religionsgesellschaften sind zudem berechtigt, Steuern nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen zu erheben (Artikel 137 Abs. 6 GG). In Niedersachsen bestimmt das Gesetz über die Erhebung von Steuern durch Kirchen, andere Religionsgesellschaften und Weltanschauungsgemeinschaften (Kirchensteuerrahmengesetz - KiStRG) den rechtlichen Rahmen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 KiStRG können die Landeskirchen, Diözesen und anderen Religionsgemeinschaften , die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, sowie ihre Kirchengemeinden und Kirchengemeindeverbände (steuerberechtigte Religionsgemeinschaften) von ihren Angehörigen (Kirchenangehörigen) aufgrund eigener Steuerordnungen Kirchensteuer erheben. Nach §§ 2 Abs. 1 Nr. 4, 13 b KiStRG können Kirchensteuern auch als Kirchgeld in festen oder gestaffelten Beträgen, insbesondere auch als Kirchgeld von Kirchenangehörigen, deren Ehegatte oder Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft nicht angehört (besonderes Kirchgeld), erhoben werden. Die römisch-katholische Kirche sowie die evangelischen Landeskirchen in Niedersachsen haben in ihren Steuerordnungen und -beschlüssen überwiegend von der Möglichkeit der Erhebung des besonderen Kirchgelds Gebrauch gemacht. 1. Wie viele Ehepaare sind von der Erhebung des besonderen Kirchgeldes betroffen? Für den aktuell weitestgehend veranlagten Veranlagungszeitraum 2014 hat ein maschineller Suchlauf insgesamt 80 244 Steuerkonten ergeben, in denen das besondere Kirchgeld festgesetzt wurde Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/6109 2 (Stand: 21.06.2016). Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, wie sich die Steuerkonten auf Ehepaare und auf Lebenspartnerschaften im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes verteilen. 2. Hat die Landesregierung Kenntnisse darüber, wie viele Ehepaare Anträge auf Aussetzung der Vollziehung des besonderen Kirchgeldes gestellt haben (bitte für die Jahre 2012, 2013, 2014 angeben)? Nach § 10 Abs. 2 Satz 2 KiStRG entscheiden über einen Rechtsbehelf die nach der Steuerordnung zuständigen kirchlichen Stellen. Dies gilt auch, wenn die Festsetzung und Erhebung der Kirchensteuer auf Antrag der Landeskirchen oder Diözesen den Finanzämtern übertragen wurde (§ 11 Abs. 5 KiStRG). Die Entscheidung über einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist Bestandteil des Rechtsbehelfsverfahrens und obliegt daher ebenfalls den zuständigen kirchlichen Stellen. Erkenntnisse über die Anzahl der bei den kirchlichen Stellen gestellten Anträge auf Aussetzung der Vollziehung des besonderen Kirchgelds liegen der Landesregierung nicht vor. Ebenso wenig wird von den Finanzämtern die Teilgruppe der Anträge auf Aussetzung der Vollziehung des besonderen Kirchgelds statistisch erfasst, die zunächst bei den Finanzämtern eingehen und von dort zuständigkeitshalber an die kirchlichen Stellen weitergeleitet werden. 3. Hat die Landesregierung Kenntnisse darüber, welche persönlichen Daten für eine Aussetzung der Vollziehung bzw. für eine Erstattung des besonderen Kirchgeldes in Höhe der für eine andere Weltanschauungsgemeinschaft, die als Körperschaft öffentlichen Rechts zur Erhebung von der Kirchensteuer vergleichbaren Beiträgen ermächtigt ist, gezahlten Beiträge gegenüber den Kirchen offengelegt werden müssen? Wenn ja, wie bewertet sie dies aus Sicht des Datenschutzes? Es liegen über bloße einzelfallbezogene Darlegungen hinaus keine Erkenntnisse vor, welche Daten die Kirchenangehörigen gegenüber ihrer Kirche im Rahmen von Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung bzw. im Rahmen von Anträgen auf Erstattung des besonderen Kirchgelds in Fällen der Entrichtung von Beiträgen an eine als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannte Weltanschauungsgemeinschaft in tatsächlicher Hinsicht regelmäßig offenlegen müssen. Über Anträge auf Aussetzung der Vollziehung entscheiden die kirchlichen Stellen in eigener Zuständigkeit (s. Antwort zu Frage 2). Gleiches gilt für Anträge auf Stundung, Niederschlagung, Erlass und Erstattung der Kirchensteuer (§ 11 Abs. 4 Satz 1 KiStRG). Hierunter fällt auch ein Antrag auf Erstattung des besonderen Kirchgelds. Nach § 4 KiStRG hat, wer mit Kirchensteuer in Anspruch genommen werden soll, der mit der Verwaltung dieser Steuer beauftragten Stelle Auskunft über alle Tatsachen zu geben, von denen die Feststellung der Zugehörigkeit zu einer Landeskirche, Diözese, anderen Religionsgemeinschaft, Kirchengemeinde oder einem Kirchengemeindeverband abhängt. Der Kirchenangehörige hat darüber hinaus die zur Festsetzung der Kirchensteuer erforderlichen Erklärungen abzugeben. Gegen Verfügungen, Entscheidungen oder andere Maßnahmen, die von einer kirchlichen Stelle zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des Kirchensteuerrechts getroffen werden und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet sind, ist vorbehaltlich der Regelung in § 8 Abs. 2 KiStRG grundsätzlich der Rechtsweg nach der Verwaltungsgerichtsordnung gegeben (§ 10 Abs. 2 Satz1 KiStRG). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Kirchen in Deutschland aufgrund der verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltung (s. Vorbemerkung) das Recht besitzen, für ihren Bereich eigene Datenschutzvorschriften zu erlassen (z. B. Kirchengesetz über den Datenschutz der evangelischen Kirche in Deutschland, Anordnungen über den kirchlichen Datenschutz in den Diözesen der Katholischen Kirche). Der Umgang mit personenbezogenen Daten durch die Kirchen bemisst sich nach diesen Datenschutzvorschriften, die in Anlehnung an die derzeit geltende Datenschutzrichtlinie der EU - 95/46/EG - die Grundprinzipien im Datenschutz beachten (Verbot der Datenverarbeitung mit Erlaubnisvorbehalt, Erforderlichkeit, Datenvermeidung und Datensparsamkeit, Zweckbindung und Transparenz). (Ausgegeben am 19.07.2016) Drucksache 17/6109 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/5912 Erhebung des besonderen Kirchgeldes Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Birkner, Jan-Christoph Oetjen und Christian Grascha (FDP) Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums