Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/6358 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/6137 - Wallhecken-Programm Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Birkner, Hermann Grupe, Dr. Gero Hocker und Christian Dürr (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 22.07.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 28.07.2016 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 17.08.2016, gezeichnet Stefan Wenzel Vorbemerkung der Abgeordneten Wallhecken sind ein Jahrhunderte alter Bestandteil der Kulturlandschaft. Sie prägen wesentliche Teile der ostfriesischen Geest. Das Naturschutzrecht schreibt den Erhalt der Wallhecken vor und erlaubt ihre Pflege. Seit dem Jahr 2006 existiert in Niedersachsen u. a. das Wallhecken-Programm Ostfriesland, das mit einem Kooperationsvertrag zwischen dem Land Niedersachsen und der Ostfriesischen Landschaft ins Leben gerufen wurde. Das Wallhecken-Programm richtet sich an Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter von Wallhecken in den Landkreisen Aurich, Leer und Wittmund. Ziel ist es, die Wallhecken zu pflegen und soweit erforderlich zu sanieren. Mit der Teilnahme am Wallhecken-Programm verpflichtet sich der Bewirtschafter, die Wallhecke für zehn Jahre in dem Zustand zu erhalten , in den sie durch die bezuschussten Maßnahmen gebracht wurde. Bei der Pflege der Wallheckenpflege können große Mengen an Strauchschnitt anfallen. Nach der Änderung der Brennverordnung ist ein Abbrennen von Strauchschnitt jedoch nur noch sehr eingeschränkt möglich. Vorbemerkung der Landesregierung Das Vorhandensein von Wallhecken in der Landschaft stellt nicht nur ein äußeres Merkmal überkommener Traditionen dar, das zusätzlich auch für den Naturschutz positive Auswirkungen hat, sondern ist der Ausdruck eines zumindest vormals vorhandenen tief greifenden Naturverständnisses des wirtschaftenden Menschen. Wallhecken dienen der Windberuhigung, reduzieren dadurch signifikant die austrocknende Wirkung des Windes, vor allem aber den Verlust der Ackerkrume durch Winderosion; dem Weidevieh spenden sie Schatten. Dadurch fördern sie die landwirtschaftliche Produktion in weit höherem Maße, als dass sie dieser durch den vermeintlichen Flächenverlust schaden. Die Erkenntnis, dass gerade diese Landschaftselemente sehr positive Auswirkungen auf die Biodiversität haben, indem sie selbst Biotop und Biotopvernetzung darstellen, ist dagegen relativ jung. Anders als in der Vorbemerkung der Abgeordneten dargestellt, beschränkt sich das Wallheckenprogramm nicht nur auf die Landkreise, die zur ostfriesischen Landschaft gehören, sondern wurde in der laufenden Legislaturperiode auf die Landkreise der Oldenburgischen Landschaft (Ammerland , Cloppenburg, Friesland, Oldenburg und Vechta) sowie die Stadt Oldenburg ausgeweitet. In Bezug auf die „großen Mengen an Strauchschnitt“ ist anzunehmen, dass die Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter der Wallhecken sich dieser Mengen entledigen wollen und es sich insoweit um Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/6358 2 pflanzliche Abfälle handelt. Bei den Maßnahmen zur Behandlung der pflanzlichen Abfälle ist die europa - und bundesrechtlich bestimmte Rangfolge der Abfallhierarchie zu beachten. Danach haben Maßnahmen zur stofflichen und zur energetischen Verwertung Vorrang vor Maßnahmen zur Beseitigung von Abfällen. Der Strauchschnitt besteht, entsprechend der Jahreszeit, in der diese Arbeiten ausgeführt werden, aus Kernholz, jungen Trieben und Blattwerk. Dieses Material kann zur ökologischen Verbesserung auf dem Wallkörper belassen oder zerkleinert auf den Boden aufgebracht werden. Das zerkleinerte Material kann auch sehr gut als Strukturmaterial in einer Kompostanlage verwertet werden. Aussortiertes Kernholz kann auch als klimaneutraler Energieträger verwertet werden. Die Pflicht zur Verwertung trifft die Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter der Wallhecken nur, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist. Heckenschnitt, der nicht selbst verwertet wird, ist entweder - soweit dies bestimmt ist - dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zur Verwertung zu überlassen oder einer dafür zugelassenen Anlage zuzuführen. Das offene Verbrennen des Strauchschnitts ist eine Beseitigung von Abfällen außerhalb einer dafür zugelassenen Abfallbeseitigungsanlage. Nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz ist diese Art der Beseitigung von Abfällen nicht zugelassen, die Landesregierungen werden jedoch ermächtigt, die Beseitigung von Abfällen außerhalb von Abfallbeseitigungsanlagen unter engen Voraussetzungen zuzulassen und die Voraussetzungen und die Art und Weise der Beseitigung zu bestimmen. Mit der Brennverordnung vom 2.2.2004 wurden solche Bestimmungen getroffen. Die Verordnung war jedoch befristet und ist mit Ablauf des 31.03.2014 außer Kraft getreten. Die Landesregierung hat nunmehr mit der Pflanzenabfallverordnung vom 14.01.2015 die Voraussetzungen für die Beseitigung pflanzlicher Abfälle außerhalb von dafür zugelassenen Abfallbeseitigungsanlagen neu bestimmt . Ausgehend von den bundesrechtlich bestimmten Pflichten zur Verwertung oder Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, werden mit der Pflanzenabfallverordnung nunmehr die Grenzen der technischen Möglichkeit und der wirtschaftlichen Zumutbarkeit für Erzeuger oder Besitzer der Abfälle als Voraussetzung für die Zulassung im Einzelfall bestimmt . Das Wohl der Allgemeinheit darf nicht beeinträchtigt werden und auch die drittschützende Wirkung der Regelung wird erhalten. 1. Wie wird das Wallhecken-Programm finanziert? 2007 startete das Wallheckenprogramm in Ostfriesland mit den Landkreisen Aurich, Leer und Wittmund. Im Jahr 2013 wurde die Kulisse um das Wallheckenprogramm Oldenburger Land mit den Landkreisen Ammerland, Cloppenburg, Friesland, Oldenburg und Vechta erweitert. 2016 wurde die Stadt Oldenburg in die Kulisse des Wallheckenprogramms aufgenommen. Für den Beginn des Wallheckenprogramms erfolgte in 2007 die Finanzierung aus Landesnaturschutzmitteln . Im Zeitraum von 2008 bis 2015 wurden die beiden Wallheckenprogramme über die EU-Naturschutzfördermaßnahme „Natur- und Landschaftsentwicklung“ (ELER-Förderperiode 2007- 2013 - PROFIL) unter Projektträgerschaft des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft , Küsten- und Naturschutz (NLWKN) finanziert. Für die Wallheckenvegetationsperiode 2015/2016 (Übergangszeit zwischen den beiden EU (ELER)-Förderperioden 2007-2013 „PROFIL“ und 2014-2020 „PFEIL“) erfolgte die Finanzierung der Wallheckenprogramme aus reinen Landesmitteln. In den Wallheckenvegetationsperioden 2016/2017 und 2017/2018 erfolgt die Finanzierung über die EU (ELER) - Naturschutzfördermaßnahme „Erhalt und Entwicklung von Lebensräumen und Arten der ländlichen Landschaften“ (EELA). Zur Landeskofinanzierung (Finanzierungsanteile von gerundet ca. 50 % EU und 50 % Land) werden Landesmittel im Kapitel 1520 Titelgruppe 68 eingesetzt, die zentral für die Finanzierung von Vorhaben, die über die Förderrichtlinie „EELA“ gefördert werden , bereit gestellt werden. Die Wallheckenpflege wird unterstützt durch die jeweiligen Kooperationen des Landes Niedersachsen mit der Ostfriesischen Landschaft sowie seit 2013 mit der Oldenburgischen Landschaft. Den Kooperationspartnern obliegen die Öffentlichkeitsarbeit, die Beratung der Landwirte, die Erstkartierung und die Evaluierung der gepflegten Wallhecken. Sie erhalten hierfür auf Basis entsprechender Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/6358 3 Kooperationsvereinbarungen mit dem Land jährlich einen festgesetzten Betrag aus Landesmitteln. 2. Für welchen Zeitraum ist das Programm ausfinanziert? In der aktuellen EU (ELER)-Förderperiode 2014-2020 (PFEIL) werden die Wallheckenprogramme über die ELER-Förderrichtlinie „EELA“ finanziert. Für die Wallheckenvegetationsperioden 2016/17 und 2017/18 liegen bereits die erforderlichen Bewilligungsbescheide vor. Eine Anschlussfinanzierung für die Jahre 2018 bis 2022 wird über das vorgenannte Finanzierungsinstrument angestrebt. 3. Wie erfolgt die Vergütung der Bewirtschafter? Für die Wallheckenpflege und -instandsetzung wird den Bewirtschaftern ein feststehender Betrag pro Meter unter Berücksichtigung einer agronomischen Berechnung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK) gewährt. Dieser Betrag ist nicht kostendeckend, sondern dient vielmehr als Anreizfinanzierung entsprechender Pflegemaßnahmen. Grundlage für die Vergütung ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen dem jeweiligen Bewirtschafter und dem NLWKN. Hierzu werden von einer örtlichen Bewertungskommission (Bewirtschafter , ein Vertreter der zuständigen unteren Naturschutzbehörde, ein Vertreter für die Naturschutzverbände sowie ein Vertreter des Landvolks) die entsprechenden Pflegemaßnahmen für den jeweiligen Vertrag bestimmt. Mit einer Zweckbindungsfrist im Vertrag verpflichtet sich der Bewirtschafter, frühestens in zehn Jahren eine Pflegemaßnahme zu wiederholen. Die Neuanlage von Wallhecken ist nicht Bestandteil der beiden Wallheckenprogramme. 4. Darf der Schnitt, der bei der Pflege der Wallhecken anfällt, verbrannt werden? Das Wallheckenprogramm Ostfriesland und das Wallheckenprogramm Oldenburger Land treffen dazu in den bisherigen Veröffentlichungen keine Aussagen. Die Qualitätsunterschiede der förderfähigen Wallhecken sind sehr ausgeprägt, vom grasbewachsenen degradierten Wall, der instandgesetzt und anschließend bepflanzt wird, bis hin zu sehr dicht mit Sträuchern und Bäumen bewachsenen idealtypischen Hecken (Letzteres eher selten). Bei einer verarmten degradierten Hecke ohne Strauchschicht fällt gar kein brennbares Material an. Bei der mittleren Qualität sollten Teile des Gehölzschnittes zur Förderung der Strukturvielfalt und als Deckung für Niederwild und Wirbellose auf dem Wallkörper belassen werden. Bei der sehr gut ausgebildeten Hecke kann Brenn-/Nutzholz anfallen und als solches genutzt werden, Teile des Gehölzschnittes sollten auch hier auf dem Wallkörper verbleiben. Der Heckenschnitt darf verbrannt werden, wenn hierfür bestimmte rechtliche und fachliche Voraussetzungen erfüllt werden: a) Hauptverwertung als Brennstoff zur Energieerzeugung: Die Möglichkeit zur Nutzung des Heckenschnitts richtet sich nach den Bestimmungen über die Zulassung der einzelnen Anlage. b) Nutzung als geeignetes Brennmaterial für andere Zwecke: Die Nutzungsmöglichkeiten und die Zulässigkeit richten sich nach dem jeweiligen Zweck. So richtet sich die Zulässigkeit von offenen Feuern zur Pflege von Traditionen, wie z. B. Osterfeuer, im Wesentlichen nach den Bestimmungen über die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Die Kommunen haben hierfür vielfach die entsprechenden SOG-Verordnungen erlassen oder Genehmigungsvorbehalte bestimmt. c) Verbrennen zum Zweck der Beseitigung in einer dafür zugelassenen Abfallbeseitigungsanlage: Die Nutzungsmöglichkeiten richten sich ebenfalls nach den Bestimmungen über die Zulassung der einzelnen Anlage. d) Offenes Verbrennen zum Zweck der Beseitigung außerhalb einer dafür zugelassenen Anlage: Das offene Verbrennen außerhalb einer dafür zugelassenen Abfallbeseitigungsanlage kann im Einzelfall auf Antrag zugelassen werden. Wesentliche Voraussetzungen sind, dass es den Bewirtschafterinnen und Bewirtschaftern der Wallhecken technisch nicht möglich oder wirt- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/6358 4 schaftlich nicht zumutbar ist, den Heckenschnitt zu verwerten oder an den öffentlichrechtlichen Entsorgungsträger zu überlassen. Ferner darf das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt und die Nachbarschaft nicht mehr als nach den Umständen unvermeidbar beeinträchtigt werden. e) Die Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter der Wallhecken haben mit dem Antrag gegenüber der unteren Abfallbehörde darzulegen, dass die Voraussetzungen erfüllt werden, und auch darzulegen, aus welchen Gründen das Schnittgut nicht auf dem Wall belassen oder nicht zerkleinert auf den Boden aufgebracht werden kann. Mit der Zulassung im Einzelfall trifft die untere Abfallbehörde individuell-konkrete Regelungen, die antragsgemäß auch mehrere Pflegemaßnahmen oder auch einen bestimmten Zeitraum umfassen können. Aus o. g. Gründen wurden den Bewertungskommissionen bislang seitens des NLWKN keine Vorgaben zur Materialverwendung auferlegt. Gleichwohl werden mit dem Landwirt im Rahmen der Vor- Ort-Beratung durch die Bewertungskommission auch die jeweiligen Optionen für die Schnittgutverwertung erörtert und einvernehmlich geregelt. Letztlich ist es die Entscheidung des Antragstellers, welche Verwertung er wählt. Der Landkreis Friesland nimmt an dem EU-Projekt „greenGain“ teil (Projektträgerschaft LWK), bei dem die Möglichkeiten der energetischen Nutzung von Landschaftspflegeholz geprüft und gegebenenfalls auch unterstützt werden sollen. 5. Wenn nein, besteht die Möglichkeit einer Ausnahmeregelung für Teilnehmer am Wallhecken -Programm? Siehe Antwort zu Frage 4. 6. Wie bewertet die Landesregierung das Wallhecken-Programm? Das Wallheckenprogramm der Landesregierung wurde, zunächst unter Einbeziehung nur weniger Landkreise, als Pilotprojekt begonnen und nach zu verzeichnenden Erfolgen auf eine größere Fläche im Land ausgedehnt. Es hat grundsätzlich sehr positive Auswirkungen, da dadurch die Pflege und der Erhalt dieses wichtigen Landschaftselements aktiv befördert sowie ein wichtiger Beitrag zur Erhaltung der biologischen Vielfalt und zur Bewahrung einer kulturhistorisch einmaligen Landschaft geleistet werden. Die mit der Projektträgerschaft, aber auch der umfassenden Betreuung dieses Wallheckenpflegeprojekts gesammelten Erfahrungen lassen eine uneingeschränkt positive Bewertung der Kooperation von Landwirtschaft und Naturschutz zu. Dieses Modell hat einen erheblichen Impuls zur Durchführung von Pflegemaßnahmen gegeben. Mehr als drei Viertel der Antragsteller nehmen erneut an dem Wallheckenprogramm teil und unterstreichen damit die hohe Akzeptanz dieser Pflegemaßnahmen . (Ausgegeben am 30.08.2016) Drucksache 17/6358 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/6137 - Wallhecken-Programm Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Birkner, Hermann Grupe, Dr. Gero Hocker und Christian Dürr (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz