Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/6335 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/6103 - Fremde Stechmückenarten in Niedersachsen - juckt uns das? Anfrage des Abgeordneten Frank Oesterhelweg (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 12.07.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 18.07.2016 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung vom 15.08.2016, gezeichnet Cornelia Rundt Vorbemerkung des Abgeordneten Unter der Überschrift „Gefahr im Anflug“ berichtet die Allgäuer Zeitung (AZ) in ihrer Ausgabe vom 9. Juli 2016 über das Auftreten von in Deutschland nicht heimischen Mückenarten und die Möglichkeit der Übertragung von zum Teil gefährlichen Krankheiten auf Mensch und Tier. Als Ursachen für das Auftreten und die teilweise Verbreitung neuer Arten benennt die AZ die Globalisierung mit weltweitem Handel sowie den Klimawandel. Während die Gelbfiebermücke, die in Südamerika für die Verbreitung des Zika-Virus verantwortlich gemacht wird, hierzulande nicht überleben könne, böten sich für beispielsweise Tigermücke und Asiatische Buschmücke gute Bedingungen zur Verbreitung. Die Tigermücke könne das Dengue-Fieber und das Chikunguya-Fieber übertragen, zwei gefährliche Krankheiten. Diese Mücke sei nachgewiesen in Bayern und Baden-Württemberg, aber auch in Nordrhein-Westfalen und Thüringen, wo auch Tiere überwintert hätten. Die Asiatische Buschmücke, die beispielsweise das West-Nil-Fieber übertragen könne, sei in größeren Vorkommen u. a. „seit 2013 im Großraum Hannover“ zu beobachten. Kommentar einer Expertin : „Die Asiatische Buschmücke kriegen wir in Deutschland nicht mehr los.“ Im betreffenden Artikel wird darauf hingewiesen, dass auch heimische Arten möglicherweise gefährliche Krankheiten übertragen könnten. So sei 2006 Folgendes passiert: „Die Blauzungen- Krankheit, eine Virus-Erkrankung, die etwa Kühe befällt, wurde erstmals nachweislich durch die (Anmerkung des Fragestellers: hier heimischen) Gnitzen übertragen.“ Inzwischen werde, so die AZ, die Forschung über Stechmücken in Deutschland intensiviert. Das Robert-Koch-Institut, das Friedrich-Loeffler-Institut für Tiergesundheit und das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) in Müncheberg initiierten den sogenannten Mückenatlas. Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weise ich darauf hin, dass ich ein hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung meiner Fragen habe, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht aktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. Vorbemerkung der Landesregierung Begünstigt durch Globalisierung und Klimaerwärmung kam es in der jüngsten Vergangenheit verstärkt zur Einschleppung, Etablierung und Ausbreitung mehrerer exotischer Stechmücken-Arten in Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/6335 2 Europa. Unter anderem sind es Aedes albopictus (Asiatische Tigermücke), Aedes aegypti (Gelbfiebermücke ) und Aedes japonicus (Asiatische Buschmücke). Da diese zum Teil als effiziente Überträger (Vektoren) von Krankheitserregern (Arboviren [Arthropod-borne-viruses] z. B. Chikungunya-, Dengue-, West-Nil-, Zika- und Gelbfieber-Viren) von Mensch und Tier gelten, wird ihr geografisches Vorkommen u. a. von der Weltgesundheitsorganisation WHO (World Health Organisation) und der Europäischen Gesundheitsbehörde ECDC (European Centre for Disease Prevention and Control) genau beobachtet. In Deutschland werden nach derzeitigem Stand zwei der genannten Stechmücken regelmäßig gefunden: Aedes albopictus und Aedes japonicus. In Europa wurde Aedes albopictus das erste Mal 1979 in Albanien nachgewiesen. Eine zweite Einschleppung erfolgte 1990 in Italien durch aus den USA importierte Altreifen in die Hafenstadt Genua . Innerhalb weniger Jahre verbreitete sich die Art in vielen Regionen Italiens und wurde mittlerweile in Frankreich, Serbien, Montenegro, Belgien, der Schweiz, Griechenland, Kroatien, Slowenien , Bosnien und Herzegowina, Spanien, den Niederlanden und Malta nachgewiesen. In Deutschland wurde die Asiatische Tigermücke das erste Mal im Jahr 2007 im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie der KABS (Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Stechmückenplage e. V.) in Kooperation mit der Universität Heidelberg nachgewiesen. Seitdem wurden mehrere Untersuchungen durchgeführt, welche wiederholte Einschleppungen der Art aus Südeuropa aufzeigen konnten. Im Spätsommer des Jahres 2014 wurden in Freiburg und Mitte November in Straßburg erste kleinere brütende Tigermückenpopulationen gefunden. Seit 2015 ist diese Mückenart an verschiedenen Standorten in Baden-Württemberg als stabile Populationen etabliert. Die Asiatische Tigermücke ist nach der tropischen Gelbfieber-Mücke der wichtigste Überträger der oben genannten Arboviren. Im Jahr 2007 trat erstmals eine Epidemie von Chikungunya-Fieber in Europa (Italien) mit ca. 250 Erkrankten, darunter ein Todesfall, auf, nachdem eine infizierte Person aus Indien in die Region von Ravenna eingereist war. Das Virus konnte in Aedes albopictus nachgewiesen werden, womit die Asiatische Tigermücke erstmals als Überträger einer tropischen Krankheit in Europa nachgewiesen war. Weitere größere Epidemien, ausgelöst durch erkrankte Reiserückkehrer in Zusammenhang mit den genannten Vektoren, sind in den Folgejahren bis heute nicht aufgetreten. Die Asiatische Buschmücke (Aedes japonicus) hat vier Unterarten, die in verschiedenen Teilen Asiens leben: Aedes japonicus japonicus in Japan und Korea, Aedes japonicus shintienensis in Taiwan, Aedes japonicus yaeyamensis und Aedes japonicus amamiensis auf den Ryukyu Inseln. Aus bisher unbekannten Gründen hat nur Aedes japonicus japonicus begonnen, sich außerhalb Asiens zu verbreiten. Wie Aedes albopictus wurde auch die Asiatische Buschmücke mit dem internationalen Warenverkehr in andere Kontinente verschleppt. Im Jahr 1993 trat die Art in Neuseeland zum ersten Mal außerhalb ihres ursprünglichen Verbreitungsgebietes auf. Nur fünf Jahre später wurde Aedes japonicus japonicus in Nordamerika nachgewiesen und ist mittlerweile in den östlichen Bereichen der USA und dem südlichen Kanada schon weit verbreitet. Die ersten Nachweise der Asiatischen Buschmücke in Europa erfolgten im Jahr 2000 in Frankreich, 2002 in Belgien, 2008 in der Schweiz, 2011 in Österreich und Slowenien. Erste Nachweise dieser Art in Deutschland gab es im Jahr 2008 in Baden-Württemberg nahe der Schweizer Grenze. Daraufhin wurden Funde von weiteren Populationen aus dem Stuttgarter Raum (2011), bei Bonn (2012) und im Jahr 2013 in einem Gebiet in dem Dreieck Hannover, Hildesheim, Minden registriert. Aedes japonicus ist wie auch Aedes albopictus ein kompetenter Überträger (Vektor) für verschiedene Arboviren. Diese Viren vermehren sich in Stechmücken und werden dann, z. B. auf Menschen , übertragen. Im Labor konnte nachgewiesen werden, dass die Asiatische Buschmücke erfolgreich die Viren des West-Nil-Fiebers, der Japanischen Enzephalitis, des Dengue-Fiebers, des Chikungunya-Fiebers und weitere Viren übertragen kann. Bei den meisten dieser von Aedes japonicus übertragbaren Viruserkrankungen lassen die im Labor ermittelten Transmissionsraten auf eine mögliche erfolgreiche Übertragung im Freiland schließen. Es liegen jedoch bislang kaum Hinweise zur Beteiligung der Asiatischen Buschmücke an einem endemischen oder sogar epidemischen Ausbruch der von ihr potenziell übertragbaren Viruserkrankungen vor. Es ist sicher, dass die Art einer der Hauptüberträger der Japanischen Enzephalitis in Asien ist. Viren des West-Nil-Fiebers konnten zumindest in im Freiland gefangenen Weibchen von Aedes japonicus japonicus nachgewiesen werden. Insgesamt ist das Vektorpotenzial der Asiatischen Buschmücke eher als moderat Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/6335 3 und deutlich geringer als bei der Asiatischen Tigermücke einzuschätzen (geringe Stechfreudigkeit, nur eine geringe Vektorkompetenz). Bei der Bewertung des Eintragsrisikos der genannten invasiven Stechmückenarten ist zu bedenken , dass es i. d. R. nicht die Mücken sind, durch die Krankheitserreger eingeschleppt werden. Vielmehr werden die Infektionserreger von Menschen oder Tieren eingetragen und dann von Mücken weiterverbreitet. Eine Weiterverbreitung von exotischen, mückenübertragenen Krankheiten setzt also immer voraus, dass einerseits die entsprechenden Mückenarten vorhanden sind und andererseits akut erkrankte, virämische Menschen oder Tiere die Erreger eintragen. 1. Gibt es in Niedersachsen ein Monitoring hinsichtlich des Auftretens der betreffenden und anderer fremder Stechmückenarten und der durch sie übertragbaren Krankheiten? Bereits nach dem erstmaligen Auftreten der Blauzungenkrankheit bei Rindern im August 2006 in Deutschland wurde ein vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) initiiertes entomologisches Monitoring bundesweit durchgeführt. Zielorganismus waren die Ceratopogoniden (Gnitzen). Dieses Monitoring fand in einem vom Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (ML) finanzierten Projekt mit der AG Wasserökologie der Universität Oldenburg seine Fortsetzung und wurde 2009 abgeschlossen. Beide genannten Untersuchungen waren methodisch geeignet, bei Anwesenheit sowohl Aedes albopictus als auch Aedes japonicus japonicus nachzuweisen. Es gab während dieser Zeit keine positiven Befunde hinsichtlich der zwei genannten Arten. 2010 bis 2012 fand ein Monitoring zum Auftreten von Aedes albopictus in Niedersachsen statt. Vertretungen des Fachbereichs Schädlingsbekämpfung der Task-Force Veterinärwesen des Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES), des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes (NLGA) und der Universität Oldenburg führten ein Verbundprojekt durch, in dem durch das Aufstellen von Fallen (sogenannte Ovitraps) in den Häfen von Oldenburg, Brake, Nordenham, Cuxhaven und Wilhelmshaven sowie am Flughafen in Hannover das Vorkommen von Aedes albopictus untersucht werden sollte. Auch im Rahmen dieses Projekts wurde weder die Asiatische Tigermücke noch die Asiatische Buschmücke in Niedersachsen nachgewiesen. Das NLGA betreibt derzeit (während der jährlichen Mückensaison) vier Mückenfallen vom Typ BG-Trap an verschiedenen Standorten in Niedersachsen. Im Kalenderjahr 2015 konnte das NLGA auf diese Weise (mit drei Fallen) 1 607 Individuen fangen. Aedes albopictus und Aedes japonicus konnten dabei nicht nachgewiesen werden. Alle virologischen Untersuchungen der gefangenen Mücken im Hinblick auf humanpathogene Arboviren führten zu einem negativen Ergebnis. Die Vorgehensweise zum Fang der Mücken und zum Betrieb der Mückenfallen war gemeinsam vom NLGA und LAVES entwickelt und abgestimmt worden. Daneben sind auch bundesweite Monitoring Systeme in Niedersachsen aktiv: – Mückenatlas: http://www.mueckenatlas.de/Default.aspx, – „Stechmückenmonitoring in Deutschland (CuliMo)“: https://www.fli.de/de/institute/institut-fuerinfektionsmedizin -imed/labore/labor-fuer-medizinische-entomologie/, – „Stechmücken und Stechmücken-übertragene Zoonosen in Deutschland (Culi Fo)“: http://www.bnitm.de/aktuelles/bnitm-in-den-medien/einzelansicht/961-gesundheitkrankheitsuebertraeger -stechmueckenforschung-wird-verstaerkt/. Durch das Infektionsschutzgesetz sind seit 2001 bestimmte Infektionskrankheiten des Menschen, die durch Arboviren verursacht werden, sowie die entsprechenden Erregernachweise in der Kategorie „andere Erreger hämorrhagischer Fieber“ meldepflichtig. Durch die am 01.05.2016 in Kraft getretene Meldepflicht-Anpassungsverordnung wurde die Meldepflicht ausgedehnt, sodass mittlerweile eine spezifische Meldepflicht für alle Labornachweise von relevanten Arboviren besteht, sofern der Nachweis auf eine akute Infektion hindeutet. Auf diese Weise werden und wurden in der Vergangenheit entsprechende Krankheiten bei Reiserückkehrern registriert (z. B. Dengue- oder Chikungunyaviruserkrankungen). Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/6335 4 2. Wie sind niedersächsische Hochschulen bzw. Wissenschaftler in der Forschung zu dieser Thematik tätig? Universität Oldenburg Die Universität Oldenburg (AG Gewässerökologie, Leitung: Prof. Dr. Ellen Kiel) ist an den o. g. Projekten „Stechmückenmonitoring in Deutschland“ und „Stechmücken und Stechmücken-übertragene Zoonosen in Deutschland“ beteiligt. Universität Göttingen: An der Fakultät für Agrarwissenschaften der Universität Göttingen beschäftigt sich die Abteilung Mikrobiologie und Tierhygiene (Leitung Prof. Dr. Dr. Claus-Peter Czerny) u. a. mit der Erforschung tropischer und subtropischer Tierseuchenerreger und der Entwicklung leistungsfähiger Diagnostiksysteme . Prof. Czerny ist Veterinärmediziner und gegenwärtig der Vorsitzende der Fachgruppe Tropenveterinärmedizin und Internationale Tiergesundheit der Deutschen Gesellschaft für Veterinärmedizin (DVG). Prof. Czerny ist Mitglied des „Local Organizing Committee“ und der „Scientific Advisors“ des vom 04. bis 08.09.2016 in Berlin stattfindenden und von der FU Berlin organisierten Fachkongresses „Tropical Animal Diseases and Veterinary Public Health“. Von der Abteilung Mikrobiologie und Tierhygiene wird jeweils im Wintersemester das Mastermodul „Epidemiology of International and Tropical Animal Infectious Diseases“ (EITAID) für internationale und deutsche Studierende der Agrarwissenschaften angeboten. Die Abteilung Mikrobiologie und Tierhygiene erhält für den Bereich tropenveterinärmedizinische Forschung Drittmittel und bearbeitet gegenwärtig folgende Projekte: – 2015 (Dr. Abd El Wahed): TDR-WHO: Establishment of a field laboratory for multiple testing for pathogens, Bangladesh, – 2016 bis 2018 (Prof. Czerny, Dr. Abd El Wahed): Alexander-von-Humboldt Foundation: Multiple testing of pathogens to support the elimination of Malaria in Nigeria, – 2016 (Dr. Abd El Wahed): University of Göttingen: Zika virus genetic and serological footprints associated with antibody viral enhancement, disease susceptibility and possible virus-triggered neurodisease. Tierärztliche Hochschule Hannover: An der Tierärztlichen Hochschule Hannover ist eine Arbeitsgruppe auf dem Gebiet tätig (Frau Prof. Stefanie Becker, Institut für Parasitologie und Research Center for Emerging Infections and Zoonoses [RIZ]). Der Fokus ihrer Forschung liegt auf der Interaktion zwischen Vektor-Insekten, Pathogenen (im speziellen Vektor-übertragenen Viren) und Wirtstieren. Ihre Forschungsansätze haben zum Ziel, ein besseres Verständnis dafür zu schaffen, welche Vektoren in Deutschland an der Übertragung tropischer und einheimischer Pathogene beteiligt sein könnten und welche Wirtstiere (inklusive Menschen) hierbei eine Rolle spielen können. Zur Bearbeitung dieser Fragestellungen werden zum einen das Vorkommen und die Populationszusammensetzung relevanter Vektoren (Stechmücken und Sandmücken) untersucht. Zum anderen erfolgt eine Beschäftigung mit der Vektorkompetenz dieser Populationen für verschiedene tropische Erreger wie das West-Nil-Virus, das Rifttalfieber-Virus sowie weitere Flaviviren, Bunyaviren und Leishmania Parasiten. Weiter soll in Untersuchungen die Vektorkompetenz einheimischer Stechmücken für das Rifttalfieber -Virus in Deutschland festgestellt werden. Außerdem ist geplant, die Vektorkompetenz für verschiedene in Deutschland vorkommende Phlebotomus-Arten und Leishmania-Parasiten sowie Phleboviren zu untersuchen. Weiter werden Übertragungszyklen von urbanen und sylvatischen Dengue- und Gelbfieber-Virus-Stämmen erforscht. Technische Universität Braunschweig: Am Institut für Biochemie, Biotechnologie und Bioinformatik der Technischen Universität Braunschweig wird zu übertragbaren Krankheiten (z. B. Venezolanische Pferdeenzephalitis, Westliche Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/6335 5 Pferdeenzephalitis, Dengue) geforscht, die aber in Europa nicht durch Stechmücken übertragen werden. TWINCORE: Am TWINCORE in Hannover - einer gemeinsamen Einrichtung des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung und der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) - arbeitet die Nachwuchsgruppe von Juniorprofessorin Christine Goffinet am Chikungunya-Virus, das von Mücken übertragen werden kann. Dazu werden vor allem Säugetier-Zelllinien verwendet, aber es sind auch Experimente in Aedes-Zelllinien (Mücken) geplant. 3. Welche Behörden und Einrichtungen des Landes bzw. im Land Niedersachsen sind mit der Thematik befasst? Das NLGA, das LAVES, die Universität Oldenburg, die Universität Göttingen, die Tierärztliche Hochschule, die Technische Universität Braunschweig und das TWINCORE sind in Niedersachsen mit der Thematik befasst. 4. Gibt es eine Zusammenarbeit niedersächsischer Institutionen mit den in der Vorbemerkung genannten Instituten, dem ZALF oder weiteren? Mit der Universität Oldenburg und dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) besteht seitens des LAVES und des NLGA ein fachlicher Austausch über Funde im Rahmen der o. g. Projekte (CuliMo und Culi Fo), die auch auf Tagungen der Deutschen Gesellschaft für medizinische Entomologie und Akariologie unter Beteiligung des LAVES diskutiert werden. Das NLGA kooperiert im Rahmen des von ihm durchgeführten Vektormonitorings (siehe zu 1.) derzeit vor allem mit den Institutionen ZALF bezüglich der Klassifizierung und FLI bezüglich der Virusdiagnostik . Das ZALF und die AG Gewässerökologie der Universität Oldenburg sind zusammen mit dem Bernhard -Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) und dem FLI Projektpartner Teilnehmende im bundesweiten Monitoring. Im Zusammenhang mit den diagnostischen Aktivitäten und den Forschungsinteressen arbeitet die Abteilung Mikrobiologie und Tierhygiene der Fakultät für Agrarwissenschaften der Universität Göttingen u. a. mit dem FLI und dem Robert-Koch-Institut zusammen. Die Abteilung Mikrobiologie und Tierhygiene unterstützt das FLI z. B. bei der Bereitstellung von Diagnostiksystemen zur Untersuchung von Infektionserregern in Mücken (z. B. PCR zum Nachweis von Myxomviren). Daneben besteht auch intensiver Kontakt zu internationalen Organisationen beispielsweise die WHO), die Schulungs- und Trainingsprogramme finanziert haben, die Dr. Abd El Wahed abgehalten hat. Die Medizinische Hochschule Hannover ist am Forschungsbereich „Emerging Infections“ des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) beteiligt. 5. Wie werden Ärzte und Tierärzte, Krankenhäuser und Tierkliniken auf die möglicherweise drohenden Infektionen vorbereitet? Bei neu auftretenden oder bedrohlichen Infektionskrankheiten stellt die Landesregierung den Krankenhäusern und Ärztinnen und Ärzten Informationen zur Verfügung, z. B. über die Gesundheitsämter oder in Form von Informationsblättern auf der Homepage des NLGA. Darüber hinaus informiert das NLGA in seinen Fortbildungsveranstaltungen für Ärztinnen und Ärzte regelmäßig über die aktuelle Bedeutung der durch Stechmücken übertragenen Erkrankungen in Niedersachsen. Im Zusammenhang mit dem Vorkommen von Aedes japonicus in Niedersachsen waren solche Schritte nicht erforderlich, da diese aus Sicht der maßgeblichen Expertinnen und Experten, der sich die Landesregierung angeschlossen hat, zurzeit keine Relevanz für die öffentliche Gesundheit in Deutschland haben. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/6335 6 Die vorhandene Infrastruktur an der MHH (Betten, Infektionsstation) reicht zurzeit aus. Die Labordiagnostik auf Dengue-, West Nil- und Zika-Viren kann am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) in Hamburg und im NLGA durchgeführt werden. Die Therapie etwaiger Patientinnen und Patienten ist symptomatisch und die MHH ist hier gut aufgestellt. Im Rahmen aktueller vektorassoziierter Tiererkrankungen informiert das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz die nachgeordneten Behörden und Verbände und tauscht sich mit dem Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung aus. Das LAVES stellt Informationen über die Internetplattform „Tierseucheninfo“ zur Verfügung. Darüber hinaus sind auch niedergelassene Tierärztinnen und Tierärzte in Praxen und Tierkliniken zur Weiterbildung verpflichtet und neben dem Abonnement einschlägiger Fachzeitschriften zur regelmäßigen Teilnahme an Fachkongressen angehalten. Insbesondere Fachtierärztinnen und Fachtierärzte , z. B. für Mikrobiologie, Epidemiologie, Parasitologie, Tierhygiene, müssen gegenüber den Tierärztekammern der Länder Pflichtfortbildungsstunden in definierter Höhe nachweisen. Die Thematik Infektionsmedizin wird auf den verschiedenen Fachkongressen durch kompetente Fachbeiträge angeboten. Alle approbierten Tierärztinnen und Tierärzte in Deutschland erhalten zudem das monatlich erscheinende „Deutsche Tierärzteblatt“. Diese Mitgliederzeitschrift enthält regelmäßig Beiträge von anerkannten Fachwissenschaftlerinnen und Fachwissenschaftlern zu Neuentwicklungen auf dem Gebiet der Tierseuchen oder Aufrufe zur Kooperation mit Forschungsinstituten (z. B. zuletzt Deutsches Tierärzteblatt Juli 2016, S. 978: „Mückenatlas bittet um Zusendungen“). 6. Wie wird die Bevölkerung in den gegebenenfalls betroffenen Regionen auf eine mögliche Gefährdung hingewiesen? Bei neu auftretenden oder bedrohlichen Krankheiten stellt die Landesregierung der Bevölkerung Informationen zur Verfügung, z. B. in Form von Fragen und Antworten für die Allgemeinbevölkerung auf der Homepage des NLGA oder durch Herausgabe von Presseinformationen mit Verhaltensratschlägen . Als Ansprechpersonen für die Medien stehen auch Expertinnen und Experten des NLGA zur Verfügung. Im Zusammenhang mit dem Vorkommen von Aedes japonicus in Niedersachsen waren solche Schritte nicht erforderlich, da diese aus Sicht der maßgeblichen Experten, der sich die Landesregierung angeschlossen hat, zurzeit keine Relevanz für die öffentliche Gesundheit in Deutschland haben. 7. Welche Informationen hat die Landesregierung über die nach Mitteilung der AZ „seit 2013 im Großraum Hannover“ vorkommende Asiatische Buschmücke? In Niedersachsen wurde Aedes japonicus im Jahr 2012 erstmalig in einem Gebiet westlich von Hildesheim nachgewiesen. In diesem Gebiet wurde aktiv gesucht, nachdem eine Mückeneinsendung an die Aktion „Mückenatlas“ als Aedes japonicus klassifiziert wurde. Weitere Fundorte liegen in einem Areal von ca. 500 km2 zwischen den Städten Minden, Detmold, Hannover und Hildesheim. Bei der Inspektion von 129 Friedhöfen wurde auf 25 Friedhöfen in 22 Städten bzw. Dörfern Aedes japonicus gefunden (Veröffentlichung von Werner D. Kampen H. (2013): The further spread of Aedes japonicus japonicus (Diptera, Culicidae) towards northern Germany (Parasitology Research 112, 3665-3668)). LAVES und NLGA stehen seither in Kontakt mit dem ZALF und dem FLI. Im Rahmen eines Fachgespräches wurden die Ergebnisse der genannten Publikation und deren Bedeutung erörtert . Die Situation wird weiter beobachtet. 8. Welche Möglichkeiten zur Bekämpfung solcher nicht heimischer Stechmückenarten gibt es? Eine Bekämpfung ist derzeit in Niedersachsen nicht angedacht und auch nicht notwendig. Bisher sind keine Arboviren beim Menschen oder Tier durch Übertragung der Asiatischen Tigermücke o- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/6335 7 der der Asiatischen Buschmücke aufgetreten. Wie in der Vorbemerkung ausgeführt, sind i. d. R. nicht die Mücken diejenigen, durch die Krankheitserreger eingeschleppt werden, sondern die Infektionserreger werden von Menschen oder Tieren eingetragen und dann von Mücken weiterverbreitet . Sollte in Niedersachsen eine Bekämpfung notwendig werden, kann auf die Erfahrungen der Kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Stechmückenplage e. V. (KABS e. V.) in Baden -Württemberg zurückgegriffen werden. 9. Sieht die Landesregierung die Notwendigkeit und die Möglichkeit eines Eingreifens, um die Einschleppung bzw. Ausbreitung nicht heimischer Mückenarten zu ver- bzw. behindern ? Zu dieser Frage wurde auf Bundesebene Anfang des Jahres 2016 eine Expertenkommission „Stechmücken als Überträger von Krankheitserregern“ gegründet, die aktuell einen Bericht „Aedes albopictus in Deutschland - Handlungsbedarf und -optionen im Umgang mit der Asiatischen Tigermücke “ veröffentlicht hat. (https://www.fli.de/de/aktuelles/kurznachrichten/neues-einzelansicht/ ?tx_news_pi1%5Bnews%5D=229&cHash=b80b63b2764e67d78187b12de6cc791d). Dieser Bericht wurde der „Bund/Länder-Ad-hoc-AG Gesundheitliche Anpassung an die Folgen des Klimawandels“ vorgelegt und wird derzeit dort diskutiert. In der Ad-hoc-AG ist auch Niedersachsen durch MS und MU vertreten. Mücken sind zwar lästig, jedoch nicht per se als Krankheitsüberträger anzusehen. Vielmehr können sie in der Lage sein, Krankheitserreger über den Akt des Blutsaugens zu übertragen. Vor diesem Hintergrund bestehen veterinärrechtliche Regelungen zur Bekämpfung des dann tatsächlich auf Tiere übertragenen Krankheitserregers, unabhängig von welchem Vektor er übertragen wird. 10. Wenn ja, welche Maßnahmen zu welchem Zwecke werden wo durchgeführt, geplant oder vorbereitet? Siehe Antwort zu Frage 9. (Ausgegeben am 23.08.2016) Drucksache 17/6335 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/6103 - Fremde Stechmückenarten in Niedersachsen - juckt uns das? Anfrage des Abgeordneten Frank Oesterhelweg (CDU) Anfrage des Abgeordneten Frank Oesterhelweg (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung